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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 11.02.2004
Aktenzeichen: 3 Sa 342/03
Rechtsgebiete: GG, ERTV Deutsche Telekom, TV SR Deutsche Telekom


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
ERTV Deutsche Telekom § 44
TV SR Deutsche Telekom § 22 Abs. 1
TV SR Deutsche Telekom § 22 Abs. 2
1.) Aus § 22 Abs. 2 Tarifvertrag über Sonderregelungen (TV SR) ergibt sich nicht, dass die Tarifvertragsparteien den unter die Sonderregelungen fallenden Arbeitnehmern der Deutschen Telekom mindestens eine Funktionszulage in Höhe der pauschalierten Funktionszulage gem. § 44 Abs. 4 Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV) garantieren wollten.

2.) Die tarifliche Regelung des § 22 Abs. 2 TV SR, bei deren Anwendung Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Tarifvertrages schon in einem Beschäftigungsverhältnis zur Deutschen Telekom gestanden haben, unter Wahrung ihres Besitzstandes zeitlich unbegrenzt unter Umständen eine geringere Funktionszulage erhalten, als Arbeitnehmer, die nach In-Kraft-Treten des TV SR neu eingestellt wurden, verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), da die Funktionszulage unter dem Gesichtspunkt der Übersichtlichkeit, Transparenz, Vereinheitlichung, Verringerung des Erfassungsaufwandes und der Kostenneutralität pauschaliert wurde.

3.) Die Funktionszulage ist nur solange für Altarbeitnehmer Besitzstand wahrend gem. § 22 Abs. 2 TV SR zu berechnen, bis der Arbeitnehmer eine andere Gesamttätigkeit ausübt. § 22 Abs. 1 und Abs. 2 TV SR ist so auszulegen, dass die " Gesamttätigkeit" im Sinne von § 22 Abs. 2 TV SR nicht gleichzusetzen ist mit der "Aufgabenträgernummer" im Sinne des § 22 Abs. 1 TV SR. Eine Veränderung der Gesamttätigkeit des Arbeitnehmers im Sinne des § 22 Abs. 2 TV SR kann auch dann vorliegen, wenn sich durch die veränderte Tätigkeit die Aufgabenträgernummer im Sinne des § 22 Abs. 1 TV SR nicht verändert.


Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein

Urteil

Im Namen des Volkes

Aktenzeichen: 3 Sa 342/03

Verkündet am 11.02.2004

In dem Rechtsstreit

hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 11.02.2004 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Heimann als Vorsitzende und d. ehrenamtlichen Richter Dieter Kurbjuhn als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter Wolfgang Hanssen als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Neumünster vom 11.6.2003 - ÖD 3 Ca 678 b/03 aufgehoben:

1) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 230,94 Euro brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.4.2003 zu zahlen.

2) Die Beklagte wird verurteilt, mit Wirkung ab 1.3.2003 eine mtl. Funktionszulage in Höhe von 82,50 Euro brutto bzw. ab 01. Mai 2003 in Höhe von 85,50 Euro brutto unter Anrechnung der jeweils monatlich gezahlten Funktionszulage nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16. des jeweiligen Monats zu zahlen.

3) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Höhe einer tariflichen Funktionszulage und in diesem Zusammenhang sowohl um die Auslegung und Wirksamkeit einer Tarifnorm, als auch um die Rechtsfolgen einer Veränderung der Tätigkeit des Klägers.

Der Kläger ist seit dem 01.08.1974 bei der Beklagten bzw. bei ihrer Rechtsvorgängerin als Monteur tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden die zwischen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge Kraft beiderseitiger Tarifbindung Anwendung. Bis zum 30.06.2001 galt für das Arbeitsverhältnis der von der Beklagten mit der Deutschen Postgewerkschaft vereinbarte Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Telekom AG (TV Arb). In diesem Tarifvertragswerk war u. a. die Zahlung von Erschwerniszuschlägen geregelt. Sie wurden nur dann gezahlt, wenn die entsprechenden Tätigkeiten auch tatsächlich ausgeübt wurden, nicht jedoch z.B. bei Krankheit und Urlaub. Der Kläger erhielt als Monteur aufgrund dieses Tarifvertrages eine Erschwerniszulage in wechselnder Höhe.

Mit Wirkung ab 01.07.2001 wurde bei der Beklagten das "Neue Bewertungs- und Bezahlungssystem (NBBS)" eingeführt. Es besteht aus 4 Tarifverträgen: dem Manteltarifvertrag (MTV), dem Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV); dem Entgelttarifvertrag (ETV) sowie dem Tarifvertrag Sonderregelungen (TV SR). Letzterer enthält Übergangsregelungen für die Überführung der Arbeitnehmer in das neue Entgeltsystem. Die tariflichen Neuregelungen gelten seit diesem Zeitpunkt auch für das Arbeitsverhältnis der Parteien. U. a. wurde in dem ERTV in Verbindung mit dem TV SR die Zahlung einer Funktionszulage neu geregelt. Als Ersatz für die bisher individuell gezahlten Zuschläge werden nach den Regelungen der neuen Tarifverträge jetzt Pauschalbeträge gezahlt. Das Tarifvertragswerk enthält hierzu folgende Regelungen:

§ 44 ERTV

Funktionszulage

(1) Arbeitnehmer der Regelentgeltgruppen, die bei der Aufgabenerledigung besonderen Umgebungs- bzw. Belastungseinflüssen ausgesetzt sind, erhalten eine Funktionszulage.

(...)

(4) Die Höhe der Funktionszulage bestimmt sich nach der Ausprägung der besonderen Umgebungs- bzw. Belastungseinflüsse:

- Stufe 1, geringe Einflüsse (41,50 Euro ab 1. Mai 2003: 43,00 Euro)

- Stufe 2, mittlere Einflüsse (52,00 Euro ab 1. Mai 2003: 53,50 Euro)

- Stufe 3, starke Einflüsse (62,60 Euro ab 1. Mai 2003: 64,00 Euro)

- Stufe 4, besonders starke Einflüsse (82,50 Euro ab 1. Mai 2003: 85,50 Euro).

(5) Die Funktionszulage wird als monatliche Pauschale gezahlt. (...)

(6) Ein Anspruch des Arbeitsnehmers auf die Zahlung der Funktionszulage entsteht erstmals dann, wenn er die funktionszulagenberechtigte Tätigkeit nicht nur vorübergehend an mehr als 5 Arbeitstagen in einem Kalendermonat ausübt. (...)" (Bl. 66,67 d. A.).

Der TV SR gilt gem. seinem § 1 für Arbeitnehmer der Beklagten, welche am 30.06.2001 schon und am 01.07.2001 noch in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehen, für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses. Hinsichtlich der Funktionszulage des § 44 ERTV regelt § 22 TV SR folgendes:

§ 22

Funktionszulage

(1) Zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Tarifvertrages (1. Juli 2001) gilt folgende Liste von Aufgabenträgern mit Anspruch auf eine Funktionszulage:

(...)

