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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 05.09.2002
Aktenzeichen: 2 Ta 93/02
Rechtsgebiete: BRAGO, BetrVG, WO, ZPO
Vorschriften:
BRAGO § 8 Abs. 2 S. 2 | |
BetrVG § 9 | |
WO § 3 Abs. 2 Nr. 4 | |
ZPO § 3 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss
Aktenzeichen: 2 Ta 93/02
Beschluss vom 05.09.2002
In dem Rechtsstreit
Tenor:
wird auf die Beschwerde der beschwerdeführenden Arbeitgeberin - unter ihrer Zurückweisung im Übrigen - der Streitwertfestzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 27. Juni 2002 - 3 BVGa 21/02 - teilweise dahin abgeändert:
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Gebühren wird für das Beschlussverfahren auf 2.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
In dem dem Streitwertfestsetzungsverfahren zugrundeliegenden Beschlussverfahren hat die Arbeitgeberin mit dem Wahlvorstand über die Größe des zu wählenden Betriebsrates, ob 11 oder 9- köpfig, gestritten. Die Arbeitgeberin ist in dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht unterlegen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert des Verfahrens auf 10.667 Euro angesetzt. Auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses wird verwiesen.
Gegen diesen ihr am 01.07.2002 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn dahin abzuändern, dass der Gegenstandswert für das Verfahren deutlich herabgesetzt in die Nähe von 1.000,00 DM festgesetzt wird. Auf die Beschwerdebegründung vom 03.07.2002 wird verwiesen. Der Beschwerdegegner beantragt Zurückweisung der Beschwerde nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 22.08.2002.
Die Beschwerde ist zulässig und auch überwiegend begründet. Gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO ist hier der Streitwert nach billigem Ermessen festzusetzen. Es ist dabei der Wert zu finden, der für den Rechtsanwalt angemessene und für den Auftraggeber tragbare Gebühren ergibt (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 04.06.1985 - 4 Ta 72/85 - ; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 30.06.1993 - 2 Ta 12/93; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 13.07.1994 - 4 Ta 57/94). Dabei sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Bedeutung der Sache, der Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts und die Leistungsfähigkeit des Auftraggebers (vgl. Riedel-Sußbauer, BRAGO, 4. Aufl. , § 8, Rdn. 49, 50).
Der Streitgegenstand des Beschlussverfahrens war die Untersagung der Wahl eines 11-köpfigen Betriebsrats, mithin ging es um die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder, und er betrifft damit eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. Es geht also um die Abklärung einer Vorfrage bei der Vorbereitung einer Betriebsratswahl. Die Streitwerthöhe bemißt sich hierbei nach § 8 Abs. 2 BRAGO. Jene Vorschrift eröffnet zwar einen Spielraum zwischen unter 4.000 Euro und 500.000 Euro. Dabei hat der Gesetzgeber als Regelwert - und nicht als Hilfswert - (ständige Rechtsprechung des Beschwerdegerichts) - den Gegenstandswert mit 4.000 Euro festgehalten. Von diesem Regelwert ist bei der Abklärung lediglich einer Vorfrage zur ordnungsgemäßen Durchführung der Betriebsratswahl abzuweichen. Regelmäßig wird bei einer Wahlanfechtung, die grundsätzlich zur Neuwahl führt, bei mittleren und kleinen Betriebsräten von dem sog. Regelwert von 4.000 Euro auszugehen sein. Bei der Wahlanfechtung geht es nicht um geldwerte Interessen, was oft verkannt wird, es geht nur darum, ob der Betriebsrat gesetzmäßig zustande gekommen ist. Das Verbot, bei der Streitwertbemessung Folgewirkungen der erstrebten gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen, schließt es aus, bei einer Wahlanfechtung etwa auf die Zahl der Wahlberechtigten oder der zu wählenden Betriebsratsmitglieder abzustellen. (so zutreffend OVG Lüneburg vom 06.05.1994 - 18 L 1439/94; BVerwG vom 08.07.1985 in JurBüro 1986, 285 f bzgl. der Anfechtung der Wahl von Personalräten). Geht es aber nur um einen Teilaspekt der Betriebsratswahl, nämlich die Abklärung der Größe des zu wählenden Betriebsrats, ist regelmäßig die Hälfte des Regelgegenstandswerts zugrundezulegen. Darüber hinaus ist bei der Abklärung der streitigen Rechtsfrage keine besondere rechtliche Schwierigkeit zu erkennen, da der Wortlaut des § 9 BetrVG von wohltuender Verständlichkeit geprägt ist, so dass auch einem juristisch schlicht denkenden Wahlvorstand die Festlegung der Zahl der Betriebsratsmitglieder nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 Wahlordnung leicht fällt. Die zu beachtende Rechtsprechung zum Begriff der regelmäßig im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer ist von geringer Anzahl und leicht verständlich. Rechtliche Schwierigkeiten, die etwa eine tiefgehende theoretische Auseinandersetzung mit unterschiedlicher Rechtsprechung und mit der Literatur erfordert hätten, waren nicht vorhanden. Bei der Festsetzung sind auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Wahlvorstands als Auftraggeber seiner Verfahrensbevollmächtigten zu berücksichtigen. Der Wahlvorstand als solcher ist vermögenslos; dasselbe gilt für den Betriebsrat. Es kann nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin abgestellt werden (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 04.06.1985 - 4 Ta 72/85 - mit weiteren Hinweisen).
Es war daher insgesamt allenfalls von der Hälfte des Regelgegenstandswerts des § 8 BRAGO, also von 2.000,00 Euro auszugehen. Entsprechend dem Charakter des einstweiligen Verfügungsverfahrens wäre dieser Wert auf 1/3 zu reduzieren (Thomas-Putzo, ZPO, 18. Aufl., Rdn. 52 zu § 3; Herget in Zöller ZPO 23. Aufl. 2002 Rn. 16 "Einstweilige Verfügung"). Eine endgültige Befriedigung ist nicht erreicht, weil die durchgeführte Wahl innerhalb der Frist des § 19 Abs. 2 BetrVG angefochten werden kann, wo der Mangel der Anzahl der gewählten Betriebsratsmitglieder abermals gerügt werden könnte. Da hier aber neben dem Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung ein gesonderter Feststellungsantrag - Vorfrage für den zweiten Antrag - gestellt worden war, musste es wegen der Zusammenrechnung der Werte der Streitgegenstände insgesamt bei der Hälfte des Regelwerts bleiben.
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zugelassen.
Ende der Entscheidung
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