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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 11.08.2004
Aktenzeichen: 2 Sa 475/03
Rechtsgebiete: BetrVG, GewO, TV Ratio, PostPersRG


Vorschriften:

BetrVG § 95 Abs. 3
GewO § 106
TV Ratio § 5 Abs. 1
TV Ratio § 5 Abs. 3
PostPersRG § 21 Abs.1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 2 Sa 475/03

Verkündet am 11.08.2004

In dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 22.6.2004 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufungen der Beklagten und des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Lübeck vom 24.09.2003 - 4 Ca 4059 b/03 - werden zurückgewiesen.

2. Das Urteil des Arbeitsgerichtes Lübeck vom 24.09.2003 - 4 Ca 4059 b/03 - wird zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den Bedingungen des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages vom 11.7.1973 in der zuletzt geänderten Fassung des Änderungsvertrages vom 12.12.1991 als Fernmeldehandwerker/Betriebstechniker Telekom mit Tätigkeiten gemäß der Entgeltgruppe T 4 des Entgeltrahmentarifvertrages Telekom zu beschäftigen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 80% und der Beklagten zu 20 % auferlegt.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber,

(1) ob der Kläger zu beschäftigen ist,

(2) ob seine Versetzung zur Personalserviceagentur (PSA), heute "V." rechtswirksam ist,

(3) ob die Beklagte berechtigt ist, den Kläger nach dem AÜG zur Leiharbeit einzusetzen und ob die Beklagte ihn auch an einen anderen Arbeitgeber vermitteln darf,

(4) ob die von der Beklagten abgeschlossenen Tarifverträge, ggf. nur der TV Ratio, von dem Arbeitsvertrag der Parteien erfasst sind.

Der Kläger ist am ...1955 geboren. Bei der Beklagten wurde er mit Wirkung vom 11.7.1973 als Fernmeldehandwerker/Betriebstechniker eingestellt. Die Parteien haben einen schriftlichen Arbeitsvertrag abgeschlossen (Bl. 9 d.A.), in dem es heißt:

"Herr ... wird am 11. Juli 1973 beim Fernmeldeamt L. in L. als vollbeschäftigter ständiger Arbeiter (Handw.) ... eingestellt.

Er wird vom gleichen Tage an in die Lohngruppe II (Anlage 2 zum TV Arb) eingrupppiert.

Die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost gelten in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien vereinbart. ..."

Seinerzeit war der Kläger Mitglied der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft. Seit dem 1.10.1996 ist er nicht mehr Mitglied dieser Gewerkschaft, sondern in einem Berufsverband, mit dem die Beklagte keine Tarifverträge abgeschlossen hat.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging mit Gründung der Beklagten am 1.1.1995 auf diese über. Ab dem Jahr 1998 wurde der Kläger (Kläger: 01.12.1998, Beklagte: 19.01.1998) dem zur Niederlassung H. gehörenden Ressort PMS (Personal-Management-Service), in dem so genannte Personalüberhänge beschäftigt wurden, zugeordnet. Dieser Zuordnung hat sich der Kläger nicht widersetzt. Im Jahre 2002 bildete die Beklagte zur Optimierung der Vermittlung von Beschäftigten, die von Rationalisierung betroffen wurden, die Personalserviceagentur (PSA), die im Rahmen von Rationsalisierungsschutztarifverhandlungen zunächst noch mit dem Arbeitstitel "VQE" bezeichnet wurde und heute "V." heißt. Die V. gehört ebenfalls zur Deutschen Telekom.

Bereits im Zeitpunkt der Einstellung des Klägers existierte ein Rationalisierungsschutztarifvertrag (Nr. 306 für Arbeiter, Nr. 307 für Angestellte). Dieser wurde durch den TV Nr. 33 ( Bl. 175 d.A.) abgelöst. Mit Wirkung ab 01.08.2002 trat der den TV Nr. 33 (Bl. 175 ff. d.A.) ablösende "Tarifvertrag Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung (TV Ratio) (Bl. 120 ff. d.A.) in Kraft. Die wichtigsten Ziele des TV Ratio waren u.a. die Sicherung von Arbeitsplätzen und die sozialverträgliche Absicherung der vielfältigen Maßnahmen. Der TV Ratio regelt u. a. in § 11 das Verbot betriebsbedingter Beendigungskündigungen in der Zeit vom 01.10.1997 bis 31.12.2004. § 3 enthält zusammen mit hierauf bezogenen Anlagen zum TV ausführliche Regelungen darüber, welche Arbeitnehmer in die VQE = PSA (jetzt V.) versetzt werden können, nach welchen Auswahlkriterien vorzugehen ist und wie das Auswahlverfahren zu erfolgen hat. § 5 TV Ratio regelt die Besetzung und den Aufgabenbereich der PSA (VQE). Nach § 5 Abs. 3 TV Ratio ist die Beklagte berechtigt, ihre Arbeitnehmer bis zur Vermittlung auf einen Dauerarbeitsplatz vorübergehend zu beschäftigen, und zwar sowohl innerhalb und außerhalb des Konzerns Deutsche Telekom als auch in Zeit- bzw. Leiharbeit i.S.d. AÜG. Die Beklagte ist im Besitz einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung (Bl. 196 d.A.). Die "Protokollnotiz zu § 5" hat folgenden Wortlaut:

"Die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens bei PMS ressortierten Beschäftigten sind ab 01.08.2002 Beschäftige der VQE."

§ 6 TV Ratio sichert die Bezahlung nach der bisherigen Entgeltgruppe unabhängig von der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit. § 7 TV Ratio enthält ausführliche Regelungen darüber, welche Arbeitsplätze und Beschäftigungen als gleichwertig und zumutbar anzusehen sind. Näheres dazu wird in einer Anlage 4 geregelt. In § 7 heißt es u.a.

"(1) Die Deutsche Telekom AG ist verpflichtet, den nach den §§ 3 und 4 identifizierten und von den Regelungen des § 5 erfassten Arbeitnehmern einen anderen gleichwertigen und zumutbaren Dauerarbeitsplatz innerhalb der Deutschen Telekom AG bzw. der Beteiligungsunternehmen nach Anlage 7 anzubieten (interne Vermittlung).

(3) Außerdem bietet die Deutsche Telekom AG diesen Arbeitnehmern auch zumutbare Dauerarbeitsplätze außerhalb der Deutschen Telekom AG bzw. der Beteiligungsunternehmen nach Anlage 7 an (externe Vermittlung).