Stufe 4

- 433 51 (Vervielfältiger)

- 554 49 (Monteur)

(1) Abweichend von Absatz 1 und § 44 Absatz 4 ERTV erhalten alle Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des TV SR fallen, ab dem Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Tarifvertrages (1. Juli 2001), bis eine andere Gesamttätigkeit nicht nur vorübergehend ausgeübt wird, eine Funktionszulage in Höhe von 1/12 der in dem Zeitraum Mai 2000 bis April 2001 tatsächlich individuell gezahlten Erschwerniszuschläge, erhöht um 29,4 v. H..

Die Beträge erhöhen sich in gleichem Maße wie das Monatsentgelt aufgrund allge- meiner Entgelterhöhungen." (Bl. 109 f. d. A.).

Nach den Bestimmungen des alten, Erschwerniszuschläge regelnden Tarifvertrages war ein umfangreicher Katalog von Einzeltätigkeiten zulagenberechtigt. Die Berechnung der Erschwerniszulagen erforderte einen monatlichen Nachweis der Dauer der zulagenberechtigten Tätigkeit durch jeden einzelnen Arbeitnehmer. Dieses aufwendige Nachweissystem sollte durch die pauschale Funktionszulage des § 44 ERTV ersetzt werden. Die Regelung für Altarbeitnehmer in § 22 Abs. 2 TV SR wurde auf Wunsch der Gewerkschaft in den Tarifvertrag aufgenommen. Die Tarifvertragsparteien waren sich einig, - das ist unstreitig -, dass jedwede Besitzstandswahrung unter dem Grundsatz der Kostenneutralität für die Beklagte erfolgen sollte. Der Zuschlag für die nach § 22 Abs. 2 TV SR aufgrund der bisher gezahlten Erschwerniszulagen zu ermittelnde Funktionszulage von Altarbeitnehmern in Höhe von 29,4% sollte Ausfallzeiten wegen Urlaubs oder Krankheit im Referenzzeitraum ausgleichen, da für diese in der Vergangenheit keine Erschwerniszulage gezahlt wurde.

Der Kläger ist aufgrund seiner Tätigkeit als Monteur der Aufgabenträger Nr. 554 49 des § 22 Abs. 1, Stufe 4 TV SR zugeordnet. Er übte bis zum 31.08.2002 als Monteur die Aufgabe "Schalten im Netz" aus. Seit dem 01.09.2002 ist er als Monteur in der "Kabelmontage" tätig.

Er erhält von der Beklagten für die von ihm verrichteten Arbeiten ungeachtet der Veränderung seiner Tätigkeit eine nach der Berechnungsmethode des § 22 Abs. 2 TV SR ermittelte Funktionszulage in Höhe von 44,01 Euro brutto monatlich. Nach außergerichtlicher Geltendmachung (Bl. 18 d. A.) begehrt er mit der am 08.04.2003 eingegangenen Klage die Zahlung einer monatlichen Funktionszulage in Höhe von 82,50 Euro brutto mit Wirkung ab 01.08.2002. Für die 7 Monate August 2002 bis einschließlich Februar 2003 verlangt er die monatlich angefallene Differenz von insgesamt 269,43 Euro brutto und fordert im Übrigen die Verurteilung der Beklagten zur fortlaufenden Zahlung der Zulage ab 01.03.2003 unter Anrechnung bisheriger Zahlungen. Die Klage wurde der Beklagten im Gütetermin am 11.04.2003 zugestellt.

Der Kläger meint, bei § 22 Abs. 2 TV SR handele es sich um eine Besitzstandsregelung, bei der die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen seien, es sei mindestens die pauschalierte Zulage nach § 44 Abs. 4 ERTV zu zahlen, es sei denn, die sich aus § 22 Abs. 2 TV SR ergebende Pauschale sei höher. Außerdem ergebe sich für ihn jedenfalls ab 01.09.2002 ein Anspruch auf Zahlung der Funktionszulage nach § 44 Abs. 4 Stufe 4 ERTV, da sich ab diesem Zeitpunkt seine Tätigkeit als Monteur auf Dauer vollständig verändert habe. Insoweit übe er eine andere "Gesamttätigkeit" im Sinne des § 22 Abs. 2 TV SR aus, mit der Folge, dass jedenfalls deshalb und ab dann die höhere Pauschale zu zahlen sei.

Der Kläger hat beantragt,

1) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 269,43 Euro brutto zu zahlen, nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach dem Diskontüberleitungsgesetz seit Rechtshängigkeit,

2) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab 01.03.2003 monatlich 82,50 Euro brutto zu zahlen nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach dem Diskontüberleitungsgesetz seit Rechtshängigkeit.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die den Kläger betreffende Funktionszulage sei tarifgerecht berechnet worden. Der Wortlaut der §§ 44 ERTV, 22 Abs. 2 TV SR sehe keine andere Berechnungsweise vor. § 22 Abs. 2 TV SR habe nur den Besitzstand der Altarbeitnehmer sichern wollen, was hinsichtlich der Differenzierung im Verhältnis zu Neuarbeitnehmern zulässig sei. Auch übe der Kläger keine andere "Gesamttätigkeit" im Sinne des § 22 Abs. 2 TV SR aus, da seine Monteurstätigkeit trotz der unstreitigen Aufgabenveränderung nach wie vor der gleichen Aufgabenträgernummer 554 49 des § 22 Abs. 1 TV SR zugeordnet werde.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 11.06.2003 die Klage abgewiesen und ist der Begründung der Beklagten gefolgt. § 22 Abs. 2 TV SR wahre den Besitzstand des Klägers. Die in diesem Tarifvertrag getroffene Stichtagsregelung für die Berechnung, die zu unterschiedlichen Behandlungen von Arbeitnehmern führe, die vor bzw. nach dem Stichtag in den Betrieb der Beklagten eingetreten sind, verstoße nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Sie stelle eine zulässige Gruppenbildung dar. Ein Zahlungsanspruch des Klägers ergebe sich auch nicht daraus, dass er statt der "Schaltarbeiten im Netz" nunmehr "Kabelmontagen" ausführe. Insoweit bleibe seine Tätigkeit der gleichen Aufgabenträgernummer zugeordnet, sodass keine Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 2 TV SR feststellbar sei.

Gegen dieses dem Kläger am 11.07.2003 zugestellte Urteil hat er am 30.07.2003 Berufung eingelegt, die nach Fristverlängerung bis zum 10.10.2003 am 10.10.2003 begründet wurde.

