Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 16.01.2008
Aktenzeichen: 3 Sa 347/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 611
BGB § 613 a
1. Die Gewährung eines Sonderzinses von 1% über den Kundenkonditionen durch den Arbeitgeber auf in seinem Geschäftsbereich von Arbeitnehmern, Pensionären und Familienmitgliedern abgeschlossene Bausparverträge hat Entgeltcharakter. Sie stellt eine arbeitsvertragliche entgeltliche Zuwendung in Form einer freiwilligen Sozialleistung dar.

2. Ist der Sonderzins nicht zusätzlich im Bausparvertrag vereinbart, besteht gegenüber der später ausgegliederten und rechtlich verselbständigten Bausparkasse kein Anspruch auf Weitergewährung dieses Sonderzinses für die noch laufenden Bausparverträge, wenn nicht gleichzeitig das Arbeitsverhältnis auf sie übergegangen ist.


Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 3 Sa 347/07

Verkündet am 16.01.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 16.01.2008 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 11.7.2007 - ö.D. 4 Ca 389 a/07 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien und die Streithelferin streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin Sonderzinsen auf mit ihr eigenständig bestehende Bausparverträge gutzuschreiben hat, oder ob es sich insoweit um Ansprüche aus einem zurückliegenden Arbeitsverhältnis zur Rechtsvorgängerin der Streithelferin handelt.

Die Klägerin war vom 01.04.1976 bis zum 31.05.1997 bei der Rechtsvorgängerin der Streithelferin, der L. Schleswig-Holstein G. in deren Bilanzabteilung beschäftigt. Seit dem 01.06.1997 ist sie Pensionärin. Das Anstellungsverhältnis richtete sich nach dem Tarifvertrag für die öffentlichen Banken in der jeweils gültigen Fassung (Anlage St1 - Bl. 147 f d.A.).

Die Beklagte war bis zum 01.06.2003 ein rechtlich unselbständiger Zentralbereich der L.. Nach § 1 Abs. 1 des Staatsvertrages zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein über die Verschmelzung der L. Schleswig-Holstein G. und der Hamburgischen L. G. auf eine Aktiengesellschaft wurde die L. Schleswig-Holstein unter Auflösung ohne Abwicklung im Wege der Neugründung durch Übertragung der bei Wirksamwerden der Verschmelzung vorhandenen Vermögen beider Anstalten auf eine dadurch gegründete Aktiengesellschaft verschmolzen. Verschmelzungsstichtag war der 01.01.2003. Nach § 1 Abs. 6 des o.g. Staatsvertrages gingen das Vermögen der Schleswig-Holsteinischen L. und der Hamburgischen L. G. in dem bei Wirksamwerden der Verschmelzung vorhandenen Umfang mit allen Gegenständen des Aktiv- und Passivvermögens mit den Arbeitsverhältnissen im Wege der Gesamtrechtsnachfolgerung auf die Streithelferin über. Unmittelbar vor dieser Verschmelzung wurde der bis dahin rechtlich unselbständige Zentralbereich "L." aus dem Vermögen der L. ausgegliedert und auf eine dadurch gegründete Aktiengesellschaft, die Beklagte, übertragen. Gemäß § 4 LBSG gingen die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten, die in der ehemaligen unselbständigen L. beschäftigt waren, mit dem Tage des Wirksamwerdens der Ausgliederung mit allen Rechten und Pflichten auf die Beklagte über. Bis zu ihrem Ausscheiden war die Klägerin nicht im ehemals unselbständigen L.-Bereich tätig.

Zwischen der Beklagten und der Streithelferin bestehen keine gesellschaftlichen Beziehungen und/ oder Beteiligungen.

Die Klägerin hat als Pensionärin der L. insgesamt 9 Bausparverträge mit der L., die damals noch unselbständig war, geschlossen. Alle 9 Bausparverträge enthalten unstreitig ausschließlich die Festlegung regulärer Guthabenzinsen, jeweils zwischen 2,0 und 2,5 % und keinerlei ausdrückliche Vereinbarung oder Hinweis bezüglich eines Sonderzinses. Für zwei Anträge der Klägerin und deren Annahme durch die Beklagte wird auf Bl. 80 - 83 d.A. Bezug genommen.

