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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 11.12.2008
Aktenzeichen: 4 Sa 336/08
Rechtsgebiete: ArbGG, NachwG, ZPO, InsO, BGB, ArbGG


Vorschriften:

ArbGG § 72a
NachwG § 2
ZPO § 22 Abs. 1 S. 1
ZPO § 139
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 264 Nr. 2
ZPO § 308
ZPO § 524 Abs. 2 S. 2
InsO § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
BGB § 280 Abs. 1 S. 1
BGB § 241 Abs. 2
BGB § 311 Abs. 2
BGB § 316
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 826
ArbGG § 66 Abs. 1 S. 3
ArbGG § 66 Abs. 1 S. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 4 Sa 336/08

Verkündet am 11.12.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 11.12.2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hartmann als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten (vorheriger Beklagter zu 3.) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 14.08.2008 (5 Ca 51/08) teilweise abgeändert:

Die Klage gegen den Beklagten zu 3.) wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird für die Parteien nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Schadenersatz wegen behaupteter Verletzung von Aufklärungspflichten.

Der Beklagte (erstinstanzlicher Beklagter zu 3.) war Geschäftsführer der Freie H. M. GmbH. Im März 2007 war diese Gesellschaft nicht mehr in der Lage, ihren Mitarbeitern regelmäßig und termingerecht den geschuldeten Arbeitslohn zu zahlen. Die Betriebskrankenkasse BIG G. - D. KK stellte mit Schreiben vom 16. Mai 2007 Insolvenzantrag über das Vermögen der Freie H. M. GmbH. Mit Schreiben vom 27. Juni 2007 (Bl. 57 d. A.) teilte der Beklagte als Geschäftsführer für die Freie H. M. GmbH dem Amtsgericht Sch. als Insolvenzgericht mit, durch den Tod vieler Patienten sei der Umsatz innerhalb eines Jahres von monatlich 50.000,00 EUR auf 20.000,00 EUR zurückgegangen.

Am 17. Juli 2007 erschien im G. Anzeiger unter einer Chiffre-Nr. eine Anzeige, mit der für die Neugründung eines Pflegedienstes in G. eine zuverlässige Pflegedienstleitung sowie zwei Krankenschwestern/Krankenpfleger gesucht wurden. Der Kläger bewarb sich am 24. Juli 2007 auf dieses Inserat.

Da die Freie H. M. GmbH in den drei Monaten seit dem Insolvenzantrag ihre Beitragsschulden bei der antragstellenden BKK nicht bezahlte, bestellte das Amtsgericht Sch. durch Beschluss vom 28. August 2007 den Rechtsanwalt Dr. W. aus H. (erstinstanzlicher Beklagter zu 2.) zum Sachverständigen und beauftragte ihn mit der Prüfung, ob die Freie H. M. GmbH zahlungsunfähig und/oder überschuldet sei.

Durch Beschluss vom 3. September 207 bestellte das Amtsgericht den Rechtsanwalt Dr. W. zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Freie H. M. GmbH und ordnete an, dass Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände aus dem Vermögen der Schuldnerin nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam seien (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO).

Mit Schreiben vom 7. September 2007 stellte die BKK für Heilberufe wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge einen weiteren Insolvenzantrag über das Vermögen der Schuldnerin.

Am 12. September 2007 kündigte die Schuldnerin mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters die mit den Landesverbänden und Landesvertretungen der Krankenkassen bestehenden Versorgungsverträge zum 31. Oktober 2007.

Am 27. September 2007 erhielt der Kläger einen Anruf der Zeugin M. G., einer bisherigen Mitarbeiterin der Schuldnerin. Sie fragte den Kläger, ob er noch Interesse an seiner Bewerbung habe, was dieser bejahte. Die Zeugin G. vereinbarte mit dem Kläger daraufhin einen Vorstellungstermin für den 30. September 2007 im Restaurant "T. Hof".

Das Gespräch fand am 30. September um 15:00 Uhr statt, wobei neben dem Kläger und der Zeugin G. auch der Beklagte teilnahm. Streitig ist zwischen den Parteien, welchen genauen Inhalt und welches Ergebnis das Gespräch hatte. Der Kläger konnte eine Arbeitsaufnahme zum 1. November 2007 nicht zusagen. Die Gesprächspartner verblieben dahin, dass sich der Kläger bis zum 2. Oktober 2007 entscheiden werde, ob er die Tätigkeit aufnehme.

Am 2. Oktober 2007 meldete sich der Kläger telefonisch bei der Zeugin G. und vereinbarte mit ihr einen weiteren Termin für den 4. Oktober 2007. Ob dieser Termin zwecks Unterzeichnung eines schriftlichen Arbeitsvertrages vereinbart wurde, ist zwischen den Parteien streitig.

Der Kläger erschien am 4. Oktober 2007 in den Geschäftsräumen der Gemeinschuldnerin. Ob er an diesem Tag einen schriftlichen Arbeitsvertrag unterzeichnete, ist zwischen den Parteien streitig. Ein Exemplar eines von ihm unterschriebenen Arbeitsvertrages erhielt der Kläger an diesem Tag nicht. Im Laufe des Oktobers 2007 beschaffte der Kläger eine Bescheinigung für die AOK L. und überließ sie der Zeugin G.

Am 1. November 2007 eröffnete das Amtsgericht Schwarzenbek das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin (Freie H. M. GmbH) und bestellte den Rechtsanwalt Dr. W. zum Insolvenzverwalter. Dieser übertrug den Betrieb der Gemeinschuldnerin mit Wirkung vom gleichen Tag auf den Krankenpflegedienst R., Inhaber Ch. R.(erstinstanzlicher Beklagter zu 1.).