(7) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, einen ihm angebotenen zumutbaren anderen Arbeitsplatz anzunehmen und sich ggf. einer Qualifizierungsmaßnahme zu unterziehen. Lehnt der Arbeitnehmer ein zumutbares Angebot oder eine Qualifizierungsmaßnahme bei der Deutschen Telekom AG bzw. einem Beteiligungsunternehmen nach Anlage 7 ab, so verliert er die Ansprüche aus diesem Tarifvertrag. Lehnt der Arbeitnehmer auch ein zweites zumutbares internes Vermittlungsangebot ab, so ist dies ein wichtiger Grund im Sinne des § 25 Abs. 4 und § 26 MTV, der zu einer Kündigung führen kann. Lehnt der Arbeitnehmer ein zweites externes zumutbares Angebot ab, so verliert er die Ansprüche aus diesem Tarifvertrag. Lehnt der Arbeitnehmer das dritte zumutbare externe Vermittlungsangebot ab, so ist dies ein wichtiger Grund im Sinne des § 25 Abs. 4 und § 26 MTV, der zu einer Kündigung führen kann."

Im Zusammenhang mit der Festschreibung von Zumutbarkeitskriterien bzgl. einer etwaigen vorübergehenden Vermittlung auf Arbeitsplätze außerhalb der Deutschen Telekom ist für ältere und unkündbare Arbeitnehmer - der Kläger ist ordentlich nicht kündbar - z.B. in § 8 ein Rückkehrrecht zur Telekom unter detaillierten Voraussetzungen geregelt. § 10 TV Ratio räumt dem Arbeitnehmer wahlweise die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung ein.

Am 11.11.2002 wurde dem Kläger gegenüber angekündigt, ihn, wie auch andere Betriebstechniker der Beklagten, in das neu gegründete Ressort PSA (Personal-Service-Agentur), jetzt V., zu versetzen und das Weisungsrecht auf diese zu übertragen. Zugleich wurde ihm mitgeteilt, dass für ihn eine Beschäftigungsmöglichkeit nicht mehr vorhanden sei und er daher nicht mehr zur Arbeitsaufnahme erscheinen solle. Mit Schreiben vom 13.12.2002 (BI. 39 d.A.) wurde der Kläger in die PSA versetzt. Hierzu verschickte die Beklagte Schreiben gemäß dem Muster in Anlage K 7 (Bl. 43 d.A.). Dort ist ausgeführt, der Arbeitsvertrag habe weiterhin unverändert Bestand. Es sei vorgesehen, dass die Mitarbeiter in der PSA sich arbeitssuchend meldeten. Die Meldung aller in der PSA betreuten Kräfte beim Arbeitsamt werde durch die Verwaltung PSA vorgenommen. Nach dem TV Ratio seien die betroffenen Mitarbeiter verpflichtet, sich beim Arbeitsamt zu melden, um Förderleistungen zu erhalten.

Seit dem 10.11.2002 ist der Kläger nicht mehr beschäftigt worden. Mit der am 13.12.2002 erhobenen Klage hat der Kläger die Verpflichtung der Beklagten verlangt, ihn vertragsgerecht zu beschäftigen und Feststellung begehrt, dass die Versetzung in die PSA unwirksam sei und die Beklagte nicht berechtigt sei, ihn zum Zwecke der Leiharbeit im Sinne des Gesetzes zur Arbeitnehmerüberlassung einzusetzen und ihn ohne dessen ausdrücklichen Auftrag zur Begründung eines anderen Arbeitsverhältnisses an einen anderen Arbeitgeber zu vermitteln. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, ihn zu beschäftigen. Die Freistellung des Klägers verstoße gegen sein Persönlichkeitsrecht. Die Beklagte sei auch in der Lage, ihn zu beschäftigen, da sie freie Arbeitsplätze ausschreibe und sogar Neueinstellungen vornehme. Die Versetzung in die PSA sei unwirksam. Die PSA sei eine Zeit- bzw. Leiharbeitsagentur, deren primäres Ziel der Abbau von Personal unter Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen bei der Deutschen Telekom AG sei. Der zur Regelung abgeschlossene Tarifvertrag Rationalisierungsschutz vom 29.06.2002 (TV Ratio) sei auf sein Arbeitsverhältnis nicht anwendbar. Denn der Arbeitsvertrag sehe nur die Geltung des Manteltarifvertrags für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb) vor. Da er, der Kläger, nicht mehr der tarifschließenden Gewerkschaft angehöre, seien spätere etwaige Nachfolgetarifverträge und andere Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis nicht anwendbar. Die Versetzung in die PSA mit der Möglichkeit der Vermittlung an auch externe Arbeitgeber sei eine unzulässige Teilkündigung eines tarifvertraglich unkündbaren Arbeitsverhältnisses. Die Versetzung sei unter Überschreitung des Direktionsrechts erfolgt.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den Bedingungen des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages vom 11.07.1973 zu beschäftigen,

2. die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits,

3. festzustellen, dass die mit Schreiben der Beklagten vom 13.12.2002 gegenüber dem Kläger ausgesprochene Versetzung zur Personal-Service-Agentur der Beklagten zum 19.12.2002 rechtsunwirksam ist,

4. festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den Kläger zum Zwecke der Leiharbeit im Sinne des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) einzusetzen,

5. festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den Kläger ohne dessen ausdrücklichen Auftrag zur Begründung eines anderen Arbeitsverhältnisses an einen anderen Arbeitgeber zu vermitteln,

hilfsweise

festzustellen, dass sämtliche von der Beklagten und ihren Sozialpartnern abgeschlossenen Tarifverträge nicht von der Bezugnahmeklausel des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages vom 11.07.1973 erfasst werden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Tarifverträge der Deutschen Bundespost bzw. der Nachfolgeorganisation in ihrer jeweils gültigen Fassung seien anzuwenden, so auch der TV Ratio. Der Kläger könne zur Zeit weder auf einem Dauerarbeitsplatz noch vorübergehend beschäftigt werden, da geeignete Arbeitsplätze nicht zur Verfügung stünden. Sie sei gemäß § 5 Abs. 3 TV Ratio auch nur verpflichtet, einen vorübergehenden Einsatz zu suchen. Die PSA sei lediglich als Zwischenstation für die Suche nach einem neuen Dauerarbeitsplatz gedacht, nicht als Dauerarbeitsplatz. Die Versetzung des Klägers sei im Sinne des § 6 des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der Deutschen Telekom (TV Arb) zumutbar. Weder aus den Arbeitsverträgen noch aus den Tarifverträgen ergebe sich, dass der Arbeitsort L. für den Kläger vereinbart sei. Ein bestimmter Beschäftigungsbetrieb sei vertraglich nicht vorgesehen. Im Übrigen seien auf das Arbeitsverhältnis des Klägers noch andere Tarifverträge außer dem Manteltarifvertrag stets selbstverständlich angewandt worden, ohne dass der Kläger dies beanstandet habe.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 24.9.2003, auf das hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, die Beklagte verurteilt, den Kläger zu beschäftigen und die weitergehende Klage abgewiesen. Hiergegen haben beide Parteien rechtzeitig Berufung eingelegt und diese begründet.