Die L. als Arbeitgeberin der Klägerin und Rechtsvorgängerin der Streithelferin gewährte viele Jahre lang ihren Mitarbeitern bzw. deren Ehegatten sowie ihren Pensionären und deren Ehegatten bei Abschluss von Bausparverträgen einen Sonderzins von 1 % über den Kundenkonditionen. Abgewickelt wurde dieses wie folgt: Die L. Schleswig-Holstein, die gemäß § 18 Abs. 3 BSpkG gesondert zu bilanzieren war, schrieb den jeweiligen Bausparverträgen jeweils am Jahresende bezogen auf das aktuelle Bausparguthaben den 1%igen Sonderzins gut. Dieser wurde ausweislich der Kontoauszüge verbucht unter "Zinsen lt. Sonderkondition" (Anlagenkonvolut K2 - Bl. 17 - 46 d.A.). Im Gegenzug zahlte die L. an die L. jeweils für den gutgeschriebenen Sonderzins intern einen Ausgleichsbetrag in gleicher Höhe. Die Mitarbeiter der L., so auch die Klägerin, waren in die Details der Hintergründe bezüglich der Auszahlungs- und Abwicklungsmodalitäten des Sonderzinses nicht involviert. Für sie war lediglich der Erhalt des Sonderzinses maßgeblich und auch nur auf Basis der jährlichen Kontoauszüge der L. sichtbar und überprüfbar. Bis einschließlich 2003, dem Jahr der Verschmelzung, Ausgliederung und der Betriebsübergänge erhielt die Klägerin den 1%igen Sonderzins auf ihre 9 laufenden Bausparverträge. Ab 2004 stellte die Beklagte die Gutschrift von Sonderzinsen auf den Bausparkonten ein, nach dem die Rechtsnachfolgerin der L., die H. N. AG, im Zuge der Verschmelzung und Ausgliederung explizit nicht mehr bereit war, die 1%igen Sonderkonditionen für Bausparverträge nach der Ausgliederung der L. fortzusetzen.

Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage nunmehr für ihre 9 noch laufenden Bausparverträge ab 2004 diesen Sonderzins von ihrer Bausparvertragspartnerin, der L. Es existieren weder schriftliche arbeitsvertragliche Vereinbarungen, noch Betriebsvereinbarungen, noch sonstige schriftliche vertragliche Regelungen betreffend einen Anspruch auf den 1%igen Sonderzins zwischen der Klägerin und ihrer ehemaligen Arbeitgeberin. Es existiert jedoch ein sogenannter "Sozialkatalog der L. Schleswig-Holstein" aus dem Jahre 1991 (Anlage B3 - Bl. 175 - 177 d.A.), der anlässlich der Übernahme von WKA-Mitarbeitern durch die L. schriftlich fixiert wurde, um WKA-Mitarbeitern den Eintritt in ein Arbeitsverhältnis zur L. schmackhaft zu machen. Diesem Sozialkatalog ist unter Ziffer 7 zu entnehmen, dass laufende Konten, Sparkonten, Bausparguthaben der Mitarbeiter, Ehegatten und minderjährigen Kinder mit 1% über Kundenkonditionen verzinst werden (Bl. 177 d.A.).

Die Klägerin hat mit ihrer Klage gleichzeitig der H. N. AG als Rechtsnachfolgerin der L. Schleswig-Holstein Girozentrale den Streit verkündet. Mit Schriftsatz vom 11.05.2007 hat die H. N. AG erklärt, der Beklagten als Nebenintervenientin beizutreten und den Prozess aktiv aufgenommen.

Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich die Ansicht vertreten, die Beklagte sei als unmittelbare Vertragspartnerin der Bausparverträge verpflichtet, den Sonderzins für die Zeit ab 2004 bis zur Beendigung der Bausparverträge zu zahlen. Dieser sei Bestandteil der Bausparverträge gewesen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, die Bausparkonten der Klägerin bei der Beklagten Nr. ... für die Kalenderjahre 2004 und 2005 und hinsichtlich der Bausparkonten ... auch hinsichtlich der Abrechnung der Ablösung des Zwischenkredits auch hinsichtlich des Kalenderjahres 2006 dahingehend zu korrigieren, das ein zusätzlicher Sonderzins von einem Prozent ausgewiesen wird;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Bausparkonten der Klägerin gemäß Ziffer 1) auch weiterhin mit einem Sonderzins von einem Prozentpunkt zu verzinsen.