Am Vormittag des 1. November 2007 rief der Kläger die Zeugin G. auf deren mobiler Rufnummer an, um nähere Einzelheiten der Arbeitsaufnahme zu besprechen. Die Zeugin G. bat den Kläger darum, zu einem späteren Zeitpunkt anzurufen. Am Nachmittag des 1. November 2007 erreichte der Kläger telefonisch den Beklagten, der darauf hinwies, er sei seit dem Morgen um 08.00 Uhr im Insolvenzgespräch und habe keine Zeit, ihm - Kläger - nähere Auskünfte zu geben, er möge sich später noch einmal melden. Der Kläger entschloss sich, an diesem Tag die damaligen Büroräume der Gemeinschuldnerin aufzusuchen und um sofortige Klärung zu bitten. Dort empfing ihn der Beklagte und verwies ihn sofort an den Krankenpflegedienst R., der "die Insolvenzmasse übernommen und somit nunmehr sein - des Klägers - Ansprechpartner für die Zukunft sei".

Der Kläger erlitt am 4. November 2007 einen Schlaganfall, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob die Umstände im Zusammenhang mit dem geplanten Arbeitsplatzwechsel ursächlich für die Erkrankung waren. Zuvor hatte der Kläger sein altes Arbeitsverhältnis gekündigt, wobei noch ungeklärt ist, ob er die Kündigung aussprach vor dem 4. Oktober 2007 oder unmittelbar danach.

Mit Schreiben vom 14. November 2007 an die Gemeinschuldnerin bot der Kläger seine Arbeitskraft nach zu erwartender Gesundung wieder an und führte zur Begründung aus, er habe mit der Gemeinschuldnerin am 4. Oktober 2007 einen Arbeitsvertrag geschlossen. Gleichzeitig unter dem 14. November 2007 bot er auch dem Krankenpflegedienst R. (erstinstanzlicher Beklagter zu 1.) seine Arbeitskraft an mit der Begründung, sein mit der Gemeinschuldnerin geschlossener Arbeitsvertrag sei im Wege des Betriebsüberganges auf den Krankenpflegedienst R. übergegangen.

Mit Schreiben vom 19. November 2007 teilte der Krankenpflegedienst R. dem Kläger mit, ihm sei ein Arbeitsverhältnis nicht bekannt, ein Arbeitsvertrag liege nicht vor und ob und inwieweit ein Arbeitsvertrag vor der Übernahme des Betriebes geschlossen worden sei, könne er nicht beurteilen. Mit diesem Schreiben schickte der Krankenpflegedienst R. Kopien der Krankenscheine des Klägers zurück, ebenso die dort im Büro aufgefundene Lohnsteuerkarte des Klägers.

Der Kläger hat unter dem 7. Januar 2008 gegen Herrn Ch. R. als Inhaber des Krankenpflegedienstes R. (erstinstanzlicher Beklagter zu 1.) Klage erhoben unter anderem mit dem Antrag festzustellen, dass zwischen ihm und der Krankenpflegegruppe R. ein Arbeitsverhältnis bestehe über eine Tätigkeit als Altenpfleger mit einer täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden und einer monatlichen Vergütung von 2.300,00 EUR brutto. Hilfsweise hat er mit dieser Klage auch Klage erhoben gegen die Freie H. M. GmbH mit dem Antrag auf Feststellung, dass zwischen ihm und dieser Gesellschaft ein entsprechendes Arbeitsverhältnis bestehe. Wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Freie H. M. GmbH hat der Kläger im Laufe des Verfahrens beantragt, das Rubrum insoweit mit der Maßgabe zu berichtigen, dass Beklagter (erstinstanzlicher Beklagter zu 2.) Rechtsanwalt Dr. W. als Insolvenzverwalter ist.

Mit Schreiben vom 28. Januar 2008 kündigte der Insolvenzverwalter vorsorglich für den Fall des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses das Arbeitsverhältnis des Klägers fristgemäß. Der Kläger hat dagegen einen Kündigungsschutzantrag gestellt.

Im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens nahm der Kläger sämtliche Anträge gegen den Insolvenzverwalter (erstinstanzlicher Beklagter zu 2.) zurück.

Der Kläger hat erstinstanzlich seinen Feststellungsantrag gegenüber dem Krankenpflegedienst R. weiter verfolgt und hilfsweise gegenüber dem Beklagten (erstinstanzlicher Beklagter zu 3.) den Feststellungsantrag, wonach dieser verpflichtet sei, ihm sämtliche Nachteile und Schäden zu ersetzen, die ihm aus den Ereignissen am 4. Oktober 2007 im Rahmen der Vertragsverhandlungen - insbesondere durch den am 4. Oktober 2007 geschlossenen Vertrag - bereits entstanden seien und künftig noch entstehen würden.

