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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 19.11.2008
Aktenzeichen: 3 Sa 274/08
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, GKG, TV-UKN/TV-L


Vorschriften:

ArbGG § 64
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 2 lit. a
ArbGG § 64 Abs. 2 lit. b
ArbGG § 72a
ZPO § 3
GKG § 42 Abs. 3 S. 1
TV-UKN/TV-L § 26
TV-UKN/TV-L § 26 Abs. 1
TV-UKN/TV-L § 26 Abs. 1 S. 5
TV-UKN/TV-L § 26 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 3 Sa 274/08

Verkündet am 19.11.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 3. Kammer des auf die mündliche Verhandlung vom 19.11.2008 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 20.06.2008 - öD 4 Ca 2234 d/07 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Höhe des zu gewährenden Jahresurlaubs.

Die Klägerin ist 1958 geboren und seit dem 01.01.1992, also seit rund 16 Jahren bei der Beklagten als Kinderkrankenschwester beschäftigt. Sie erhält rund 3.000 EUR brutto monatlich. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein im Tarifverbund Nord (TV-UKN) Anwendung. Dieser TV ist hinsichtlich der Urlaubsregelung unter anderem in § 26 wortgleich mit der entsprechenden Regelung in § 26 TV-L.

Die Klägerin ist als vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin mit 38,5 Wochenstunden bei der Beklagten beschäftigt. Ihre Arbeitszeit gestaltet sich in der Weise, dass sie stets Nachtschichten an acht Nächten hintereinander erbringt und anschließend jeweils sechs Nächte frei hat. Die Arbeitszeit in der Nachschicht beläuft sich auf je neun Stunden.

Bislang gewährte die Beklagte der Klägerin über viele Jahre stets 26 Tage Erholungsurlaub im Jahr. Im November 2007 informierte die Beklagte die Klägerin dahingehend, dass ihr nur Erholungsurlaub im Umfang von 24 Arbeitstagen zustünde und der Urlaubsanspruch in der Vergangenheit fehlerhaft berechnet worden sei. Ab 2008 werde ihr nur noch korrekt berechneter Urlaub von 24 Arbeitstagen gewährt (Anlage K3, K5 - Bl. 6, 8 d. A.). Hiergegen wehrt sich die Klägerin mit ihrer am 18.12.2007 eingegangenen Klage, mit der sie die Feststellung begehrt, dass ihr auch weiterhin 26 Tage Erholungsurlaub zustehen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, den Streitwert auf 346,42 EUR festgesetzt und die Berufung nicht zugelassen. Es hat einen Anspruch auf 26 Urlaubstage weder aus Tarifvertrag noch aus betrieblicher Übung für gegeben gehalten. Das geschah im Wesentlichen mit der Begründung, dass nach § 26 Abs.1 TV-L der kalenderjährliche Urlaubsanspruch nach dem vollendeten 40. Lebensjahr dann 30 Arbeitstage beträgt, wenn sich die wöchentliche Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche verteilt. Die Klägerin leiste ihre wöchentliche Arbeitszeit jedoch in nur vier Arbeitstagen ab (acht Arbeitstage in zwei Arbeitswochen). Bei einer Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf weniger als fünf Tage sei der Urlaubsanspruch aber entsprechend zu mindern. Die zu leistende Wochenarbeitszeit sei für die Bemessung des Urlaubsanspruches nicht heranzuziehen. Für das gesetzliche und auch das tarifvertragliche Urlaubsrecht gelte kein Stunden-, sondern das sogenannte Tagesprinzip. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung bestehe nicht, da ihm die tariflichen Regelungen entgegenstünden und die Beklagte der Klägerin nur irrtümlich zwei Tage Urlaub im Kalenderjahr zu viel gewährt habe. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand, Anträge und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils vom 20.06.2008 verwiesen.

