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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 23.11.2005
Aktenzeichen: 3 Sa 433/05
Rechtsgebiete: ArbGG, BUrlG


Vorschriften:

ArbGG § 72a
BUrlG § 7 Abs. 3
BUrlG § 7 Abs. 3 Satz 2
BUrlG § 7 Abs. 3 Satz 3
BUrlG § 7 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 3 Sa 433/05

Verkündet am 23.11.2005

In dem Rechtsstreit

hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 23.11.2005 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1) Unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 01.06.2005 wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.523,09 € brutto nebst 5%-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.03.2005 auf 1.200,00 € und auf weitere 323,05 € seit dem 21.06.2005 zu zahlen.

2) Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich sämtlicher Kosten erster Instanz trägt die Beklagte.

3) Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Urlaubsabgeltung und in diesem Zusammenhang darüber, ob Urlaubsansprüche aus 2003 in das Jahr 2004 übertragen wurden.

Die Klägerin war vom 02.06.2003 bis zum 30.06.2004 bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte zu einer Bruttomonatsvergütung von 3.000,00 € beschäftigt. Ausweislich des schriftlichen Arbeitsvertrages waren 30 Arbeitstage Urlaub pro Jahr und für das Jahr 2003 ausdrücklich 18 Arbeitstage als Urlaub vereinbart (Bl. 10 d. A.).

Die Klägerin erhielt im Jahre 2003 nur 2,5 Tage Urlaub und zwar am 19.12.2003, 24.12.2003 und 31.12.2003 jeweils 1/2 Tag sowie am 23.12.2003 einen Tag. Außerdem wurden der Klägerin am 05.01. und 09.01.2004 je 1 Urlaubstag, sowie vom 14.01.2003 bis zum 03.02.2004 insgesamt 17 Tage Erholungsurlaub gewährt. Danach erhielt die Klägerin bis zu ihrem Ausscheiden noch weitere 2,5 Tage Erholungsurlaub.

Die Beklagte führt ihre Urlaubslisten auf folgendem Formular:

"Übersicht Urlaubstage 200...

Name:

Personalnummer:

Anspruch Jahresurlaub: ___

Resturlaub Vorjahre: ___

Gesamt-Jahresurlaub:

=== " (Anlage A 5, Bl. 39 d. A.).

Das Formular für die Klägerin enthielt für 2004 ursprünglich folgende Angaben:

Anspruch Jahresurlaub: 30

Resturlaub Vorjahre: 15,5

Gesamturlaub: 45,5

Es wurde nachträglich anlässlich des Ausscheidens zum 30.6.2004 dahingehend korrigiert, dass ein anteiliger Jahresurlaub von 15 AT und ein Gesamt-Jahresurlaub von 30,5 AT eingetragen wurde (Bl. 39 d.A.)

In der Verdienstabrechnung weist die Beklagte zudem die Urlaubsansprüche in der Form aus, dass sie die konkret in dem Monat genommenen Urlaubstage anführt sowie den Urlaubsanspruch untergliedert in:

"Urlaubsanspruch ...

Urlaub bisher ...

Resturlaub ...

davon Vorjahr ...

Urlaub geplant ...

(Bl. 26 bis 28 d. A.).

Die Abrechnung für den Monat Januar 2004 weist aus, dass die Klägerin 15 Urlaubstage in diesem Monat genommen hat, noch einen Resturlaubsanspruch von 30,5 Tagen hat, von dem noch 0,5 Tage aus dem Vorjahr stammen (Bl. 27, 28 d. A.).

Die Klägerin war zunächst anwaltlich nicht vertreten und erschien im Kammertermin am 01.06.2005 nach Stellung eines Verlegungsantrages unter Hinweis auf eine Kaiserschnittentbindung sowie die Absicht, sich im Nachgang zu dem gerade während des Krankenhausaufenthaltes bei ihr eingegangenen Schriftsatz der Beklagten vom 17.05.2005 nun doch anwaltlich vertreten lassen zu wollen, nicht. Das Arbeitsgericht erließ gleichwohl Versäumnisurteil. Gegen das am 11.06.2005 zugestellte Versäumnisurteil wurde am 16.06.2005 Einspruch eingelegt, der gleichzeitig begründet wurde.