Der Kläger vertieft im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen. Er behauptet nach wie vor, die Tarifvertragsparteien seien davon ausgegangen, dass der individuell zu errechnende Zuschlag aus § 22 Abs. 2 TV SR grundsätzlich höher sei als die Pauschale nach § 44 Abs. 4 ERTV. Mit der Sonderregelung in § 22 Abs. 2 TV SR habe man gegenüber § 44 Abs. 4 ERTV einen höheren Zuschlag sichern wollen. Der Kläger meint weiterhin, § 22 Abs. 2 TV SR verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Differenzierung zwischen neu eingestellten Arbeitnehmern, Altarbeitnehmern, "Altarbeitnehmern mit Aufgabenwechsel" und "Altarbeitnehmern ohne Aufgabenwechsel" sei in keiner Weise plausibel erklärbar und daher willkürlich. Zudem beschränke sich das Problem weder auf Einzelfälle, noch auf eine Übergangszeit. Wenn in den Folgejahren kein Aufgabenwechsel erfolge, bestehe die Ungleichbehandlung bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsleben fort. Das sei nicht zu rechtfertigen.

Jedenfalls stehe ihm infolge der Tätigkeitsveränderung ein Anspruch auf die Funktionszulage gem. § 44 Abs. 4, Stufe 4 ERTV seit dem 01.09.2002 zu. Insoweit sei die Aufgabenträgernummer 554 49 (Monteur) unbeachtlich. Diese stelle lediglich eine Berufsbezeichnung dar, sei jedoch nicht gleichzusetzen mit "Gesamttätigkeit" im Sinne des § 22 Abs. 2 TV SR.

Der Kläger beantragt nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster (ÖD 3 Ca 678 b/03) vom 11.06.2003 aufzuheben und

1) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 269,43 Euro brutto zu zahlen, nebst 5% Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,

2) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger mit Wirkung ab 01.03.2003 eine Funktionszulage in Höhe von 82,50 Euro brutto mtl. bzw. ab 01.05.2003 in Höhe von 85,50 Euro brutto mtl. unter Anrechnung der jeweils mtl. gezahlten Funktionszulage nebst 5% Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und meint, der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ergebe sich weder aus § 44 Abs. 4 ERTV, noch aus § 22 Abs. 1 TV SR. Die Tarifvertragsparteien hätten den Arbeitnehmern nicht mindestens eine Zulage gem. § 44 Abs. 4 ERTV gewährleisten wollen. § 44 Abs. 4 ERTV sei durch die speziellere Regelung des § 22 Abs. 2 TV SR verdrängt. Diese an einen Stichtag gebundene Sonderregelung sei sachgerecht, da sie einerseits garantiere, dass kein Altarbeitnehmer weniger Geld als vorher bekomme, andererseits dem tarifvertraglichen Ziel der Transparenz, Kostenneutralität und Verringerung des Erfassungsaufwandes Rechnung trage.

Ein Anspruch aus § 22 Abs. 1 TV SR in Verbindung mit § 44 Abs. 4 Stufe 4 ERTV scheide aus, da sich die Gesamttätigkeit des Klägers nach dem In-Kraft-Treten des Tarifvertrages nicht im tarifvertraglichen Sinne geändert habe. Unter "Gesamttätigkeit" im Sinne von § 22 Abs. 2 TV SR seien alle Tätigkeiten zu verstehen, die unter eine Aufgabenträgernummer fielen. Erst wenn sich die Tätigkeit derart verändert habe, dass dem Arbeitnehmer eine neue Aufgabenträgernummer zuzuordnen sei, erfolge die Berechnung der Funktionszulage nicht mehr Besitzstand wahrend, sondern gem. § 44 Abs. 4 ERTV. Dies folge aus dem Regelungszusammenhang von § 22 Abs. 1 und 2 TV SR. Der Kläger aber sei unstreitig nach wie vor als Monteur mit der Aufgabenträgernummer 554 49 tätig. Der Wechsel vom "Schalten im Netz" zur "Kabelmontage" gebe der Gesamttätigkeit des Klägers daher kein anderes Gepräge.

In Norddeutschland sind im Hinblick auf die Regelung des § 22 Abs. 2 TV SR rund 350 Verfahren anhängig. Der überwiegende Teil der Verfahren ruht oder endete durch Unterwerfungsvergleich. 6 Verfahren waren bzw. sind bei verschiedenen Landesarbeitsgerichten anhängig, 4 davon beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, wobei 2 Verfahren zwischenzeitlich angesichts des vorliegenden Verfahrens durch Unterwerfungsvergleich beendet wurden. Das Landesarbeitsgericht Hamm hat mit Urteil vom 16.09.2003, Az 19 Sa 836/03, die Berufung gegen ein klagabweisendes Urteil zurückgewiesen und die Revision zugelassen.

Die Beklagte hat im Hinblick auf das Ziel, mindestens ein Pilotverfahren zur Klärung der Rechtsfragen durchführen zu wollen, darauf verzichtet, sich auf tarifvertragliche Ausschlussfristen zu berufen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 11.02.2004 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, sie ist auch im Wesentlichen begründet.

(A). Für den Monat August 2002 besteht kein Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Funktionszulage nach § 44 Abs. 4 Stufe 4 ERTV in Höhe von 82,50 Euro, da § 22 Abs. 2 TV SR nicht dahingehend ausgelegt werden kann, dass der Höhe nach mindestens eine Zulage gem. § 44 Abs. 4 ERTV zu zahlen ist. Auch verstößt § 22 Abs. 2 TV SR insoweit nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

(B). Es ergibt sich jedoch mit Wirkung ab 01.09.2002 aufgrund des vollzogenen Aufgabenwechsels ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der Funktionszulage nach § 44 Abs. 4 ERTV, da er eine andere Gesamttätigkeit im Sinne des § 22 Abs. 2 TV SR ausübt.

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist auch begründet worden.

Der Klagantrag zu 2 ist auch mit seiner Formulierung " unter Anrechnung der jeweils gezahlten Funktionszulage" zulässig und hinreichend bestimmt. Sowohl die tarifliche Funktionszulage gem. § 44 Abs. 4 ERTV, als auch die tarifliche Funktionszulage gem. § 22 Abs. 2 TV SR verändern sich im Zusammenhang mit Tariflohnerhöhungen ggfs. auch im Zusammenhang mit Veränderungen der Tätigkeit. Die Parteien wollten mit dieser Antragstellung gewährleisten, dass Zahlungsveränderungen im Laufe des Prozesses vollzogen werden können, ohne dass jeweils eine Antragsänderung erfolgen muss. Der Kläger begehrt lediglich die Differenz zwischen der jeweils nach § 22 Abs. 2 TV SR gezahlten Funktionszulage und der Funktionszulage gem. § 44 Abs. 4 ERTV.

II.