Gegen diese der Klägerin am 03.07.2008 zugestellten Entscheidung legte sie am 01.08.2008 Berufung ein, die gleichzeitig begründet wurde. Sie wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Ansicht, dass bei der Berechnung ihres Urlaubsanspruches nicht eine 4-Tage-Woche sondern eine durchschnittliche 4,2777-Tage-Woche zugrunde zu legen sei. Dies ergebe sich daraus, dass die Klägerin ihre wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden jeweils auf 9-Stunden-Schichten verteile. Darüber hinaus ergebe sich angesichts der Tatsache, dass die Beklagte der Klägerin 16 Jahre lang 26 Urlaubstage bei diesem Arbeitsrhythmus gewährt habe, ein Anspruch aus betrieblicher Übung.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Arbeitsgerichts Kiel, Az. öD 4 Ca 2234 d/07, vom 20.06.2008 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin weiterhin kalenderjährlich 26 Tage Erholungsurlaub zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Berufung angesichts des festgesetzten Streitwerts bereits für unzulässig. Im Übrigen sei das Urteil aber auch sowohl in tatsächlicher, als auch in rechtlicher Hinsicht zutreffend. Es sei bei der Urlaubsberechnung von realen vier Arbeitstagen pro Woche auszugehen, was einen Urlaubsanspruch von nur 24 Arbeitstagen pro Jahr ergebe. Für einen Anspruch aus betrieblicher Übung sei kein Raum.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig.

1. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist auch begründet worden.

2. Die Berufung ist auch statthaft im Sinne des § 64 ArbGG.

Gemäß § 64 Abs. 2 lit. a und b ArbGG ist die Berufung nur statthaft, wenn das Arbeitsgericht sie zugelassen hat oder der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt.

a) Das Arbeitsgericht hat die Berufung im angefochtenen Urteil nicht gesondert zugelassen. Die Nichtzulassung kann nicht eigenständig angefochten werden. Hiergegen wendet sich die Berufungsführerin in ihrer Berufungsbegründung auch nicht.

b) Das Arbeitsgericht hat den Wert des Beschwerdegegenstandes jedoch nur auf 346,42 EUR festgesetzt, so dass die Berufungssumme nicht erreicht ist.

(aa) Das Berufungsgericht ist grundsätzlich an die Festsetzung des Streitwerts eines Urteils erster Instanz im Regelfall gebunden und muss auch von ihr grundsätzlich ausgehen, wenn es um die Beurteilung geht, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes im Sinne des § 64 Abs. 2 ArbGG erreicht und deshalb die Berufung statthaft ist (BAG vom 24.08.1983 - 7 AZR 558/81 -; BAG vom 13.01.1988 - 5 AZR 411/87 -; LAG Köln vom 12.11.2003 - 8 Sa 706/03 - jeweils zit. nach JURIS).

Diese Bindung an den vom Arbeitsgericht festgesetzten Streitwert erster Instanz entfällt allerdings, wenn die Streitwertfestsetzung offensichtlich unrichtig ist. Offensichtlich unrichtig ist eine Streitwertfestsetzung, wenn sie in jeder Beziehung unverständlich und unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt zu rechtfertigen ist und außerdem der zutreffende Streitwert auf den ersten Blick die für den Beschwerdewert maßgebliche Grenze übersteigt oder unterschreitet (BAG vom 11.06.1986 - 5 AZR 512/83 - mwN; BAG vom 02.03.1983 - 5 AZR 594/82 -, zit. nach JURIS; Erfurter Kommentar / Koch, 7. Auflage, Rz. 15 zu § 64 ArbGG).

