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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 07.02.2008
Aktenzeichen: 4 Sa 337/07
Rechtsgebiete: ArbGG, KSchG, EStG, BGB, GOÄ, DRK-Arbeitsbedingungen, StGB


Vorschriften:

ArbGG § 72 a
KSchG § 9
KSchG § 10
EStG § 3 Nr. 9
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 280 Abs. 1 S. 1
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
GOÄ § 1
DRK-Arbeitsbedingungen § 65 Abs. 2
StGB § 263
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 4 Sa 337/07

Verkündet am 07.02.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 07.02.2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 26.4.2007 - ö.D. 3 Ca 1106/06 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von dem Beklagten im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über in der Zeit vom 1. Oktober 2004 bis zum 30. September 2005 durchgeführte stationäre wahlärztliche Behandlungen, hilfsweise die Rückzahlung geleisteten Vorteilsausgleichs.

Der Kläger trat am 15. September 1992 als Chefarzt in der Nordsee-Kurklinik "G. S." in die Dienste des Beklagten ein. Gemäß § 1 Abs. 2 des schriftlichen Dienstvertrages vom 1. Juli 1992 finden auf dem Dienstvertrag - soweit im Vertrag ausdrücklich keine andere Regelung vereinbart wurde - die DRK-Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende Anwendung. In § 2 Abs. 1 des Dienstvertrages heißt es, der Kläger sei als Chefarzt der Einrichtung für die ärztliche Versorgung der Patienten und den geordneten Dienstbetrieb im ärztlichen Bereich einschließlich Badeabteilung, Röntgen und Labor verantwortlich. Gemäß § 7 Abs. 1 des Dienstvertrages erhielt er für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich eine Vergütung entsprechend Vergütungsgruppe I der DRK-Arbeitsbedingungen in der jeweils gültigen Fassung. Gemäß § 7 Abs. 2 des Dienstvertrages erhielt er außerdem das Liquidationsrecht bei selbstzahlenden Patienten in der Einrichtung sowie das Recht zur Gutachtertätigkeit. Hiermit verknüpft war gemäß § 8 die Verpflichtung des Klägers, an den Träger der Einrichtung ein Nutzungsentgelt (Kostenerstattung und Vorteilsausgleich) für die Einräumung und Ausübung des Liquidationsrechtes zu zahlen. Gemäß § 9 des Dienstvertrages hatte der Kläger seine Mitarbeiter/innen an den Liquidationseinnahmen in angemessenem Umfang zu beteiligen. Gemäß § 7 Abs. 7 des Dienstvertrages sollten mit der Vergütung nach Abs. 1 unter Einräumung des Liquidationsrechts nach Abs. 2 Überstunden sowie Mehr-, Samstags-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit jeder Art sowie Rufbereitschaft abgegolten sein. Gemäß § 13 Abs. 2 des Dienstvertrages räumte der Beklagte dem Kläger im Falle von Krankheit das Liquidationsrecht nach § 7 Abs. 2 bis zur Dauer von sechs Wochen ein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zwischen den Vertragsparteien geschlossenen Dienstvertrages wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 17 - 27 d.A.).

Wünschten Patienten der Reha-Klinik Wahlleistungen durch den Kläger als Chefarzt, schlossen sie in der Vergangenheit mit diesem einen sogenannten Arztvertrag/Individualvereinbarung über eine entsprechende ärztliche Behandlung ab. Wegen der Einzelheiten des Formulars Arztvertrag/Individualvereinbarung wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie, Bl. 32 d.A. Daneben schlossen die Patienten mit der Reha-Klinik einen sogenannten Behandlungsvertrag ab, wegen dessen Inhalt Bezug genommen wird auf die zur Akte gereichte Kopie, Bl. 31 d.A.

Aufgrund einer Dienstanweisung vom 29. Juni 2005 führte der Beklagte im Bereich der Reha-Klinik ab 1. Juli 2005 einen neuen Vordruck "Behandlungsvertrag" ein, der den Privatpatienten drei Abrechnungsvarianten anbietet. Dabei handelt es sich um folgende Möglichkeiten:

"Behandlung mit differenzierter Abrechnung und Chefarztbetreuung Unterkunfts-/Verpflegungssatz von 115 € / Tag. Therapien, medizinische Leistungen gem. Individualvereinbarungen (bitte unbedingt vor Antritt der Maßnahme ausfüllen und unterschreiben) und Kurtaxe werden gesondert berechnet. Medikamente erhalten Sie über Privatrezepte. Die Liquidation erfolgt nach der GOÄ in der jeweils gültigen Fassung.

Behandlung mit differenzierter Abrechnung

Unterkunfts-/Verpflegungssatz von 115 € / Tag. Therapien, medizinische Leistungen und Kurtaxe werden gesondert berechnet. Medikamente erhalten Sie über Privatrezepte. Die Liquidation erfolgt nach der GOÄ in der jeweils gültigen Fassung.

Behandlung mit Tagespauschale von 175 € / Tag

Unterkunft/Verpflegung inkl. Therapien, medizinische Leistungen, Medikamente gemäß Informationsblatt (Inhalt der privaten Tagespauschale) zzgl. Kurtaxe.

Hinweis: Bei Wahl der Tagespauschale kann keine differenzierte Abrechnung erfolgen!"

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vordruckes wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 316 d.A.).

Die Parteien beendeten das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch Vergleich vom 15. September 2005 in einem Rechtsstreit umgekehrten Rubrums vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (1 Sa 201/05). In diesem Vergleich vereinbarten die Parteien:

"Vergleich:

1. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wird durch die Kündigung des Klägers aus dringenden betrieblichen Erfordernissen mit Ablauf des 30.09.2005 beendet.

2. Das Arbeitsverhältnis wird vertragsgemäß - einschließlich des Rechts zur Privatliquidation und des Rechts der genehmigten Nebentätigkeit - abgewickelt. Das Recht zur Privatliquidation erstreckt sich auf alle Privatpatienten, die Wahlleistungen des Beklagten in Anspruch nehmen. Der Beklagte zahlt den vereinbarten Vorteilsausgleich für die Privatliquidation bzw. die genehmigte Nebentätigkeit und wird die Einkünfte hieraus unverzüglich nach Eingang der Zahlungen abrechnen. Eine Kostenerstattung findet im Übrigen nicht statt.

3. Der Kläger zahlt an den Beklagten als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes entsprechend der §§ 9,10 KSchG und in Anwendung von § 3 Nr. 9 EStG einen Betrag von 150.000,00 EUR brutto. Der Anspruch ist fällig bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis.

4. Der Kläger wird dem Beklagten ein berufsförderndes, qualifiziertes Zeugnis erteilen, das seinem beruflichen Fortkommen förderlich ist. Der Kläger wird dem Beklagten sehr gute Arbeitsleistungen bescheinigen.

5. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

6. Damit sind alle Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und im Zusammenhang damit - einschließlich etwaiger Kostenerstattungsansprüche des Klägers - sowie der Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Flensburg - Az. 3 Ca 532/05 - erledigt. Das einstweilige Verfügungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Flensburg - Az. 3 Ga 13/05 - soll erledigt sein, wenn dieser Vergleich nicht widerrufen wird. Die Parteien bitten übereinstimmend das Arbeitsgericht Flensburg, Kammer Husum, in dem einstweiligen Verfügungsverfahren zunächst nicht zu terminieren."