Die Berufung ist unbegründet, soweit für den Monat August 2002 ergänzende Zahlung begehrt wird; hingegen begründet, soweit ab 1.September 2002 ein Anspruch auf Zahlung einer erhöhten Funktionszulage gem. § 44 Abs. 4 ERTV geltend gemacht wird. Insoweit war das erstinstanzliche Urteil abzuändern.

(A). Für die Zeit vom 01.08.2002 bis 31.08.2002 hat der Kläger keinen über § 22 Abs. 2 TV SR hinausgehenden Anspruch auf eine Funktionszulage. In Höhe des sich für diesen Monat ergebenden Differenzbetrages von 38,49 EUR brutto ist die Klage zu Recht abgewiesen worden.

1. Der Kläger hat keinen direkten Anspruch auf Zahlung einer Funktionszulage in Höhe von insgesamt von 82,50 Euro brutto aus § 44 Abs. 4 ERTV. Aufgrund des Tarifvertrages über Sonderregelungen (TV SR) ist diese Vorschrift für die Zeit ab Inkrafttreten des Tarifvertrages über Sonderregelungen (1. Juli 2001) bis einschließlich August 2002 auf den Kläger nicht anwendbar.

§ 44 ERTV regelt die Zahlung einer pauschalen Funktionszulage bei Aufgabenerledigung unter besonderen Umgebungs- bzw. Belastungseinflüssen, wobei der Tätigkeitsbereich des Klägers als Monteur ihn unstreitig zu den funktionszulageberechtigten Arbeitnehmern des § 44 Abs. 4 Stufe 4 ERTV macht. Gem. § 1 TV SR gelten für Arbeitnehmer der Beklagten, die am 30.06.2001 schon und am 01.07.2001 noch in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehen, die tarifvertraglichen Sonderregelungen des TV SR. Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger vor. Er übte vor dem 30.06.2001 bis einschließlich August 2002 eine unveränderte Tätigkeit bei der Beklagten als Monteur mit dem Aufgabenbereich "Schalten im Netz" aus. Gem. § 22 Abs. 2 TV SR erhalten jedoch gerade alle Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des TV SR fallen, abweichend von § 22 Abs. 1 TV SR und abweichend von § 44 Abs. 4 ERTV ab dem Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Tarifvertrages eine anders berechnete Funktionszulage. Ihnen ist abweichend von § 44 Abs. 4 ERTV eine Funktionszulage in Höhe von 1/12 der in dem Zeitraum Mai 2000 bis April 2001 tatsächlich individuell gezahlten Erschwerniszuschläge, erhöht um 29,4% zu zahlen. Damit gilt für den Kläger die im Verhältnis zu § 44 Abs. 4 ERTV speziellere Regelung des § 22 Abs. 2 TV SR. Für ihn errechnet sich insoweit keine Funktionszulage gem. § 44 Abs. 4 Stufe 4 ERTV in Höhe von 82,50 EUR / 85,50 EUR brutto, sondern eine pauschale Funktionszulage in Höhe von unstreitig zur Zeit nur 44,01 Euro brutto monatlich, die auch von der Beklagten gezahlt wird.

2. Auch eine Auslegung des § 22 Abs. 2 TV SR ergibt nichts anderes. § 22 Abs. 2 TV SR kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien der Höhe nach mindestens eine Zulage gem. § 44 Abs. 4 ERTV zu zahlen ist. Das ergibt sich weder aus dem Wortlaut, noch aus dem Sachzusammenhang der Tarifverträge.

a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Gesetzesauslegung geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut kommt es auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien an, soweit dieser in den Tarifnormen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, denn dieser liefert Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien. Nur so können Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden (BAG v. 05.10.1999 - 4 AZR 578/98 = AP-Nr. 15 zu § 4 TVG Verdienstsicherung; BAG v. 29.08.2001 - 4 AZR 352/00 = AP-Nr. 291 zu Art. 3 GG).

b) In Anwendung dieser rechtlichen Voraussetzungen lässt sich § 22 Abs. 2 TV SR nicht entnehmen, dass neben der Besitzstandsgarantie mindestens ein Anspruch auf Zahlung einer Zulage in Höhe des § 44 Abs. 4 ERTV bestehen sollte.

a.a) Bereits aus dem Wortlaut des § 22 Abs. 2 TV SR ergibt sich, dass § 22 Abs. 2 TV SR die Vorschrift des § 44 Abs. 4 ERTV ersetzen sollte. Mit der Formulierung "Abweichend von ... § 44 Abs. 4 ERTV" haben die Tarifvertragsparteien keine ergänzende, sondern eine ersetzende Regelung geschaffen. Das schließt die Anwendbarkeit der tariflichen Norm, von der ausdrücklich "abgewichen" werden soll, aus.

b.b) Hätten die Tarifvertragsparteien einen Mindeststandard für die betroffenen Arbeitnehmer in Form der Garantie einer Zulage mindestens in Höhe von § 44 Abs. 4 ERTV in § 22 Abs. 2 TV SR sichern wollen, hätte dieses im Wortlaut des § 22 Abs. 2 TV SR zum Ausdruck gebracht werden müssen. Dort heißt es jedoch gerade nicht, dass den unter den Geltungsbereich des TV SR fallenden Arbeitnehmern "mindestens" eine Funktionszulage in Höhe von 1/12 der in dem Zeitraum Mai 2000 bis April 2001 tatsächlich individuell gezahlten Erschwerniszuschläge, erhöht um 29,4%, zu zahlen ist. Das Wort " mindestens" fehlt. Aus dem Fehlen gerade dieses Wortes "mindestens" kann nur gefolgert werden, dass eine derartige Mindestgarantie nicht gewollt war.

c.c.) Auch unter Berücksichtigung des Willens der Tarifvertragsparteien ergibt sich nichts anderes. Unstreitig wollten die Tarifvertragsparteien bei Schaffung des § 22 Abs. 2 TV SR einerseits den Besitzstand der Arbeitnehmer wahren, andererseits aber gleichzeitig Kostenneutralität für die Beklagte gewährleisten. Letzteres würde jedoch nicht erreicht, wenn unabhängig von der individuell zu errechnenden Funktionszulage eine bestimmte Mindesthöhe im Wert der in § 44 Abs. 4 ERTV geregelten Pauschale hätte festgeschrieben werden sollen. Eine derartige Interpretation hätte zur Folge, dass für viele Arbeitnehmer der Beklagten - mindestens für die rund 350 Kläger - der individuelle Besitzstand/ die individuelle Funktionszulage, errechnet aus dem Durchschnitt der letzten 12 Monate zgl. 29,4 %, auf die Pauschale des § 44 Abs. 4 ERTV angehoben würde. Für andere Arbeitnehmer, deren Funktionszulage bei der Durchschnittsberechnung nach § 22 Abs. 2 TV SR den Betrag der Pauschale des § 44 Abs. 4 ERTV übersteigt, bliebe in Folge der Besitzstandswahrung der individuelle höhere Funktionszulagenbetrag maßgeblich. Diese Interpretation ist mit dem Gesichtspunkt der Kostenneutralität nicht vereinbar, da sie unweigerlich zu einer Kostensteigerung für die Beklagte führt.