(bb) Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Das Arbeitsgericht hat den Wert des Beschwerdegegenstandes offensichtlich unzutreffend auf 346,42 EUR festgesetzt. Zwar steht dem Gericht hinsichtlich der Wertermittlung gemäß § 3 ZPO freies Ermessen zu. Allerdings sieht § 42 Abs. 3 S. 1 GKG vor, dass bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stets der dreifache Jahresbetrag maßgebend ist. So liegt der Fall hier. Ausgehend von einem Monatsgehalt der Klägerin von ungefähr 3.000,00 EUR beträgt der Wert eines Arbeitstages 773,21 EUR bei einer 4-Tage-Woche. Für die streitgegenständlichen zwei Arbeitstage Erholungsurlaub hat das Arbeitsgericht daher zutreffend einen Wert von 346,42 EUR errechnet. Dabei hat es jedoch offenkundig übersehen, dass der Wert des Streitgegenstandes nach § 42 Abs. 3 S. 1 GKG mit dem Faktor drei zu multiplizieren ist, da die Klägerin mit ihrer Antragsformulierung eine grundsätzliche Klärung ihres jährlich wiederkehrenden Urlaubsanspruches begehrt. Der Anspruch auf Erholungsurlaub erneuert sich kalenderjährlich selbständig. Damit handelt es sich um eine wiederkehrende Leistung, die gemäß § 42 Abs. 3 S. 1 GKG mit dem dreifachen Jahresbetrag hätte bewertet werden müssen.

Der korrekte Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt deshalb 1.039,26 EUR (3 x 346,42 EUR) und übersteigt den für die Berufung maßgeblichen Wert von mehr als 600,00 EUR augenscheinlich. Die Streitwertfestsetzung des Arbeitsgerichts ist daher für das Berufungsgericht wegen offensichtlicher Unrichtigkeit nicht bindend. Die Berufung ist zulässig im Sinne des § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG.

II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und insbesondere darauf abgestellt, dass für die Berechnung des Urlaubsanspruchs nicht auf die durchschnittliche wöchentliche Stundenzahl, sondern auf die Anzahl der Arbeitstage, auf die die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit verteilt wurde, abzustellen ist. Ebenso hat es zutreffend das Vorliegen eines Anspruches aus betrieblicher Übung verneint. Dem folgt das Berufungsgericht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Lediglich ergänzend wird Folgendes ausgeführt:

1. Es besteht kein tariflicher Anspruch auf 26 Urlaubstage, sondern nur auf 24 Urlaubstage pro Kalenderjahr.

a. Gemäß § 26 Abs. 1 TV-UKN (wortgleich § 26 TV-L) haben Beschäftigte in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts. Bei der Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr nach dem vollendeten 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage. Gemäß § 26 Abs. 1 S. 5 TV-UKN / TV-L erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Arbeitstage.

Die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin ist unstreitig nicht auf fünf Tage verteilt. Die Klägerin arbeitet vielmehr regelmäßig an acht Nächten hintereinander und hat anschließend sechs Nächte frei. Damit hat sie innerhalb eines Zeitraums von zwei Kalenderwochen in einer Woche sieben Arbeitstage und in der Folgewoche nur einen Arbeitstag. Ihre wöchentliche Arbeitszeit ist daher anders als auf fünf Tage in der Kalenderwoche im Sinne des § 26 Abs. 1 S. 2 TV-UKN / TV-L verteilt.

b. Ausweislich des Tarifvertrages ist die Bezugsgröße für die Errechnung des kalenderjährlichen Urlaubsanspruches die Anzahl der Arbeitstage pro Kalenderwoche, an denen die vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit - in welcher zeitlichen Größenordnung auch immer - zu erbringen ist. Gleiches ergibt sich auch aus dem Bundesurlaubsgesetz. Der Umfang der Arbeitszeit ist für die Berechnung der Anzahl der Urlaubstage nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht maßgeblich.

c. Da der Urlaubsanspruch auf die Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht bei weiterlaufendem Vergütungsanspruch gerichtet ist, kann Urlaub nur für solche Tage erteilt werden, an denen der Arbeitnehmer aufgrund der Verteilung seiner Arbeitszeit hätte arbeiten müssen (BAG vom 20.08.2002 - 9 AZR 261/01 - zit. nach JURIS, Rz. 46 mwN). Geht eine tarifliche Urlaubsregelung bei der Bestimmung der Urlaubsdauer von einer bestimmten Verteilung des Urlaubs auf einzelne Wochentage als Normalfall aus und unterscheidet sich die Verteilung der Arbeitszeit eines Arbeitnehmers von diesem Normalfall, erfordert dies eine Umrechnung der Urlaubsdauer (BAG a.a.O.; Sponer-Steinherr, Kommentar zum TVöD, Rz. 156 zu § 26 TV-L).