Das Arbeitsgericht bestätigte sodann das Versäumnisurteil und wies den Einspruch im Wesentlichen mit der Begründung zurück, die Klägerin habe nicht substantiiert dargelegt, dass sie im Jahre 2003 erfolglos Urlaubsgewährung beantragt habe. Sie habe nur ein Vorgespräch geschildert und nichts vorgetragen, aus dem sich ein konkretes, spezifiziertes Urlaubsverlangen für Dezember 2003 ergebe, das abgelehnt worden sein soll. Das Vorgespräch sei keine Geltendmachung im Sinne des BUrlG.

Gegen diese der Klägerin am 15.09.2005 zugestellte Entscheidung legte sie am 23.09.2005 per Fax und 26.09.2005 im Original Berufung ein, die am 20.10.2005 begründet wurde.

Die Klägerin wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie trägt nochmals vor, sie habe die damalige Geschäftsführerin Frau D. am 20.11.2003 gebeten, den Urlaub aus 2003 im Dezember in der zweiten Dezemberhälfte nehmen zu dürfen. Diese habe eine Urlaubsgewährung aus betrieblichen Gründen abgelehnt, da die Klägerin noch Vorbereitungen für eine anstehende Revision des Kunden P. zu treffen habe. Im Übrigen übertrage die Beklagte regelmäßig automatisch nicht genommenen Urlaub aus Vorjahren in Folgejahre.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 17.08.2005 - 3 Ca 481 b/05 - abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 01.06.2006 zu verurteilen, an die Klägerin 1.523,09 € brutto nebst 5%-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil sowohl in tatsächlicher, als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Ihres Erachtens wurde der Resturlaub aus 2003 nicht in 2004 übertragen. Die von der Klägerin benannte Zeugin D. sei unglaubwürdig. Für eine Urlaubsverweigerung im Dezember 2003 habe es keine betrieblichen Gründe gegeben.

Das Gericht hat Beweis erhoben über die Behauptung der Klägerin, sie habe die restlichen Urlaubstage aus 2003 aus betrieblichen Gründen nicht in der zweiten Dezemberhälfte nehmen dürfen, weil sie noch Vorbereitungen für eine Revision des Kunden P. habe machen müssen, durch Vernehmung der Zeugin D.. Hinsichtlich des konkreten Beweisthemas sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 23.11.2005 verwiesen.

Im Übrigen wird bezüglich des weiteren Vorbringens auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist auch begründet worden.

II.

Die Berufung ist auch begründet. Das Urteil ist sowohl aus rechtlichen, als auch aus tatsächlichen Gründen nicht haltbar. Die Beklagte ist zur Abgeltung von 11 verbleibenden Urlaubstagen verpflichtet, die die Klägerin wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr nehmen konnte. 15,5 Urlaubstage aus 2003 sind gem. § 7 Abs. 3 BUrlG in 2004 übertragen und von der Klägerin im ersten Quartal genommen worden. Die Beklagte hat - rechnerisch richtig und korrekt errechnet - der Klägerin eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.523,09 € brutto zu zahlen.

1)

Der Zahlungsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 7 Abs. 4 i.V.m. § 7 Abs. 3 BUrlG. Danach muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten 3 Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden. (§ 7 Abs. 3 BUrlG). Kann Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten (§ 7 Abs. 4 BUrlG).

2)

Die Klägerin hatte für das Jahr 2003 Urlaubsansprüche in Höhe von 18 Arbeitstagen erworben. Ihr wurden unstreitig lediglich 2,5 Urlaubstage im Kalenderjahr 2003 gewährt. Es verbleibt insoweit rechnerisch ein offener Restanspruch aus 2003 in Höhe von 15,5 Urlaubstagen. Diese Urlaubstage sind entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichtes sowie entgegen der Behauptung der Beklagten in das Jahr 2004 übertragen worden. Die Übertragungsvoraussetzungen lagen vor.

a)