3. Die Stichtagsregelung des § 22 Abs. 2 TV SR verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, wie der Kläger meint.

a.) Auch die Tarifvertragsparteien haben die Grundrechte und somit auch den allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG prinzipiell zu beachten. Insoweit ist noch immer umstritten, wie die mittelbare oder unmittelbare Bindung der Tarifvertragsparteien an die Grundrechte begründet werden kann und ob sich aus den verschiedenen Herleitungen unterschiedliche Maßstäbe für die richterliche Überprüfbarkeit von Tarifverträgen ergeben. Insbesondere ist noch offen, ob sich aus der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Auffassung vom Schutzauftrag der Grundrechte (grundlegend BVerfG vom 28.5.1993 - 2 BvF 2/90, 4/92 und 5/92 - BVerfG 88,203) generell eine andere und geringere Bindung der Tarifvertragsparteien an die Grundrechte ergibt als für den Staat ( vgl. Dieterich, FS für Schaub, S. 117,121: BAG vom 29.8.2001 - 4 AZR 352/00 - AP Nr. 291 zu Art. 3 GG). Ob der Gleichheitssatz die Tarifvertragsparteien in gleicher Weise wie den Gesetzgeber bindet, wird unterschiedlich beantwortet. Der 3. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat mehrfach entschieden, dass die Tarifvertragsparteien bei ihrer Rechtsetzung an die zentrale Gerechtigkeitsnorm des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden sind (vgl. u.a. BAG vom 4.4.2000 - 3 AZR 729/98 - AP Nr. 2 zu § 1 TVG Gleichbehandlung). Nach der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundesarbeitsgerichtes unterliegen die Tarifvertragsparteien hinsichtlich der Regelungen des persönlichen Geltungsbereichs keiner unmittelbaren Bindung an den allgemeinen Gleichheitssatz , sondern sind wegen ihres insoweit vorrangigen Grundrechts der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG bis zur Grenze der Willkür frei, in eigener Selbstbestimmung den persönlichen Geltungsbereich ihrer Tarifregelungen festzulegen. Die Grenze der Willkür sei erst überschritten, wenn die Differenzierung unter keinem Gesichtspunkt, auch koalitionspolitischer Art, plausibel erklärbar ist (vgl. BAG vom 30.8.2000 - 4 AZR 563/99 - AP Nr. 25 zu § 4 TVG Geltungsbereich; BAG v. 29.11.2001 - 4 AZR 762/00 = AP-Nr. 296 zu Art. 3 GG, BAG v. 29.08.2001 - 4 AZR 352/00 = AP Nr. 291 zu Art. 3 GG; BAG vom 24.6.2003 - 4 AZR 405/02). Ob dies auch für inhaltlich differenzierende Regelungen, wie etwa Stichtagsregelungen gilt, hat der 4. Senat jedoch ausdrücklich offen gelassen (BAG v. 24.11.2001 - 4 AZR 792/00 = AP Nr. 296 zu Art. 3 GG; BAG v. 25.06.2003 - 4 AZR 405/02).

Auch hier bedarf die Frage, welcher Maßstab für die Prüfung gilt, ob ein Tarifvertrag mit inhaltlich unterschiedlichen Regelungen für verschiedene Personengruppen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, keiner Entscheidung. Denn im vorliegenden Fall liegt auch dann kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vor, wenn von einer unmittelbaren Bindung der Tarifvertragsparteien an Art. 3 Abs. 1 GG ausgegangen wird.

b.) Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG liegt vor, wenn im Wesentlichen gleiche Sachverhalte ohne sachlichen Grund ungleich behandelt werden. Für die Rechtskontrolle von Tarifverträgen ist dabei entscheidend, ob sich aus dem von den Tarifvertragsparteien verfolgten Zweck Gründe herleiten lassen, zwischen zwei Arbeitnehmergruppen zu differenzieren (so für Entgeltansprüche BAG v. 07.11.1995 - 3 AZR 870/94). Insbesondere steht den Tarifvertragsparteien eine Einschätzungsprärogative hinsichtlich der Beurteilung der tatsächlichen Regelungsprobleme und der Rechtsfolgen zu, soweit es um die Beurteilung der tatsächlichen Regelungsprobleme und der Rechtsfolgen geht. Ebenso haben sie einen Beurteilungs- bzw. Ermessensspielraum, soweit es um die inhaltliche Gestaltung der Regelungen geht (BAG vom 9.11.2001 - 4 AZR 762/00 - AP Nr. 296 zu Art. 3 GG). Es ist nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste und zweckmäßigste Lösung für ein Regelungsproblem gefunden haben. Auch der Kompromisscharakter von Tarifverträgen als Verhandlungsergebnis divergierender Interessen muss in dem Sinne berücksichtigt werden, dass an die Systemgerechtigkeit der tarifvertraglichen Regelungen keine hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. (ErfK Dieterich, 2. Aufl. GG Art. 3 Rn. 44 und 46 m.w.N.).Im Übrigen können die Tarifvertragsparteien im Interesse praktikabler, verständlicher und übersichtlicher Regelungen auch typisierende Regelungen, insbesondere Stichtagsregelungen treffen. Deshalb kann bei der Prüfung eines möglichen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nicht auf die Einzelfallgerechtigkeit abgestellt werden, sondern auf die generellen Auswirkungen der Regelung (BAG v. 29.08.2001 - 4 AZR 352/00 = AP Nr. 291 zu Art. 3 GG; BAG v. 29.11.2001 - 4 AZR 762/00 = AP Nr. 296 zu Art. 3 GG m.w.N.).

c.) Unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze verstößt § 22 Abs. 2 TV SR nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Zwar führt diese Regelung zu einer Ungleichbehandlung von neu eingestellten Arbeitnehmern, Altarbeitnehmern, "Altarbeitnehmern mit Aufgabenwechsel" und "Altarbeitnehmern ohne Aufgabenwechsel" hinsichtlich der Berechnung der Funktionszulagen. Diese Ungleichbehandlung ist indes durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt.

