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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 29.01.2009
Aktenzeichen: 4 Sa 346/08
Rechtsgebiete: ArbGG, AGG
Vorschriften:
ArbGG § 72a | |
AGG § 7 | |
AGG § 11 | |
AGG § 15 | |
AGG § 15 Abs. 1 | |
AGG § 15 Abs. 2 | |
AGG § 15 Abs. 2 Satz 1 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil
Aktenzeichen: 4 Sa 346/08
Verkündet am 29.01.2009
In dem Rechtsstreit
hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 29.01.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 05.08.2008 - 3 Ca 205 b/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird für den Kläger nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadenersatz wegen behaupteter Altersdiskriminierung.
Die Beklagte ist ein VW- und Audi-Händler im Nordwesten von H... . Sie veröffentlichte am 15./16.09.2007 eine Stellenanzeige, mit der sie für den Vertrieb von Nutzfahrzeugen und Freizeitmobilen jemand suchte. In der Anzeige heißt es u.a.:
"... suchen wir Sie. Sie sind jung, dynamisch? Sie denken an eine Veränderung und suchen eine Herausforderung, zur Spitze im Automarkt aufzusteigen? Sie fühlen sich angesprochen? Dann sollten wir uns unbedingt kennenlernen. Auch branchenfremde Bewerber sind uns herzlich willkommen."
Der 1965 geborene, verheiratete und drei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger bewarb sich auf dieses Inserat mit Schreiben vom 17.09.2007 und führte im Bewerbungsschreiben aus, er sei durch seine langjährige Berufserfahrung im Bereich Handel und Dienstleistung sowie seine Flexibilität und Teamfähigkeit sicher in der Lage, den Arbeitsplatz zur Zufriedenheit der Arbeitgeberin zu besetzen. Da er arbeitssuchend sei, stehe er jederzeit zur Verfügung.
Der Kläger absolvierte in der Zeit von August 1982 bis Juli 1985 beim Autohaus T... eine Ausbildung zum Kaufmann Groß- und Außenhandel. Von Juni 1986 bis November 2004 war er selbständig tätig, und zwar mit seiner Firma "E...". Über diese Firma des Klägers und sein Privatvermögen wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger war zur Zeit der streitgegenständlichen Bewerbung arbeitssuchend.
Seit August 2008 steht er wieder in einem Arbeitsverhältnis. Der Kläger führt nach eigener Aussage vor deutschen Arbeitsgerichten ca. 80 "Diskriminierungsprozesse" auf Schadenersatz. Er beruft sich dabei auf unterschiedliche Diskriminierungsmerkmale, z.B. das Alter, das Geschlecht und die Schwerbehinderung.
Mit Schreiben vom 21.09.2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie könne es sich aufgrund der vielen Bewerber erlauben, das Anforderungsprofil enger zu definieren. Nach Auswertung aller Fakten habe sie sich inzwischen für Bewerber entschieden, die bereits ausreichende Erfahrungen mit der Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge gesammelt hätten.
Mit Schreiben vom 06.11.2007 (Bl. 48 d.A.) teilt der Kläger der Beklagten mit, er gehe davon aus, dass die Absage aufgrund seines Alters erfolgt sei, da die Beklagte durch die Formulierung in der Stellenanzeige bereits ältere Bewerber im Voraus ausgeschlossen habe. Darin liege ein Verstoß gegen § 7 bzw. § 11 AGG. Die Beklagte sei deshalb schadenersatzpflichtig. Sie solle ihm bis zum 13.10.2007 die Höhe des vertraglich vereinbarten Bruttogehaltes für den ausgeschriebenen Arbeitsplatz mitteilen sowie einen für ihn akzeptablen Vorschlag zur außergerichtlichen Beilegung des Streits. Falls sie nicht fristgerecht antworte, werde er anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen und seine Ansprüche gerichtlich prüfen lassen, wodurch für die Beklagte erhebliche Mehrkosten entstehen würden.