Die Beklagte und der Streithelfervertreter haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Sonderzins sei auf etwaige arbeitsvertragliche Ansprüche zurückzuführen. Ein etwaiger diesbezüglicher Anspruch ergäbe sich nicht aus den jeweiligen Bausparverträgen, so dass sie keinen Sonderzins schulde. Die Streithelferin hat zudem die Ansicht vertreten, auch sie sei - jedenfalls nicht mehr - verpflichtet, über 2003 hinaus noch den Sonderzins zu gewähren, unter anderem da sie das Produkt "Bausparvertrag" nicht mehr anbiete.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das ist im Wesentlichen mit der Begründung geschehen, die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung des Sonderzinses in Höhe von 1 %, da der Sonderzins eine arbeitsvertragliche Sonderleistung darstelle und nicht auf den Bausparvertrag, sondern auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses zurückzuführen sei. Hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 11.07.2007 - ö.D. 4 Ca 389 a/07 - Bezug genommen.

Gegen diese der Klägerin am 25.07.2007 zugestellte Entscheidung legte sie am 17.08.2007 Berufung ein, die nach Fristverlängerung bis zum 25.10.2007 am 24.10.2007 begründet wurde.

Sie ergänzt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen: Die Klägerin meint nach wie vor, der Anspruch auf einen 1%igen Sonderzins ergebe sich aus den Bausparverträgen. Aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers habe die Klägerin die Zahlung der "Zinsen laut Sonderkondition" nicht anders verstehen können, als dass es sich hierbei um eine Leistung im Rahmen der Bausparverträge handele. Daher seien diese unter anderem auch unter dem Gesichtspunkt der Sachnähe von der Beklagten und nicht etwa vom ehemaligen Arbeitgeber der Klägerin geschuldet. Dass es sich um keinen arbeitsvertraglichen Anspruch handele, ergebe sich daraus, dass auch Familienmitgliedern der Sonderzins gewährt worden sei, die jedoch nicht in einer arbeitsvertraglichen Beziehung zur Rechtsvorgängerin der Streithelferin standen. Vorliegend handele es sich um ein Dreiecksverhältnis, in dem nach außen hin die Beklagte gegenüber der Klägerin als Zahlungsverpflichtete aufgetreten sei. Das führe auch zu einer Zahlungsverpflichtung ihrerseits für die Zukunft. Soweit es im Zusammenhang mit der Verschmelzung und Ausgliederung im Jahre 2003 anschließend Regelungen und Absprachen gegeben habe, keine Sonderkonditionen mehr für Bausparverträge zu gewähren, z.B. weil die ehemalige Arbeitgeberin diese Produkte nicht mehr vertreibe, könne Derartiges nur mit Wirkung für die Zukunft bzgl. des Abschlusses etwaiger neuer Bausparverträge Auswirkungen auf haben.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 11.07.2007 (ö.D. 4 Ca 398 a/07) abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, die Bausparkonten der Klägerin bei der Beklagten Nr. ... für die Kalenderjahre 2004 und 2005 und hinsichtlich der Bausparkonten ... auch hinsichtlich der Abrechnung der Ablösung des Zwischenkredits auch hinsichtlich des Kalenderjahres 2006 dahingehend zu korrigieren, dass ein zusätzlicher Sonderzins von einem Prozent ausgewiesen wird;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Bausparkonten der Klägerin gemäß Ziffer 1) auch weiterhin mit einem Sonderzins von einem Prozentpunkt zu verzinsen.