Ob der Kläger nach Abschluss des Vergleiches bis zum 30. September 2005 noch Arbeitsleistungen für den Beklagten erbrachte, ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger rechnete nach dem 30. September 2005 für Patienten, die mit ihm einen Chefarztvertrag abgeschlossen hatten, einen Vorteilsausgleich in Höhe von EUR 11.776,23 ab und zahlte diesen an den Beklagten aus.

Mit Anwaltschreiben vom 18. Mai 2005 (Bl. 34 - 40 d.A.) verlangte der Kläger von dem Beklagten eine Aufstellung von an ihm angeblich rechtswidrig "vorbeigeführten" Patienten und die Leistung von Kompensationszahlungen auf der Grundlage dieser Aufstellung. Der Beklagte wies dies zurück, worauf der Kläger mit Anwaltschreiben vom 28. Juli 2006 (Bl. 43 - 57 d.A.) einen Erstattungsbetrag in Höhe von EUR 45.100,00 errechnete.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe sein ausschließliches Recht zur Privatliquidation von ärztlichen Wahlleistungen seit August 2004 verletzt. In der Zeit vom 1. Oktober 2004 bis zum 30. September 2005 hätten insgesamt ca. 400 Privatpatienten in der Reha-Klinik stationäre wahlärztliche Leistungen erhalten. Davon habe der Beklagte 91 Privatpatienten an ihm vorbei nach der GOÄ abgerechnet. Rechnungen des Beklagten auf der Grundlage der Abrechnungsvarianten 2 und 3 seien nach den Bestimmungen der GOÄ rechtswidrig gewesen. Ihm stehe ein Schadenersatzanspruch wegen Vertragsverletzung beziehungsweise aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 GOÄ und § 826 BGB zu. Der Beklagte habe ab August 2004, vertreten durch seine Geschäftsführer, zielgerichtet sein ausschließliches Recht zur Privatliquidation vereitelt, so dass es sich nicht mehr auf alle Privatpatienten habe erstrecken können, die seine Wahlleistungen in Anspruch genommen hätten. Die Ausgleichsklausel unter Ziffer 6 des Prozessvergleichs stehe seinem Anspruch nicht entgegen, da der Beklagte nach Ziffer 2 des Vergleichs zur vertragsgemäßen Abrechnung verpflichtet sei. Diese sei bislang nicht erfolgt. § 65 Abs. 2 der DRK-Arbeitsbedingungen stehe seinem Anspruch ebenfalls nicht entgegen, da er sich auf vorsätzliche unerlaubte Handlungen des Beklagten stütze.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dem Kläger sei das alleinige Recht zur Privatliquidation stationärer Patienten nicht zugesagt worden. Die früher verwendeten Vertragsformulare hätten den gesetzlichen Anforderungen nicht mehr genügt. Sie seien deshalb geändert worden. Er - Beklagter - habe Privatpatienten nicht davon abgehalten, Wahlleistungen mit dem Kläger zu schließen. Ziffer 6 des gerichtlichen Vergleichs stehe im Übrigen dem geltend gemachten Anspruch entgegen. Nach dem 15. September 2005 sei der Kläger nicht mehr in der Klinik tätig gewesen. Zudem werde im Vergleich ausdrücklich klargestellt, dass der Kläger Privatliquidationserlöse nur für Privatpatienten beanspruchen könne, die Wahlleistungen tatsächlich in Anspruch genommen hätten. Ein Vergütungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes für die "Nichtbehandlung von Wahlleistungspatienten" ergebe sich hieraus nicht.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz, der dort geäußerten Rechtsauffassungen und der dort gestellten Anträge wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es könne offen bleiben, ob der Beklagte seine vertraglichen Pflichten verletzt habe, da ein solcher Schadenersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 S. 1 BGB jedenfalls wegen § 65 Abs. 2 der DRK-Arbeitsbedingungen verfallen sei. Der Kläger habe auch keine Ansprüche gegen den Beklagten aus unerlaubter Handlung. § 1 GOÄ sei kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Auch auf § 826 BGB könne sich der Kläger nicht stützen. Zwar könne die zielgerichtete Vereitelung eines Privatliquidationsrechts als verwerflich im Hinblick auf das verfolgte Ziel erscheinen. Es sei jedoch nicht erkennbar, dass die Verkürzung des Privatliquidationsrechts erkennbar Hauptzweck der geänderten Vertragsformulare gewesen sei. Schließlich stehe etwaigen deliktischen Schadenersatzansprüchen des Klägers die Generalquittung in Ziffer 6 des Prozessvergleiches entgegen. Erledigt seien damit auch etwaige deliktische Schadenersatzansprüche. Aus Ziffer 2 des Vergleichs folge nichts anderes. Wahlleistungen seien ärztliche Leistungen, die aufgrund einer Wahlleistungsvereinbarung erbracht würden. Eine solche werde jedoch nur im Falle der Abrechnungsvariante 1 geschlossen. Nur auf diese Fälle erstrecke sich das Privatliquidationsrecht des Klägers. Einen Anspruch auf Schadenersatz für Patienten, mit denen der Kläger eine Wahlleistungsvereinbarung nicht habe schließen können, hätten die Parteien im Vergleich nicht vereinbart. Auch der Hilfsantrag sei unbegründet. Die Verpflichtung zur Zahlung eines Vorteilsausgleichs folge aus § 8 Abs. 1 und 3 des Dienstvertrages. Dieser Anspruch sei nicht mit dem Abschluss des Vergleichs erledigt worden. Die Vergleichsparteien hätten vielmehr ausdrücklich diese Verpflichtung des Klägers in Ziffer 2 Satz 3 des Vergleichs aufgenommen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 16. Juli 2007 zugestellte Urteil am 13. August 2007 Berufung eingelegt und diese am 17. September 2007 mit Fax- und am 19. September 2007 mit Originalschriftsatz begründet.