Der Kläger hat behauptet: Am 30. September 2007 habe er mit der Zeugin G. und dem Beklagten (erstinstanzlicher Beklagter zu 3.) sämtliche Einzelheiten des abzuschließenden Arbeitsvertrages besprochen, und zwar ein Gehalt in Höhe von 2.300,00 EUR brutto, eine Arbeitszeit von 8 Stunden täglich verteilt auf 5 Tage in der Woche, 24 Arbeitstage Urlaub und die Überlassung eines Dienstwagens einschließlich einer Tankkarte. Das Gespräch habe ca. 40 Minuten gedauert, überwiegend habe der Beklagte (erstinstanzlicher Beklagter zu 3.) es geführt. Am 2. Oktober 2007 habe er der Zeugin G. mitgeteilt, dass er bereit sei, die Tätigkeit aufzunehmen. Die Zeugin sei darüber sehr erfreut gewesen und habe mit ihm den 4. Oktober 2007, 10.00 Uhr, als Termin zur Unterzeichnung des schriftlichen Arbeitsvertrages vereinbart. Er sei am 4. Oktober 2007 erschienen und habe den schriftlichen Arbeitsvertrag in dreifacher Ausfertigung unterschrieben, und zwar mit einem Arbeitsbeginn am 16. November 2007. Die Vertragsunterzeichnung sei in Gegenwart des Beklagten (erstinstanzlicher Beklagter zu 3.), der Pflegedienstleitung M. sowie der Sekretärin der Gemeinschuldnerin erfolgt. Die Zeugin G. sei bei der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages nicht anwesend gewesen, sie habe sich telefonisch entschuldigen lassen. Er habe eine Ausfertigung eines Exemplars des Arbeitsvertrages verlangt. Dies sei ihm vom Beklagten (erstinstanzlicher Beklagte zu 3.) verweigert worden, weil die Verträge noch der Krankenkasse vorgelegt werden müssten. Am 20. und 22. Oktober 2007 habe er von der Zeugin G. auf seinem Handy zwei Anrufe erhalten und sie habe ihm erklärt, er müsse noch eine Bescheinigung für die AOK L. vorlegen. Diese habe er beschafft. Nach diesem Gespräch habe er auf Verlangen auch seine Lohnsteuerkarte übergeben. Es sei deshalb ein Arbeitsvertrag mit der Gemeinschuldnerin abgeschlossen worden. Dieser Arbeitsvertrag sei auf den Krankenpflegedienst R. (erstinstanzlicher Beklagte zu 1.) im Wege des Betriebsüberganges übergegangen. Sofern ein wirksamer Vertrag an der fehlenden Berechtigung des Beklagten (erstinstanzlicher Beklagter zu 3.) zum Abschluss eines solchen Rechtsgeschäftes scheitere, sei dieser ihm zum Schadenersatz verpflichtet.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass zwischen ihm und dem Beklagten zu 1. ein Arbeitsverhältnis über eine Tätigkeit als Altenpfleger mit einer täglichen Arbeitszeit von 8 h verteilt auf fünf Tage wöchentlich und einer monatlichen Vergütung von EUR 2.300,00 EUR brutto besteht;

2. den Beklagten zu 1. zu verurteilen, ihn als Altenpfleger zu beschäftigen;

3. den Beklagten zu 1. zu verurteilen, ihm einen Dienstwagen einschließlich Tankkarte zur Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zur Verfügung zu stellen;

4. den Beklagten zu 1. zu verurteilen, ihm einen Nachweis gemäß § 2 Nachweisgesetz zu erteilen,

hilfsweise

festzustellen, dass der Beklagte zu 3. verpflichtet ist, ihm sämtliche Nachteile und Schäden zu ersetzen, die ihm aus den Ereignissen am 04.10.2007 im Rahmen der Vertragsverhandlungen, insbesondere durch den am 04.10.2007 geschlossenen Vertrag bereits entstanden sind und künftig noch entstehen, sofern ein Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten zu 1. nicht zustande gekommen sein sollte.

Der Beklagte zu 1. und der Beklagte zu 3. haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1. hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe mit der späteren Gemeinschuldnerin ohne Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters ein Verpflichtungsgeschäft (Arbeitsvertrag) nicht abschließen können. Folglich könne ein Arbeitsverhältnis auch nicht auf ihn übergegangen sein. Der Beklagte zu 3. hat sich dem Vortrag der damaligen Beklagten zu 1. (Krankenpflegedienst R.) angeschlossen und bestritten, die Gemeinschuldnerin habe mit dem Kläger einen Arbeitsvertrag geschlossen.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben über den Inhalt des Vorgespräches am 30. September 2007 und über die Behauptung des Klägers, er habe am 4. Oktober 2007 in den Geschäftsräumen der Gemeinschuldnerin einen Arbeitsvertrag unterzeichnet, durch Vernehmung der Zeuginnen G. zum Inhalt des Gesprächs vom 30. September 2007 und der Zeugin M. zum Inhalt und Ablauf des Gesprächs vom 4. Oktober 2007.

Das Arbeitsgericht hat die Klage gegen den damaligen Beklagten zu 1. mit der Begründung abgewiesen, mangels einer Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters sei ein Arbeitsverhältnis rechtlich nicht zustande gekommen mit der Gemeinschuldnerin. Dem hilfsweisen Klagantrag gegen den Beklagten (erstinstanzlicher Beklagter zu 3.) hat das Arbeitsgericht stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, es stehe zu seiner Überzeugung fest, dass der Kläger am 4. Oktober 2007 einen Arbeitsvertrag mit der Gemeinschuldnerin abgeschlossen habe. Der Beklagte (erstinstanzlicher Beklagte zu 3.) habe ihn über seine fehlende Befugnis zum Abschluss des Arbeitsvertrages nicht informiert und der Kläger habe daraufhin entsprechende vermögensrechtliche Dispositionen im guten Glauben an die Verfügungsbefugnis des Beklagten (erstinstanzlichen Beklagten zu 3.) vorgenommen, weshalb dieser ihm zum Ersatz des insoweit entstandenen und noch entstehenden Schadens verpflichtet sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird Bezug genommen auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils.