Die Beklagte und die Streithelferin beantragen jeweils,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das erstinstanzliche Urteil sowohl in tatsächlicher, als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Die Beklagte vertritt die Auffassung, Inhalt der Bausparverträge sei ausschließlich der im jeweiligen Vertragstext niedergelegte reguläre Guthabenzins. Ein darüber hinausgehender Sonderzins sei ersichtlich an keiner Stelle des Vertrages vereinbart worden. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des Sonderzinses sei auch in sonstiger Weise nicht begründbar. Sie, die Beklagte, sei ausschließlich Abrechnungs- und Zahlstelle der L. gewesen, die ihrerseits die Höhe der Sonderkonditionen festgelegt und ihr die gegenüber den Bausparvertagspartnern als "Zinsen lt. Sonderkondition" ausgewiesenen Zusatzzinsen auch intern erstattet habe. Da sie zum Zeitpunkt des Abschlusses der Bausparverträge noch gar nicht rechtlich existent gewesen sei, habe sie auch keinerlei Erklärungen abgeben können. Der Sonderzins sei als Sozialleistung ausschließlich dem Arbeitsverhältnis zuzuordnen. Auch die Gewährung von Sonderzinskonditionen an Familienmitglieder der L. habe stets die Existenz eines Arbeitsverhältnisses vorausgesetzt. Die Beklagte und die Streithelferin sind der Ansicht, ein Anspruch auf Vergünstigungen gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber bzw. deren Rechtsnachfolgerin sei entfallen, da dieser keinerlei Bausparverträge mehr anbiete, aus Rechtsgründen auch nicht mehr anbieten dürfe und keinerlei wirtschaftliche und gesellschaftsrechtliche Anbindung an die Beklagte mehr habe. Ein etwaiger Anspruch der Klägerin könne sich daher, ungeachtet einer auch seit April 2005 bestehenden neuen Gesamtbetriebsvereinbarung, die ebenfalls einen Sonderzinsanspruch verneine, unter keinem denkbaren Gesichtspunkt aus dem ehemaligen Arbeitsverhältnis ergeben.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie form- und fristgerecht eingereicht worden.

Es bestehen Bedenken, insbesondere ob der Antrag zu 1 hinreichend konkret formuliert wurde und vollstreckungsfähig ist. Es spricht viel dafür, dass im Einzelnen hätte angegeben werden müssen, wann jeweils welchem Kreditvertrag auf welche jeweilige Bausparsumme ein 1%iger Sonderzins gutgeschrieben werden soll. Diese Bedenken können jedoch letztendlich dahingestellt bleiben, da der Berufung der Erfolg versagt ist.

II.

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Zahlungsklage abgewiesen und dabei insbesondere darauf abgestellt, dass es sich bei dem begehrten Sonderzins um einen arbeitsvertraglichen Anspruch handelt, der gegen die Beklagte schon deshalb nicht durchgesetzt werden kann, weil diese unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Arbeitgeberin der Klägerin war. Dem folgt das Berufungsgericht. Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen wird vorab auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen. Lediglich ergänzend und auch auf den neuen Vortrag der Parteien eingehend wird Folgendes ausgeführt.

1. Der Anspruch der Klägerin auf einen 1%igen Sonderzins ergibt sich nicht unmittelbar aus den 9 noch laufenden Bausparverträgen, die die Klägerin mit der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch rechtlich unselbständigen Beklagten als Abteilung ihrer damaligen Arbeitgeberin abgeschlossen hat. Unstreitig war ausweislich der niedergelegten Vertragstexte (Anträge - Anlage B1 Bl. 80 ff d.A.; Annahmeerklärungen: Anlagenkonvolut K1 - Bl. 8-16 d.A.) Inhalt der zwischen der Klägerin und der Beklagten abgeschlossenen Bausparverträge ausschließlich die Vereinbarung des regulären Guthabenzinses, der je nach Bausparvertrag zwischen 2,0 und 2,5 % p.a. lag. Diesen regulären Guthabenzins hat die Klägerin stets erhalten. Die Beklagte hat ihn auch im streitbefangenen Zeitraum gezahlt. Er ist auch für die Zukunft nicht streitig.

2. Der in der Vergangenheit gewährte Sonderzins, den die Klägerin auch nach der Verschmelzung, der Ausgliederung der Beklagten und dem Betriebsübergang der L. auf die Streithelferin ab 2004 bis zum Vertragsende der Bausparverträge begehrt, ist nicht Inhalt der Bausparverträge geworden. Bei dem Sonderzins handelt es sich vielmehr um einen zugesagten, nachvertraglichen Vergütungsanspruch im Sinne des § 611 Abs.1 BGB aus dem Arbeitsvertrag.

a) Die Gewährung zinsgünstiger Darlehen an Arbeitnehmer ist regelmäßig eine betriebliche Sozialleistung und eine Frage der betrieblichen Lohngestaltung. Im Zusammenhang mit der Gewährung von zinsgünstigen Arbeitgeberdarlehen erhalten die Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen einen Vermögensvorteil, der darin besteht, dass sie das Darlehen nutzen können und dafür eine geringere Gegenleistung erbringen müssen, als bei einer normalen Kreditgewährung. Es handelt sich insoweit um eine freiwillige Sozialleistung, die zwar nicht der unmittelbaren Abgeltung einer zeitlich bestimmbaren Arbeitsleistung dient, die aber dennoch nicht unentgeltlich und vom Arbeitsverhältnis unabhängig erbracht wird. Eine solche Leistung ist Teil der Arbeitsvergütung und damit auch der betrieblichen Lohngestaltung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Die entgeltliche Zuwendung besteht in der Zinsvergünstigung (vgl. BAG v. 09.12.1980 - 1 ABR 80/77 - zitiert nach JURIS, Rd.-Ziff. 22 u. 24 = AP Nr. 5 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung).