In § 26 TV-UKN/ TV-L ist als Normalfall eine Verteilung der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit auf fünf Arbeitstage in der Kalenderwoche festgelegt. Damit muss der Urlaubsanspruch der Klägerin umgerechnet werden.

d. Ist die regelmäßige Arbeitszeit eines Arbeitnehmers auf einen Zeitraum verteilt, der mit einer Kalenderwoche nicht übereinstimmt, muss für die Umrechnung eines nach Arbeitstagen bemessenen Urlaubsanspruchs auf längere Zeitabschnitte als eine Woche, ggf. auf ein Kalenderjahr, abgestellt werden (BAG vom 22.10.1991 - 9 AZR 621/90 - zit. nach JURIS). Für Arbeitnehmer, deren Arbeitszeit regelmäßig auf mehr als fünf Werktage einer Woche verteilt ist, ergibt sich daher eine größere Zahl von Urlaubstagen. Entsprechend ist die Dauer des Urlaubsanspruchs geringer, wenn der Arbeitnehmer an weniger als fünf Werktagen zu arbeiten hat (BAG a.a.O.).

Das führt - entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht zu einer Schlechterstellung gegenüber den Arbeitskollegen, die bei einer 5-Tage-Woche 30 Urlaubstage erhielten. Die Klägerin übersieht, dass sie bei ihrem persönlichen Arbeitsrhythmus für einen zweiwöchigen Urlaub nur 8 Urlaubstage verbrauchen muss (7 UT für die erste Woche, 1 UT für die zweite Woche), während ihre Arbeitskollegen mit einer regelmäßigen 5-Tage-Woche für den gleichen Zeitraum 10 Urlaubstage in Anspruch müssen (5 UT für die erste Woche, 5 UT für die zweite Woche).

e. Die Umrechnung erfolgt beispielsweise nach der Formel: Tarifliche Urlaubsdauer in Arbeitstagen geteilt durch die Jahresarbeitstage und multipliziert mit den Tagen, an denen der Beschäftigte im Urlaubsjahr zur Arbeit verpflichtet ist.

In der 5-Tage-Woche ergeben sich für das Kalenderjahr bei 52 Wochen 260 Arbeitstage (vgl. Sponer-Steinherr, TVöD, Rz. 157 zu § 26 TV-L mwN)). Sobald die Arbeitstage in der Woche einem Wechsel unterliegen, ist die Bezugnahme auf 260 Arbeitstage im Jahr als Bezugsgröße der einfachere Weg (Sponer-Steinherr, Rz. 158 zu § 26 TV-L).

Es ergibt sich danach folgende Berechnung: Die Klägerin hat in 26 Wochen eines Kalenderjahres 7 Arbeitstage zu arbeiten = 182 AT und in weiteren 26 Wochen an 1 AT = 26 AT. Das ergibt die Summe von 208 AT im Kalenderjahr. Ausgehend von der o.g. Formel ergibt sich folgende Berechnung: 30 UT : 260 AT X 208 AT = 24 UT.

f. Der persönliche Urlaubsanspruch kann nach der Rechtsprechung des BAG bei einem Schichtrhythmus auch anders berechnet werden: Bei einer nicht regelmäßigen Verteilung der Arbeitszeit auf die Woche und entsprechendem Wochenwechsel ist entsprechend dem sich jeweils ergebenden Rhythmus ein Quotient zu bilden (Sponer-Steinherr, Rz. 158, 166 zu § 26 TV-L; BAG vom 20.06.2000 - 9 AZR 309/99 -).