Der Kläger folgt dem Gericht dahin, dass ein Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten gemäß § 280 Abs. 1 S. 1 BGB aus dem Dienstvertrag ausscheide, da insoweit die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 65 Abs. 2 der DRK-Arbeitsbedingungen nicht eingehalten worden sei. Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, dem Arbeitsgericht sei ein ganz bedeutender Irrtum unterlaufen, wenn es ausführe, eine Wahlleistungsvereinbarung sei nur im Falle der ersten Abrechnungsvariante des geänderten Behandlungsvertrages geschlossen worden. Vielmehr stellten - so Auffassung des Klägers - alle drei Abrechnungsvarianten Behandlungsverträge mit Patienten über "gesondert berechenbare ärztliche Leistungen" (Wahlleistung) dar. In der ersten Abrechnungsvariante (Behandlung mit differenzierter Abrechnung und Chefarztbetreuung) werde der Wahlleistungspatient von ihm beziehungsweise seinen namentlich benannten oberärztlichen Vertretern behandelt. Er erhalte drei Abrechnungen, nämlich eine vom Klinik-Träger für Unterkunft und Verpflegung, eine weitere vom Klinik-Träger für balneophysikalische Behandlungen und eine dritte von der PVS nach GOÄ für die wahlärztliche Behandlung. Bei der zweiten Abrechnungsvariante (Behandlung mit differenzierter Abrechnung) werde der Wahlleistungspatient ebenfalls von ihm - Kläger - und seinen namentlich benannten oberärztlichen Vertretern behandelt. Auch dabei erhalte der Wahlleistungspatient drei Abrechnungen, nämlich eine vom Klinik-Träger für Unterkunft und Verpflegung, eine weitere vom Klinik-Träger für balneophysikalische Behandlungen und eine dritte Abrechnung vom Klinik-Träger nach GOÄ für die wahlärztliche Behandlung. Nach beiden Abrechnungsvarianten werde von dem Patienten genau der gleiche Rechnungsbetrag angefordert, der einzige Unterschied zwischen den Varianten bestehe darin, dass nach der ersten Variante die GOÄ-Abrechnung rechtlich korrekt vom einzig liquidationsberechtigten Arzt (Kläger) abgerechnet und vom Patient angefordert werde, während nach der zweiten Variante die GOÄ-Abrechnung rechtlich unzulässig vom nicht-behandelnden, nicht-ärztlichen und nicht-liquidationsberechtigten Träger der Klinik (Beklagter) abgerechnet und vom Patienten angefordert werde. Im Übrigen werde auch nach der dritten Abrechnungsvariante (Behandlung mit Tagespauschale von 175 €/Tag) der Wahlleistungspatient von ihm - Kläger - und seinen namentlich benannten oberärztlichen Vertretern behandelt. Da er aber auf eine "differenzierte Abrechnung" verzichtet habe, erhalte der Privatpatient vom Träger der Klinik nur eine pauschalierte Abrechnung. Diese beinhalte aber eine verdeckte GOÄ-Abrechnung der von ihm - Kläger - und den ihn vertretenden Oberärzten erbrachten wahlärztlichen Leistungen. Daraus folge: Anders als das erstinstanzliche Gericht dies offensichtlich verstanden habe, fordere er keineswegs etwa von dem Beklagten Leistungen für Nichtbehandlungen, also für ärztliche Leistungen, die er nicht erbracht habe.

Ihm stehe daher ein Schadenersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 GOÄ zu. § 1 GOÄ sei Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB, und zwar nicht nur zugunsten der Patienten, sondern auch zugunsten aller liquidationsberechtigten Ärzte gegenüber jedermann sonst. Dies ergebe sich im Wesentlichen daraus, dass die GOÄ ausschließlich für Ärzte gelte. Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Reha-Kliniken beziehungsweise deren Träger dürften nicht danach abrechnen. Mit dieser geschützten "generellen und höherwertigen Vergütungsgarantie" für die liquidationsberechtigten Ärzte werde eine staatliche "Gegenleitung" für die mitunter enormen privaten Investitionen des Arztes in eine ordentlich funktionierenden Fachpraxis zugunsten einer flächendeckenden öffentlichen Gesundheitsversorgung erbracht. Er - Kläger - sei als liquidationsberechtigter Arzt in den persönlichen Schutzbereich des § 1 GOÄ gefallen. Hätte der Beklagte als Klinik-Träger nicht unter Verletzung der Regeln der GOÄ nach dieser abgerechnet, dann wäre bei ihm - Kläger - der in Rede stehende Schaden nicht entstanden. Er sei auch allein liquidationsberechtigt gewesen. Ausschließlich ihm und sonst niemanden habe das alleinige Recht zur Privatliquidation im stationären Bereich bis zu seinem Ausscheiden am 30. September 2005 zugestanden. Er sei im Jahre 1992 als Nachfolger des Herrn Dr. V. eingestellt worden. Dieser sei seinerzeit der einzige Arzt in der gesamten Klinik gewesen, welchem eine Befugnis zur Privatliquidation eingeräumt gewesen sei. Seine - des Klägers - Einstellung sei verabredungsgemäß zu denselben Bedingungen vorgenommen worden, zu denen vorher Herr Dr. V. beschäftigt gewesen sei, nämlich als einziger Chefarzt und Leiter der Klinik mit alleiniger Privatliquidationsbefugnis als für ihn festen Einkommensfaktor. Bis zum 30. September 2005 sei kein anderer Arzt in der Reha-Klinik von dem Beklagten zur Privatliquidation ermächtigt worden. Dies sei erst nach dem 30. September 2005 im Rahmen neuer Verträge geschehen.

Der Kläger meint, ein Schadenersatzanspruch folge auch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB. Der Beklagte habe in der erkennbaren Absicht, sich selbst einen Teil der ihm nicht zustehenden Privatliquidationserlöse in Höhe von 42.400 EUR als Vermögensvorteil zu verschaffen, sein - des Klägers - Vermögen um diesen Teil seiner Privatliquidationserlöse beschädigt, indem er den an ihn zahlenden Privatpatienten die falsche Tatsache vorgespielt habe, er - Beklagter - sei zur Privatliquidation nach der GOÄ berechtigt, wodurch er bei den Privatpatienten die Vorstellung hervorgerufen habe, seine Abrechnung sei ordnungsgemäß erfolgt und er - Beklagter - sei der berechtigte Inhaber der von ihm abgerechneten und geltend gemachten Vergütungs-Ansprüche, worauf die Patienten die Rechnungen beglichen hätten, wodurch ihm - Kläger - ein Schaden in gleicher Höhe entstanden sei. Schließlich - so meint der Kläger - habe er auch Anspruch auf Schadenersatz nach § 826 BGB. Der Beklagte habe zielgerichtet und bewusst seinen Anspruch auf ausschließliche Privatliquidation verkürzt beziehungsweise vereitelt. Das Argument, die bisher verwendeten Formular entsprächen nicht mehr der Rechtslage, sei nur vorgeschoben und eine Schutzbehauptung. Er - Kläger - sei es gewesen, der noch im Jahre 2001 auf den Missstand im Vertragswesen hingewiesen habe. Daraufhin seien im Jahre 2002 weitgehend rechtskonforme Patientenaufnahmeverträge durch die Verwaltung erstellt und ab dann benutzt worden. Diesen Verträgen sei später auch noch ein Vordruck der PVS Schleswig-Holstein-Hamburg beigefügt worden, wodurch die früheren Mängel der Verträge geheilt und vollständig beseitigt worden seien. Noch im August 2004 sei diese Anlage benutzt worden. Dem Beklagten sei es mit der Einführung des neuen Formulars ab Juli 2005 darum gegangen, sich zu seinen -des Klägers - Lasten zu bereichern und seinen Liquidationsanspruch zu vereiteln. Der Beklagte habe durch die Änderung des Vordruckes die Möglichkeiten des Klägers nicht nur auf die offensichtliche "Chefarztvariante 1" reduziert, sondern auch habe es der Beklagte aktiv betrieben, Patienten davon abzuhalten, sich für die erste Abrechnungsvariante zu entscheiden und diese auf dem Vertragsformular anzukreuzen. Die Patientin mit der Aufnahme Nr. 50302 habe am 21. Juli 2005 eine Individualvereinbarung mit dem Kläger unterzeichnet und in die Klinik geschickt. Am 20. Juli 2005 sei sie bei Aufnahme in der Klinik davon überzeugt worden, die angeblich billigere zweite Abrechnungsvariante zu wählen. Sie habe dann diese Variante unter dem 20. Juli 2005 angekreuzt. Nachdem er - Kläger - von diesem Vorgang erfahren habe, habe er mit der Patientin ein Gespräch geführt, sie über die verschiedenen Abrechnungsvarianten informiert und die Patientin habe sich dann für die erste Variante entschieden. Der Beklagte - so behauptet der Kläger - habe auch versucht, auf die ärztliche Visitengestaltung Einfluss zu nehmen, um damit seine - des Klägers - Patientenkontakte einzuschränken. Dies sei verbunden gewesen mit dem weiteren Versuch, Privatpatienten, welche sich für die zweite Abrechnungsvariante entschieden hatten, an ihm vorbei auf die vier Oberärzte zu verteilen, um ihn von der Behandlung möglichst auszuschließen. Auch habe die Geschäftsführer L. versucht, durch Anweisungen an das Personal im medizinischen Sekretariat zu verhindern, dass er über die von ihm vorgenommene Privatpatientenverteilung informiert werden solle. Die Rechnungen seien von der Zeugin K. vorbereitet, an die Verwaltung übergeben und von dieser erstellt worden. Die Zeugin K. könne bestätigen, dass sie vom Geschäftsführer aufgefordert worden sei, vor dem Kläger geheim zu halten, wer welche Patienten behandele, nachdem er - Kläger - sie aufgefordert habe, im Privatpatientenbereich alle relevanten Daten für ihn nachvollziehbar festzuhalten. Den Privatpatienten sei seitens des Beklagten suggeriert worden, dass die zweite Abrechnungsvariante für sie kostengünstiger sei, was tatsächlich nicht der Wahrheit entspreche. In dieses Schema passe dann auch die hier nicht mehr streitgegenständliche Änderungskündigung des Beklagten zum 30. September 2005, und zwar verbunden mit dem gleichzeitigen Vorhaben der Ernennung aller vier bisherigen Oberärzte zu weiteren Chefärzten, selbstverständlich ohne Liquidationsermächtigung im stationären Bereich. Zu erwähnen sei auch die irrwitzige Forderung des Beklagten ihm gegenüber in Höhe von 1,12 Mio. EUR wegen angeblicher Kostenerstattung.