Mit Schreiben seines damaligen vorprozessualen Vertreters vom 11.01.2008 berief sich der Kläger unter Bezugnahme auf die sog. Kattensteinformel auf einen geschätzten materiellen Schaden in Höhe von 69.875,95 EUR und einen immateriellen Schaden in Höhe von mindestens 30.000,-- EUR. Der Gesamtschaden betrage demnach 99.875,95 EUR, die Geltendmachung weiterer Schäden bleibe vorbehalten. Er erwarte die Stellungnahme der Beklagten bis zum 24.01.2008. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 49 - 65).
Am 05.02.2008 hat der Kläger durch seinen damaligen Prozessbevollmächtigten Prof. Dr. A... Klage erhoben gegen die Beklagte auf Zahlung von 99.875,95 EUR Schadenersatz und Schmerzensgeld. In der 37 Seiten umfassenden Klage seines damaligen Prozessbevollmächtigten, der ein Inhaltsverzeichnis vorangestellt ist, wird nahezu lehrbuchhaft die Systematik des AGG dargelegt, so wie sie aus der Sicht des damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers zutreffend sein soll. In der Klage hat der Kläger auf der letzten Seite unter der Zusammenfassung vortragen lassen, er sei durch die Diskriminierungen persönlich tief getroffen und erheblich belastet. Er sei in besonderer Weise auf seine Arbeit angewiesen, da er als Alleinverdiener den Lebensunterhalt seiner Frau und seiner drei Kinder sichern müsse. Die Diskriminierung der Beklagten bringe seine Familie in Existenznot.
Mit Schriftsatz vom 12.03.2008 haben die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers mitgeteilt, sein vorheriger Prozessbevollmächtigter habe das Mandat niedergelegt, sie seien nunmehr seine Prozessvertreter. Mit diesem Schriftsatz vom 12.03.2008 haben sie Prozesskostenhilfe für die erste Instanz beantragt. Die Klage habe hinreichende Aussicht auf Erfolg und sei nicht mutwillig. Dazu sei auf die Klagschrift vom 05.02.2008 zu verweisen.
Im Güte-Termin vom 01.04.2008 hat der Kläger die Klage größtenteils zurückgenommen und sodann beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen im Ermessen des Gerichts stehenden Schadenersatz zu zahlen, der jedoch mindestens betragen solle 7.500,-- EUR. Im Schriftsatz vom 29.05.2008 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers behauptet, der Kläger besitze die beste Qualifikation von allen Bewerbern und hätte eingestellt werden müssen. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 30.000,--EUR zu zahlen, mindestens aber den mit der Klage geltend gemachen Betrag in Höhe von 7.500,-- EUR.
Der Kläger hat behauptet:
Er sei objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet gewesen. Die Beklagte habe ja gerade auch branchenfremde Personen zur Bewerbung aufgefordert . Er habe sich auch ernsthaft um die Stelle beworben. Er sei zum Bestreiten des Unterhaltes seiner Familie darauf angewiesen, einen Arbeitsplatz zu erhalten. Er habe sich im Zeitraum vom 25.07.2005 bis 06.04.2008 auf insgesamt 643 Stellen beworben. Er sei zu 24 Vorstellungsgesprächen eingeladen worden. Von den 643 Bewerbungen habe es sich bei 115 Bewerbungen um diskriminierend ausgeschriebene Stellen gehandelt. Er sei kein sog. AGG-Hopper. Allein die Beklagte habe sich rechtswidrig verhalten, indem sie ihn durch ihre Stellenausschreibung wegen seines Alters diskriminiert habe. Nun ihm vorzuwerfen, er handele rechtsmissbräuchlich, verdrehe die Tatsachen- und Rechtslage. Es bestehe kein Rechtssatz dahin, dass ein Langzeitarbeitsloser im Rahmen seiner zahlreichen Bewerbungen die vierte oder fünfte Diskriminierung entschädigungslos hinzunehmen habe. Es sei sein ausschließliches Ziel bei der Bewerbung gewesen, einen