Mit der vorliegenden Unterscheidung nach einem "Stichtag" und nach dem "Beibehalten derselben Gesamttätigkeit" haben die Tarifvertragsparteien zwei rechtlich nicht zu beanstandende Differenzierungskriterien gewählt. Die dadurch entstehende Ungleichbehandlung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Differenzierungskriterium und Differenzierungsziel sind bei objektiver Gesamtbetrachtung sachgerecht. Die Grenzen der Willkür überschreitende Erwägungen der Tarifvertragsparteien sind nicht ersichtlich.

a.a.) Die Tarifvertragsparteien haben für die Vergütung der Arbeitnehmer der Beklagten insgesamt ein neues Vertragswerk, ein "Neues Bewertungs- und Bezahlungssystem (NBBS) entwickelt und eingeführt. Die Zahlung einer individuell zu errechnenden, der Höhe nach sich ständig verändernden Erschwerniszulage wurde umgestellt in die Zahlung von pauschalen Funktionszulagen. Ziel der Tarifvertragsparteien im Zusammenhang mit der Einführung einer pauschalierten Funktionszulage war die Schaffung einer für alle Arbeitnehmer verständlichen, übersichtlichen, transparenten und einheitlichen Funktionszulage. Darüber hinaus sollte unstreitig der Erfassungsaufwand verringert werden. Eine Berechnung der Zulage war nur ein einziges Mal erforderlich. Zur Inkraftsetzung bedurfte es eines festen Termins, ab dem einheitlich für alle Arbeitnehmer dieses neue tarifvertraglich gestaltete System gelten sollte. Diesen Zeitpunkt auf denjenigen des In-Kraft-Tretens der Tarifverträge zu legen, ist sachgerecht.

b.b.) Ziel der Tarifvertragsparteien war die Einführung einer pauschalierenden Regelung. Insoweit ist es objektiv nicht möglich, dass jede atypische Abweichung Berücksichtigung findet. Vorrang hat insoweit Einfachheit und Praktikabilität.

c.c.) Zu berücksichtigen ist ferner, dass es sich bei dem Tarifvertragswerk naturgemäß um einen Vertrag mit Kompromisscharakter handelt. Für ein Aufstocken von Leistungen des Arbeitgebers einerseits - z.B. dergestalt, dass sich künftig Krankheitszeiten nicht mindernd auf die Höhe der Zulage auswirken - sind zwangsläufig als Gegenleistung Zugeständnisse bei der Höhe anderer Leistungen erforderlich.

d.d) Ins Gewicht fällt außerdem das unbestrittene Ziel der Tarifvertragsparteien, soweit wie möglich Kostenneutralität im Zusammenhang mit der Regelung von Funktionszulagen zu gewährleisten

e.e.) Die in § 22 Abs. 2 TV SR getroffene Besitzstandsregelung ist ein im Arbeitsleben allgemein anerkanntes legitimes Regelungsziel (BAG v. 29.08.2004 - 4 AZR 352/00 = AP Nr. 251 zu Art. 3 GG). Die Tarifvertragsparteien haben vorliegend für die Ermittlung der Funktionszulage auf einen Berechnungszeitraum von 12 Monaten abgestellt. Ein derartiger Zeitraum ist nicht zu beanstanden und geeignet, Zufallsbeträge zu verhindern. Die Tarifvertragsparteien haben zudem in der Sonderregelung den sich ergebenden Durchschnittsbetrag der Zahlungen der letzten 12 Monate um 29,4% erhöht, um z. B. Zeiten auszugleichen, in denen wegen Krankheit, Urlaub oder anderer Gründe in der Vergangenheit keine Erschwerniszulagen gezahlt wurden. Insoweit wurden die unter die Besitzstandsregelung fallenden Altarbeitnehmer besser gestellt, als sie vor dem Stichtag des In-Kraft-Tretens der Sonderregelung standen.

f.f.) Einer Stichtagsregelung ist immanent, dass sie zu einer Ungleichbehandlung zwischen Altarbeitnehmern und neu eingestellten Arbeitnehmern führt. Eine Kombination zwischen Besitzstandswahrung und Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer ist objektiv nicht möglich. Denn das würde zu einer Meistbegünstigung für alle führen, weil die Gruppe mit der höchsten Vergütung aufgrund der Besitzstandswahrung diese Vergütung behält und alle anderen Gruppen im Sinne der Gleichbehandlung diese höhere Vergütung beanspruchen könnten. Ein solcher Zwang zur Angleichung nach oben ist im Hinblick auf die damit verbundenen wirtschaftlichen Belastungen rechtlich nicht begründbar (BAG v. 29.08.2001 - 4 AZR 352/00 = AP Nr. 291 zu Art. 3 GG).

g.g.) Die Tarifvertragsparteien haben zudem eine Öffnungsmöglichkeit für die Zukunft geschaffen, indem sie eine Differenzierung zwischen Altarbeitnehmern im Sinne des TV SR und neu eingestellten Arbeitnehmern nur so lange beibehalten wollten, bis sich ggf. die Gesamttätigkeit eines Altarbeitnehmers nicht nur vorübergehend ändert. Im Falle der nachhaltigen Änderung der Tätigkeit wird ausdrücklich der Weg zur Anwendbarkeit des § 44 Abs. 4 ERTV eröffnet.

h.h.) Letztendlich ist auch nicht zu beanstanden, dass der Konflikt zwischen Bestandsschutz und Gleichbehandlung zeitlich unbegrenzt ohne Festlegung eines Auslaufdatums geregelt wurde. Die Entscheidung, ob, wann und wie die Differenzierung abgebaut werden soll, liegt in der Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien und kann rechtlich nicht vorgegeben werden ( BAG vom 29.8.2001 - 4 AZR 352/00 - AP Nr. 291 zu Art. 3 GG).

d.) Insgesamt ist daher festzuhalten, dass die Regelung des § 22 Abs. 2 TV SR nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt. Die Tarifvertragsparteien haben die Grenzen ihrer Regelungskompetenz nicht überschritten. Insoweit haben sie ihren Entscheidungsrahmen eingehalten und ein eigenes tarifvertragliches Konzept für die Gestaltung der Vergütung entwickelt. Aus etwaigen unbilligen Einzelfällen ergibt sich kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Die Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien muss insoweit respektiert werden.

Da die Regelung des § 22 Abs. 2 TV SR nicht zu beanstanden ist, besteht für den Kläger kein Anspruch auf Zahlung einer höheren Funktionszulage für den Monat August 2002.

(B). Ab 01.09.2002 schuldet die Beklagte dem Kläger jedoch die Zahlung einer Funktionszulage gem. § 44 Abs. 4 Stufe 4 ERTV, da sich ab diesem Zeitpunkt die Gesamttätigkeit des Klägers nicht nur vorübergehend geändert hat.

1.) Gem. § 22 Abs. 2 TV SR gilt eine abweichende Berechnung der Funktionszulage für sog. Altarbeitnehmer nur solange, bis eine "andere Gesamttätigkeit" ausgeübt wird.

Der Aufgabenbereich des Klägers änderte sich mit Wirkung ab 01.09.2002. Während der Kläger bis einschließlich 31.08.2002 als Monteur den Aufgabenbereich "Schalten im Netz" bearbeitete, ist er seit dem 01.09.2002 dauerhaft als Monteur in der "Kabelmontage" tätig.