Der Beklagte (erstinstanzlicher Beklagter zu 3.) hat gegen das ihm am 21. August 2008 zugestellte Urteil am 9. September 2008 Berufung eingelegt und diese am 13. Oktober 2008 begründet.

Der Beklagte (erstinstanzlicher Beklagter zu 3.) rügt die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts. Die Zeugin G. habe eindeutig klargestellt, dass konkrete Vereinbarungen am 30. September 2007 nicht getroffen worden seien. Dafür habe es auch keinerlei Veranlassung gegeben, weil unstrittig sei, dass der Kläger an diesem Tage wegen seines noch bestehenden Arbeitsverhältnisses noch nicht in der Lage gewesen sei, für sich eine konkrete Entscheidung zu treffen. Zudem entspreche es gängiger Gesprächskultur, dass am Ende eines Gespräches die Ergebnisse noch einmal zusammengefasst werden, darüber habe die Zeugin G. aber nichts berichtet. Auch die Würdigung der Aussage der Zeugin M. sei nicht beanstandungsfrei. Anders als der Kläger behauptet habe sie bekundet, die Zeugin G. sei am 4. Oktober 2007 anwesend gewesen. Diesem Widerspruch sei das Gericht nicht nachgegangen. Auch habe die Zeugin M. ausgesagt, sie habe mit dem Kläger nach den 4. Oktober 2007 ein Gespräch geführt. Es widerspreche jeglicher Lebenserfahrung, dass ein potentieller Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag abschließe, ohne sich zuvor mit Hilfe eigener qualifizierter Mitarbeiter ein Bild über die fachliche Eignung des Bewerbers gemacht zu haben. Im Übrigen sei die Behauptung des Klägers weltfremd, dass er zwar mehrere Exemplare des Arbeitsvertrages unterzeichnet habe, diese aber allesamt nach Unterschrift zur weiteren Prüfung bei der Gemeinschuldnerin belassen haben wolle. Kein vernünftiger Mensch verzichte nach angeblicher Kündigung seines bisherigen Arbeitsverhältnisses auf die Aushändigung des abgeschlossenen neuen Arbeitsvertrages. Im Übrigen sei auch insoweit die Aussage der Zeugin M. widersprüchlich, denn sie habe zunächst bekundet, der Kläger sei zur Unterzeichnung eines Vertrages gekommen, habe dann aber nicht erklären können, um welche angebliche Unterlage es sich gehandelt habe. Wie die Zeugin nach eigener Aussage in Unkenntnis der Schriftstücke schlussfolgern könne, dort sei ein Vertrag unterzeichnet worden, sei völlig unverständlich. Im Übrigen widerspreche es jeglicher Lebenserfahrung, dass die damalige Gemeinschuldnerin die Stellenanzeige aufgegeben habe. Dort werde Personal "für die Neugründung eines Pflegedienstes" gesucht. Es gebe überhaupt keine Erklärung dafür, warum ausgerechnet die überschuldete und zahlungsunfähige Gemeinschuldnerin beabsichtigt habe, neue Mitarbeiter einzustellen. Die Gemeinschuldnerin habe für sich keinen Bedarf für eine Pflegedienstleitung gehabt.

Der Beklagte (erstinstanzlicher Beklagter zu 3.) beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 14. August 2008 (5 Ca 51/08) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und fordert den Beklagten (erstinstanzlicher Beklagter zu 3.) auf, dazu Stellung zu nehmen, wer die Anzeige im "G. Anzeiger" geschaltet habe. Der Beklagte möge erklären, weshalb er - Kläger - am 27. September 2007 einen Anruf der Zeugin G. erhalten habe, die ihn zu einem Vorstellungsgespräch in Anwesenheit des Beklagten (erstinstanzlichen Beklagten zu 3.) einlud. Der Beklagte - so behauptet der Kläger - sei Auftraggeber dieser Anzeige gewesen.

Nach einem rechtlichen Hinweis des Berufungsgerichts zur Bestimmtheit des erstinstanzlichen Feststellungsantrages beantragt der Kläger nunmehr

festzustellen, dass der Beklagte (erstinstanzlicher Beklagter zu 3.) verpflichtet ist, ihm sämtliche Nachteile und Schäden zu ersetzen, die ihm dadurch entstanden sind, dass der Beklagte es im Rahmen der mit ihm am 30. September 2007 geführten Vertragsverhandlungen und der am 4. Oktober 2007 erfolgten Arbeitsvertragsunterzeichnung entgegen seinen vorvertraglichen Aufklärungspflichten als Geschäftsführer der Freien H. M. GmbH (nachfolgend: GmbH) pflichtwidrig unterlassen hat ihm mitzuteilen, dass er aufgrund des am 3. September 2007 eröffneten vorläufigen Insolvenzverfahrens über die vorgenannte GmbH ohne - die nicht vorliegende - Zustimmung des Insolvenzverwalters keine Arbeitsverträge mehr rechtlich wirksam abschließen konnte und infolgedessen das - nicht zustande gekommene - Arbeitsverhältnis nicht im Wege des Betriebsüberganges auf den früheren Beklagten zu 1. übergehen konnte.