Arbeitsplatz zu erhalten. Die anschließende Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen indiziere weder eine fehlende Ernsthaftigkeit bei der Bewerbung noch einen etwaigen Rechtsmissbrauch. Seitens des Insolvenzverwalters (Treuhänders) bestehe für ihn die Auflage, sich auf alle ihm zumutbaren Stellenanzeigen zu bewerben und um die entsprechende Stelle zu bemühen. Auch die Agentur für Arbeit halte ihn an, sich auf alle Stellen zu bewerben, die er nach seiner Qualifikation ausüben könne. Der Beklagten sei es auch nicht möglich, die durch die Stellenanzeige indizierte Altersdiskriminierung zu widerlegen. Sie habe einen erheblich jüngeren Bewerber eingestellt. Zudem reiche auch ein sogenanntes Motivbündel. Er habe insbesondere nicht Stellenanzeigen darauf überprüft, ob sie eventuell Benachteiligungsmerkmale im Sinne des AGG aufwiesen. Er habe den Post-it-Kleber, auf den sich die Beklagte beziehe (Bl. 46 d.A.), nur aufgebracht, um seinem damaligen Prozessbevollmächtigten die Suche nach der Anzeige zu erleichtern. Er habe im Übrigen bei seinem Anspruchsschreiben vom 06.11.2007 nicht - wie die Beklagte behaupte - vergessen, die Frist zu ändern, sondern habe sich lediglich bei der Monatsangabe vertippt. Er habe im Übrigen nicht mindestens 40.000,-- EUR Entschädigungssummen erzielt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen im Ermessen des Gerichts stehenden Schadenersatz zu zahlen, der jedoch mindestens 7.500,--EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit betragen solle.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, der Kläger sei ein sog. "AGG-Hopper". Zum Stand 23.07.2008 seien im sog. AGG-Archiv bei der Kanzlei G... 41 Fälle des Klägers gemeldet. Ein gewichtiges Indiz für die fehlende subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung sei der Post-it-Kleber mit dem handschriftlichen Zusatz:
"15.9.07 AGG Jung! R..."
Versehen sei dies mit einem Pfeil auf die streitige Anzeige. Der Kläger habe also bewusst Stellenanzeigen im H... A... darauf überprüft, ob sie eventuell Benachteiligungsmerkmale aufwiesen. Ebenso sei der Kläger aufgrund einer weiteren Annonce im H... A... verfahren, und zwar bezogen auf die Stellenanzeige der Firma ... GmbH. In beiden Fällen habe der Kläger ein Schreiben verwendet, welches er offensichtlich schon zu einem früheren Zeitpunkt entworfen habe und nunmehr als Formular für die Geltendmachung von Ansprüchen nach dem AGG nutze. Dieses Schreiben datiere in beiden Fällen vom 06.11.2007, wobei der Kläger jeweils vergessen habe, dass er angesichts des Abfassungsdatums (06.11.2007) auch die dem jeweiligen Unternehmen zu setzende Frist im vorletzten Satz hätte ändern müssen. In mindestens 8 Verfahren habe der Kläger zwischenzeitlich Vergleiche geschlossen, die sich zwischen EUR 1.000,-- und EUR 2.600,-- bewegten und damit eine Entschädigungssumme von mindestens EUR 12.500,-- erreicht. Aber dieser Betrag sei mit Sicherheit lediglich als "Spitze des Eisbergs" zu bezeichnen, da viele Arbeitgeber auf außergerichtliche Vergleichsvorschläge des Klägers eingegangen sein dürften oder eingehen werden, weil er in derartigen Fällen noch "bescheidene" Schadenersatzsummen um die 500,-- EUR bis 1.000,-- EUR fordere und nicht wie in den gerichtlichen Verfahren zwischen 35.000,-- EUR und 100.000,--EUR. Angesichts von mindestens 115 Verfahren (außergerichtlicher und gerichtlicher Natur) und einer "Vergleichsquote" von mindestens 25 % bei durchschnittlich 1.500,--EUR dürfte der Kläger zwischenzeitlich mindestens 40.000,-- EUR Entschädigungssummen erzielt haben.