Der Kläger wendet sich gegen das Urteil des Arbeitsgerichts insgesamt und trägt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens vor, das angefochtene Urteil sei fehlerhaft. Der ausgeurteilte Beschäftigungsanspruch sei nicht vollstreckungsfähig und inhaltlich untrennbar mit der Feststellung der Unwirksamkeit der Versetzung in die PSA verbunden. Er sei aber aus der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft ausgetreten, so dass die später abgeschlossenen Tarifverträge nicht für ihn gälten. Der Kläger meint, nach dem Wortlaut des Arbeitvertrages seien nur der TV Arb sowie die Tarifverträge der Deutschen Bundespost, nicht die der Deutschen Telekom anwendbar. Der TV Ratio stelle unter Berücksichtigung dort eingeräumter Möglichkeiten, ihn, den Kläger, sogar notfalls in Leiharbeit einzusetzen und an andere Arbeitgeber zu vermitteln, wobei Sanktionsmöglichkeiten für den Fall der Ablehnung vorgesehen seien, eine seinem Inhalt nach unvorhersehbare überraschende und damit unwirksame tarifliche Regelung dar. Im Übrigen umgehe der TV Ratio das Kündigungsschutzgesetz, da es die Möglichkeit schaffe, per Direktionsrecht ein festes Arbeitsverhältnis in ein Leiharbeitsverhältnis umzuwandeln.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 24.09.2003 - 4 Ca 4059 b/02 - abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den Bedingungen des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages vom 11.07.1973 in der zuletzt geänderten Fassung des Änderungsvertrages vom 12.12.1991 in der technischen Infrastruktur Niederlassung Nord mit Sitz in H. als Fernmeldehandwerker/Betriebstechniker Telekom mit den Tätigkeiten gemäß der Entgeltgruppe T 4 des Entgeltrahmentarifvertrages Telekom zu beschäftigen,

hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger in einem der vier Rechtsnachfolgebetriebe des Fernmeldeamtes L., nämlich

a) technische Kunden (Service) Niederlassung Nord mit Sitz in L.

b) technische Infrastruktur Niederlassung Nord mit Sitz in H.

c) Privatkunden (Service) Niederlassung Nord mit Sitz in H.

d) Service (Geschäftskunden) Niederlassung Nord mit Sitz in K. als Fernmeldehandwerker/Betriebstechniker Telekom mit Tätigkeiten gemäß der Entgeltgruppe T 4,

hilfsweise T 5,

äußerst hilfsweise T 3 des Entgeltrahmentarifvertrages Telekom (Vergütungsordnung) zu beschäftigen.

2. Kostenantrag

3. festzustellen, dass die mit Schreiben der Beklagten vom 13.12.2002 gegenüber dem Kläger ausgesprochene Versetzung zur Personal-Service-Agentur der Beklagten zum 19.12.2002 rechtsunwirksam ist,

4. festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den Kläger zum Zwecke der Leiharbeit im Sinne des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) einzusetzen,

5. festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den Kläger ohne dessen ausdrücklichen Auftrag zur Begründung eines anderen Arbeitsverhältnisses an einen anderen Arbeitgeber zu vermitteln,

hilfsweise

festzustellen, dass sämtliche von der Beklagten und ihren Sozialpartnern abgeschlossenen Tarifverträge nicht von der Bezugnahmeklausel des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages vom 11.07.1973 erfasst werden.

äußerst hilfsweise

festzustellen, dass die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den Tarifvertrag nicht den Tarifvertrag Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung (TV Ratio) erfasst.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den ausgeurteilten Beschäftigungsanspruch für unzulässig, da er nicht hinreichend bestimmt und insoweit nicht vollstreckungsfähig sei. Im Übrigen verteidigt sie das erstinstanzliche Urteil. Die Tarifverträge der Beklagten seien anwendbar. Der TV Ratio sei für den Kläger keine überraschende Regelung. Seit Bestehen des Arbeitsverhältnisses hätten jeweils Rationalisierungsschutztarifverträge bestanden. Die Regelungen des TV Ratio seien auch ausgewogen und stellten keine Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes dar. Hervorzuheben sei das Ziel der Bestandssicherung aller Arbeitsverhältnisse, damit auch des Arbeitsverhältnisses des Klägers. Ausweislich des TV Ratio sei externe Vermittlung nur vorübergehend zulässig und diene ausschließlich der Vermeidung fehlender Beschäftigungsmöglichkeiten sowie von Beendigungsmaßnahmen. Abgesehen davon sei ein Rückkehrrecht geregelt.

Die Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 24.09.2003 (Az. öD 4 Ca 120 b/03) insoweit abzuändern, als die Beklagte verurteilt worden ist, den Kläger zu den Bedingungen des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages vom 25.08.1980, in der zuletzt geänderten Fassung vom 27.06.1991, zu beschäftigen und die Klage insoweit abzuweisen.

Der Kläger beantragt:

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Ergänzend wird hinsichtlich des weiteren Vorbringens auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Berufung des Klägers ist, soweit er sich gegen die Verurteilung der Beklagten zur Beschäftigung wendet, unzulässig, im Übrigen unbegründet.

1. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat der Kläger einen Anspruch auf Beschäftigung. Der Ausspruch des Arbeitsgerichts ist jedoch - teilweise - entsprechend der zweitinstanzlich vorgenommenen Konkretisierung zur Klarstellung neu zu fassen. Diese Konkretisierung stellt eine sachdienliche Klagänderung dar. Die Beschäftigung kann jedoch nicht in dem begehrten Umfang ausgesprochen werden.

1.1 Soweit das Arbeitsgericht die Beklagte zur Beschäftigung des Klägers verurteilt hatte, fehlte dem Ausspruch, worauf der Kläger zutreffend hingewiesen hat, die Vollstreckbarkeit. Die Art der Beschäftigung war nicht hinreichend genau definiert. Der auf Vornahme einer Handlung gerichtete Antrag muss deren Art und Umfang bestimmt bezeichnen und eindeutig sein. Der Antrag muss den erhobenen Anspruch konkret gegenständlich bezeichnen, den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis erkennbar abgrenzen, den Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung erkennen lassen und die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des ursprünglichen Rechtsstreits im Vollstreckungsverfahren ermöglichen (Zöller-Greger, Rn. 13 und 13c zu § 253 ZPO m.w.N). Dabei darf allerdings angesichts der weiten Einsatzmöglichkeit materiell das Direktionsrecht der Beklagten nicht eingeschränkt werden. Denn der Arbeitsvertrag der Parteien enthält keine Details zu Beschäftigungsart und -ort. Festgelegt ist lediglich, dass der Kläger beim Fernmeldeamt in L. als Arbeiter im Fernmelde- und Werkstättendienst eingesetzt werden sollte. Diese Vereinbarungen aus dem Jahr 1973 haben sich im Laufe des mehr als 30-jährigen Bestehens des Arbeitsverhältnisses sowohl aus rechtlichen, als auch aus tatsächlichen Gründen verändert. Beschäftigungsbetrieb war zuletzt bis 1998 die TNL H.. Dieser Arbeitsplatz wurde wegrationalisiert. Der Kläger ist sodann wirksam in die PMS versetzt worden, was er gerichtlich nicht angegriffen hat.