Ziffer 6 des Prozessvergleichs - so meint der Kläger - stehe seinen Ansprüchen nicht entgegen. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass Ziffer 2 Satz 1 des Vergleiches noch nicht erfüllt sei. Gemäß Ziffer 2 Satz 2 des Prozessvergleiches erstrecke sich sein Recht zur Privatliquidation auf alle Privatpatienten, die Wahlleistungen des Beklagten (hier:Klägers) in Anspruch nehmen. Er und seine Vertreter hätten alle Privatpatienten behandelt, und zwar auch bei den Abrechnungsvarianten 2 und 3. Das Arbeitsgericht verkenne daher, dass es nicht um Leistungen für Nichtbehandlung gehe, sondern um die Liquidation von von ihm erbrachten Wahlleistungen. Da der Vergleich insoweit von dem Beklagten noch nicht erfüllt worden sei, stehe Ziffer 6 des Prozessvergleiches seinen Ansprüchen nicht entgegen. Sollte jedoch die Auffassung des Beklagten zur Ausschlussklausel zutreffend sein, so sei sein Hilfsantrag begründet. Er habe dann nämlich ohne Rechtsgrund den Vorteilsausgleich geleistet.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des am 26. April 2007 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Flensburg - Kammer Husum - (öD 3 Ca 1106/06) den Beklagten im Wege einer Stufenklage zu verurteilen:

1) in der ersten Stufe:

ihm, schriftlich als Liste aufgestellt, Auskunft

a) über die Anzahl der im Zeitraum vom 1. Oktober 2004 bis zum 30. Oktober 2005 in der "..Reha-Klinik ...". St. ..., durchgeführten stationären wahlärztlichen Behandlung,

b) über die Identität der behandelten Privatpatienten sowie

c) über die Person des verantwortlich Auskunft gebenden Mitglieds des Vorstandes des Beklagten

zu erteilen,

2) in der zweiten Stufe:

falls Grund zu der Annahme bestehen sollte, dass die Auskünfte nach vorstehend Ziffer 1a) und Ziffer 1b) nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden sind, dass das nach vorstehend Ziffer 1c) verantwortlich Auskunft erteilende Vorstandmitglied des Beklagten an Eides Statt zu versichern hat, dass es die Auskünfte nach bestem Wissen so vollständig gegeben hat, wie es hierzu in der Lage ist;

3) in der dritten Stufe:

den Beklagten weiter zu verurteilen, entsprechend der Auskunft nach Ziffer 1a), sich daraus ergebende Ausgleichszahlungen für die noch nicht durch ihn abgerechneten wahlärztlichen Privatbehandlungen für den Zeitraum 1. Oktober 2004 bis 30. September 2005 mit 466,09 EUR pro behandeltem Patienten, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22. August 2006 ihn zu zahlen.

hilfsweise,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 11.776,23 EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Dem Kläger habe nicht das alleinige Recht zur Privatliquidation zugestanden. Er habe nach dem 15. September 2005 keine Arbeitsleistung mehr erbracht. Sein - des Beklagten - Vorgehen widerspreche auch nicht der GOÄ. Zudem sei § 1 GOÄ kein Schutzgesetz zugunsten des Klägers. Der Kläger könne seinen Anspruch auch nicht auf § 826 BGB stützen. Der diesbezügliche Vortrag sei zu unsubstantiiert. Er - Beklagter - habe dem Kläger nicht zielgerichtet schädigen wollen, sondern die Formulare den Anforderungen der Rechtsprechung angepasst. Ein irgendwie geartetes sittenwidriges schädigendes Verhalten bestehe nicht und sei vom Kläger auch nicht substantiiert dargelegt worden. Im Übrigen stehe Ziffer 6 des Prozessvergleiches jeglichen Ansprüchen des Klägers auf Schadenersatz entgegen. Außerdem beschränke sich der Vergleich sprachlich eindeutig in Ziffer 2 Satz 2 auf solche Patienten, die Wahlleistungen des Beklagten (Klägers) "in Anspruch nehmen". Patienten, die nicht aufgrund einer Wahlleistungsvereinbarung mit dem Kläger von diesem gesehen oder mitbehandelt worden seien, zählten nicht zu diesem Personenkreis. Diese Patienten hätten gerade keinen Anspruch auf Wahlleistung des Klägers. Eine vertragsgemäße Abwicklung scheide ebenfalls aus, da - auch außerhalb des Vergleichs - kein Vertrag existiere, der in solchen Fällen Ausgleichszahlungen der einen oder anderen Seite vorsehe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufung wird Bezug genommen auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Zwar teilt das Berufungsgericht die Auffassung des Klägers, ihm habe bis zum 30. September 2005 aufgrund der dienstvertraglichen Vereinbarungen das alleinige Privatliquidationsrecht in der Reha-Klinik zugestanden. Eine Vereitelung oder Verkürzung dieses Rechts durch den Beklagten könnte daher vertragswidrig beziehungsweise rechtswidrig gewesen sein. Jedoch kann offen bleiben, ob aus einem etwaigen Handeln beziehungsweise Vorgehen der Beklagten Schadenersatzansprüche des Klägers aus Vertrag und/oder unerlaubter Handlung begründet sind. Denn sämtliche Schadenersatzansprüche wären sind von der Ziffer 6 der Generalquittung des Prozessvergleichs erfasst. Die geltend gemachten Ansprüche des Klägers lassen sich nicht der Ziffer 2 des Prozessvergleichs zuordnen. Dazu im Einzelnen:

1. Der Kläger hatte bis zum 30. September 2005 gegenüber dem Beklagten einen alleinigen vertraglichen Anspruch auf die Liquidation bei selbstzahlenden Patienten in der Einrichtung. Dieser Anspruch folgt aus § 7 Abs. 2 des Dienstvertrages. Dabei handelt es sich um einen Vergütungsbestandteil.

a. Das Liquidationsrecht gemäß § 7 Abs. 2 des Dienstvertrages ist Teil der Vergütung des Klägers gewesen. Vergütung ist jeder als Gegenleistung für die geschuldeten Dienste bestimmte geldwerte Vorteil. Inhalt der Vergütung können Leistungen aller Art sein. Gängig ist die Unterscheidung zwischen Geld- und Naturalvergütung. Zur Naturalvergütung gehört jede Entgeltleistung, die nicht in Geld besteht. Die Naturalvergütung kann daher auch in der Gewährung einer Erwerbsobliegenheit bestehen (BAG, Urteil v. 22.3.2001 - 8 AZR 536/00 -, zit. nach JURIS, Rd.-Nr. 30). Auch die Gewährung der zusätzlichen Erwerbschance durch Einräumung des Liquidationsrechts kann daher Teil der Vergütung sein (Nahmmacher/Clausen, Der Chefarztvertrag, Seite 38).

Zwar gibt es keinen allgemeingültigen Rechtssatz, wonach es sich bei dem den Krankenhaus-Chefärzten einzelvertraglich eingeräumten Liquidationsrecht immer um einen Teil der Vergütung handelt. Vielmehr gilt das Liquidationsrecht nur dann als Teil der Vergütung, soweit die Chefarztverträge nichts anderes ergeben. Entscheidender Gesichtspunkt ist also nicht, ob jemand als "Chefarzt" tätig ist, sondern welche Vergütungsvereinbarungen er mit seinem Vertragspartner getroffen hat (BAG, Urteil v. 22.3.2001 - 8 AZR 536/00 -, zit. nach JURIS, Rd.-Nr. 30).

aa. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze erweist sich das dem Kläger gemäß § 7 Abs. 2 des Dienstvertrages eingeräumte Liquidationsrecht als Teil seiner Vergütung. Dass es Vergütungscharakter hat, folgt bereits aus § 7 Abs. 7 des Dienstvertrages, wenn es dort heißt, mit der Vergütung nach Abs. 1 unter Einräumung des Liquidationsrechtes nach Abs. 2 seien Überstunden sowie Mehr-, Samstags-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit jeder Art sowie Rufbereitschaft abgegolten. Der Vergütungscharakter wird weiterhin untermauert durch die Regelung in § 13 Abs. 2 des Dienstvertrages, wonach im Falle der Krankheit das Liquidationsrecht bis zur Dauer von sechs Wochen eingeräumt wird. Schließlich ist zu beachten, dass das Liquidationsrecht im § 7 gemeinsam mit der Vergütung im dienstlichen Aufgabenbereich geregelt wird. Dieser Zusammenhang spricht ebenfalls dafür, dass die Einräumung der Erwerbschance Vergütungscharakter hat. Der Umstand, dass der Kläger gemäß § 7 Abs. 2 S. 3 des Dienstvertrages für die Versteuerung der Einnahmen aus der Ausübung des Liquidationsrechtes selber zu sorgen hat und die Einnahmen kein zusatzversorgungspflichtiges Entgelt darstellen, steht der Annahme als Vergütungsbestandteil nicht entgegen. Dass der Kläger selbst zu versteuern hat, ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte ihm als Vergütungsbestandteil lediglich die Erwerbschance eingeräumt hat, ihm aber tatsächlich keine Zahlungen leistet, weshalb die Versteuerung allein Angelegenheit des Klägers ist.

bb. Hinzu kommt Folgendes: Die Übertragung des Liquidationsrecht auf Chefärzte ist in der Vergangenheit regelmäßig ein Mittel gewesen, um qualifizierte Ärzte an die klinischen Einrichtungen zu binden. Aus Kostengründen schied dabei eine hohe Bezahlung der Klinikärzte aus. Als Ausweg bot sich an, den berufserfahrenen niedergelassenen Ärzten das Recht der Liquidation gegenüber Privatpatienten einzuräumen. So konnten hochqualifizierte berufserfahrende Ärzte an ein Krankenhaus gebunden werden. Die Einräumung des Rechts zur Liquidation gegenüber bestimmten Patienten gewährleistete dem angestellten Chefarzt ein mit dem der niedergelassenen Kollegen vergleichbares Einkommen (Laufs, Handbuch des Arztrechts, 3. Auflage 2002, § 91 Rd.-Nr. 1). Auch dies belegt den Vergütungscharakter des dem Kläger eingeräumten Privatliquidationsrechtes gemäß § 7 Abs. 2 des Dienstvertrages. Neben der Vergütung der Vergütungsgruppe 1 der DRK-Arbeitsbedingungen sollte der Kläger orientiert an seinen Aufgaben und seiner Stellung als Chefarzt als weiteren Vergütungsbestandteil das Liquidationsrecht erhalten.

b. Dieses Liquidationsrecht stand dem Kläger bis zum 30. September 2005 in der Reha-Klinik der Beklagten auch allein zu. Zwar ist in § 7 Abs. 2 des Dienstvertrages nicht ausdrücklich formuliert, der Beklagte räume dem Kläger das alleinige Liquidationsrecht ein. Dies ergibt sich aber aus Sinn und Zweck der Regelung. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei dem Liquidationsrecht als Erwerbschance um einen weiteren Vergütungsbestandteil. Wie vom Kläger dargelegt und vorgetragen, hat er durch dieses Liquidationsrecht neben seiner Vergütung gemäß § 7 Abs. 1 des Dienstvertrages erhebliche Einkünfte erzielt. Gerade das Liquidationsrecht hat ganz entscheidend zur Höhe der erzielten Vergütung beigetragen. Das Liquidationsrecht hat daher im Rahmen der Vergütung den Kerngehalt beziehungsweise wesentlichen Bestandteil des Chefarztvertrages ausgemacht. Der Kläger durfte deshalb darauf vertrauen, dass das ihm eingeräumte Liquidationsrecht im wahlärztlichen Bereich in seinem Bestand erhalten bleibt. Bestand meint dabei die alleinige Berechtigung zur Liquidierung. Zutreffend weist der Kläger insoweit darauf hin, dass bis zu seiner Einstellung und auch bis zum Jahre 2004 Wahlleistungen immer nur durch den jeweiligen Chefarzt liquidiert wurden. Räumt ein Arbeitgeber einem Chefarzt ein Liquidationsrecht ein, ohne in der vertraglichen Klausel deutlich zu machen, dass er sich vorbehält, auch anderen Ärzten dieses zu übertragen, so folgt aus der vertraglichen Vereinbarung das alleinige Liquidationsrecht. Denn anderenfalls wäre die vertragliche Vereinbarung wertlos, weil der Arbeitgeber jederzeit in einem Kernbestandteil der Vergütung eingreifen dürfte, indem er weiteren Ärzten das Liquidationsrecht einräumt und damit die Erwerbschance des Berechtigten schmälert. Ein solcher Eingriff in den Kernbehalt beziehungsweise wesentlichen Bestandteile des Chefarztvertrages ist nicht durch einseitige Maßnahme des Arbeitgebers möglich, sondern allenfalls durch Ausspruch einer Änderungskündigung, sofern deren Voraussetzungen gegeben sind (vgl. zur Problematik des Eingriffs in das Liquidationsrecht Nahmenmacher/Clausen, Der Chefarztvertrag, Seite 37,38).

Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte gemäß § 7 Abs. 3 des Dienstvertrages keine Gewähr für den Umfang, die Höhe und den Eingang der Einnahmen des Chefarztes aus dem Liquidationsrecht übernahm. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei diesem Vergütungstatbestand eben nur um eine Erwerbschance handelt, wobei der Beklagte keine bestimmte Einnahme garantiert. Im Übrigen erfasst § 7 Abs. 3 nur Tatbestände, die wie beispielsweise gesetzliche Änderungen nicht durch den Beklagten beeinflusst werden. Geht es jedoch darum, dass der Beklagte selbst durch eigene einseitige Maßnahmen das Liquidationsrecht des Klägers beeinträchtigt, so wird dies durch § 7 Abs. 3 des Dienstvertrages nicht erfasst.

Für ein alleiniges Liquidationsrechtes des Klägers spricht im Übrigen auch, dass es sich bei der Einräumung des Liquidationsrechtes üblicherweise um ein Recht handelt, dass in der Vergangenheit dem Chefarzt eingeräumt wurde. Es war ein Recht der leitenden Krankenhausärzte (vgl. Laufs, Handbuch des Arztrechts, 3. Auflage, § 91 Rn.-Nr. 1). Der Kläger war bei Einstellung alleiniger Chefarzt in der Klinik. Auch deshalb durfte er darauf vertrauen, dass nur er das alleinige Liquidationsrecht hat. Dafür spricht letztlich auch die Regelung in § 9 des Dienstvertrages, wonach der Chefarzt seine Mitarbeiter/innen an den Liquidationseinnahmen in angemessenem Umfange beteiligt. Spiegelbildlich ergibt sich aus dieser Verpflichtung die Berechtigung und Erwartung des Chefarztes, allein liquidieren zu dürfen.

Nach alledem hatte der Kläger bis zum 30. September 2005 entgegen der Auffassung des Beklagten das alleinige Liquidationsrecht innerhalb der Reha-Klinik.

2. Der Beklagte hätte also bis zum 30. September 2005 sich vertragswidrig/rechtswidrig verhalten, sofern er durch sein Vorgehen die Erwerbschance des Klägers - Liquidationsrecht - missachtet oder vereitelt hätte. Der Kläger behauptet dies mit dem Hinweis darauf, bei den Abrechnungsvarianten 2 und 3 des am 1. Juli 2005 eingeführten Formulars handele es sich um von ihm und seinen namentlich benannten oberärztlichen Vertretern erbrachte Wahlleistungen, die der Beklagte in rechtlich unzulässiger Weise selbst abgerechnet und vom Patienten angefordert habe. Auf Frage des Vorsitzenden in der Berufungsverhandlung hat der Beklagte durch seinen Prozessbevollmächtigten in Abrede stellen lassen, dass die Variante 2 überhaupt die Abrechnung von Wahlleistungen erfasste. Dieser mündliche Vortrag hat die Kammer überrascht, denn in der Berufungserwiderung trägt der Prozessbevollmächtigte dazu für den Beklagten wie folgt vor:

"In der zweiten Abrechnungsvariante schließt der Patient mit den zur Privatliquidation berechtigten Oberärzten ebenfalls eine Wahlleistungsvereinbarung. Da die zur privatärztlichen Tätigkeiten befugten Oberärzte ihre entsprechenden Vergütungsansprüche gegen den Patienten aber im voraus an den Krankenhausträger abgetreten haben, erfolgt die Einziehung der Forderungen durch den Krankenhausträger im eigenen Namen" (Seite 3 unter der Berufungserwiderung)

Nun mag der Beklagte darauf hingewiesen, dieser Vortrag beziehe sich auf die Situation ab 1.10.2005. Dabei stellt sich dann aber die Frage, was dieser Vortrag sollte, denn Streitgegenstand war nur die Situation bis zum 30. September 2005. Zweitens erhebt sich weiter die Frage, warum der Beklagte dann ab 1.10.2005 den von ihm geschilderten Weg (Variante 2) mit Abtretung ging, wenn bereits vorher bis 30.9.2005 ohne eine solche Abtretung und ohne Liquidationsrecht der Oberärzte nach Auffassung des Beklagten eine Abrechnung nach GOÄ durch den Klinikträger selbst rechtlich möglich gewesen wäre. Für die Kammer ist der diesbezügliche Vortrag des Beklagten nicht stringent.

Letztlich kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger gegen den Beklagten die geltend gemachten Ansprüche aus vertragswidrigem Verhalten beziehungsweise aus unerlaubter Handlung hat. Denn diese Schadenersatzansprüche als Sekundäransprüche sind sämtlich erfasst von der Generalklausel Ziffer 6 des Prozessvergleiches. Sie fallen nicht unter die Ziffer 2 dieses Vergleiches.

3. Ziffer 2 Satz 1 und Satz 2 des Prozessvergleichs vom 15. September 2005 erfassen nur die sogenannte Primäransprüche der Parteien, wenn es dort heißt, das Arbeitsverhältnis werde vertragsgemäß einschließlich des Rechts zur Privatliquidation und des Rechts der genehmigten Nebentätigkeit abgewickelt. Dem Kläger geht es hier allerdings nicht um diese Primäransprüche, sondern um aus deren angeblicher Verletzung folgende Sekundäransprüche, also Schadenersatzansprüche. Diese wiederum fallen unter die Ausgleichsklausel Ziffer 6 des Prozessvergleichs, weshalb deren Geltendmachung ausgeschlossen ist.

a. Der Primäranspruch bezogen auf das Recht der Privatliquidation bedeutet für den Kläger, dass der Beklagte ihm die alleinige Liquidationschance gegenüber selbstzahlenden Patienten bei der Erbringung von Wahlleistungen einräumen musste. Aus der Einräumung dieses Liquidationsrechtes folgte kein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Zahlung eines bestimmten Betrages, sondern lediglich die Verpflichtung zur Einräumung einer Erwerbsobliegenheit. Diese Erwerbsobliegenheit als Primäranspruch kann der Beklagte dem Kläger nicht mehr einräumen. Denn diese Verpflichtung ist dem Beklagten unmöglich geworden, nachdem gegenüber bestimmten Patienten mit der Abrechnungsvariante 2 und 3 abgerechnet wurde. Folglich ist der Primäranspruch des Klägers untergegangen und ein Ausgleich allenfalls - sofern dessen die Voraussetzungen vorliegen - nur über Schadenersatz möglich.