Hilfsweise beantragt der Kläger,

den Beklagten (erstinstanzlichen Beklagte zu 3.) zu verurteilen, an ihn 3.027,96 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte sei verpflichtet gewesen, im Rahmen der ihm obliegenden Aufklärungspflichten darauf hinzuweisen, dass der Abschluss eines Arbeitsvertrages nicht ohne weiteres möglich sei. Er hafte als sogenannter Sachwalter. Sein Schaden belaufe sich derzeit auf 3.027,96 EUR. Er sei in der Zeit vom 16. November 2007 bis 13. März 2008 arbeitsunfähig erkrankt gewesen und habe dafür vom Sozialversicherungsträger beziehungsweise der Krankenkasse netto 4.048,27 EUR erhalten. Wäre der von ihm am 4. Oktober 2007 abgeschlossene Arbeitsvertrag erfüllt worden, hätte er für vier Monate netto 6.061,40 EUR verdient, weshalb sich sein Schaden auf 2.013,13 EUR belaufe. Darüber hinaus habe er sich eine neue Arbeitsstelle suchen müssen, was mit Kosten in Höhe von 350,00 EUR verbunden gewesen sei. Für Telefonate mit potentiellen Arbeitgebern seien weitere 25,00 EUR anzusetzen. Schließlich habe er zur Führung des Rechtsstreits im Rahmen der Rechtschutzversicherung einen Selbstbehalt von 99,96 EUR beziehungsweise 153,00 EUR zu tragen. Der Schadenersatzbetrag in Höhe von 3.027,96 EUR lasse die Schäden, die ihm in psychischer und physischer Hinsicht entstanden seien, noch völlig unberücksichtigt.

Der Beklagte beantragt, diese Anträge zurückzuweisen.

Der Beklagte verweist insoweit darauf, dass ein Vertrag mit ihm beziehungsweise der Gemeinschuldnerin nicht abgeschlossen worden sei. Mit wem ein Vertrag - initiiert durch Chiffre-Anzeige - abgeschlossen worden wäre, das wisse er nicht.

Der Kläger hat auf Nachfrage des Berufungsgerichts erklärt, er meine, als Vertragspartnerin des von ihm unterschriebenen Arbeitsvertrages sei Frau G. aufgeführt gewesen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze. Weiterhin wird Bezug genommen auf die Parteierklärungen im Protokoll der Berufungsverhandlung.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Beklagten (erstinstanzlichen Beklagten zu 3.) ist zulässig. Sie ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat sie auch Erfolg. Sowohl der erstinstanzlich gestellte Feststellungsantrag des Klägers als auch der konkretisierte in zweiter Instanz gestellte Feststellungsantrag sind unzulässig. Der erstinstanzliche Feststellungsantrag war zu unbestimmt, der zweitinstanzliche Feststellungsantrag scheitert am Vorrang der Leistungsklage.

1. Der erstinstanzlich gestellte Antrag auf Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz sämtlicher Nachteile und Schäden, die dem Kläger aus den Ereignissen am 4. Oktober 2007 im Rahmen der Vertragsverhandlungen, insbesondere durch den am 4. Oktober 2007 geschlossenen Vertrag bereits entstanden sind und zukünftig noch entstehen, war mangels Bestimmtheit des Antrages unzulässig.

a. Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfordert die Klageschrift einen bestimmten Antrag. Der Klageantrag bestimmt Art und Umfang des Rechtschutzbegehrens, den Streitgegenstand. Er bindet das Gericht nach § 308 ZPO. Er muss, obwohl er der Auslegung zugänglich ist, eindeutig sein. Es genügt nicht, dass sich aus der Klagebegründung oder einer Anlage der Gegenstand des Rechtsstreites erschließen lässt.

Grundsätzlich ist der Klageantrag hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret beziffert oder im Falle eines Feststellungsantrages gegenständlich bezeichnet, den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) also erkennbar abgrenzt und den Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt. Es gehört zur Pflicht des Gerichts, insoweit gemäß § 139 ZPO auf Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit hinzuweisen und auf sachdienliche Anträge hinzuwirken.

b. Der erstinstanzlich gestellte Antrag ist nicht hinreichend bestimmt. Er knüpft zunächst an sämtliche Nachteile und Schäden an, die dem Kläger aus den Ereignissen am 4. Oktober 2007 im Rahmen der Vertragsverhandlungen entstanden sein sollen.

Damit wird weder die konkrete Pflichtverletzung umschrieben noch ist erkennbar, welche Ereignisse genau gemeint sein sollen. Für ein Gericht, dass später über die Höhe des Schadens zu befinden hätte, wäre der Umfang der Rechtskraft einer stattgebenden Entscheidung nicht deutlich, die sich beziehen würde auf die Ereignisse am 4. Oktober 2007 im Rahmen der Vertragsverhandlungen. Es fehlt im Antrag die konkrete Bestimmung der beanstandeten Pflichtverletzung. Der Antrag wird auch nicht dadurch konkreter, weil es nachfolgend heißt, es gehe um sämtliche Nachteile und Schäden, die insbesondere durch den am 4. Oktober 2007 geschlossenen Vertrag bereits entstanden seien oder noch zukünftig entstehen würden. Auch damit wird die beanstandete Pflichtverletzung, die Grundlage für den zu ersetzenden Schaden sein soll, nicht hinreichend deutlich. Dies wäre nur dann der Fall, wenn damit im Zusammenhang die etwaige Verletzung einer Aufklärungspflicht benannt worden wäre. Nicht der Abschluss des Vertrages allein begründet die Pflichtwidrigkeit, sondern dessen Veranlassung ohne vorherige Aufklärung über die wirtschaftliche Situation der späteren Gemeinschuldnerin beziehungsweise die gegebene vorläufige Insolvenzverwaltung. Denn das Schließen eines Vertrages allein macht die Pflichtverletzung beziehungsweise Verletzung eines Rechtsgutes noch nicht deutlich. Zudem bliebe der Antrag auch durch die Formulierung "insbesondere..." unbestimmt, denn übergeordnet blieben immer noch die unbestimmten Ereignisse am 4. Oktober 2007. Werden in einem Klagantrag einleitend unbestimmte Ereignisse als haftungsbegründend ohne bestimmte Bezeichnung genannt, so bleibt ein solcher Antrag auch weiterhin unbestimmt, wenn als ein Ereignis nachfolgend (beispielhaft durch "insbesondere") eine bestimmte Handlung (hier behaupteter Abschluss eines Arbeitsvertrages) genannt wird. Denn es bleibt dabei immer noch möglich, dass neben dieser konkret benannten Handlung auch weitere Ereignisse vom 4. Oktober 2007 im Rahmen der Vertragsverhandlungen haftungsbegründend sein sollen, wobei jedoch im Antrag nicht klar wird, welche Ereignisse dies im Einzelnen sein sollen. Dies führt zur Unbestimmtheit des Antrages insgesamt.