1.2 Für den Beschäftigungsanspruch des Klägers kommt es nicht darauf an, ob der TV Ratio auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Die Beklagte verhält sich nämlich nicht nach den Vorgaben des TV Ratio. Nach § 7 Abs. 1 TV Ratio ist die Beklagte verpflichtet, den nach den §§ 3 und 4 identifizierten und von den Regelungen des § 5 erfassten Arbeitnehmern einen anderen gleichwertigen und zumutbaren Arbeitsplatz innerhalb der Deutschen Telekom AG bzw. der Beteligungsunternehmen anzubieten. Ein derartiges Angebot hat die Beklagte bislang nicht abgegeben. Ein "Angebot" i.S. der tarifvertraglichen Regelung kann nicht darin gesehen werden, dass die Beklagte dem Kläger Stellen nachgewiesen und ihn aufgefordert hat, sich auf diese Stellen zu bewerben. Ein Angebot kann begrifflich nur dann abgegeben sein, wenn das Zustandekommen des - abändernden - Vertrags nur noch von der Annahme durch den Vertragspartner abhängt. Wird ein Arbeitnehmer hingegen aufgefordert, sich auf eine Stelle zu bewerben, so gibt er selbst mit seiner Bewerbung ein Angebot auf Vertragsschluss ab, das dann von dem Arbeitgeber angenommen wird. Ein Angebot kann mithin nicht darin liegen, dass der Kläger in Konkurrenz zu anderen Stellenbewerbern treten muss. Dabei handelt es sich allenfalls um eine "invitatio ad offerendum".

1.2.1 Der Kläger kann, nachdem die Beklagte ihn mehr als 1 Jahr nicht mehr beschäftigt hat, nicht darauf verwiesen werden, dass die V. nur der Weitervermittlung diene. Die V. ist lediglich eine Niederlassung der Beklagten, die die Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze fortgefallen sind, anderweitig vermittelt. Sie selbst beschäftigt nicht. Arbeitgeberin ist aber weiterhin die Beklagte. Der Beschäftigungsanspruch des Klägers richtet sich gegen die Beklagte als Arbeitgeberin. Diese ist aus dem Arbeitsvertrag verpflichtet, den Kläger tatsächlich zu beschäftigen. Insoweit wird auf die ständige Rechtsprechung zum Beschäftigungsanspruch während des unangefochten bestehenden Arbeitsverhältnisses, verwiesen. Dass hier ein besonderes schützenswertes Interesse der Beklagten an einer Nichtbeschäftigung überwiegt, ist nicht ersichtlich.

1.2.2 Auch der TV Ratio gibt der Beklagten nicht das Recht, den Kläger dauerhaft nicht zu beschäftigen. Ziel des Tarifvertrages ist es, die identifizierten Mitarbeiter zu vermitteln und zur Verbesserung der Vermittelbarkeit zu qualifizieren. Im vorliegenden Verfahren ist aber deutlich geworden, dass die Beklagte gerade beim Kläger nicht bestrebt war, ihm eine Beschäftigungsmöglichkeit zu verschaffen. Dass vor dem 21.4.2004 bereits ein Beratungs- und Vermittlungsgespräch stattgefunden hat, ist nicht ersichtlich. Dass es sich bei den Vermittlungsgesprächen nicht um Stellenangebote i.S. des § 7 TV Ratio handelt, ist bereits oben ausgeführt. Zwar ist aus Billigkeitsgründen auch vom Kläger zu verlangen, dass er sich auf nachgewiesene Stellen bewirbt. Er ist insoweit auch mitwirkungspflichtig. Das ändert aber nichts daran, dass die Beklagte zunächst in Vorleistung gehen muss.

1.2.3 Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, der Kläger sei gesundheitlich nicht in der Lage, als Fernmeldehandwerker/Betriebstechiker tätig zu werden. Erstmals in der Berufungsverhandlung vom 17.2.2004 hat die Beklagte sich darauf berufen, der Kläger sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, vertragsgemäße Arbeiten auszuführen. Dabei fällt auf, dass die Begutachtung des Klägers, auf die die Beklagte ihre Auffassung stützt, vom 12.8.1999 datiert, während der Kläger noch bis November 2002 beschäftigt worden ist. Auch die Untersuchung vom 8.3.2004 (Bl. 355 d.A.) hat nicht ergeben, dass der Kläger schlechthin nicht mit Arbeiten entsprechend seinem Arbeitsvertrag beschäftigt werden kann. Es ergeben sich zwar zur Einsatzfähigkeit Einschränkungen beim Heben und Tragen von Lasten. Das alleine kann aber dem Beschäftigungsanspruch des Klägers nicht entgegenstehen. Zwar hat die Beklagte vorgetragen, dass deshalb ein Einsatz des Klägers nicht möglich ist. Dabei hat sie aber nicht berücksichtigt, dass sie den Kläger zuvor bei schlechterem Gesundheitszustand sehr wohl beschäftigt hat. Weiter folgt aus der Fürsorgepflicht der Beklagten, dass sie dann zumindest gehalten wäre, dem Kläger einen "leidensgerechten" Arbeitsplatz anzubieten (BAG Urteil vom 28.4.1998 - 9 AZR 348/97 - EzA § 14 SchwbG 1986 Nr. 5 = NZA 1999,152 = DB 1999,1609). Dass das in dem Berufsbild des Klägers überhaupt nicht möglich ist, ist nicht dargelegt. Dass die Beklagte einen ensprechenden Versuch unternommen hat, ist nicht ersichtlich.

1.3 Der Kläger kann allerdings nicht verlangen, dass er in der technischen Infrastruktur Niederlassung Nord, Sitz in H., beschäftigt wird. Im Arbeitsvertrag ist zwar festgehalten, dass der Kläger "beim Fernmeldeamt L. in L." eingestellt wird. Dies bedeutet aber nicht, dass der Einsatzbereich für den Kläger entsprechend räumlich eingegrenzt wäre. Der Beklagten steht dennoch eine Versetzungsbefugnis zu, die sich aus dem anzuwendenden Tarifvertrag ergibt. Aus § 4g TV Arb, ebenso wie aus § 6 MTV, ergibt sich eine Versetzungs-, Abordnungs- und Umsetzungsbefugnis, die im Arbeitsvertrag der Parteien nicht ausgeschlossen worden ist (BAG Urteil vom 21.1.2004 - 6 AZR 583/02 - DB 2004,1044). Eine räumliche Einschränkung verstieße daher gegen das der Beklagten zustehende Direktionsrecht.