Die Übertragung selbst vollzieht sich kraft Gesetzes. Besondere Übertragungserklärungen der Parteien des Arbeitsverhältnisses oder des Arbeitgebers, insbesondere eine Genehmigung zur Übertragung sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht erforderlich (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht - Dörner, 4. Aufl., Rnd Ziff. 64 zu § 7 BUrlG mit einer Vielzahl von Rechtsprechungsnachweisen). Die Übertragung vollzieht sich, wenn entweder dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Urlaubsgewährung hindern. Dringende betriebliche Gründe liegen vor, wenn die Interessen des Arbeitgebers an einer Gewährung von Urlaub im Übertragszeitraum anstelle des im Urlaubsjahr zu gewährenden Urlaubs das Interesse des Arbeitsnehmers an der fristgerechten Inanspruchnahme des Urlaubs noch innerhalb des Kalenderjahres überwiegen. Beruft sich der Arbeitnehmer darauf, dass dringende betriebliche Gründe im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG die Freistellung verhindert haben und damit ein Übergang des Urlaubsanspruches stattgefunden haben soll, und reklamiert der Arbeitgeber Verfall des Urlaubs zum Jahresende, so muss der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Übertragung darlegen und ggf. beweisen. Hohe Anforderungen sind an die Darlegung allerdings nicht zu stellen. Es genügt z. B. das Vorbringen, der Arbeitgeber sei dem Urlaubsantrag des Arbeitnehmers am Ende des Urlaubsjahres mit einem Leistungsverweigerungsrecht begegnet. Dann muss davon ausgegangen werden, dass eine Übertragung stattgefunden hat (ErfK, Rnd Ziff. 68 z u § 7 BUrlG).

b)

Zu Unrecht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, das von der Klägerin geschilderte Vorgespräch mit ihrer Geschäftsführung über ihren Urlaubswunsch für die zweite Dezemberhälfte stelle kein hinreichendes Urlaubsverlangen im Sinne des Bundesurlaubsgesetzes dar. Voraussetzung für eine Übertragung sei, dass der Urlaub vielmehr ungeachtet etwaiger ablehnender Vorgespräche zusätzlich konkret für einen bestimmten Zeitraum geltend gemacht und wirksam beantragt werde. Außerdem sei eine Einigung zu erzielen, dass und bei welchem im Folgejahr gewährten Urlaub es sich um die Gewährung von Urlaub aus 2003 handeln solle. Das Vorbringen der Klägerin sei nicht geeignet, die Übertragungswirkung des § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG substantiiert darzulegen.

c)

Diese Ansicht widerspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes sowie jeglicher einschlägigen Literatur und Kommentierung zum BUrlG.

Wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, bedarf es keines Verlangens des Arbeitnehmers (BAG vom 29.7.2003 - 9 AZR 270/02 - zitiert nach Juris; BAG vom 25.8.1987 - 8 AZR 118/86- zitiert nach Juris). Für die Übertragung des Urlaubs kommt es allein auf das Vorliegen der Merkmale nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG an. Bei Vorliegen der Übertragungsgründe tritt die Übertragung kraft Gesetzes ein. Die Übertragung des Urlaubs am Jahresende hängt allein vom Vorliegen der Merkmale in § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG ab, also davon, ob der Urlaub im Kalenderjahr aus dringenden betrieblichen Gründen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nicht während des Urlaubsjahrs erfüllt worden ist (BAG v. 23.08.1987 - 8 AZR 118/86, zit. nach Juris). Für diese im Gesetz genannten Sonderfälle wird die Anspruchsdauer, also die Befristung, auf den 31.3. des Folgejahres erweitert. Dann tritt an die Stelle der Befristung des Urlaubsanspruches auf den 31.Dezember eine neue zeitliche Befristung auf den 31.März des folgenden Jahres. Während dieser neuen zeitlichen Befristung des Urlaubsanspruches ist der Urlaub zu verwirklichen, anderenfalls verfällt er mit Ablauf dieser Frist. Damit hängt die Übertragung des Urlaubs am Jahresende auf den bis zum 31.März des Folgejahres dauernden Übertragungszeitraum allein vom Vorliegen der Merkmale in § 7 Abs. 3 BUrlG ab, also davon, ob der Urlaub im Kalenderjahr aus dringenden betrieblichen Gründen oder aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers nicht genommen werden konnte. Übertragung im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG bedeutet daher nur, dass der Urlaub des Vorjahres bis zum Ablauf des Übertragungszeitraumes dem Urlaub des nachfolgenden Jahres hinzugerechnet wird (BAG a.a.O). Kommt es für die Übertragung des Urlaubs allein auf das Vorliegen der Merkmale nach § 7 Abs. 3 BUrlG an, bedarf es dafür keiner weiteren Handlungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, um die Übertragung zu bewirken. (BAG a.a.O; BAG vom 29.7.2003 - 9 AZR 270/02 - zitiert nach Juris). Aus diesem Grunde sind weder ein Antrag des Arbeitnehmers auf Übertragung noch eine entsprechende Annahmeerklärung des Arbeitgebers erforderlich, um die Übertragung des Urlaubs zu bewirken. Die Übertragung ist gesetzliche Wirkung des Vorliegens der Merkmale in § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG (BAG a.a.O; Neumann, Fenski, Bundesurlaubsgesetz, 9. Aufl., Rz. 69 ff und 87 ff zu § 7 mit einer Vielzahl von Rechtsprechungs- und Literaturnachweisen).