2.) Zwar wird der Kläger insoweit auch ab dem 01.09.2002 als "Monteur" BBN der Aufgabenträgernummer 555 49 des § 22 Abs. 1 Stufe 4 TV SR zugeordnet. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichtes sowie der Beklagten ist die Aufgabenträgernummer für die Anwendbarkeit des § 44 Abs. 4 ERTV ab Veränderung der Tätigkeit des Klägers unbeachtlich. Die "Gesamttätigkeit" im Sinne von § 22 Abs. 2 TV SR ist nicht gleichzusetzen mit der "Aufgabenträgernummer" im Sinne des § 22 Abs. 1 TV SR. Vielmehr kommt es auf eine materielle Bewertung der Tätigkeit des Klägers an. Das ergibt sich aus der Auslegung der Vergütungsansprüche regelnden maßgeblichen Tarifverträge, des ERTV sowie des TV SR.

a.) Hinsichtlich der generellen Voraussetzung für die Auslegung von Tarifverträgen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in diesem Urteil unter II A 2 a.) verwiesen. Vorliegend geht es um die Auslegung zweier von den Tarifvertragsparteien gewählter Begriffe, nämlich des Begriffes "Aufgabenträgernummer" im Verhältnis zum Begriff "Gesamttätigkeit". Begriffe, die in der Rechtsterminologie einen festen Inhalt haben, werden von den Tarifvertragsparteien regelmäßig in ihrer allgemeinen rechtlichen Bedeutung verwandt, wenn sich aus dem Tarifvertrag nichts anderes ergibt (BAG v. 24.10.1980 - 4 AZR 744/78 - zitiert nach JURIS). Greifen die Tarifvertragsparteien nicht auf einen vorgegebenen Rechtsbegriff zurück, so ist davon auszugehen, dass sie den Begriff so angewandt wissen wollen, wie er im Arbeits- und Wirtschaftsleben allgemein verstanden wird und damit den Anschauungen der beteiligten Berufskreise entspricht (vgl. BAG v. 08.02.1984 - 4 AZR 158/83 - zitiert nach JURIS). Die vorgenannten Grundsätze entsprechen nach wie vor der ständigen Rechtsprechung des BAG (vgl. u.a. BAG v. 08.08.2002 - 8 AZR 476/01- zitiert nach JURIS).

b.) Bereits der Wortlaut und der systematische Zusammenhang von § 22 Abs. 1 und § 22 Abs. 2 TV SR sprechen gegen eine Gleichsetzung von "Aufgabenträgernummer" und "Gesamttätigkeit". § 22 Abs. 1 TV SR bestimmt als Funktionszulagenberechtigte im Zeitpunkt seines In-Kraft-Tretens ausschließlich bestimmte "Aufgabenträger". Zum Verständnis sind in einer Klammer jeweils die entsprechenden Funktionen aufgeführt. Für den Kläger handelt es sich um die Aufgabenträgernummer 555 49 (Monteur). Ob und in welcher Höhe eine Funktionszulage zu zahlen ist, entscheidet sich also nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 TV SR nach der Aufgabenträgernummer.

c.) § 22 Abs. 2 TV SR bestimmt nach seinem Wortlaut die Berechnung der Funktionszulage nicht nur in Abweichung von § 44 Abs. 4 ERTV. § 22 Abs. 2 TV SR regelt nach seinem Wortlaut u. a. "eine Abweichung von Abs. 1". Regelt § 22 Abs. 2 TV SR aber die Zulage in Abweichung von § 22 Abs. 1 TV SR und ordnet er - im Umkehrschluss - die Geltung des § 44 Abs. 4 ERTV für den Fall eines Wechsels in der Gesamttätigkeit an, so folgt daraus, dass unter den unter einer Aufgabenträgernummer fallenden Tätigkeiten nicht notwendig eine Gesamttätigkeit im Sinne von § 22 Abs. 2 TV SR zu verstehen ist.

a.) Die Tarifvertragsparteien stellen in § 22 Abs. 1 TV SR bzgl. der Funktionszulage auf "Aufgabenträgernummern" ab, benutzen jedoch in § 22 Abs. 2 TV SR eine andere Formulierung. Danach ist die spezielle Funktionszulagenberechnung für Altarbeitnehmer nur so lange maßgeblich, "bis eine andere Gesamttätigkeit" ausgeübt wird. Die Tarifvertragsparteien haben insoweit nicht die Formulierung gewählt, "bis eine Tätigkeit in einer anderen Aufgabenträgernummer" ausgeübt wird. Aus der unterschiedlichen Wortwahl wird bereits ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien "Aufgabenträgernummer" nicht mit "Gesamttätigkeit" gleichsetzen wollten. Nichts hätte näher gelegen, als dann auch den gleichen Begriff zu verwenden. Das gilt umso mehr, als die beiden unterschiedlichen Begrifflichkeiten in der gleichen Tarifvorschrift verwandt wurden. Aus der Tatsache, dass die Tarifvertragsparteien in einer Tarifvorschrift zwei verschiedene Begrifflichkeiten verwandt haben, lässt sich vielmehr im Umkehrschluss feststellen, dass die Tarifvertragsparteien auch Unterschiedliches mit diesen unterschiedlichen Begriffen gemeint haben.

b.) Bestätigt wird diese Sicht auch unter allgemeinen eingruppierungsrechtlichen Gesichtspunkten. Der Begriff der Gesamttätigkeit ist ein in der Tarifpraxis geläufiger und inhaltlich vorgeprägter Begriff. Unter der Gesamttätigkeit eines Arbeitnehmers ist sein "Arbeitsbereich" zu verstehen, der sich durchaus aus unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen, also unterschiedlichen Einzeltätigkeiten, zusammensetzen kann. Erst die gesamtheitliche Betrachtung des "Arbeitsbereiches" eines Arbeitnehmers ermöglicht es, ihn einer bestimmten tariflichen Lohngruppe zuzuordnen (vgl. Däubler, Tarifvertragsrecht, 3. Auflage 1993, Rd.Ziff. 632 m.w.N). Folgerichtig kann daher für die Gesamttätigkeit eines Arbeitnehmers nicht darauf abgestellt werden, welcher Aufgabenkreis dem Arbeitnehmer aufgrund der Zuordnung zu einer bestimmten Aufgabenträgernummer funktionell zugewiesen werden kann. Maßgeblich muss allein sein, welche Aufgaben er tatsächlich wahrnimmt.

c.) Der von den Tarifvertragsparteien in § 22 Abs. 2 TV SR abweichend von § 22 Abs. 1 TV SR verwandte Begriff der "Gesamttätigkeit" war den Tarifvertragsparteien auch nicht fremd. Vielmehr haben sie, wie eine systematische Betrachtung des Tarifvertragswerkes ergibt, den Begriff der "Gesamttätigkeit" auch anderweitig verwandt. Er findet sich nicht nur in § 22 Abs. 2 TV SR, sondern auch in § 10 Abs. 1 und Abs. 3 und § 12 Abs. 1 und Abs. 6 ERTV. Auch die dortige Verwendung des Begriffs "Gesamttätigkeit" bestätigt die materielle Betrachtungsweise.

