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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 28.04.2005
Aktenzeichen: 2 Ta 92/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 1
ZPO § 115 Abs. 2
ZPO § 115 Abs. 3
Eine vereinbarte Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes (§ 9 KSchG) ist bei der Entscheidung über ein Prozesskostenhilfegesuch grundsätzlich als Vermögen zu berücksichtigen. Die Kammer schließt sich der Entscheidung des LAG Köln (Beschluss vom 30.1.2002 - 7 Ta 220/01 - NZA-RR 2005,217) an, wonach im Allgemeinen bei Überschreiten des Freibetrags nach § 90 SGB XII der Einsatz von 10 % des Abfindungsbetrages angemessen ist.

Wird in einem Vergleich vereinbart, dass die Abfindungszahlung erst etwa 4 Monate später zu zahlen ist, ist eine Versagung der Prozesskostenhilfe im Hinblick auf die zu erwartende Abfindungsleistung nicht gerechtfertigt, da dies dem Zweck des § 114 ZPO, einer armen Partei die Führung eines Rechtsstreits zu ermöglichen, widerspricht. Das Gericht kann allerdings bereits in diesem Zeitpunkt bestimmen, dass die Partei sich an den Kosten der Führung des Rechtsstreits mit einem Teil der zu erwartenden Abfindung beteiligt.


Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 2 Ta 92/05

Verkündet am 28.04.2005

Im Beschwerdeverfahren

betr. Prozesskostenhilfe

in dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 28.4.2005 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts ...als Vorsitzende

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 11.3.2005 - 4 Ca 2439 e/04 - abgeändert:

Dem Kläger wird zur Durchführung des Rechtsstreits 1. Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt.

Ihm wird Rechtsanwalt .... zur Vertretung beigeordnet. Mehrkosten i. S. v. § 121 Abs. 3 ZPO dürfen nicht entstehen.

Es wird Ratenzahlung von 300 EUR monatlich, beginnend mit dem 15.5.2005, angeordnet.

Außerdem hat sich der Kläger am 1.8.2005 mit einem einmaligen Betrag von 1.700 EUR an den Kosten des Rechtsstreits zu beteiligen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Mit der am 8.12.2004 erhobenen Klage hat der Kläger sich gegen eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses gewendet und gleichzeitig Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Rechtsanwaltsbeiordnung beantragt. Die Parteien haben sich am 24.1.2005 dahingehend verglichen, dass das Arbeitsverhältnis am 30.6.2005 aufgrund der Kündigung der Beklagten ende und der Kläger am 30.6.2005 eine Abfindung von 17.000 EUR erhalte. Im Hinblick auf die zu erwartende Abfindung hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 11.3.2005 Prozesskostenhilfe versagt. Hiergegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte Beschwerde, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Die sofortige Beschwerde des Klägers hat nur teilweise Erfolg.

Der Kläger hat Anspruch auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe, § 114 ZPO, da die Klage hinreichende Erfolgsaussicht bot und der Kläger die Kosten des Rechtsstreits nur in Raten aufbringen kann.

Der Kläger beruft sich zutreffend darauf, dass die titulierte Abfindung noch nicht fällig ist, ihm also derzeit für die Finanzierung des Rechtsstreits nicht zur Verfügung steht. Hingegen kann sein Prozessbevollmächtigter nach Abschluss des Rechtsstreits seine Vergütung fordern. Sein Vergütungsanspruch ist mit Beendigung der Angelegenheit fällig, § 8 Abs. 1 RVG. Dem Zweck des § 114 ZPO, einer armen Partei die Führung eines Rechtsstreits zu ermöglichen, widerspricht es, den Rechtsanwalt darauf zu verweisen, dass er mit der Geltendmachung seiner Honorarforderung warten möge, bis die Abfindung geflossen ist.

Auch kann der Kläger nicht auf eine Zwischenfinanzierung verwiesen werden. Hierfür entstehen Kosten. Dem stehen Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe entgegen.