Nur wenn es um eine Übertragung von Teilurlaubsansprüchen nach § 5 Abs. 1 BUrlG im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 4 BUrlG geht, die nicht an betriebliche oder an personenenbedingte Gründe gebunden ist, hängt die Verlängerung der Anspruchsdauer vom Verlangen des Arbeitnehmers, also einer entsprechenden Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber ab ( BAG vom 25.8.1987,a.a.O; BAG vom 29.7.2003, a.a.O).

d)

Für die Voraussetzungen dieses für ihn günstigen gesetzlichen Tatbestandsmerkmals trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast (BAG vom 29.7.2003, a.a.O). Dieser hatte die Klägerin hinreichend Genüge getan.

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichtes hat sie die Übertragungsvoraussetzungen ihrer Urlaubsansprüche aus 2003 auf das Kalenderjahr 2004 bereits vor dem 1. Kammertermin durch ihr schriftsätzliches Vorbringen vom 18.04.2005 substantiiert dargelegt.

Erst recht kommt es nicht darauf an, ob und in welcher Form die Klägerin Urlaubsansprüche aus 2003 geltend gemacht hat. Es reicht aus, wenn sie - ausgelöst durch ihren Urlaubswunsch - die Erörterung und damit die Existenz eines dringenden betrieblichen Grundes nachweisen kann. Wenn ihr das nach einer Beweisaufnahme nicht gelungen wäre, hätte weiter geprüft werden müssen, ob ggfs. durch das von der Klägerin behauptete Gespräch am 20.11.2003 abweichend von den gesetzlichen Übertragungsvoraussetzungen eine Übertragungsvereinbarung zwischen der Klägerin und der Zeugin getroffen wurde, die die Beklagte einzuhalten verpflichtet wäre. Das Gericht hätte daher in jedem Fall schon zum ersten Kammertermin am 01.06.2005 die von der Klägerin benannte Zeugin D. laden müssen, um die Frage der Existenz eines Übertragungsgrundes zu klären.

Keinesfalls kommt es darauf an, ob und was die Klägerin mit der Zeugin D. bzgl. des letztendlich im Januar 2004 gewährten Urlaubs besprochen haben. Eine Bestimmung des " Leistungszwecks" gewährten Urlaubs ist nach dem Bundesurlaubsgesetz weder geboten, noch vorgesehen. Im Übrigen wird immer erst auf die älteste Schuld verrechnet, wenn ein Leistungszweck nicht festgelegt wurde.

4)