c. Von dem Kläger wird auch nichts Unmögliches verlangt, wenn er angehalten wird, seinen Klagantrag näher zu bestimmen. Denn dieses ist ohne weiteres möglich. Die Pflicht- beziehungsweise Rechtsgutverletzung könnte nämlich unter folgenden Gesichtspunkten konkreter Inhalt eines Feststellungsantrages sein, der im Übrigen auch ohne weiteres formulierbar wäre.

aa. Erstens könnte eine haftungsbegründende Pflichtverletzung mit der Maßgabe denkbar sein, dass es der Beklagte (erstinstanzlicher Beklagter zu 3.) unterließ, den Kläger vor den behaupteten Abschluss des Arbeitsvertrages darauf hinzuweisen, dass er Verfügungen nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters für die spätere Gemeinschuldnerin vornehmen könne. Ein diesbezüglicher Antrag wäre mit der Maßgabe zu formulieren, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche Nachteile zu ersetzen, die dadurch entstanden sind, dass er es unterließ, ihn vor Abschluss des Arbeitsvertrages darüber zu unterrichten, dass er nicht berechtigt ist, Verfügungen für die spätere Gemeinschuldnerin ohne Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters abzuschließen. Mit einer solchen Maßgabe wäre der Klagantrag bestimmt und der Umfang der Rechtskraft erkennbar. Bezüglich der Begründetheit eines solchen Antrages ist an dieser Stelle jedoch darauf hinzuweisen, dass es keineswegs rechtlich zweifelsfrei ist, dass die Schuldnerin während der vorläufigen Insolvenzverwaltung Verpflichtungsgeschäfte wie den Abschluss eines Arbeitsvertrages nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters abschließen durfte. Der vorläufige Insolvenzverwalter war lediglich ein sogenannter schwacher Insolvenzverwalter. Das Amtsgericht Sch. hat nämlich mit Beschluss vom 3. September 2007 lediglich angeordnet, dass Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände aus dem Vermögen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO). Das Amtsgericht Sch. hat den vorläufigen Insolvenzverwalter daher nicht als starken vorläufigen Insolvenzverwalter nach § 22 Abs. 1 S. 1 InsO bestellt. Wenn das Arbeitsgericht deshalb in den Entscheidungsgründen - ohne dies weiter zu problematisieren - ausführt, wegen der Notwendigkeit der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters sei auch der abgeschlossene Arbeitsvertrag unwirksam, so ist dies keineswegs unumstritten. Kirchhoff (Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 4. Auflage, § 24 Rn. 10; § 21 Rn. 17 und 18 InsO) führt aus, dass der Begriff der "Verfügung", welcher der vorläufige Insolvenzverwalter zustimmen muss, dem des allgemeinen Zivilrechts entspricht. Danach ist jedes Rechtsgeschäft eine Verfügung, durch das der Verfügende auf ein Recht unmittelbar einwirkt, es also entweder auf einen anderen überträgt oder mit einem Recht belastet oder das Recht aufhebt oder in seinem Inhalt verändert. Mit diesem Verständnis wäre der Abschluss schuldrechtlicher Verpflichtungsverträge - also hier auch der Abschluss des Arbeitsvertrages - für sich genommen keine zustimmungspflichtige Verfügung. Das Interesse der Insolvenzgläubiger, während des Eröffnungsverfahrens nicht weitere Insolvenzforderungen entstehen zu lassen, soll nach dieser Auffassung unbeachtlich sein, da der Gesetzgeber es nur bei § 22 Abs. 1 S. 1 InsO geschützt habe, also bei der Bestellung eines starken vorläufigen Insolvenzverwalters. Mit der Anordnung des Zustimmungsvorbehaltes nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 InsO sei dem Schuldner die Verpflichtungsbefugnis nicht automatisch entzogen. Dieses müsse zwecks Rechtsklarheit erkennbar zusätzlich ausgesprochen werden. Ohne eine dieser Maßnahmen seien neue Verpflichtungsgeschäfte des Schuldners uneingeschränkt wirksam begründet.