2. Die Berufung des Klägers gegen das im Übrigen klagabweisende Urteil des Arbeitsgerichtes Lübeck ist zulässig jedoch unbegründet.

Der Klagantrag zu 3) ist seitens des Arbeitsgerichtes zu Recht abgewiesen worden. Die mit Schreiben vom 13.12.2002 gegenüber dem Kläger ausgesprochene "Versetzung" zur Personalserviceagentur (PSA) ist wirksam. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird vorab auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichtes Lübeck vom 24.09.2003 Bezug genommen. Ergänzend wird weiter ausgeführt:

2.1 Die Auffassung, es handele sich bei der Zuordnung des Klägers mit Schreiben vom 13.12.2002 um eine Versetzung im arbeitsrechtlichen Sinne, begegnet Bedenken. Der Kläger war bereits im Jahr 1998 an die PMS versetzt worden. Die PMS wurde lediglich von der PSA abgelöst. Durch die Novellierung der Rationalisierungsschutzbestimmungen wurde aus dem "Ressort PMS" die "Organisationseinheit PSA" (Arbeitstitel zunächst VQE), die anders als das ursprüngliche "Ressort PMS" förmlich aus der Niederlassung TNL H. herausgelöst wurde. Durch die Organisationsänderung erfolgte nicht eine Änderung des Arbeitsbereiches des Klägers. Vielmehr handelt es sich bei der neuen Zuordnung des Klägers im Dezember 2002 zur PSA um die Feststellung einer Rechtsnachfolge. Diese Maßnahme ist jedenfalls rechtmäßig.

2.2 Die V. ist, wie die Beklagte in der Berufungsverhandlung vom 17.2.2004 unwidersprochen ausgeführt hat, Bestandteil der Beklagten. Es handelt sich bei ihr lediglich um eine Niederlassung. Eine rechtliche Eigenständigkeit kommt ihr nicht zu. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, es handele sich bei der V. um einen eigenständigen Betrieb, führt dieses nicht zur Unwirksamkeit der Maßnahme, da der Versetzungsbegriff nicht nur die Zuweisung eines Arbeitsplatzes innerhalb eines Betriebes erfasst, sondern auch die Zuweisung eines Arbeitsplatzes in einen anderen Betrieb desselben Unternehmens (BAG Urteil vom 26.1.1993 - 1 AZR 303/92 - NZA 1993,714; BAG Beschluss vom 11.7.2000 - 1 ABR 39/99 - NZA 2001,516). Die PSA = V. gehört zum Konzern der Beklagten, der Telekom AG.

2.2.1 Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass es sich bei der PSA um einen eigenständigen Betrieb handelt und dem Kläger insoweit durch die Maßnahme vom 13.12.2002 unter Berücksichtigung der "Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer regelnden Bestimmungen des TV Ratio" ein anderer Arbeitsbereich zugewiesen und damit eine Versetzung ausgesprochen wurde, stehen dieser Maßnahme auch kollektivrechtliche Hindernisse, §§ 95 Abs. 3, 99 BetrVG, nicht entgegen. Die Betriebsräte des abgebenden Betriebes TNL H. und des aufnehmenden Betriebes haben der Versetzung des Klägers ausdrücklich zugestimmt.

2.2.2 Die Beklagte war auch berechtigt, eine Versetzung individualrechtlich im Wege des Direktionsrechtes ohne Ausspruch einer Änderungskündigung durchführen. Die Berechtigung folgt einzelvertraglich aus der Befugnis des Arbeitgebers, den Aufgabenbereich des Arbeitnehmers nach Art, Ort und Umfang der Tätigkeit zu verändern. Diese kann sich aus seinem Direktionsrecht oder aus einer mittels Änderungskündigung erzwungenen Vertragsänderung ergeben (Fitting/ Kaiser/ Heither/ Engels/ Schmidt, Rn. 97 zu § 99 BetrVG). Die Rahmenbedingungen des Weisungsrechtes des Arbeitgebers ergeben sich aus § 106 GewO, der dem Arbeitgeber erlaubt, nach billigem Ermessen Arbeitsbedingungen näher zu bestimmen und ggf. zu ändern, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

2.2.2.1 Vorliegend war die Versetzung des Klägers vom 13.12.2002 nicht vertragswidrig. Die Berechtigung folgt aus § 4g TV Arb ebenso wie aus § 6 MTV. Sie beruht aber auch auf § 5 Abs. 1 TV Ratio in Verbindung mit der Protokollnotiz zu Absatz 1. Aus § 5 Abs. 1 TV Ratio ergibt sich, dass Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze weggefallen sind, nach einer vorausgegangenen Sozialauswahl (= Identifizierung) in die Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit mit dem Arbeitstitel: VQE (= PSA = V.) versetzt werden und diese Versetzung als zumutbar und gleichwertig anzusehen ist. Ausweislich der Protokollnotiz zu § 5 Abs. 1 TV Ratio entfällt für Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des TV Ratio bei PMS ressortiert waren, das Identifizierungsverfahren gem. §§ 3 und 4 TV Ratio. Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens bei PMS ressortiert sind, sind gem. der Protokollnotiz zu § 5 Abs. 1 TV Ratio ab 01.08.2002 Beschäftigte der VQE. Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger vor. Sein Dauerarbeitsplatz bei der TNL H. ist vor mehreren Jahren, durch Rationalisierungen bedingt, fortgefallen. Deshalb wurde der Kläger im Jahr 1998 wirksam und von ihm rechtlich nicht angegriffen in die PMS versetzt. Damit war er gem. der Protokollnotiz zu § 5 Abs. 1 TV Ratio der PSA zuzuordnen bzw. in die PSA zu versetzen. Das ist mit Schreiben vom 13.12.2002 zum 19.12.2002 erfolgt.

2.2.2.2 Entgegen der Ansicht des Klägers ist der TV Ratio auf sein Arbeitsverhältnis anwendbar. Die Tatsache, dass er zum 30.09.1996 aus der Gewerkschaft ausgetreten ist, berührt die Anwendbarkeit der Tarifverträge nicht. Ungeachtet der Verbandszugehörigkeit des Klägers ergibt sich die Anwendbarkeit des TV Ratio aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag zwar lediglich den TV Arb in der jeweiligen Fassung genannt. Das kann aber nicht so zu verstehen sein, dass ausschließlich der TV Arb in Bezug genommen werden sollte. Bei diesem Tarifvertrag handelte es sich lediglich um das Hauptwerk. Es existierten aber immer weitere Tarifverträge, deren Anwendbarkeit nicht ausgeschlossen werden sollte und die auch regelmäßig angewendet wurden. Bei der Formulierung im Arbeitsvertrag handelte es sich lediglich um eine Gleichstellungsabrede (BAG Urteil vom 25.9.2002 - 4 AZR 294/01 - DB 2003,1280 = NZA 2003,807; BAG Urteil vom 27.11.2002 - 4 AZR 540/01 - NZA 2003,1278; BAG Urteil vom 19.3.2003 - 4 AZR 331/02 - DB 2003,2126 = NZA 2003,1207 = BB 2004,162; BAG Urteil vom 4.8.1999 - 5 AZR 642/98 - AP Nr. 14 zu § 1 TVG Tarifverträge: Papierindustrie), die eine dynamische Verweisung auf die jeweiligen einschlägigen Tarifverträge enthält.