b. Den gleichen Entgeltcharakter hat der vorliegende Sonderzins, den die Klägerin als Arbeitnehmerin, und vorliegend bezüglich der streitigen 9 Bausparverträge als ehemalige Arbeitnehmerin/Pensionärin der L., der Rechtsvorgängerin der Streithelferin, erhalten hat. Ihr wurde als Arbeitnehmerin/Pensionärin die Möglichkeit gewährt, im Geschäftsbereich ihrer Arbeitgeberin einen Bausparvertrag zu günstigeren Konditionen abzuschließen als Kunden. Ihr Vermögensvorteil besteht darin, dass sie auf ihre jährlichen Ansparsummen zusätzlich zu dem jedem Bausparkunden gewährten regulären Guthabenzins einen weiteren Sonderzins von 1 Prozent p.a. auf die jeweilige Bausparsumme erhielt. Die Klägerin bekam daher eine höhere Gegenleistung als ein externer Bausparkunde. Diese höhere Leistung ist die entgeltliche Zuwendung, die als freiwillige Sozialleistung des Arbeitgebers/ehemaligen Arbeitgebers einzuordnen ist.

3. Entgegen der Ansicht der Klägerin und auch des Arbeitsgerichts Kiel im Parallelverfahren ö.D. 3 Ca 818 c/07 zum gleichgelagerten Sachverhalt ist diese Sozialleistung dem Arbeitsverhältnis zuzuordnen. Sie dient zwar nicht der unmittelbaren Abgeltung der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsleistung, wird aber dennoch nicht unentgeltlich und vom Arbeitsverhältnis unabhängig erbracht.

a) Dieser Sonderzins ist vergleichbar mit der Gewährung zinsgünstiger Darlehen an Arbeitnehmer im Sinne des BAG vom 09.12.1980 - 1 ABR 80/77 -; oder mit der Einräumung eines sogenannten Personalrabatts, z.B. bei Jahreswagen (vgl. BAG v. 07.09.2004 - 9 AZR 631/03 - AP Nr. 17 zu § 611 BGB); der Gewährung von Sachbezügen oder der Gewährung der Teilhabe an einem Aktienoptionsplan (vgl. BAG v. 12.02.2003 - 10 AZR 299/02 - AP Nr. 243 zu § 613 a BGB). Insoweit handelt es sich regelmäßig um Entgelt im weiteren Sinn, die dem Arbeitnehmer aufgrund sonstiger Regelungen zustehen. Es erfolgt mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis, ist Belohnung für gezeigte Betriebstreue und dient der Bindung des Arbeitnehmers an das Arbeitsverhältnis. Inhaltlich verpflichtet beispielsweise die Einräumung von Personalrabatten den Arbeitgeber, mit dem Arbeitnehmer die für den Bezug der Vergünstigung erforderlichen Rechtsgeschäfte zu schließen und wird wegen des erforderlichen "Zwischenschritts" auch als "verdeckte" Sachleistung bezeichnet (BAG v. 07.09.2004 - 9 AZR 631/03 - zitiert nach JURIS, Rd.-Ziff. 38 m.w.N.). Hinzu kommt, dass der Arbeitgeber mit der Einräumung von Personalrabatten regelmäßig mehrere Zwecke verfolgt. Es geht insbesondere um die Motivation der Belegschaft und um deren Identifikation mit den unternehmerischen Zielen; es geht zusätzlich um das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers. Die Personalkäufe sichern in einem gewissen Umfang Produktabsatz und Umsatz (BAG a.a.O., Rd.-Ziff. 41).