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin am 20.11.2003 gegenüber der Beklagten den Wunsch geäußert hat, in der zweiten Dezemberhälfte zusammenhängend ihren Urlaubsanspruch aus 2003 in natura nehmen zu dürfen und dass dieses aus dringenden betrieblichen Gründen nicht möglich war. Die Zeugin D. hat bekundet, dass die Klägerin ihr gegenüber den Urlaubswunsch geäußert hat, sie die Klägerin im Dezember 2003 aber nicht für einen längeren Zeitraum entbehren konnte, weil sie noch eine anstehende Revision des Kunden P., die inoffiziell bekannt geworden war, so vorzubereiten hatte, dass der Kunde keine Beanstandungen würde erheben können. Sie hat dabei angegeben, dass sie definitiv von der Absicht des Kunden, eine Revision durchzuführen, gewusst habe und deshalb die Unterlagen noch in Ordnung gebracht werden mussten, weil sich doch im Laufe einer längeren Vertragsdauer eine beanstandungsfähige Aktenführung eingeschlichen habe. Auch wenn die Zeugin die Cousine der Klägerin ist und zudem Rechtsstreitigkeiten zwischen der Zeugin sowie der Beklagten existieren, hatte die Kammer im Rahmen der vorliegenden Beweisaufnahme keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugin nicht wahrheitsgemäß ausgesagt hat. Die Zeugin hat völlig emotionsfrei ausgesagt und sich durch nichts provozieren lassen. Sie hat zu keinem Zeitpunkt eigene Interessen gegenüber der Beklagten durchschimmern lassen. Sie hat neutrale Formulierungen gewählt, sowohl in Bezug auf die Klägerin, als auch in Bezug auf die Beklagte. Die Zeugin hat zudem plausibel dargelegt, warum sie ausgerechnet dem Urlaubswunsch der Klägerin nicht entsprochen hat. Sie hat in diesem Zusammenhang glaubwürdig ausgesagt, dass sie von der Klägerin als ihrer Cousine den geringsten Widerstand bei einer Urlaubsverweigerung einkalkuliert hatte und dass sich das bewahrheitet hat. Sie hat darüber hinaus im Detail geschildert, wie sie durch Gewährung von halben Urlaubstagen an Weihnachten und Silvester, sowie am Geburtstag der Klägerin deren Freizeitinteressen weitestgehend nachgekommen ist. Sie hat ferner deutlich, energisch und auch auf hartnäckiges Nachfragen unbeirrt angegeben, sie habe auf inoffiziellem Weg davon Kenntnis gehabt, dass eine Revision dieses Kunden anstehe. Inoffizielle Kanäle sind im Geschäftsleben nicht unüblich. Die Revision hat zudem letztendlich ja auch zum angegebenen Zeitpunkt stattgefunden. Die Beklagte hat nichts dazu vorgetragen, dass die Klägerin im Dezember 2003 tatsächlich keine eine Revision des Kunden P. vorbereitenden sachbearbeitenden Aufgaben erledigt hat.

Im Rahmen der Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO war für die Kammer zudem von Bedeutung, dass es für die Beklagte entgegen ihrem Vorbringen nicht unüblich war, Resturlaub aus Vorjahren in das Folgejahr zu übertragen. Das ergibt sich bereits aus der Art und Weise, mit der die Beklagte in den jeweiligen Gehaltsabrechnungen, die den Arbeitnehmern zugehen, akribisch die Urlaubsansprüche auflistet und sie zudem noch untergliedert in Resturlaub aus Vorjahr und Urlaub aus dem laufenden Jahr. Zu berücksichtigen waren zudem nach der Überzeugung der Kammer auch die von der Beklagten selbst eingereichten Urlaubsübersichten für jeden Mitarbeiter und jedes Jahr. Auch diese Urlaubsübersichten enthalten bereits im Vordruck die Rubrik Jahresurlaub und die zusätzliche Rubrik "Resturlaub Vorjahr". Auch diese Fakten sprechen für das Vorbringen der Klägerin und gegen das bestreitende Vorbringen der Beklagten. Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Übertragung der Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr 2003 in das Jahr 2004 auch der betrieblichen Handhabung entsprach.

Vor diesem tatsächlichen und rechtlichen Hintergrund hat die Klägerin substantiiert dargelegt und bewiesen, dass ihre noch nicht verbrauchten Urlaubsansprüche von 15,5 Arbeitstagen aus dem Jahr 2003 gem. § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG in das Kalenderjahr 2004 übertragen wurden. Diese übertragenen Urlaubsansprüche hat die Klägerin auch mit ihrem im Januar und Anfang Februar genommenen Urlaub noch im ersten Quartal genommen. Da die Klägerin für 2004 in Folge ihres Ausscheidens per 30.06.2004 weitere 15 Urlaubstage erworben hat, jedoch insgesamt lediglich 19,5 Urlaubstage in 2004 erhielt, verbleiben restliche 11 Urlaubstage, die in Folge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gem. § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten sind. Insoweit ergibt sich rechnerisch richtig und korrekt der von der Klägerin geltend gemachte Betrag i. H. v. 1.523,09 € brutto. Zur Zahlung dieses Betrages war die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils vom 17.08.2005 sowie unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 01.06.2005 antragsgemäß zu verurteilen.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288, 291 BGB und berücksichtigt die unterschiedliche Rechtshängigkeit eines Teils der Forderung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Vorliegend handelt es sich ausschließlich um eine Einzelfallentscheidung.

Ende der Entscheidung

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