d.) § 10 Abs. 3 ERTV regelt ausdrücklich die Fälle, in denen eine "Gesamttätigkeit" aus mehreren Teiltätigkeiten besteht, die Tätigkeitsmerkmalen unterschiedlicher Entgeltgruppen entsprechen. Unterschiedliche Gesamttätigkeiten können gem. § 12 Abs. 1 ERTV - unabhängig von einer bestimmten Aufgabenträgernummer - zu einer unterschiedlichen Eingruppierung hinsichtlich des Entgelts führen.

e.) Letzteres zeigt auch die Tarifpraxis der Beklagten. Bis zur Berufungsverhandlung war unstreitig, dass Monteure bei der Beklagten mit der Aufgabenträgernummer 555 49 teilweise in Entgeltgruppe T 3, teilweise auch in Entgeltgruppe T 4 eingruppiert sind. Die Beklagte hat dieses in der Berufungsverhandlung bestritten. Nach ihrem neuen Vorbringen sind Monteure nur in Entgeltgruppe T 3 eingruppiert. Das ist jedoch unzutreffend. Das ergibt sich bereits aus dem Tatbestand des den gleichen Streitpunkt betreffenden und von der Beklagten zur Akte gereichten Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 16.09.2003, Az 19 Sa 836/03. Der dort klagende Arbeitnehmer der Beklagten ist ausweislich des Tatbestandes ebenfalls Monteur, der Aufgabenträgernummer 555 49 zugeordnet, wird jedoch nach Vergütungsgruppe T 4 vergütet (Seite 5 d. Tatbestandes).

f.) Der Wortlaut des § 22 Abs. 2 TV SR verlangt im Übrigen im Zusammenhang mit der Veränderung der Gesamttätigkeit keine damit verbundene Veränderung der Wertigkeit der Tätigkeit.

g.) Soweit sich die Beklagte hinsichtlich ihres Vorbringens, die Tarifvertragsparteien hätten "Aufgabenträger" mit "Gesamttätigkeit" gleichsetzen wollen, auf eine als "Anlage 1 zum ERTV" überschriebene in der Verhandlung zur Akte gereichte "Ergebnisniederschrift zum Entgeltgruppenverzeichnis" beruft, ist die Rechtsqualität dieser "Anlage 1" als von beiden Tarifvertragsparteien vereinbarte Ergebnisniederschrift nicht ersichtlich. Die Beklagte konnte schon nicht substantiiert darlegen, dass es sich um eine von beiden Tarifvertragsparteien anerkannte, unterzeichnete Ergebnisniederschrift handelt und nicht nur um eine einseitige Vorstellung der Beklagten. Darüber hinaus kann diese "Ergebnisniederschrift zum Entgeltgruppenverzeichnis" nicht die maßgebliche "Anlage 1 zum ERTV" sein. Anlage 1 zum ERTV ist ausweislich des zur Akte gereichten ERTV eine "Vorbemerkung zu den Tätigkeitsmerkmalen des Entgeltgruppenverzeichnisses (Bl. 70 ff. d. A.).

3.) Unter Zugrundelegung einer materiellen Betrachtungsweise hat sich die Gesamttätigkeit des Klägers geändert, als er am 01.09.2002 die Aufgabe der "Kabelmontage" übernahm, nachdem er zuvor mit dem "Schalten im Netz" betraut war. Beim "Schalten im Netz" handelt es sich um feine technische Arbeiten und Schaltungen in der Vermittlungstechnik, wie etwa bei ISDN oder T-DSL. Im Gegensatz dazu stellt sich die "Kabelmontage" als reines Legen und Reparieren von Telefonleitungen dar, das im Gegensatz zu den Schaltarbeiten zu einem Großteil auch unterirdisch erfolgt. Beide Tätigkeitsfelder stellen sich schon vom äußerlichen Arbeitsablauf her als völlig unterschiedliche Gesamttätigkeiten dar.

4.) Aus dem Vorstehenden ergibt sich mithin, dass die Formulierung "Aufgabenträgernummer" im Sinne des § 22 Abs. 1 TV SR nicht mit "Gesamttätigkeit" im Sinne des § 22 Abs. 2 TV SR gleichzusetzen ist. Unabhängig davon, dass sich durch die Veränderung der Tätigkeit des Klägers die Aufgabenträgernummer im Sinne des § 22 Abs. 1 TV SR nicht geändert hat, ergibt sich vorliegend beim Kläger in Folge des Wechsels seiner Tätigkeit zur Kabelmontage eine Veränderung der Gesamttätigkeit im Sinne des § 22 Abs. 2 TV SR. Das hat zur Folge, dass mit Wirkung ab 01.09.2002 die Sonderregelung des § 22 Abs. 2 TV SR für die Berechnung der Funktionszulage des Klägers keine Anwendung mehr findet. Ihm steht ab diesem Zeitpunkt eine Funktionszulage gem. § 44 Abs. 1, Abs. 4 Stufe 4 ERTV zu. Angesichts der seitens der Beklagten derzeit erbrachten monatlichen Zahlung einer Funktionszulage in Höhe von 44,01 Euro brutto ergibt sich für den Zeitraum 01.09.2002 bis einschließlich 28.02.2003 ein monatlicher Differenzbetrag in Höhe von 38,49 Euro brutto, mithin ein Nachzahlungsbetrag für 7 Monate in Höhe von 230,94 Euro brutto. In dieser Höhe war dem Klagantrag zu 1 stattzugeben. Auch für den Zeitraum ab 01.03.2003 steht dem Kläger dieser Differenzbetrag zu, so dass auch dem Klagantrag zu 2 stattzugeben war. Insoweit war auf die Berufung des Klägers das erstinstanzliche Urteil abzuändern.

5.) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, 247 BGB. Jedenfalls mit dem Gütetermin am 11.04.2003 ist Rechtshängigkeit eingetreten. Soweit der Kläger Prozesszinsen für bei Rechtshängigkeit noch nicht fällige Forderungen begehrt, war der Klage nur insoweit stattzugeben, als Zinsen ab Fälligkeit mitbegehrt wurden (§ 291 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BGB). Die Fälligkeit der Funktionszulage richtet sich dabei nach § 9 Abs. 1 Satz 1 ERTV.

(C) Ingesamt war daher, wie geschehen, das erstinstanzliche Urteil abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache, insbesondere der zahlreichen bundesweit anhängigen Parallelverfahren war die Revision gem. § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG zuzulassen.



Ende der Entscheidung

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