Bei der Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist von der derzeitigen Situation auszugehen. Das ergibt sich aus § 115 Abs. 1 S. 3 ZPO. Danach sind für die Berechnung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Beträge maßgebend, die im Zeitpunkt der Bewilligung gelten. Zwar werden hiermit in erster Linie die Freibeträge nach § 115 Abs. 1 S. 2 ZPO angesprochen. Dasselbe muss aber gelten, soweit es die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse selbst betrifft. Daher ist, soweit die Ratenzahlung betroffen ist, die derzeitige Lage maßgebend.

1.

Auf Grund der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers ist Ratenzahlung in Höhe von 300 EUR monatlich anzuordnen, § 115 Abs. 2 ZPO.

Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers stellen sich derzeit wie folgt dar:

 Einkommen netto (1/10 des in der Abrechnung für Oktober 2004 ausgewiesenen Netto-Jahresbetrags)1.708,38EUR
abzüglich Erwerbstätigenfreibetrag-148,00EUR
abzüglich Freibetrag für den Kläger nach PKHB-364,00EUR
abzüglich 2/3 der Mietkosten -487,33EUR
einzusetzendes Einkommen709,05EUR

Damit ergeben sich Raten in Höhe von 300 EUR monatlich.

Die Ehefrau verfügt über eigenes Einkommen, das die Freigrenze übersteigt, so dass sie nicht als Unterhaltsberechtigte zu berücksichtigen ist. Angesichts des Verhältnisses der beiden Einkommen ist bei den Wohnungskosten eine Quotelung vorzunehmen.

Eine Berücksichtigung des Kredits bei der Deutschen Bank als besondere Belastung kommt angesichts der Tatsache, dass die Laufzeit im Juli 2005 endet, nicht mehr in Betracht.

3.

Weiterhin ist der Kläger verpflichtet, sich mit einem Betrag von 1.700 EUR an den Kosten des Prozessführung zu beteiligen, § 115 Abs. 3 ZPO.

Gem. § 115 Abs. 3 ZPO (Fassung ab 1.4.2005) hat die Partei auch ihr Vermögen einzusetzen. Hierzu gehört auch die dem Kläger zustehende Abfindung. Grundsätzlich können Abfindung bei der Prozesskostenhilfe auch als Vermögen berücksichtigt werden (LAG Köln Beschl. v. 28.7.2004 - 2 Ta 237/04 - LAG-Report 2004,346). Der Zweck der Abfindung steht dem nicht entgegen.

Die Zumutbarkeit der Beteiligung an den Prozesskosten mit vorhandenem Vermögen richtet sich nach § 90 SGB XII. Nach der VO zu § 90 Abs. 2 SGB XII beträgt der Freibetrag für den Kläger 2.600 EUR zuzüglich eines weiteren Betrages von 256 EUR für die Ehefrau des Klägers. Für Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes gilt dieser Freibetrag nicht uneingeschränkt, da hier der besondere Zweck der Leistung zu berücksichtigen ist. In der Regel wird aber ein Betrag von 10 % der Abfindung einsetzbar sein, sofern der Freibetrag überschritten wird (LAG Köln Beschluss vom 30.1.2002 - 7 Ta 220/01 - NZA-RR 2005,217 [LS]). Dieser Auffassung schließt sich die erkennende Kammer ausdrücklich an. Vorliegend ist, da Besonderheiten nicht ersichtlich sind, auch eine Beteiligung von 10 % festzusetzen.

Diese Beteiligung des Klägers an den Prozesskosten findet aber erst statt, wenn die vereinbarte Abfindung fällig wird. Um dem Kläger die Abwicklung zu erleichtern, ist die Beteiligung an den Prozesskosten aber um einen Monat aufzuschieben.

Angesichts des teilweisen Obsiegens des Klägers mit seiner Beschwerde ist eine Kostenentscheidung entbehrlich. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet, § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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