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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 02.06.2005
Aktenzeichen: 2 Ta 133/05
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG
Vorschriften:
ZPO § 888 | |
ArbGG § 62 Abs. 1 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss
Aktenzeichen: 2 Ta 133/05
Verkündet am 02.06.2005
Im Beschwerdeverfahren
betr. Einstellung der Zwangsvollstreckung
in dem Rechtsstreit
hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 2.6.2005 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts W. als Vorsitzende
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 18.4.2005 - 3 Ca 4190/04 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2300 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Mit der sofortigen Beschwerde wendet sich die Beklagte gegen einen Zwangsgeldbeschluss, mit dem die Weiterbeschäftigung des Klägers erzwungen werden soll.
Die Beklagte betreibt ein Bauunternehmen. Der Kläger war dort seit dem 28.3.2001 als Beton- und Stahlbetonbauer beschäftigt. Die Kolonne, in der der Kläger arbeitete, war am 26.11.2004 auf einem Bauvorhaben in N./O. eingesetzt. Es wurde Beton angelieferten, der sofort verarbeitet werden musste. Die Kolonnenmitglieder ließen daher die Frühstückpause ausfallen. Die Arbeiten waren um 12:15 Uhr beendet. Unter Einbeziehung der Pause war Dienstschluss für 13:00 Uhr vorgesehen. Um 12:20 Uhr erschienen der Oberbauleiter B. und der Sicherheitsbeauftragte G.. Sie stellten fest, dass zwei Kollegen des Klägers Punsch tranken. Alle vier Kolonnenmitglieder erklärten in Personalgesprächen am 29.11.2004, Punsch getrunken zu haben. Hierauf sprach die Beklagte gegenüber allen Kolonnenmitgliedern fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigungen des Arbeitsverhältnisses aus. Auf die Klage des Klägers stellte das Arbeitsgericht mit - nicht rechtskräftigem - Urteil vom 22.2.2005 fest, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche noch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten geendet habe. Weiter wurde die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Stahlbetonbauer/Einschaler weiter zu beschäftigen. Die Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt (5 Sa 167/05). Termin zur Berufungsverhandlung ist auf den 21.6.2005 anberaumt worden.
Auf Antrag des Klägers hat das Arbeitsgericht gegen die Beklagte mit Beschluss vom 18.4.2005 ein Zwangsgeld von 2.300 EUR, ersatzweise 10 Tage Haft, festgesetzt. Gegen diesen am 19.4.2005 zugestellten Beschluss hat die Beklagte am 3.5.2005 mit Fax und 4.5.2005 sofortige Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
Die Beklagte trägt vor, sie könne den Kläger nicht weiter beschäftigen, da sein Arbeitsplatz aus betriebsbedingten Gründen fortgefallen sei. Sie baue seit dem 1.11.2004 im Beton- und Stahlbetonbaubereich Stellen ab. Sie sei gezwungen gewesen, ihren Personalbestand der Auftragslage anzupassen. Zudem seien sämtliche Mitarbeiter der Kolonne des Klägers entlassen worden. In anderen Kolonnen könne der Kläger nicht eingesetzt werden.
II.
Die zulässige Beschwerde hat nicht Erfolg.
Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass eine objektive Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung bestehe. Die Zwangsvollstreckung eines Weiterbeschäftigungsurteils richtet sich nach § 888 ZPO. Die Verpflichtung zur Beschäftigung stellt eine unvertretbare Handlung dar. Auch im Verfahren nach § 888 ZPO ist eine Unmöglichkeit der Leistungserbringung zu beachten. Dass im vorliegenden Fall eine Unmöglichkeit vorliegt, ist jedoch nicht dargelegt.
Die Unmöglichkeit der Leistungserbringung stellt einen Einwand dar, für dessen tatsächliche Voraussetzungen der Schuldner in vollem Umfang darlegungs- und beweispflichtig ist (LAG Düsseldorf, Beschl. v. 08.10.1998 - 7 Ta 313/98 - zit. nach JURIS). Die Zwangsvollstreckung aus einem auf Weiterbeschäftigung gerichteten Titel kommt wegen Unmöglichkeit der Leistung nicht in Betracht, wenn der entsprechende Arbeitsplatz ersatzlos weggefallen ist (LAG Köln, Beschl. v. 23.08.2001 - 7 (13) Ta 190/01 - zit. nach JURIS). Dabei wird es allerdings in der Regel als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn der Arbeitgeber sich einer Ausführung der titulierten Weiterbeschäftigungsverpflichtung dadurch entzieht, dass er die Vollstreckung durch eine Umorganisation unmöglich macht (LAG Köln a. a. O.). Dies bedeutet, dass sich der Arbeitgeber im Zweifel nach Treu und Glauben nicht auf die Unmöglichkeit berufen können wird.
Die Beklagte hat zwar behauptet, sie habe aus betrieblichen Gründen im November 2004 in größerem Umfang Mitarbeiter entlassen. Hierbei handelt es sich um einen neuen Gesichtspunkt, den sie im Erkenntnisverfahren 1. Instanz nicht vorgebracht hatte. Die Kündigung des Klägers und der anderen Kolonnenmitglieder hatte sie auf die Behauptung, er habe gegen das Alkoholverbot verstoßen, gestützt. Es ist also nicht ersichtlich, dass die Auflösung der Kolonne auf dringenden betrieblichen Gründen beruht. Es mag zwar sein, dass die Beklagte den Ausspruch der Kündigungen gegenüber den Kolonnenmitgliedern genutzt hat, den Personalabbau auf diese Weise zu fördern. Sie wird sich allerdings an den von ihr selbst vorgetragenen Gründen festhalten lassen müssen.
Es ist daher nicht ersichtlich, dass die Beklagte die Arbeitsplätze der gesamten Kolonne als Reaktion auf äußere Zwänge oder vorrangige unternehmerische Gesichtspunkte in Fortfall hat kommen lassen.
Soweit die Beklagte sich darauf beruft, es sei ihr nicht zuzumuten, den Kläger zu beschäftigen, da der Kläger gegen das Alkoholverbot verstoßen habe, ist dies ein Gesichtspunkt, den sie im Rahmen eines Antrages auf Ausschließung der vorläufigen Vollstreckbarkeit, § 62 Abs. 1 ArbGG, bereits vor Verkündung des erstinstanzlichen Urteils oder in einem Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung vor dem Berufungsgericht hätte vorbringen müssen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Gebrauch des Ausdruckes "Zerstörung des Vertrauensverhältnisses" noch nicht per se die tatsächliche Zerstörung des Vertrauensverhältnisses begründen kann. Auch hier ist eine Substantiierung erforderlich. Das Arbeitsgericht hat sich in seiner Entscheidung mit der Frage, ob der Ausspruch einer Kündigung erforderlich und angemessen ist, befasst und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beklagten die weitere Beschäftigung zumutbar sei. Dass diese Wertung unzutreffend sei, hat die Beklagte in der Beschwerde nicht dargelegt.
Die Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Ende der Entscheidung
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