Unabhängig davon diskriminiere die Anzeige den Kläger auch nicht. Es könne keine Rede davon sein, dass ein 1965 geborener Mann mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 76 Jahren nicht mehr als jung und dynamisch bezeichnet werden dürfe. Schließlich sei zu beachten, dass sie drei Bewerbungen in die nähere Auswahl genommen habe, und zwar einen 1967 geborenen Bewerber, einen 1962 und einen 1961 geborenen Bewerber. Allerdings sei diesen in die engere Auswahl genommenen Bewerbern unter dem 15.10.2007 ebenfalls eine Absage erteilt worden, weshalb auf die Bewerbung im H... A... überhaupt keine Einstellung erfolgt sei. Vielmehr habe sie eingestellt den Zeugen W... . W... sei 32 Jahre alt. Kontakt zu ihm habe sie nicht über das Inserat hergestellt. Vielmehr habe sie von dritter Seite erfahren, dass er einen Job als Automobilverkäufer suche. Sie habe zu ihm dann unabhängig von dem Inserat Kontakt aufgenommen und sich für seine Einstellung entschieden.
Schließlich sei zu beachten, dass der Kläger als ausgebildeter Kaufmann im Groß-und Außenhandel, der sodann nach eigener Bekundung zehn Jahre als Inhaber eines EDV-Fachgeschäfts tätig gewesen sei, als Verkäufer von Nutzfahrzeugen und Freizeitmobilen überhaupt nicht objektiv geeignet sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz und der dort gestellten Anträge wird Bezug genommen auf den Inhalt des Tatbestandes des angegriffenen Urteils mit dessen Verweisungen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, durch das Merkmal "jung und dynamisch" würden Bewerber jedenfalls im Alter von Anfang 40 nicht ausgeschlossen werden. Es sei zudem zu beachten, dass abgestellt werde auf Mitarbeiter, die eine Veränderung suchten. Angesprochen würden also Bewerber, die zwar jung und dynamisch seien, jedoch bereits gewisse Jahre an Berufserfahrung hinter sich hätten und nunmehr aufgrund eines Stellenwechsels einen Aufstieg anstrebten. Ein Bewerber im Alter von 42 Jahren werde durch ein solches Kriterium nicht von vornherein ausgeschlossen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 18.08.2008 zugestellte Urteil am 18.09.2008 mit Fax- und am 19.09.2008 mit Originalschriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 10.11.2008 am 10.11.2008 mit Fax - und am 11.11.2008 mit Originalschriftsatz begründet.
Der Kläger verfolgt in der Berufung nunmehr nur noch eine Entschädigung in Höhe von 3.750,-- EUR, weil er nicht mehr die Auffassung vertritt, von allen Bewerbern die beste Qualifikation zu besitzen. Aufgrund des Eingriffs in sein Persönlichkeitsrecht sieht er deshalb einen Schadenersatz in Höhe von 3.750,-- EUR (1,5 Gehälter) als angemessen an.
Der Kläger meint, er werde durch die Anzeige diskriminiert. Er befinde sich mit 42 Jahren im "mittleren Alter". Er sei gewiss nicht mehr als "jung" einzustufen. Der Beklagten sei es auch nicht gelungen, die Diskriminierung zu widerlegen. Sie habe einen 32 Jahre alten Mitarbeiter eingestellt. Ausreichend sei es, wenn in einem Motivbündel, das die Entscheidung beeinflusst habe, das Alter als Kriterium enthalten sei. Davon sei hier auszugehen.
Seine Bewerbung sei auch ernsthaft. Er sei mehrere Jahre arbeitslos gewesen, habe Unterhaltspflichten zu erfüllen und sei auf einen Arbeitsplatz dringend angewiesen.