b. Vor diesem tatsächlichen und rechtlichen Hintergrund kann nur von der arbeitsrechtlichen Anspruchsgrundlage der Klägerin auf Gewährung des 1%igen Sonderzinses für das damalige Produkt ihrer damaligen Arbeitgeberin, Abschluss von Bausparverträgen, ausgegangen werden. Eine andere vertragliche Anspruchszuordnung widerspricht dem tatsächlichen Leistungszweck des Sonderzinses. Die L. hat den Sonderzins stets anlässlich des Bestehens von Arbeitsverhältnissen aktiven und "passiven" Mitarbeitern/Pensionären und deren Familienmitgliedern eingeräumt. Dies geschah sowohl unter dem Gesichtspunkt der Betriebstreue, als auch unter dem Gesichtspunkt der Förderung der eigenen unternehmerischen Ziele und des Absatzes der eigenen "Produkte", zu denen damals noch Bausparverträge gehörten.

Bestätigt wird diese Einordnung auch dadurch, dass z.B. im Jahre 1991 diese Zinssonderkondition im Sozialkatalog der L. unter Ziffer 7 aufgeführt ist und unstreitig viele Jahre lang - auch ohne betriebliche schriftliche Fixierung - eine von zahlreichen zusätzlichen Sozialleistungen der L. war, die diese ihren Mitarbeitern, Pensionären und den jeweiligen Familienangehörigen gewährte. Bereits hieraus wird deutlich, dass der Sonderzins eine viel größere Sachnähe zum Arbeitsverhältnis hat als zum Bausparvertrag. Dessen Abschluss war quasi als "Zwischenschritt" erforderlich war, um die Sozialleistung in Form einer Zinsvergünstigung überhaupt gewähren zu können. Auch der 1%ige Sonderzins ist insoweit eine "versteckte" Sachleistung des Arbeitgebers.

c. Die größere Sachnähe des Sonderzinses zum Arbeitsverhältnis wird darüber hinaus auch durch das eigene Vorbringen der Klägerin u.a. in der Berufungsverhandlung bestätigt. Dort hat sie ausdrücklich betont, dass der in der Akte befindliche Sozialkatalog der L. Schleswig-Holstein aus dem Jahre 1991 gerade deshalb schriftlich fixiert wurde, um WKA-Mitarbeiter zu motivieren, sich mit der Übernahme durch die Landesbank einverstanden zu erklären. Auch hierdurch wird die arbeitsvertragliche Anbindung und Zwecksetzung des Sonderzinses deutlich.

4. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass Familienmitglieder und Pensionäre ebenfalls Bausparverträge mit einem 1%igen Sonderzins abschließen konnten. Zum einen ist es arbeitsvertraglich durchaus üblich, auch Pensionären und Rentnern als Belohnung für die gezeigte Betriebstreue einen Anspruch auf Sozialleistungen einzuräumen. Aber auch in Bezug auf die Familienmitglieder, die ebenfalls Bausparverträge mit der Sonderzinskondition abschließen konnten, gilt nichts anderes. Leistungsvoraussetzung war stets die Existenz eines Arbeitsverhältnisses eines Mitglieds der Familie mit der L. Nur wenn diese Voraussetzung erfüllt war, konnten andere Familienmitglieder diese Sozialleistung in Anspruch nehmen. Die "verdeckte" Sachleistung ist insoweit quasi wegen des weiteren erforderlichen "Zwischenschritts" nur nochmals verdeckt.

5. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Beklagte keinen Einfluss auf die Festlegung der Höhe der Sonderkondition hatte. Diese wurde vielmehr von der Rechtsvorgängerin der Streithelferin, der L., vorgegeben und festgelegt. Die Beklagte war insoweit tatsächlich lediglich Abrechnungs- und Zahlstelle gegenüber der Klägerin als Bausparkundin. Sie war jedoch bezüglich des Sonderzinses nicht Schuldnerin und Vertragspartnerin der Klägerin. Der Sonderzinsbetrag hatte für die Beklagte quasi die Funktion eines durchlaufenden Postens, da die Rechtsvorgängerin der Streithelferin, die L. ihr den abgerechneten und ausgezahlten Sonderzinsbetrag erstattete.