Eine Auslegung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ergibt, dass Wille der Vertragsparteien war, dass die für den Arbeitgeber jeweils geltenden Tarifverträge Anwendung finden sollen (BAG Urteil vom 4.9.1996 - 4 AZR 135/95 - DB 1996,2550 = NZA 1997,271; BAG Urteil vom 21.8 2002- 4 AZR 263/01 - EzA TVG § 3 Nr. 21 Bezugnahme auf Tarifvertrag). Ausweislich des Wortlauts der arbeitsvertraglichen Vereinbarung handelt es sich um eine sog. dynamische Verweisung auf die einschlägigen Tarifverträge. Nach dem Wortlaut des Arbeitsvertrages gelten die Tarifverträge "in ihrer jeweiligen Fassung als vereinbart". Umstände, die eine davon abweichende Auslegung der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien gebieten, sind nicht ersichtlich.

Diese dynamische Verweisung auf die jeweiligen Tarifverträge erfasst nicht nur die mit der Deutschen Bundespost geschlossenen Tarifverträge, sondern auch die mit der Beklagten, der Deutschen Telekom, geschlossenen Tarifverträge. Die zwischen den Parteien vereinbarte arbeitsvertragliche Verweisungsklausel ist dahingehend auszulegen, dass ungeachtet einer etwaigen Veränderung der Rechtsform des Arbeitgebers und einer ggf. damit einhergehenden Rechtsnachfolge die Anwendung der jeweils für den Betrieb geltenden Tarifverträge vereinbart werden sollte. Eine andere Auslegung würde den Zweck der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel verfehlen. Dem Sinn einer Jeweiligkeitsklausel muss jedoch ggfs. im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung dadurch Rechnung getragen werden, dass sie sich am hypothetischen Willen der Parteien orientiert (vgl. hierzu grundsätzlich: BAG vom 4.9.1996 - 4 AZR 135/95 -, DB 1996,2550 = NZA 1997,271, unter II a) bb)).

Der Kläger sowie die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Deutsche Bundespost, haben in dem Arbeitsvertrag einvernehmlich festgelegt, dass die im Unternehmen der Deutschen Bundespost geltenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar vereinbart gelten. Die Beklagte ist durch das Postumwandlungsgesetz (PostUmwG) seit dem 01.01.1995 Rechtsnachfolgerin des Bundes und hinsichtlich des Teilsondervermögens Deutsche Bundespost Telekom in die Beklagte umgewandelt worden. In den Postneuordnungsgesetzen hat der Gesetzgeber für die Arbeitnehmer der Deutschen Bundespost Telekom sowohl einen individual- als auch einen kollektivrechtlichen Bestandsschutz geregelt. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG treten die Unternehmen im Zeitpunkt des Übergangs in die Rechte und Pflichten der mit den Angestellten und Arbeitern geschlossenen Arbeitsverhältnisse ein. Das gilt nur nicht für Ausnahmefälle, die vorliegend nicht gegeben sind. Die Beklagte trat in diesem Sinne in die Arbeitsverhältnisse der Deutschen Bundespost Telekom ein. Nach § 21 Abs. 1 Satz 2 PostPersRG gelten die in den früheren Unternehmen der Deutschen Bundespost im Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister - d. h. am 02.01.1995 - geltenden Tarifverträge für die Angestellten, Arbeiter und Auszubildenden bis zum Abschluss neuer Tarifverträge weiter. Damit ist die Beklagte auch in die tarifvertraglichen Pflichten im Wege der Rechtsnachfolge eingetreten. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist die vertragliche Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag des Klägers unter Berücksichtigung des hypothetischen Willens der Parteien dahingehend korrigierend auszulegen, dass die Arbeitsvertragsparteien, hätten sie die Umwandlung der DBP in die Deutsche Telekom AG vorausgesehen, in die Klausel aufgenommen hätten, dass die jeweils für die Arbeitgeberin einschlägigen tariflichen Bestimmungen gelten. Anderenfalls liefe der Zweck der vertraglichen Bezugnahmeklausel, im Betrieb tarifgebundene und nicht tarifgebundene Arbeitnehmer gleichzustellen, leer (vgl. auch LAG Schleswig-Holstein Urteil vom 23.06.1999 - 2 Sa 58/99 - unter II 1a).

Soweit der Kläger auf anderweitige Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichtes zur Auslegung von vertraglichen Bezugnahmeklauseln verweist, sind diese Entscheidungen nicht einschlägig. Sie betreffen überwiegend Sachverhalte, in denen ein Verbandswechsel und/oder ein Wechsel des fachlichen Tarifvertrages Streitgegenstand war. Vorliegend ist jedoch eine Problematik etwaiger konkurrierender Tarifverträge durch die Rechtsnachfolge der Beklagten nicht entstanden. Unabhängig vom Wortlaut der vertraglichen Bezugnahmeklausel finden mithin die die Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost ablösenden bzw. verdrängenden, mit der Beklagten geschlossenen, Tarifverträge Anwendung. Hierzu gehören auch die Rationalisierungsschutztarifverträge und damit der TV Ratio.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist der TV Ratio auch nicht deshalb unanwendbar, weil er zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages mit entsprechenden, Rationalisierungsschutz regelnden, tarifvertraglichen Regelungen nicht zu rechnen brauchte.

Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass die Auswirkungen sowie die Reichweite arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklauseln einem Vertrauensschutz unterliegen. Der Arbeitnehmer soll davor geschützt werden, dass in Folge der arbeitsvertraglichen Bezugnahme tarifvertragliche Bestimmungen auf ihn angewandt werden, mit denen er nicht zu rechnen braucht. Dabei handelt es sich um die Frage, welche Reichweite der Bezugnahmeklausel dem Arbeitnehmer angesichts des damit verfolgten Zwecks - Gleichstellung mit den tarifgebundenen Beschäftigten oder eigenständige vertragliche Regelung - zugemutet werden kann (Däubler, Rn. 244 zu § 3 TVG m.w.N.). In engen Grenzen ist eine sog. "Angemessenheitskontrolle" bezüglich der Auswirkungen arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklauseln für Einzelfälle möglich (BAG Urteil vom 14.3.1961 - 3 AZR 83/60 - AP Nr. 78 zu § 242 BGB Ruhegehalt). Von arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln werden jedoch nur solche Tarifvertragsentwicklungen nicht erfasst, die für die Arbeitnehmer schlechterdings nicht mehr voraussehbar waren (Löwisch-Rieble, Rn. 127 zu § 3 TVG m.w.N.; Seibert, Auslegung und Inhaltskontrolle arbeitsvertraglicher Verweisungen, NZA 1985,730 (732 f); Wiedemann-Oetker, Rn. 287 zu § 3 TVG). Dabei kann es nur um den Schutz vor extremen unangemessenen Änderungen der Vertragsbedingungen, nicht allgemein vor Überraschungen gehen. Sinn einer dynamischen Verweisung ist es gerade, auch Regelungen zu erfassen, mit denen man nicht gerechnet hatte. Die Blankettverweisung dient gerade der zeitgemäßen Anpassung der Arbeitsbedingungen an veränderte Verhältnisse, die man selbst nicht vorhersehen kann.

