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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 16.02.2006
Aktenzeichen: 2 Ta 6/06
Rechtsgebiete: ZPO, SGB XII, RVG


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 115
ZPO § 115 Abs. 3
SGB XII § 90
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziff. 1
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziff. 2
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziff. 3
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziff. 4
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziff. 5
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziff. 6
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziff. 7
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziff. 8
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziff. 9
SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 9
SGB XII § 90 Abs. 3
RVG § 8 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 2 Ta 6/06

Im Beschwerdeverfahren

betr. Prozesskostenhilfe

in dem Rechtsstreit

pp.

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 16.2.2006 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzende:

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 19.12.2005 - 4 Ca 2018 a/05 - in Gestalt der Nichtabhilfeentscheidung vom 2.1.2006 teilweise abgeändert:

Die Klägerin hat sich an den Kosten ihrer Prozessführung mit der Zahlung in Höhe eines einmaligen Betrages von 240 EUR am 30.4.2006 zu beteiligen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden auf die Hälfte ermäßigt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Anordnung, dass sie sich an den Kosten der Führung des Rechtsstreits mit einem Anteil aus ihrer Abfindung zu beteiligen hat.

Die Klägerin hat am 28.11.2005 Klage erhoben, mit der die Feststellung begehrt hat, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 21.11.2005 zum 31.12.2005 beendet wird. Ferner hat sie Weiterbeschäftigung als Reinigungskraft verlangt. Die Klägerin hat gleichzeitig Bewilligung der Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt. Nach den Angaben der Klägerin in ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bezieht sie derzeit Krankengeld, deren Höhe noch unklar ist. Sie hat verschiedene Versicherungskosten in Höhe von insgesamt 244 €, unterhält ein Konto bei der ... Bank und verfügt über eine Lebensversicherung mit einem Guthaben von etwa 11.200 €. Als Belastung ist eine Kreditrate in Höhe von monatlich 121,02 € angegeben. Die Restschuld beträgt 1880 €. In der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2005 haben sich die Parteien verglichen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitigen ordentlicher krankheitsbedingter Kündigung mit Ablauf des 30.4.2006 enden wird. Bis zu diesem Zeitpunkt wird das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abgewickelt. Als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes soll in die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5000 € erhalten, wovon die eine Hälfte am 31.12.2005 und die zweite am 30.4.2006 fällig ist.

Mit Beschluss vom 19.12.2005 hat das Arbeitsgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt und bestimmt, dass die Klägerin sich an den Kosten der Prozessführung mit einer einmaligen Zahlung in Höhe von 10% ihrer Abfindung zu beteiligen hat. Hiergegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht teilweise abgeholfen hat. Das Arbeitsgericht hat den Beschluss dahingehend konkretisiert, dass sich die Klägerin mit einem einmaligen Betrag von 500 € am 30.4.2006 zu beteiligen hat. Im Übrigen hat es die Sache dem Landesarbeitsgericht als Beschwerdegericht vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde hat nur eingeschränkt Erfolg.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht bestimmt, dass die Klägerin sich an den Kosten der Führung des Rechtsstreits mit einem einmaligen Betrag zu beteiligen hat. Eine Abfindung ist als Vermögen i. S. des § 115 ZPO zu berücksichtigen. Nach § 115 Abs. 3 ZPO hat die Partei, die Prozesskostenhilfe begehrt, ihr Vermögen einzusetzen, soweit es zumutbar ist.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Abfindung als Bestandteil seines Vermögens bei der Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen (BAG Beschluss vom 22.3.2003 - 2 AZB 23/03 - ). Nach § 90 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Eine als Abfindung für den Verlust eines Arbeitsplatzes geleistete Summe fällt nicht unter die Ausnahmetatbestände des § 90 Abs. 2 Ziff. 1 bis 8 SGB XII. Die summe ist nicht zu berücksichtigen, wenn es sich um einen kleineren Barbetrag oder einen sonstigen Geldwert handelt, § 90 Abs. 2 Ziff. 9 SGB XII. Die Höhe des kleineren Barbetrags ergibt sich aus § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII und beträgt bei Personen, die anderen nicht unterhaltspflichtig sind, 2.600 EUR. Die Abfindung ist mit 5.000 EUR vereinbart worden. Sie übersteigt mithin den kleineren Barbetrag um 2.400 EUR.