6. Es ist auch unbeachtlich, ob und wie die Klägerin als Arbeitnehmerin/Pensionärin der L. den Abrechnungs- und Auszahlungsvorgang der Beklagten verstanden und gewertet hat. Durch die Erteilung einer Abrechnung über eine Vergünstigung kommt noch kein Vertrag zwischen dem Abrechnenden und Abrechnungsempfänger zustande, der eine eigenständige Zahlungsverpflichtung des Abrechnenden und einen eigenständigen Zahlungsanspruch des Abrechnungsempfängers herbeiführt. Dieser Ansicht der Klägerin sowie des Arbeitsgerichts Kiel in dem zur Akte gereichten Parallelurteil vom 12.12.2007 - ö.D. 3 Ca 818 c/07 - kann nicht gefolgt werden. Sie findet keine Stütze in §§ 133, 145 ff, 241 BGB.

7) Ebenso wenig wird die Beklagte deshalb zur Schuldnerin des Sonderzinses, weil es in Bezug auf den Sonderzins, den die Klägerin für ihre 9 Bausparverträge jahrelang erhalten hat, ihr gegenüber keinerlei mündliche oder schriftliche individuelle Zusagen gibt und bei der L. als Rechtsvorgängerin der Streithelferin, insoweit auch keine kollektivrechtliche Regelung im Sinne einer Betriebsvereinbarung existierte (so aber ArbG Kiel vom 12.12.2007 - ö.D. 3 Ca 818 c/07). Auch Gesamtzusagen oder auch nur jahrelange betriebliche Übung begründen arbeitsvertragliche Ansprüche von Arbeitnehmern. Typisch für sie ist gerade, dass es keine schriftlichen Fixierungen zwischen den Vertragsparteien gibt. Die L. hat unstreitig Jahre - wenn nicht gar Jahrzehnte - lang ihren Mitarbeitern, Pensionären und deren Familienmitgliedern einen 1%igen Sonderzins auf Bausparverträgen gewährt. Das deutet auf die Entstehung eines Anspruchs aus betrieblicher Übung auf den Abschluss von Bausparverträgen mit diesem Sonderzins gegenüber der Rechtsvorgängerin der Streithelferin hin. Diese Frage kann jedoch in diesem Rechtsstreit offen bleiben, die sich die Klage gegen die L. richtet.

8. Auch die Tatsache, dass die L. zum Zeitpunkt des Abschlusses der Bausparverträge, für die der zusätzliche Sonderzins begehrt wird, rechtlich unselbstständiger Bestandteil der Arbeitgeberin der Klägerin, der L. war, führt nicht dazu, dass sie nach ihrer Ausgliederung und Verselbständigung als "Teil-Arbeitgeber" diesen arbeitsvertraglichen Entgeltanspruch erfüllen muss. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin bestand zur L. Die Klägerin hatte kein Arbeitsverhältnis mit der "Abteilung L." der L..

Sie war auch zu keinem Zeitpunkt in dieser rechtlich unselbständigen Abteilung L. der L. beschäftigt, so dass schon aus diesem Grunde eine Rechtsnachfolge im Sinne des § 613a BGB nicht in Betracht kommt. Ungeachtet dessen war die Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses der Bausparverträge bereits Pensionärin, bestand also kein überzugehendes Arbeitsverhältnis mehr.

Vor diesem tatsächlichen Hintergrund ist ein etwaiger Eintritt der Beklagten in Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt erkennbar.

9. Nach alledem besteht keine Verpflichtung der Beklagten, nach rechtlicher Verselbständigung der L. nunmehr weiterhin diesen Sonderzins zu leisten. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt. Aus diesem Grunde war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Ob ein Anspruch der Klägerin, die zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bereits Pensionärin war, gegenüber der Streithelferin besteht; welche Auswirkungen die neue Gesamtbetriebsvereinbarung der Streithelferin vom April 2005 hat; wie sich die Tatsache auswirkt, dass die Streithelferin das Produkt "Bausparverträge" nicht mehr vertreibt und aus Rechtsgründen auch nicht mehr vertreiben darf; und letztendlich welche Auswirkungen es hat, dass es sich bei den Bausparverträgen um Dauerschuldverhältnisse handelt, bedarf im vorliegenden Rechtsstreit keiner Entscheidung. Diese Fragen betreffen das Verhältnis zur Streithelferin. Sie ist vorliegend nicht Beklagte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG wegen besonderer rechtlicher Bedeutung zuzulassen. Es bestehen noch mehrere hundert laufende Bausparverträge, die Mitarbeiter, Pensionäre und Familienangehörige der L. mit der 1%igen Zinsvergünstigung geschlossen haben und denen der Sonderzins seit dem Jahre 2004 nicht mehr gutgeschrieben wird.

Ende der Entscheidung

Zurück