b. Dieser Schadenersatzanspruch, den der Kläger geltend macht, wird jedoch nicht von Ziffer 2 des Prozessvergleiches erfasst. Satz 1 der Ziffer 2 des Vergleichs verpflichtet die Vertragsparteien, das Arbeitsverhältnis vertragsgemäß einschließlich des Rechts der Privatliquidation abzuwickeln. Eine vertragsgemäße Abwicklung ist jedoch nicht mehr möglich, sondern allenfalls die wirtschaftliche Herstellung des Zustandes durch Gewährung von Schadenersatz, der beim Kläger entstanden wäre, wenn der Beklagte die vom Kläger behauptete Verkürzung beziehungsweise Vereitelung seines Liquidationsrechtes nicht vorgenommen hätte. Ein solcher Schadenersatzanspruch wird jedoch von Ziffer 6 des Vergleiches erfasst. Gründet der Anspruch nämlich auf Unmöglichkeit oder unerlaubter Handlung, das heißt auf einem Schadenersatzanspruch, so handelt es sich dabei nicht mehr um den vertraglichen und zur Abwicklung gehörenden Primäranspruch.

c. Nach der gewählten Formulierung in Ziffer 6 des Vergleiches wollten die Parteien alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und im Zusammenhang damit einschließlich verschiedener vor dem Arbeitsgericht Flensburg noch anhängiger Rechtsstreitigkeiten erledigen. Diese Regelung in Ziffer 6 enthält ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis (vgl. dazu BAG, Urteil v. 23.2.2005 - 4 AZR 139/04 -, zit. Nach JURIS, Rd.-Nr. 48).

Welche Rechtsqualität und welchen Umfang eine Ausgleichsklausel hat, ist durch Auslegung nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis liegt dann vor, wenn der Wille der Parteien darauf gerichtet ist, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen zu bringen (BAG, Urteil v. 31.7.2002 - 10 AZR 513/01 -, zit. nach JURIS, Rd.-Nr. 31).

Mit der Formulierung "damit sind alle Ansprüche der Parteien..." wollten die Parteien alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis zum Erlöschen bringen, sofern sich nicht aus den übrigen vorstehenden Regelungen des Vergleichs etwas anderes ergibt. So ist auch die Ziffer 6 zu verstehen. Die Vergleichsparteien haben seinerzeit eine abschließende Bereinigung des Rechtsstreites gewollt. Das Berufungsgericht folgt zwar der Auffassung des Klägers, wonach mit der Formulierung "damit sind alle Ansprüche" gemeint ist "mit Erfüllung des Vergleiches" beziehungsweise "nach Erfüllung des Vergleichs". Dies bedeutet dann, dass mit der Generalklausel in Ziffer 6 nur solche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zum Erlöschen gebracht wurden, die zuvor im übrigen Vergleichstext von den Parteien ausgenommen wurden. Dabei ist wiederum zu berücksichtigen, dass jede andere Auslegung den angestrebten Vergleichsfrieden in Frage stellen würde. Der beurkundete Vergleichswille in Ziffer 6 des Vergleichs wäre nämlich wertlos, wenn die Vergleichsverhandlungen sogleich Quelle neuer, über dem beurkundeten Inhalt hinausgehender Ansprüche und damit neuen Parteistreits sein könnten (vgl. BAG, Urteil v. 31.7.2002 - 10 AZR 513/01 -, zit. nach JURIS, Rd.-Nr. 36; BAG, Urteil v. 28.7.2004 - 10 AZR 661/03 -, zit. nach JURIS, Rd.-Nr. 42). Demnach erfasst die Ausgleichsklausel in Ziffer 6 des Vergleichs alle Ansprüche der Parteien untereinander mit Ausnahme derjenigen, die im Vergleich selbst geregelt wurden.

d. Der Kläger stützt sich insoweit auf Ziffer 2 des Vergleichs. Dort sind jedoch keine Schadenersatzansprüche geregelt, sondern lediglich die Primäransprüche auf vertragsgemäße Abwicklung einschließlich des Rechts zur Privatliquidation. Macht ein Arbeitnehmer einen Schadenersatzanspruch geltend, dann macht er damit keinen vertragsgemäßen Anspruch mehr geltend, sondern einen Anspruch, der sich gerade aus vertragswidrigem Verhalten ergibt. Bezogen auf einen Schadenersatzanspruch kann ein Arbeitsverhältnis nicht vertragsgemäß abgewickelt werden. Vielmehr beinhaltet ein Schadenersatzanspruch die Herstellung eines wirtschaftlichen Zustandes, der ohne vertragswidriges Verhalten entstanden wäre.

aa. Der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat mit Urteil vom 5. September 2002 (8 AZR 702/01; zit. nach JURIS, Rd.-Nr. 40) ausgeführt, dass ein Anspruch, der auf Unmöglichkeit gründe, also ein Schadenersatzanspruch, kein vertraglicher und zur "Abrechnung" gehörender Primäranspruch sei. Dabei verkennt das Berufungsgericht insoweit nicht, dass die Vertragsparteien in Ziffer 2 Satz 1 des Vergleichs nicht von vertragsgemäßer Abrechnung gesprochen haben, sondern von vertragsgemäßer Abwicklung. Laut dem Brockhaus Wahrig ist unter Abwickeln unter anderem zu verstehen "etwas ordnungsgemäß erledigen". Steht der Begriff "abzuwickeln" wie hier im Zusammenhang mit "vertragsgemäß", so bedeutet dies gemäß §§ 133, 157 BGB aber immer nur die Erfüllung der Primäransprüche, nämlich jener Ansprüche, die sich vertragsgemäß aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Es bleibt dabei: Vertragsgemäße Ansprüche sind nicht solche, die auf Schadenersatz wegen vertragswidrigen Verhaltens gerichtet sind. Wollen die Parteien eines Vergleiches auch solche Ansprüche von einer Generalklausel ausschließen, so muss dies ausdrücklich geregelt werden. Mit anderen Worten: Die Parteien hätten vereinbaren müssen, dass nicht nur die Primäransprüche vertragsgemäß abgewickelt werden, sondern auch Schadenersatz zu leisten ist.

Dass letzteres wiederum nicht Gegenstand der Ziffer 2 des Vergleichs geworden ist, ergibt sich gerade aus der Existenz der Ziffer 6. Denn wenn die Parteien auch nicht nur die vertragsgemäßen Primäransprüche in Ziffer 2 hätten erfassen wollen, sondern auch etwaige Sekundäransprüche, dann wäre die Ziffer 6 mit der Generalklausel schlicht überflüssig gewesen. Gerade deren Existenz durch ausdrückliche Vereinbarung macht das Interesse der Vergleichsparteien an klaren Verhältnissen deutlich. Es sollte kein neuer Streit entstehen mit Ausnahme der ausdrücklich geregelten Ansprüche in Ziffer 2. Wäre es Absicht der Vergleichsparteien gewesen, unter Ziffer

2 auch Schadenersatzansprüche zu fassen, dann hätte gerade das Ziel der Ziffer 6 nicht erreicht werden können.