Weitere Beträge können unberücksichtigt bleiben, soweit der Einsatz für denjenigen, der das Vermögen einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde, § 90 Abs. 3 SGB XII. Ob der Einsatz zuzumuten ist, richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Dabei kommt es entscheidend auf die Höhe der Abfindung, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Chancen des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt an (LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 24.9.1997 - 5 Ta 153/97 -; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 22.4.2005 - 1 Ta 15/05 -). Bei einer Abfindung ist der besondere Zweck der Leistung zu berücksichtigen. In der Regel wird, sofern der Freibetrag überschritten wird, ein Betrag von 10% der Abfindung einzusetzen sein (LAG Köln Beschluss vom 30.1.2002 - 7 Ta 220/01 - NZA-RR 2005, 217; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 28.4.2005 - 2 Ta 92/05 -; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 22.4.2005 - 1 Ta 15/05; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 27.5.2005 - 2 Ta 126/05; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 4.1.2006 - 2 Ta 268/05 -). Hiernach errechnet sich ein Anteil von 240 EUR, mit dem die Klägerin sich zu beteiligen hat.

Eine Beteiligung mit diesem Betrag kommt aber, wie das Arbeitsgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung zutreffend ausgeführt hat, erst dann in Betracht, wenn die Abfindung tatsächlich zur Verfügung steht. Dem Zweck der Prozesskostenhilfe entspricht es nicht, eine Partei darauf zu verweisen, bereits jetzt zukünftig zur Verfügung stehende Beträge einzusetzen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin kann nach Abschluss des Rechtsstreits seine Vergütung fordern. Sein Vergütungsanspruch ist mit Beendigung der Angelegenheit fällig, § 8 Abs. 1 RVG. Da Zweck des § 114 ZPO ist, einer armen Partei die Führung eines Rechtsstreits zu ermöglichen, kann der Rechtsanwalt nicht darauf verwiesen werden, er möge mit der Geltendmachung seiner Honorarforderung warten, bis die Abfindung geflossen ist. Auch kann die Klägerin nicht auf eine Zwischenfinanzierung verwiesen werden, für die ebenfalls Kosten entstehen.

Die Beteiligung der Klägerin an den Kosten der Führung des Rechtsstreits kann aber nicht gänzlich entfallen. Der Kostenbeitrag von 10% der Abfindungssumme kann ausnahmsweise dann reduziert oder ganz fallen gelassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass die Abfindung zur Behebung einer aktuellen Notlage gebraucht wird (BAG Beschluss vom 22.3.2003 - 2 AZB 23/03 -; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 22.4.2005 - 1 Ta 15/05 -; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 25.5.2005 - 1 Ta 93/05 - ). Dies ist hier aber nicht ersichtlich.

Eine besondere Härte ergibt sich nicht bereits daraus, dass der Betroffene neben dem Vermögen auch Verbindlichkeiten hat. Bei langfristigen Verpflichtungen ist der Antragsteller nicht berechtigt, diese vorzeitig zu tilgen, sondern muss mit dem vorhandenen Geld die Prozesskosten tilgen (Zöller/Philippi, Rn. 47 zu 3 115 ZPO).

Die Beschwerdeführerin trägt die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, ohne dass es eines Kostenausspruchs bedarf (hierzu Philippi, § 127 ZPO Rz. 39). Die Anordnung der Ermäßigung der Gebühr auf die Hälfte ergibt sich aus GKG-KV Nr. 1811. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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