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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 20.03.2009
Aktenzeichen: 3 Ta 42/09
Rechtsgebiete: GKG, ZPO


Vorschriften:

GKG § 42 Abs. 4
GKG § 42 Abs. 4 Satz 1
GKG § 48 Abs. 1
ZPO § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 3 Ta 42/09

20.03.2009

In dem Beschwerdeverfahren

betreffend Wertfestsetzung

hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... am 20.03.2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden des Klägervertreters vom 12.02.2009 und des Beklagtenvertreters vom 11.02.2009 gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 28.01.2009 - 4 Ca 1768 c/08 - werden zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerden tragen die Beschwerdeführer je zur Hälfte.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger hat am 25.09.2008 vor dem Arbeitsgericht Kiel Klage mit folgenden Anträgen erhoben:

1. Der Beklagte wird verurteilt, die dem Kläger mit Schreiben vom 12. Juni 2008 erteilte Rüge zu widerrufen und aus der Personalakte zu entfernen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, die dem Kläger mit Schreiben vom 2. September 2008 erteilte Abmahnung zu widerrufen und aus der Personalakte zu entfernen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, die dem Kläger mit Schreiben vom 2. September 2008 erteilte Abmahnung zu widerrufen und aus der Personalakte zu entfernen.

4. Der Beklagte wird verurteilt, die dem Kläger mit Schreiben vom 2. September 2008 erteilte Abmahnung zu widerrufen und aus der Personalakte zu entfernen.

5. Der Beklagte wird verurteilt, die dem Kläger mit Schreiben vom 2. September 2008 erteilte Rüge zu widerrufen und aus der Personalakte zu entfernen.

6. Es wird festgestellt, dass die Anweisungen vom 29. Juli und 2. September 2008 unwirksam sind.

7. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

8. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.000,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Mit Schriftsatz vom 19.12.2008 hat der Kläger die Klaganträge zu 7. u. 8. wie folgt neu gefasst:

7. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 5.000,00 € betragen soll, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

8. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 15.000,00 € nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 28. Januar 2009 den für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren maßgebenden Wert festgesetzt auf 41.000,00 €. Dabei hat es die Anträge zu 1. bis 6. jeweils mit einem Gehalt bewertet, die Anträge zu 7. und 8. nach Maßgabe der bezifferten Anträge im Schriftsatz vom 19.12.2008 mit insgesamt 20.000,00 € (Bl. 130 d. A.).

Der Klägervertreter hat gegen diesen, beiden Prozessbevollmächtigten am 2. Februar 2009 zugestellten Beschluss, am 12.02.2009 Beschwerde eingelegt, ohne einen Antrag zu formulieren. Er meint, die Anträge zu 1. bis 5. seien jeweils mit zwei Gehältern zu bewerten, da jeweils beantragt worden ist, die erteilten Ermahnungen, Abmahnungen und Rügen zu widerrufen und aus der Personalakte zu entfernen. Der Antrag zu 6. sei mit zwei Gehältern zu bewerten, da mit ihm die Unwirksamkeit zweier erteilter Anweisungen festgestellt werden sollte. Die Anträge zu 7. und 8. seien insgesamt im Hinblick auf die neu gefassten Anträge im Schriftsatz vom 19. Dezember 2008 mit 25.000,00 € zu bewerten.

Der Beklagtenvertreter hat gegen den Beschluss am 11. Februar 2009 Beschwerde eingelegt und ebenfalls keinen Antrag formuliert. Er meint, die Anträge zu 1. bis 6. seien insgesamt mit maximal drei Monatsgehältern zu bewerten, die Anträge zu 7. und 8. jeweils mit 10.000,00 €.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 27.02.2009 den Beschwerden nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerden gegen den die Gerichtsgebühren und die Rechtsanwaltsgebühren festsetzenden Wertfestsetzungsbeschluss sind zulässig (§ 68 Abs. 1 GKG, § 33 Abs. 3 RVG). Sie sind jedoch unbegründet und daher zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hat den Wert des Streitgegenstandes aller acht Anträge zu Recht im Ergebnis mit insgesamt 41.000,00 € festgesetzt.

1. Das Arbeitsgericht hat zutreffend den Streitwert für den Antrag zu 1. entsprechend § 42 Abs. 4 GKG mit einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 3.500,00 € bewertet.

a. Gemäß § 48 Abs. 1 GKG richten sich in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder für die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstandes, soweit nichts anderes bestimmt ist. Dies bedeutet, dass nach § 3 ZPO der Wert von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt wird. Dass das Arbeitsgericht das ihm hier zustehende Ermessen unzutreffend ausgeübt hätte, ist nicht ersichtlich.

Zu berücksichtigen ist, dass eine Abmahnung den Zweck hat, den Empfänger der Abmahnung darauf hinzuweisen, dass der Abmahnende eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten sieht und ihn zu warnen, dass ggf. im Wiederholungsfall mit einer Kündigung zu rechnen ist. Die Rüge ist anerkanntermaßen die rechtliche Vorstufe einer Abmahnung. Aus diesem allgemeinen Sachzusammenhang folgt, dass die Wertfestsetzung für Rügen und Abmahnungen an den Vorschriften für die Rechtsstreitigkeiten über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses, § 42 Abs. 4 GKG, auszurichten ist. Es kann hierbei zwar nicht statisch von einer Größenordnung von einem Monatsverdienst ausgegangen werden. Als Richtwert ist jedoch Ausgangspunkt regelmäßig ein Bruttomonatsgehalt (vgl. nur LAG Schleswig-Holstein vom 25.07.2005, 2 Ta 170/05; LAG Schleswig-Holstein vom 21.11.2006, 1 Ta 121/06).