Zwar gibt es dazu auch eine gegenteilige Auffassung (zit. ebenfalls bei Kirchhoff im Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, a.a.O.) Es bedarf aber einer konkreten Begründung und Auseinandersetzung mit dem Problem, ob der Abschluss von Verpflichtungsgeschäften auch von dem Zustimmungsvorbehalt bei Verfügungen erfasst wird.

bb. Zweitens könnte der Klagantrag auch mit der Maßgabe formuliert werden, dass haftungsbegründende Pflicht- beziehungsweise Rechtsgutverletzung - der unterlassene Hinweis durch den Beklagten gewesen sei, dass bei Vertragsabschluss vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet wurde. Ein solcher Antrag wäre ebenfalls ohne weiteres formulierbar mit der Maßgabe, dass der Beklagte alle Schäden zu ersetzen hat, die dem Kläger dadurch entstanden sind, dass er vor dem (behaupteten) Abschluss eines Arbeitsvertrages mit der späteren Gemeinschuldnerin von dem Beklagten als damaligen Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin nicht darüber informiert wurde, das möglicherweise eine Insolvenzreife vorliegt dokumentiert durch die Anordnung vorläufiger Insolvenzverwaltung. In der Begründetheit wäre dann zu prüfen, ob der Beklagte den Kläger tatsächlich veranlasste, mit der späteren Gemeinschuldnerin einen Arbeitsvertrag abzuschließen, ohne ihn zuvor darüber zu informieren, dass möglicherweise Insolvenzreife bei der Gemeinschuldnerin vorliegt. Unter diesem Gesichtspunkt käme sowohl eine Haftung gemäß § 826 BGB (vgl. dazu Palandt, § 826 Rn. 20; BGH, Urteil vom 01.07.1991 - II ZR 180/90 -) als auch eine vertragliche Haftung gemäß § 280 Abs. 1 S. 1, § 241 Abs. 2 i.V. mit § 311 Abs. 2, Abs. 3 BGB (sogenannte Sachwalterhaftung) des Beklagten (erstinstanzlichen Beklagten zu 3.) in Betracht. Äußerst zweifelhaft ist die vom Arbeitsgericht ohne jegliche nähere Prüfung bejahte Haftung nach § 823 I BGB (Gesundheit). Der Beklagte hat insoweit die Kausalität bestritten. Vor Bejahung eines Anspruches hätte dies geprüft und gegebenenfalls einer Beweisaufnahme zugeführt werden müssen.

2. Der nunmehr in der Berufungsinstanz nach rechtlichem Hinweis gestellte Feststellungsantrag ist zwar hinreichend bestimmt. Denn er knüpft konkret an die behauptete Verletzung der Aufklärungspflicht über die fehlende Zustimmung des Insolvenzverwalters an (obige erste Variante). Zum Zeitpunkt der Erhebung dieses Antrages mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2008 ist ihm jedoch der Vorrang der Leistungsklage entgegen zu halten. Ihm fehlte deshalb bei Anhängigkeit beziehungsweise Rechtshängigkeit am 9./10. Dezember 2008 das Feststellungsinteresse.

Der Kläger begehrt mit seinem in zweiter Instanz gestellten Antrag den Ersatz sämtlicher Nachteile und Schäden, die ihm durch die im Antrag bezeichnete Pflichtverletzung entstanden sind.

a. Ist ein Leistungsantrag möglich, so fehlt es grundsätzlich am Feststellungsinteresse. Ein Feststellungsinteresse bezogen auf die Verpflichtung zum Schadenersatz ist aber zum Zwecke der Hemmung der Verjährung denkbar, wenn künftige Schadensfolgen (wenn auch nur entfernt) möglich, ihre Art und ihr Umfang, sogar ihr Eintritt aber noch ungewiss sind (BGH, Urteil v. 16.01.2001 - VI ZR 381/99 -, zit. nach JURIS, Rn. 7,8). Ist zudem bei Klagerhebung ein Teil des Schadens schon entstanden, die Entstehung weiteren Schadens aber noch zu erwarten, so ist der Kläger grundsätzlich auch nicht gehalten, seine Klage in eine Leistungs- und eine Feststellungsklage aufzuspalten (BGH, Urteil v. 21.02.1991 - III ZR 204/89 -, zit. nach JURIS, Rn. 45). Befindet sich folglich ein anspruchsbegründender Sachverhalt im Zeitpunkt der Klagerhebung noch in der Entwicklung, so steht der Umstand, dass im Zeitpunkt der Klagerhebung eine teilweise Bezifferung möglich wäre, der Bejahung des Feststellungsinteresses jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Anspruch seiner Natur nach sinnvoller Weise erst nach Abschluss seiner Entwicklung beziffert werden kann (BGH, Urteil v. 30.03.1983 - VIII ZR 3/82 -, zit. nach JURIS, Rn. 27).

b. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze ist jedoch dennoch ein Feststellungsinteresse für den im Dezember 2008 erhobenen Feststellungsantrag nicht erkennbar. Wie sich aus dem Schriftsatz des Klägers vom 9. Dezember 2008 ergibt, ist es ihm ohne weiteres möglich, den von ihm geltend gemachten Schaden zu beziffern. Er bezieht sich insoweit auf den Zeitraum vom 16. November 2007 bis 13. März 2008, nämlich auf den Zeitraum seiner Erkrankung. Er bezieht sich weiterhin auf die behaupteten Kosten für neue Bewerbungen, Telefonate, Rechtsanwaltsgebühren und Selbstbehalt der Rechtschutzversicherung. Diese bestimmten Positionen könnte der Kläger ohne weiteres in einer Leistungsklage im Dezember 2009 geltend machen. Es bedarf dazu eines Feststellungsantrages nicht mehr.

Das Feststellungsinteresse lässt sich insoweit auch nicht damit begründen, dass der Kläger darauf hinweist, es handele sich dabei um einen Mindestschaden, der die Schäden, die ihm in psychischer und physischer Hinsicht entstanden seien, noch unberücksichtigt lasse.