Das ergibt folgende Berechnung: Ausgehend von der tariflichen Bemessungsgrundlage einer Kalenderwoche mit fünf Arbeitstagen beträgt der durchschnittliche Quotient 5/5 für jede Kalenderwoche eines Jahres. Die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin ist nicht regelmäßig auf jeweils eine Woche, sondern durch den Schichtrhythmus anders verteilt. Der Schichtrhythmus ist nicht auf eine Woche beschränkt. Die Klägerin arbeitet in einer Kalenderwoche sieben Arbeitstage, so dass sich im Vergleich zur tariflichen Bezugsgröße ein Quotient für eine solche Woche von 7/5 ergibt. In der Folgewoche arbeitet die Klägerin einen Arbeitstag, hat sodann die folgenden Tage frei, so dass sich für die Folgewoche ein Quotient von 1/5 ergibt. Die Klägerin arbeitet jeweils 26 Wochen im Kalenderjahr mit einem Quotienten von 7/5 Arbeitsleistung und 26 Kalenderwochen im Jahr mit einem Quotienten von 1/5 Arbeitsleistung. 26 Wochen entsprechen der Hälfte eines Jahres. Für sie sind also tariflich 15 Urlaubstage vorgesehen. Arbeitet die Klägerin an 26 Wochen im Jahr abweichend vom tariflichen Normalfall mit einem Quotienten von 7/5 Arbeitstagen, erwirbt sie für 26 Wochen eines Kalenderjahres einen Anspruch auf 21 Urlaubstage (30 UT pro Jahr ./. 2 = 15 UT x 7/5 = 21 UT). Für die andern 26 Kalenderwochen, an denen die Klägerin eine Arbeitsleisung von 1/5 erbringt, erwirbt sie einen Urlaubsanspruch von drei Urlaubstagen (30 UT ./. 2 =15 UT x 1/5 = 3 UT). Es ergibt sich daher auch bei dieser, auf das Kalenderjahr abgestellten Berechnung infolge der nicht auf 5 Arbeitstage pro Woche beschränkten Verteilung der Arbeitszeit der Klägerin ein jährlicher Anspruch auf Urlaub für 24 Urlaubstage.

g. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man, sofern mit der Beklagten nur auf den Durchschnitt der Arbeitstage in dem regelmäßig wiederkehrenden Zeitabschnitt von zwei Wochen abgestellt wird.

h. Die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin ist nur die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der geschuldeten Vergütung pro Urlaubstag. Die Klägerin erhält ihre Vergütung pro Urlaubstag auf Basis ihrer an dem jeweiligen Arbeitstag erbrachten/ zu erbringenden stundenmäßigen Arbeitsleistung. Letztere bestimmt den finanziellen Gegenwert ihres jeweiligen Urlaubstages.

Aus den genannten Gründen ist der seitens der Beklagten mit 24 Urlaubstagen angegebene jährliche Urlaubsanspruch der Klägerin korrekt.

2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Beibehaltung der bisherigen Berechnung der Urlaubstage und damit auf Gewährung von 26 Urlaubstagen im Kalenderjahr aus betrieblicher Übung.

a. Einen Anspruch aus betrieblicher Übung setzt eine rechtsgeschäftliche Übereinkunft voraus. Aufgrund einer regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers können Arbeitnehmer unter Umständen schließen, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu beurteilenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird, was keines Zugangs beim Arbeitgeber bedarf, entstehen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Voraussetzung ist, dass die Arbeitnehmer annehmen durften, dass der Arbeitgeber sich binden wollte. Für die Begründung eines Anspruches durch betriebliche Übung kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber mit Verpflichtungswillen gehandelt hat oder ob ihm ein solcher Wille fehlt. Die Wirkung einer Willenserklärung oder eines bestimmten Verhaltens tritt schon dann ein, wenn der Erklärende aus der Sicht des Erklärungsempfängers einen auf eine bestimmte Rechtswirkung gerichteten Willen geäußert hat. Ob eine für den Arbeitgeber bindende betriebliche Übung aufgrund der Gewährung von Leistungen an seine Arbeitnehmer entstanden ist, muss deshalb danach beurteilt werden, inwieweit die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. nur BAG v. 21.06.2005 -ApNr. 11 zu § 55 InsO).

Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann weiter nur entstehen, wenn es an einer anderen kollektiv- oder individualrechtlichen Grundlage für die Leistungsgewährung fehlt. Andernfalls muss der Arbeitnehmer davon ausgehen, dass der Arbeitgeber lediglich den anderweit begründeten Anspruch erfüllen will.

Problematisch ist, wenn der Arbeitgeber sich irrtümlich zur Leistung verpflichtet glaubt und in diesem Bewusstsein rechtsgrundlos Leistungen erbringt. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber dann seine Leistung für die Zukunft einstellen, da es an einem wirksamen Verpflichtungstatbestand fehlt. Ein Anspruch auf die Weitergewährung der bisherigen Leistung aus betrieblicher Übung entsteht lediglich, wenn aufgrund besonderer Anhaltspunkte für den Arbeitnehmer erkennbar ist, dass der Arbeitgeber trotz der fehlenden Rechtspflicht weiterhin zur Leistungserbringung bereit ist. Für das Vorliegen eines Irrtums ist der Arbeitgeber, für das Bestehen von besonderen Anhaltspunkten ist hingegen der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig (Schaub-Koch, 12. Auflage, Rz. 12 zu § 111 - "betriebliche Übung" mit einer Vielzahl von Rechtsprechungsnachweisen).

Besonderheiten gelten darüber hinaus noch für den öffentlichen Dienst. Aufgrund der haushaltsrechtlichen Vorgaben unterstellt die Rechtsprechung bei einem öffentlichen Arbeitgeber, dass sich dieser im Zweifel nur normgemäß verhalten und keine über- oder außertariflichen Leistungen erbringen will. Ohne besondere Anhaltspunkte darf ein im öffentlichen Dienst beschäftigter Arbeitnehmer auch bei langjähriger Gewährung von Vergünstigungen nicht annehmen, die Übung sei Vertragsinhalt geworden und werde unabhängig von einer zugrunde liegenden normativen Regelung unbefristet beibehalten (Schaub-Koch, Rz. 13 zu § 111 - betriebliche Übung mwN).

b. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist das Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruches aus betrieblicher Übung nicht ersichtlich. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dieses darauf beruhen könnte, dass es sich bei der Beklagten um einen öffentlichen Arbeitgeber handelt. Auch wenn die Beklagte ein privater Arbeitgeber wäre, ergäbe sich nichts Anderes.

Die Beklagte hat dargelegt, dass in der Vergangenheit der Urlaubsanspruch der Klägerin fehlerhaft berechnet wurde und deshalb irrtümlich zwei Arbeitstage zu viel Urlaub gewährt wurden. Es fehlt jegliches Vorbringen der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin für ein etwaiges Vorliegen besonderer Anhaltspunkte im Verhalten der Beklagten, aus denen sich für die Klägerin ein Rechtsbindungswille ergeben haben soll. Ungeachtet dessen ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass unstreitig nicht die Personalabteilung der Beklagten für Urlaubsgewährung und Urlaubsberechnung zuständig war, sondern dieses die jeweils unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin in ihrer jeweiligen Abteilung/Klinik abgewickelt hat. Letztere hat zweifelsfrei keine Kompetenzen, arbeitsvertragliche Verpflichtungen zu Lasten der Beklagten zu begründen.

3. Aus den genannten Gründen ist die Klage zu Recht abgewiesen worden. Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor, so dass die Revision nicht zuzulassen war. Vorliegend handelt es sich ausschließlich um eine Einzelfallentscheidung.

Ende der Entscheidung

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