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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 27.05.2005
Aktenzeichen: 2 Ta 126/05
Rechtsgebiete: ZPO, SGB XII


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 3
SGB XII § 1
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziff. 9
SGB XII § 90 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 2 Ta 126/05

Verkündet am 27.05.2005

Im Beschwerdeverfahren

betr. Prozesskostenhilfe

in dem Rechtsstreit

hat die zweite Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 27.5.2005 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzende

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 3.5.2005 - 4 Ca 906/05 - aufgehoben:

Die Sache wird zur erneuten Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin an das Arbeitsgericht zurückgegeben mit der Maßgabe,

- dass von der Abfindung nicht mehr als 500 EUR einzusetzen sind und

- dass insoweit die Beteiligung der Klägerin an den Kosten der Führung des Rechtsstreits erst am 1.8.2005 erfolgt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe.

Die Klägerin hatte sich mit ihrer am 18.3.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage gegen eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom 14.2.2005 zum 30.6.2005 gewandt und gleichzeitig Bewilligung der Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt xy beantragt. In der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat die Klägerin Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit angegeben und weiterhin zu Einkünften aus Kapitalvermögen eingetragen "Rentenfonds wird nachgereicht". Weiter hat sie angekündigt, Angaben zu Krankenversicherung, Kraftfahrzeug-, Privathaftpflicht- und Wohngebäudeversicherung nachzuholen. Am 29.3.2005 hat die Klägerin eine korrigierte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht, in der sie die Angaben zum Rentenfonds gestrichen hat. Ferner hat sie die Angaben zu ihren Versicherungen korrigiert bzw. ergänzt. Die Klägerin verfügt nach ihren Angaben über ein Guthaben einer Bausparkasse in Höhe von derzeit 6.332,12 EUR und über Vermögenswerte aus dem Rentenfonds in Höhe von 5.080,24 EUR.

In der mündlichen Verhandlung vom 27.4.2005 haben sich die Parteien streitbeendend dahingehend verglichen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitiger ordentlicher betriebsbedingte Kündigung am 30.6.2005 enden wird. Weiter hat sich die Beklagte verpflichtet, an die Klägerin als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes am 30. Juni 2005 einen Betrag in Höhe von 5.000 EUR zu zahlen. Das Arbeitsgericht hat den Wert des Streitgegenstandes auf 7.669,38 EUR festgesetzt.

Mit Beschluss vom 3.5.2005 hat das Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe versagt und ausgeführt, die Klägerin sei nicht bedürftig, weil sie eine Abfindung in Höhe von 5.000 EUR zu erhalten habe, die einzusetzen sei. Gegen diesen am 4. Mai 2005 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 11.5.2005 Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat teilweise Erfolg. Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist daher aufzuheben.

Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind auch Abfindungen als Vermögen i.S. des § 115 Abs. 3 ZPO zu berücksichtigen. Dies entspricht der gefestigten Rechtsprechung. Nach § 115 Abs. 3 ZPO hat die Partei ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Dabei ist § 90 SGB XII entsprechend anzuwenden.

Nach § 90 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Eine als Abfindung für den Verlust eines Arbeitsplatzes geleistete Summe fällt nicht unter die Ausnahmetatbestände des § 90 Abs. 2 Ziff. 1 bis 8 SGB XII. Nicht berücksichtigt wird die Abfindung, wenn es sich um einen kleineren Barbetrag oder einen sonstigen Geldwert handelt. Was ein kleinerer Barbetrag ist, ergibt sich aus § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII. Die zu zahlende Abfindung übersteigt die dort genannten Beträge.

Nach § 90 Abs. 3 SGB XII darf die Sozialhilfe ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde. Ob der Einsatz zuzumuten ist, richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Dabei kommt es entscheidend auf die Höhe der Abfindung, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Chancen des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt an (LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 24.9.1997 - 5 Ta 153/97 -; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 22.4.2005 - 1 Ta 15/05 -). Bei einer Abfindung ist der besondere Zweck der Leistung zu berücksichtigen. In der Regel wird, sofern der Freibetrag überschritten wird, ein Betrag von 10 % der Abfindung einzusetzen sein (LAG Köln Beschluss vom 30.1.2002 - 7 Ta 220/01 - NZA-RR 2005, 217; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 28.4.2005 - 2 Ta 92/05 -; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 22.4.2005 - 1 Ta 15/05). Dieser Kostenbeitrag von 10 % der Abfindungssumme kann ausnahmsweise dann reduziert oder ganz fallen gelassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass die Abfindung zur Behebung einer aktuellen Notlage gebraucht wird.

Nach diesen Gesichtspunkten hat sich die Klägerin mit einem Betrag von 500 EUR aus der Abfindung an den Kosten der Führung des Rechtsstreits zu beteiligen. Eine Beteiligung mit diesem Betrag kommt aber erst dann in Betracht, wenn die Abfindung tatsächlich zur Verfügung steht. Dem Zweck der Prozesskostenhilfe entspricht es nicht, eine Partei darauf zu verweisen, bereits jetzt zukünftig zur Verfügung stehende Beträge einzusetzen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin kann nach Abschluss des Rechtsstreits seine Vergütung fordern. Sein Vergütungsanspruch ist mit Beendigung der Angelegenheit fällig, § 8 Abs. 1 RVG. Da Zweck des § 114 ZPO ist, einer armen Partei die Führung eines Rechtsstreits zu ermöglichen, kann der Rechtsanwalt nicht darauf verwiesen werden, er möge mit der Geltendmachung seiner Honorarforderung warten, bis die Abfindung geflossen ist. Auch kann die Klägerin nicht auf eine Zwischenfinanzierung verwiesen werden, für die Kosten entstehen.

Bei der Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist von der derzeitigen Situation auszugehen. Das ergibt sich aus § 115 Abs. 1 S. 3 ZPO. Danach sind für die Berechnung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Beträge maßgebend, die im Zeitpunkt der Bewilligung gelten. Zwar werden hiermit in erster Linie die Freibeträge nach § 115 Abs. 1 S. 2 ZPO angesprochen. Das selbe muss aber gelten, soweit es die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse selbst betrifft. Daher ist, soweit die Ratenzahlung betroffen ist, die derzeitige Lage maßgebend (LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 28.4.2005 - 2 Ta 92/05 -).

Da das Arbeitsgericht, abgesehen von der Abfindung, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin noch nicht überprüft hat, ist das Verfahren an das Arbeitsgericht zurückzugeben. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Vorhandensein von Vermögen über den Abfindungsbetrag hinaus durch diese Entscheidung noch nicht geklärt worden ist. Die Klägerin verfügt über ein Guthaben aus einem Bausparvertrag sowie einen Rentenfonds, so dass unter Umständen schon damit die Kosten des Rechtsstreits abgedeckt werden können. Darüber hinaus hat die Klägerin nicht angegeben, welche Größe die Immobilie hat, so dass nicht beurteilt werden kann, ob der Klägerin eine teilweise Vermietung zugemutet werden kann. Darüber hinaus verfügt die Klägerin über zwei Kraftfahrzeuge.

Um der Klägerin insoweit nicht eine Instanz zu nehmen, ist eine Zurückverweisung geboten.

Eine Kostenentscheidung entfällt mangels Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten im PKH-Beschwerdeverfahren, § 127 Abs. 4 ZPO.

Gesichtspunkte, nach denen die Rechtsbeschwerde zuzulassen wäre, sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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