Zwar ist insoweit richtig, dass - wie bereits oben ausgeführt - bei noch nicht abgeschlossener Schadensentwicklung ein Kläger seinen Antrag nicht in eine Leistungs- und eine Feststellungsklage aufspalten muss. Entscheidend ist aber insoweit, dass das Feststellungsinteresse im Hinblick auf die Möglichkeit eines weiteren zukünftigen Schadenseintrittes jedenfalls dann zu verneinen ist, wenn aus der Sicht des Klägers bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines weiteren zukünftigen Schadens wenigstens zu rechnen (BGH, Urteil v. 16.01.2001 - VI ZR 381/99 -, zit. nach JURIS, Rn. 7).

Der Kläger ist seit dem 14. März 2008 nicht mehr arbeitsunfähig. Wenn er sich insoweit auf durch die Vorgänge ausgelöste physische und psychische Belastungen als weiteren Schaden bezieht, so wäre es bereits im Dezember 2008, also mehr als acht Monate nach Gesundung, ohne weiteres möglich, die behaupteten physischen und psychischen Schäden zu beziffern und geltend zu machen. Wenn er insoweit lediglich äußerst pauschal auf solche entstandenen Schäden hinweist, so besteht bei verständiger Würdigung kein Grund mehr für die Annahme, dass mit dem Eintritt eines weiteren Schadens wenigstens zu rechnen ist. Im Dezember 2008 ging es nicht mehr um einen zukünftigen Schaden, sondern selbst nach Darlegung des Klägers bezogen auf die physischen und psychischen Belastungen um einen abgeschlossenen Schadensvorgang, der ohne weiteres hätte beziffert werden können.

II. Der erstmals vom Kläger in der Berufungsinstanz mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2008 hilfsweise gestellte Zahlungsantrag auf Schadenersatz in Höhe von 3.027,96 EUR netto ist unzulässig.

Diesen Antrag hätte der Kläger nur im Rahmen einer Anschlussberufung geltend machen können, und zwar innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO, also bis zum Ablauf der dem Kläger als Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist lief am 15. November 2008 ab. Denn dem Kläger wurde die Berufungsbegründungsschrift am 15. Oktober 2008 zugestellt mit der entsprechenden Belehrung nach § 66 Abs. 1 S. 3, 4 ArbGG. Der hilfsweise Zahlungsantrag wurde jedoch erst am 10. Dezember 2008 beim Landesarbeitsgericht anhängig, weshalb die vom Kläger eingelegte Anschlussberufung, in deren Rahmen die Klagerweiterung nur möglich ist, als unzulässig zu verwerfen ist.

Diesem Ergebnis steht § 264 Nr. 2 ZPO nicht entgegen. Danach ist es nicht als Änderung der Klage anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache erweitert oder beschränkt wird. Diese Vorschrift erfasst Erweiterungen und Beschränkungen des Klagantrages, die nicht die Einführung eines anderen Streitgegenstandes bedeuten, sondern den bisherigen Streitgegenstand quantitativ oder qualitativ modifizieren. Dazu gehört auch die Umstellung von einer Feststellungsklage auf eine Leistungsklage bei Beibehaltung des Streitgegenstandes. Dies könnte für den hier zu beurteilenden Sachverhalt bedeuten, dass der Hilfsantrag im Verhältnis zum Feststellungsantrag keine Klagänderung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO ist.

Ungeachtet dessen handelt es sich aber dennoch um eine Klagerweiterung, die bei Obsiegen des Berufungsbeklagten in erster Instanz durch diesen nur im Wege der Anschlussberufung geltend gemacht werden kann. Wer ohne ein eigenes Rechtsmittel mehr erreichen will als die Verwerfung oder Zurückweisung der Hauptberufung, der muss Anschlussberufung einlegen (Gummer/Heßler in Zöller, ZPO, § 524 Rn. 2). Dabei kann die Anschlussberufung auch bedingt erhoben werden, das heißt für den Fall, dass dem in erster Linie gestellten Antrag auf Verwerfung oder Zurückweisung der Berufung nicht entsprochen werden sollte, sogenannte Hilfsanschlussberufung (Gummer/Heßler, a.a.O., Rn. 17). Will also der in erster Instanz mit seinem Feststellungsantrag obsiegende Kläger zum Zahlungsantrag übergehen, so handelt es sich dabei um eine Klagerweiterung, die nur im Rahmen der Anschlussberufung möglich ist (Gummer/Heßler, a.a.O., Rn. 33). Quantitative und qualitative Klagerweiterungen können bei Obsiegen in erster Instanz folglich durch den Berufungsbeklagten nur durch Anschlussberufung durchgesetzt werden (Schumann/Kramer, Die Berufung in Zivilsachen, 6. Auflage, Rn. 367).

Nach alledem hätte der Kläger den Hilfsantrag auf Leistung innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO stellen müssen, was nicht geschehen ist mit der Folge der Verwerfung der Anschlussberufung.

Will der Kläger also weiterhin diesen Zahlungsanspruch geltend machen, so ist er gehalten, gegebenenfalls einen Leistungsantrag beim Arbeitsgericht zu stellen. Eine erneute Klage gegen den Beklagten wird sich aber sehr sorgfältig damit befassen müssen, warum der Beklagte dennoch haften soll, obwohl im Arbeitsvertrag - wie der Kläger gemeint hat - Frau G. als Arbeitgeberin bezeichnet wurde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, § 97 ZPO.

Ein Anlass zur Zulassung der Revision für die Parteien besteht nicht. Die Angelegenheit hat keine grundsätzliche Bedeutung und orientiert sich an den Besonderheiten des Einzelfalles.

Ende der Entscheidung

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