Diese Grenze ist hier nicht überschritten. Dass sich Inhalte von Tarifverträgen, die im Zeitpunkt der Begründung des Arbeitsverhältnisses existieren, in einem langen Berufsleben ändern, ist im Arbeitsleben üblich und allgemein vorhersehbar. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG tragen tarifvertragliche Regelungen auch während der Laufzeit des Tarifvertrages den immanenten Vorbehalt der Abänderbarkeit durch Tarifvertrag in sich. Dies gilt selbst für bereits entstandene und fällig gewordene, noch nicht abgewickelte Ansprüche. Dabei ist die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur - rückwirkenden - Änderung nur durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt (BAG Urteil vom 22.10.2003 - 10 AZR 152/03 - BB 2004,494 = DB 2004,551 = NZA 2004,444). Das Vertrauen in die Fortgeltung einer Tarifnorm ist, unabhängig davon, ob der Tarifvertrag für das Arbeitsverhältnis kraft beiderseitiger Tarifbindung der Parteien gilt oder ob dessen Anwendung in seiner jeweiligen Fassung vertraglich vereinbart ist, dann nicht mehr schutzwürdig, wenn und sobald die Normunterworfenen mit einer Änderung rechnen müssen. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalles. Der Wegfall des Vertrauensschutzes setzt nicht voraus, dass der einzelne Tarifunterworfene positive Kenntnis von den zugrunde liegenden Umständen hat. Entscheidend und ausreichend ist vielmehr die Kenntnis der betroffenen Kreise.

Der Kläger kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Die Tarifregelungen sind nicht derartig extrem, dass er mit ihnen billiger Weise nicht rechnen musste. Unstreitig bestand bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein Rationalisierungsschutztarifvertrag, und zwar der TV Nr. 306 für Arbeiter und Nr. 307 für Angestellte. Damit war für den Kläger auch die Veränderbarkeit der Rationalisierungsschutztarifverträge voraussehbar. Die Vorhersehbarkeit von Änderungen ergibt sich bereits aus der regelmäßigen begrenzten Laufzeit von Tarifverträgen (§ 4 Abs. 5 TVG).

2.2.2.3 Zu berücksichtigen ist ferner, dass der letzte Dauerarbeitsplatz des Klägers bereits vor mehreren Jahren infolge Rationalisierung ersatzlos weggefallen ist und er in diesem Zusammenhang in Anwendung des Rationalisierungschutztarifvertrages Nr. 33 zur Vermeidung einer Änderungskündigung oder ggfs. Beendigungskündigung zum eigenen Schutz in die PMS versetzt wurde. Dieser Tarifvertrag als einer der Vorläufer des TV Ratio bezweckte bereits die sozialverträgliche Umsetzung von Rationalisierungsmaßnahmen. Der Kläger war daher nicht erst seit der Anwendbarkeit des TV Ratio, sondern bereits nach Wegfall seiner bisherigen Tätigkeit einem Bereich zugeordnet worden, der seiner Weitermittlung auf andere Arbeitsplätze diente. Dieses Ziel verfolgt die Beklagte im Zusammenhang mit der Schaffung der VQE (= PSA = V.) im TV Ratio und der entsprechenden Weiterversetzung des Klägers in die PSA weiter. Dass sich insoweit im Rahmen von Tarifvertragsänderungen Vermittlungsmodalitäten und wechselseitige Rechte und Pflichten der Vertragspartner ggfs. ändern, ist vorhersehbar und führt nicht zu einer besonderen Schutzwürdigkeit des Klägers, gegenüber welcher Tarifnorm auch immer.

Schließlich ergibt sich die Vertragswidrigkeit der Versetzung des Klägers vom 13.12.2002 in die PSA = V. auch nicht aus den möglichen Auswirkungen der den TV Ratio erfassenden arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Soweit der Kläger meint, es könne zu einer Umgehungsmöglichkeit des Kündigungsschutzgesetzes führen, indem dieser Tarifvertrag dem Arbeitgeber erlaubt, ihn in Ausübung des Direktionsrechts losgelöst von den ursprünglichen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz als Leiharbeitnehmer bei externen Arbeitgebern einzusetzen, ohne dem Arbeitnehmer eine sanktionslose Verweigerungsmöglichkeit einzuräumen, führt diese theoretisch mögliche Folge nicht zu einer Rechtswidrigkeit der streitigen Versetzung.