b. Besonderheiten, die eine über ein Bruttomonatsgehalt hinausgehende Bewertung verlangen, sind vorliegend nicht ersichtlich. Auch aus der Tatsache, dass der Klägervertreter zusätzlich beantragt hat, die erteilte Rüge/die Abmahnungen zu widerrufen, ergibt sich nichts anderes. Mit dieser Antragsformulierung hat er jedoch nicht zwei unterschiedliche Streitgegenstände rechtshängig gemacht. Der Antrag ist gerichtet auf die ersatzlose Beseitigung des Dokuments aus der Personalakte des Klägers und der damit dokumentierten erhobenen Vorwürfe. Ein weitergehender Streitgegenstand ist dem Antrag nicht zu entnehmen. Unter Berücksichtigung der Formulierung des Antrages hat der Kläger gerade nicht begehrt, die erhobenen Vorwürfe (welche konkret?) und die im Einzelnen aufgestellten Behauptungen (welche? wem gegenüber?) zu widerrufen.

Es bleibt daher bei der Bewertung des Antrages zu 1 mit einem Bruttomonatsgehalt.

2. Aus den o. g. Gründen ist auch der Antrag zu 2., gerichtet auf die Entfernung einer Abmahnung vom 2. September 2008, zutreffend mit einem Bruttomonatsgehalt bewertet worden. Dem Kläger ist insoweit eine dienstliche Verfehlung in Form der Beleidigung einer Mitarbeiterin vorgeworfen worden (Bl. 7, 8 d. A.).

3. Ebenso ist der Antrag zu 3. nach der o. g. Maßgabe zutreffend mit einem Bruttomonatsgehalt bewertet worden. Dem Kläger ist mit einer weiteren Abmahnung vom 2. September 2008 vorgehalten worden, er habe die Loyalitätspflichten verletzt (Bl. 9, 10 d. A.).

4. Der Antrag zu 4. hingegen ist mit 0,00 € zu bewerten. Der Kläger hat insoweit wiederum beantragt, eine dritte, mit Schreiben vom 2. September 2008 erteilte Abmahnung zu widerrufen und aus der Personalakte zu entfernen. Dieser Klagantrag hat jedoch keinen eigenen Streitgegenstand. Es existiert eine solche dritte Abmahnung weder in der Akte noch in den schriftsätzlichen Ausführungen beider Parteien.

5. Der Antrag zu 5., gerichtet auf Widerruf und Entfernung einer mit Datum vom 2. September 2008 erteilten Rüge, ist zutreffend mit einem Bruttomonatsgehalt bewertet worden. Dem Kläger werden in dem genannten, angegriffenen Schreiben u. a. Fehler in der Mitarbeiterführung vorgeworfen (Bl. 11 - 17 d. A.). Die Bewertung dieses Streitgegenstandes mit einem Bruttomonatsgehalt ist unter Verweisung auf die o. g. Rechtsausführungen rechtlich nicht zu beanstanden.

6. Der Antrag zu 6. ist hingegen unter Berücksichtigung der oben dargelegten Rechtsausführungen mit zwei Bruttomonatsgehältern zu bewerten. Er ist gerichtet auf die Feststellung zweier unterschiedlicher Arbeitsanweisungen, die der Beklagte in Ausübung seines Direktionsrechtes dem Kläger erteilt hat. Am 29. Juli 2008 hat er mittels seines Direktionsrechtes Arbeitszeit und Arbeitsort des Klägers konkretisiert (Bl. 18 d. A.) und am 2. September 2008 nochmals mittels einer Änderungsanweisung die Arbeitszeiten des Klägers für die gesamte Arbeitswoche im Einzelnen festgelegt (Bl. 19 d. A.). Es handelt sich um zwei unterschiedliche Streitgegenstände, die auch rechtlich selbstständig hätten angegriffen werden können und die auch rechtlich ein unterschiedliches Schicksal hätten nehmen können. Insoweit ergibt sich auf die Beschwerde des Klägers für den Klagantrag zu 6. ein Streitwert von zwei Gehältern à 3.500,00 €.

7. Nicht zu folgen ist der Ansicht des Beklagtenvertreters bzw. der Rechtsschutzversicherung des Beklagten, die Anträge zu 1. bis 6. seien insgesamt mit maximal drei Monatsgehältern zu bewerten. Maßgebend für die Streitwertfestsetzung sind die Streitgegenstände, nicht ein für Anträge auf Entfernung einer Abmahnung noch nicht einmal unmittelbar anzuwendender § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG. Abgesehen davon, dass sich die in § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG normierte Obergrenze eines Vierteljahresverdienstes auf die Wertfestsetzung für eine Kündigung bezieht, streiten die Parteien vorliegend mit den Anträgen zu 1. bis 6. um jeweils individuell unterschiedliche Lebenssachverhalte. Bei einer derartigen Fallkonstellation ist für eine Orientierung an § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG und die dort geregelte gebührenrechtliche Privilegierung kein Raum.

8. Die Anträge zu 7. und 8. sind zutreffend mit 20.000,00 € vom Arbeitsgericht bewertet worden. Mit Schriftsatz vom 19.12.2008 hat der Kläger den Klagantrag zu 7. mit 5.000,00 € beziffert, den Klagantrag zu 8. mit 15.000,00 €. Das ergibt rechnerisch korrekt eine Gesamtsumme von 20.000,00 €. Das Arbeitsgericht hat insoweit das ihm gemäß § 3 ZPO zustehende Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt, als es ausschließlich den bezifferten Betrag für maßgebend angesehen hat.

9. Da die Summe aller aufgeführten Einzelwerte den festgesetzten Betrag in Höhe von 41.000,00 € ergibt, ist die Wertfestsetzung im Ergebnis zu bestätigen.

Die Beschwerden des Klägervertreters und des Beklagtenvertreters waren daher zurückzuweisen.

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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