bb. Anderes folgt auch nicht aus der Formulierung in Satz 2 der Ziffer 2, wonach sich das Recht zur Privatliquidation erstreckt auf alle Patienten, die Wahlleistungen des Beklagten in Anspruch nehmen. Auch insoweit verkennt der Kläger, dass es sich bei dem von ihm hier geltend gemachten Anspruch um einen Sekundäranspruch handelt. Es mag zu seinen Gunsten unterstellt werden, dass er auch in den Abrechnungsvarianten 2 und 3 Wahlleistungen erbracht hat. Entscheidend ist aber, dass der vertragsgemäße Anspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten im Rahmen der Privatliquidation sich richtete auf die Einräumung der Erwerbschance, das heißt die Möglichkeit, eine eigene Wahlleistungsvereinbarung mit dem Patienten abzuschließen. Darum geht es dem Kläger hier jedoch nicht, sondern gerade um Ansprüche aus der Vereitelung dieser Erwerbschance. Die wiederum ist jedoch nicht durch den Satz 2 der Ziffer 2 des Vergleichs erfasst. Die Patienten haben in der Variante 2 und 3 keine Wahlleistungsvereinbarungen mit dem Kläger geschlossen, und zwar ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger möglicherweise Wahlleistungen nach seiner Auffassung erbracht hat. Der vertragsgemäße Primäranspruch war allein die Erwerbschance. Und dies ist auch nur mit Satz 2 der Ziffer 2 gemeint. Der Kläger wiederum stützt sich insoweit auf einen Sekundäranspruch. Dieser wird nicht durch Ziffer 2 des Vergleichs erfasst.

cc. Die Berufungskammer verkennt insoweit nicht, dass bei einem solchen Verständnis der Ziffern 2 und 6 des Vergleiches sich der Regelungsgehalt bezogen auf die Privatliquidation reduzierte auf die Verpflichtung des Klägers, den Vorteilsausgleich zu zahlen. Vertragsgemäße Ansprüche - abgesehen von Behandlungen nach dem 15. September 2005 - waren seitens des Beklagten bezogen auf das Privatliquidationsrechts zugunsten des Klägers nicht mehr vertragsgemäß abzuwickeln. Denn es war der Kläger, der insoweit über die PVS abrechnete und sodann Vorteilsausgleich an den Beklagten zu leisten hatte. Dieses Ergebnis zwingt aber nicht zu einer anderen Auslegung. Denn es bleibt dabei: Das Arbeitsverhältnis sollte vertragsgemäß laut Ziffer 2 des Vergleichs abgewickelt werden, es sollte aber kein vertragswidriger Zustand beseitigt werden. Wäre dies gewollt gewesen, hätte dies ausdrücklich geregelt werden müssen.

dd. Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch weiterhin der Umstand, dass die Parteien mit dem Vergleich auch die Rechtsstreitigkeiten 3 Ca 532/05 und 3 Ga 13/05 vor dem Arbeitsgericht Flensburg erledigten. Auch in dem Rechtsstreit 3 Ca 532/05, dessen Streitgegenstand die Änderungskündigung vom 14. März 2005 war, ging es bereits der Sache nach um das Liquidationsrecht des Klägers. Auch damals machte der Kläger in diesem Rechtsstreit bereits geltend, der Beklagte verfolge das Ziel, ihn zu diskriminieren und seine Liquidationseinnahmen zu schmälern. Wenn die Parteien dann diesen Rechtsstreit im Zuge der vergleichsweisen Regelung vor dem Landesarbeitsgericht am 15. September 2005 ebenfalls erledigten, so belegt dies, dass Ziffer 2 des Vergleichs keine Schadenersatzansprüche erfasst. Wenn in Kenntnis dieses Streites der Rechtsstreit in einem Vergleich miterledigt wird, so hätte es einer ausdrücklichen Regelung bedurft, dass sich der Kläger Schadenersatzansprüche vorbehält und diese nicht durch die Generalklausel in Ziffer 6 als erledigt ansieht. An einer solchen deutlichen Regelung fehlt es.

ee. Die Berufungskammer verkennt im Übrigen nicht, dass bei der Auslegung einer Ausgleichsquittung gemäß § 133, 157 BGB auch die weiteren Umstände wie das Zustandekommen der Vereinbarung oder das nachvertragliche Verhalten zu berücksichtigen sind (BAG, Urteil v. 31.7.2002 - 10 AZR 513/01 -, zit. nach JURIS, Rd.-Nr. 41; BAG, Urteil v. 28.7.2004 - 10 AZR 661/03 -, zit. nach JURIS, Rd.-Nr. 44). Zudem ist bei der Auslegung im Zweifel ein Auslegungsergebnis anzustreben, dass die berechtigten Belange beider Parteien angemessen berücksichtigt und mit den Anforderungen des redlichen Verkehrs im Einklang steht (LAG Hamburg, Urteil v. 12.11.2001 - 8 Sa 77/01 -, zit. nach JURIS, Rd.-Nr. 37).

Auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erfasst die Ziffer 2 des Vergleichs keine Schadenersatzansprüche. Die angemessene Berücksichtigung der berechtigten Belange beider Parteien zwingt nicht zu einer solchen Auslegung des Vergleichs. Zwar mag der Kläger die Vorstellung gehabt haben, ihm stehe auch Schadenersatz beziehungsweise Entschädigung für die Beeinträchtigung seines Liquidationsrechtes zu. Dieser innere Wille hat jedoch keinen Anklang gefunden in der Vergleichsformulierung. Im Gegenteil: Auch hier gilt, dass die Parteien ausgedrückt durch die Ziffer 6 des Vergleichs Klarheit herstellen wollten. So wie der Kläger sein Auslegungsergebnis für sich in Anspruch nimmt, so kann dies auch die Beklagte mit dem von ihr gewünschten Ziel. Entscheidend ist, dass die objektiven Kriterien der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zum Ergebnis führen, dass der Schadenersatzanspruch durch Ziffer 6 des Vergleichs erfasst wird. Es gibt auch keine Anhaltspunkte im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vergleichs und aus einen nachfolgenden Verhalten, die zu einem anderen Auslegungsergebnis zwingen könnten. Im Gegenteil: Gerade die Erledigung der weiteren Rechtsstreitigkeiten vor dem Arbeitsgericht Flensburg, die sich auch maßgeblich mit der Beeinträchtigung des Liquidationsrechtes befassten, belegt, das Schadenersatzansprüche nicht erfasst werden sollten.

4. Der Hilfsantrag ist unbegründet. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf Bezug genommen. Der Kläger hat den Vorteilsausgleich geleistet für Patienten, die mit ihm eine Chefarztbehandlung vereinbarten. Zur vertragsgemäßen Abwicklung gehörte die Zahlung des Vorteilsausgleichs gemäß § 8 I des Dienstvertrages. Diesen vertragsgemäßen Anspruch des Beklagten hatte der Kläger zur Zeit des Abschlusses des Prozessvergleichs noch nicht erfüllt. Er gehörte daher zu Ziffer 2 des Vergleichs.

Nach alledem ist die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen, wobei für die Kammer entscheidungserheblich lediglich die Frage der Generalklausel aus Ziffer 6 des Prozessvergleiches ist. Ein gesetzlich begründbarer Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht. Es handelt sich um eine am Einzelfall orientierte Entscheidung, die keine grundsätzliche Bedeutung hat.

Ende der Entscheidung

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