2.2.2.4 Die Regelung in § 5 Abs. 3 TV Ratio, wonach der Beklagten das Recht eingeräumt ist, die unter diesen Tarifvertrag fallenden Arbeitnehmer bis zur Weitervermittlung auf einen dauerhaften Arbeitsplatz vorübergehend zu beschäftigen, im Extremfall auch in Form der Zeit- und Leiharbeit i.S.d. AÜG, innerhalb und außerhalb des Konzerns Deutsche Telekom, erscheint zwar nicht unbedenklich. Es erscheint durchaus denkbar, dass eine derartige tarifvertragliche Erweiterung des Vertragsgestaltungsrechtes des Arbeitgebers rechtlichen Bedenken als objektive Umgehung des zwingenden allgemeinen Änderungsschutzes aus § 2 KSchG begegnet. Es ist auch erörterungswürdig, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen und für wie lange ein Arbeitgeber, der zumindest vorübergehend zur Vermeidung von betriebsbedingten (Änderungs-)Kündigungen seine Arbeitnehmer auf dauerhafte Arbeitplätze vermitteln soll, diese, wenn eine Einsatzmöglichkeit nicht besteht, vorübergehend unter Fortzahlung der Bezüge nicht beschäftigen muss. Hierauf kommt es jedoch nicht an, da hier die Versetzung auf dem TV Ratio beruht. Der Verstoß einer Tarifnorm, die gegen höherrangiges und zwingendes Gesetzesrecht, z.B. das KSchG, führt zu ihrer Unwirksamkeit. Dass ein solcher Verstoß bereits aus der Versetzung herrührt, ist jedoch nicht ersichtlich. Die arbeitsvertragliche Rechtsposition des Klägers als Arbeitnehmer wird durch die von § 5 Abs. 1 TV Ratio gedeckte Umsetzungsmaßnahme der Beklagten als Arbeitgeber überhaupt nicht betroffen. Vielmehr sind die beispielsweise in § 5 Abs. 2, 3 ff, § 6 und § 7 TV Ratio vorgesehenen Rechtsfolgen lediglich die Auswirkungen von Maßnahmen, die der Arbeitgeber aufgrund eines erweiterten tariflichen Direktionsrechtes bzw. einer ihm durch Tarifvertrag eingeräumten Rechtsposition von Fall zu Fall trifft. Die Auswirkungen der Versetzung vom 13.12.2002 sind weder aktuell existent, noch vom Klagantrag erfasst. Voraussetzung für die Unwirksamkeit der Rechtsfolgen der Versetzung wäre die Darlegung einer konkreten Handlung der Beklagten in Ausübung ihres durchaus durch den TV Ratio erweiterten Direktionsrechtes, durch die die Art, der Ort oder der Umfang der Tätigkeit des Klägers konkret geregelt worden wäre. Durch das seitens der Beklagten als Versetzung bezeichnete Schreiben vom 13.12.2002 hat sie die Arbeitsleistung des Klägers jedoch nicht im Einzelnen einseitig neu festgelegt. Sie hat lediglich einen Tarifvertrag vollzogen, der kraft arbeitsvertraglicher Gleichstellungsabrede Anwendung fand. Sie hat mit der vom Kläger im Klagantrag angegriffenen Versetzung noch keine, vom Kläger ggf. anzugreifende, Maßnahme ausgeübt. Die Versetzung des Klägers alleine in die PSA in Form der schlichten Zuordnung des Klägers von einer Vermittlungseinheit in eine andere stellt daher noch keine vertragswidrige, das Direktionsrecht der Beklagten überschreitende, den Arbeitsvertrag des Klägers ggfs. unter Verstoß gegen billiges Ermessen im Sinne des § 315 BGB ändernde, das Kündigungsschutzgesetz umgehende Maßnahme dar.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der TV Ratio der Beklagten im Übrigen auch nicht erlaubt, die Arbeitsbedingungen der betroffenen Arbeitnehmer beliebig weit zu ändern. Die §§ 5, 6 und 7 TV Ratio sowie die Anlagen 1 und 4 zur sozialen Auswahl, zur Zumutbarkeit, zum Rückkehrrecht etc. grenzen das Direktionsrecht der Beklagten ein, verwenden eindeutige und justiziable Kriterien und machen es in jeder Hinsicht überprüfbar. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichtes Lübeck verwiesen. Eine andere Beurteilung würde zu der grundsätzlichen Befugnis der staatlichen Gerichte für Arbeitssachen führen, Tarifverträge z.B. über § 315 BGB auf ihre Vereinbarkeit mit § 242 BGB überprüfen zu dürfen. Diese Befugnis kommt den Gerichten jedoch nicht zu (BAG vom 22.5.1985 - 4 AZR 427/83 -).

Die Versetzung des Klägers vom 13.12.2002 in die PSA ist daher wirksam. Der Klagantrag zu 3) ist in dem angefochtenen Urteil zutreffend zurückgewiesen worden.

3. Die Feststellungsanträge zu 4) und 5) sind unzulässig. Ihnen fehlt das notwendige Feststellungsinteresse.

Voraussetzung für ein Feststellungsbegehren gem. § 256 ZPO ist neben den allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen einschließlich des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses das schützwürdige Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Nicht feststellungsfähig sind abstrakte Rechtsfragen, da es nicht Aufgabe der Gerichte ist, Rechtsgutachten zu erstatten (Münchner Kommentar- Lüke, ZPO, Rn. 22 zu § 256 ZPO m.w.N.). Die Gerichte sind nicht zur Klärung abstrakter Rechtsfragen berufen (BAG Urteil vom 23.1.2003 - 4 AZR 461/99 - und 4 AZR 462/99 - m.w.N.). Ein Feststellungsinteresse besteht nur dann, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht.

Das ist vorliegend hinsichtlich der Feststellungsanträge nicht ersichtlich. Durch die Existenz des TV Ratio besteht die abstrakte Möglichkeit der Beklagten, Arbeitnehmer zum Zwecke der Leiharbeit im Sinne des AÜG einzusetzen und notfalls an einen externen Arbeitgeber vorübergehend zu vermitteln. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Beklagte den Kläger zum Zwecke der Leiharbeit einsetzen und an einen externen Arbeitgeber vermitteln will. Die Beklagte ist noch nicht ein einziges Mal an den Kläger mit der Aufforderung herangetreten, vorübergehend eine Arbeitsleistung bei einem externen Arbeitgeber zu erbringen. Über die Klaganträge zu 4) und 5) zu entscheiden, hieße mithin, eine abstrakte Rechtsfrage zu klären und für den Kläger ein Rechtsgutachten zu erstatten. Das ist gerade nicht Aufgabe der Gerichte. Dem Kläger geht es nur um die gerichtliche Entscheidung abstrakter rechtlicher Vorfragen.

Die Klaganträge zu 4) und 5) sind daher zutreffend abgewiesen worden, so dass dem Berufungsbegehren des Klägers insoweit bereits wegen fehlender Zulässigkeit der Anträge der Erfolg versagt war.

4. Die Hilfsanträge sind unzulässig.

4.1 Der erste Hilfsantrag ist nicht hinreichend bestimmt. Er enthält keinerlei Angaben, was unter "sämtlichen von der Beklagten und ihren Sozialpartnern abgeschlossenen Tarifverträgen" verstanden werden soll. Weder aus dem Wortlaut des Antrages noch aus dessen Begründung lässt sich bestimmen, welche Tarifverträge für nicht anwendbar erklärt werden sollen. Abgesehen davon fehlt auch diesem Antrag das erforderliche Rechtsschutzinteresse.

4.2 Auch der vorsorglich äußerst hilfsweise gestellte, zweite, Hilfsantrag hat nicht Erfolg. Hier hat der Kläger zwar den TV Ratio genau benannt. Er hat aber auch insoweit nicht im Einzelnen dargelegt, woraus sich hier ein Rechtsschutzbedürfnis ergibt. Soweit das Rechtsverhältnis der Parteien im Rahmen des Antrags zu 1) nach den Regeln des TV Ratio zu beurteilen ist, erfolgt sowohl eine Prüfung der Anwendbarkeit als auch der Wirksamkeit des Tarifvertrages. Ein Interesse an einer darüber hinaus gehenden gesonderten Prüfung besteht nicht. Aufgabe des Gerichts ist es nicht, ein Rechtsgutachten zu erstatten, sondern konkrete Streitfälle zu lösen.

Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da eine über den Einzelfall hinausgehe de Bedeutung dieses Rechtsstreits nicht gegeben ist.

Ende der Entscheidung

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