Der Umstand, dass er einen solchen im August 2008 angenommen habe, belege auch die Ernsthaftigkeit seiner Bewerbungen. Im Übrigen habe er sich ganz überwiegend auf nicht diskriminierend ausgeschriebene Stellen beworben. Er habe sich in der Zeit von Anfang 2005 bis August 2008 auf etwa 1.000 Stellen beworben. Auch die Tatsache, dass er gegenüber zahlreichen Firmen Entschädigungsansprüche geltend mache, spreche nicht gegen die Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung. Ihm könne es nicht verwehrt werden, sich auf Stellenanzeigen zu bewerben und im Falle eines Verstoßes gegen das AGG die ihm zustehenden Rechte geltend zu machen. § 15 Abs. 2 AGG habe zudem auch pönalisierenden Charakter. Er sei auch objektiv für die Stelle geeignet. Denn branchenfremde Mitbewerber seien willkommen gewesen. Weitere Einstellungsvoraussetzungen weise die Stellenanzeige nicht aus. Er bestreite mit Nichtwissen, dass der eingestellte Zeuge W... einschlägige Vertriebserfahrung beim Vertrieb von Nutzfahrzeugen habe. Er widerspreche der Einführung des sog. AGG-Archivs als Beweismittel in diesem Prozess.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 05.08.2008 (3 Ca 205 b/08) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung in Höhe von 3.750,-- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.02.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag und behauptet, im sog. AGG-Archiv seien per 23.07.2008 42 Meldungen des Klägers registriert, per 04.11.2008 83 Meldungen und per 04.12.2008 103 Meldungen. Da sich die Anzahl der vom Kläger geführten Verfahren also zwischenzeitlich verdreifacht habe, dürfe sich auch seine außergerichtliche Erfolgsquote verdreifacht haben und weit über 100.000,-- EUR liegen. Es sei unerträglich, dass das sicherlich in guter Absicht in Kraft gesetzte AGG in derart missbräuchlicher Weise ausgenutzt werde. Das Arbeitsgericht habe zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger durch das ausgeschriebene Inserat nicht ausgeschlossen werde. Es fehle zudem an einer Kausalität zwischen der fraglichen Stellenanzeige und der dann tatsächlich von ihr - Beklagten - durchgeführten Einstellung. Der Kläger sei schließlich auch nicht objektiv für die Stelle geeignet. Ein 22 Jahre altes Ausbildungszeugnis sei kein Beleg dafür, objektiv für den Vertrieb von Nutzfahrzeugen und Freizeitmobilen geeignet zu sein. Zudem gehe es dem Kläger ausschließlich um die Verschaffung eines zusätzlichen Einkommens, und dies zudem noch zu Lasten der Allgemeinheit unter Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufung wird Bezug genommen auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt worden. In der Sache hat sie keinen Erfolg. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen es im Ergebnis nicht, die Entscheidung des Arbeitsgerichts zugunsten des Klägers abzuändern. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob die Argumentation des Arbeitsgerichts zutrifft. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob der Kläger objektiv für die Stelle überhaupt geeignet war. Entscheidend ist, dass es nach Auffassung der Berufungskammer in diesem konkret zu beurteilenden Fall an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers fehlte. Dazu im Einzelnen:
1. Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann nur derjenige Bewerber geltend machen, der objektiv überhaupt für die in Aussicht gestellte Stelle in Betracht kommt und sich subjektiv ernsthaft beworben hat. Eine "Scheinbewerbung" zum Zwecke der Erlangung eines Entschädigungsanspruches scheidet aus. Derjenige, der mit seiner Bewerbung "als professioneller Diskriminierungskläger" auf eine Diskriminierung spekuliert, muss sich den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten lassen, der im Übrigen auch ein anerkannter Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist (Däubler/Bertzbach-Deinert, § 15 Rnr.53; Wendeling-Schröder/Stein, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, AGG § 15 Rnr. 10; LAG Berlin, Urteil vom 14.07.2004 - 15 Sa 417/04 -, zitiert nach juris, Rnr. 21; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11.01.2008 - 6 Sa 522/07 -, zitiert nach juris, Rnr. 27).
2. Die Kammer verkennt insoweit nicht, dass grundsätzlich bezogen auf die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbungen des Klägers nachvollziehbar ist, dass er sich angesichts seiner persönlichen Situation auf eine Vielzahl von Stellen bewarb. Es ist dabei auch nachvollziehbar, dass er sich insoweit nicht nur auf - bezogen auf seinen bisherigen beruflichen Werdegang - maßgeschneiderte Stellen bewirbt, sondern möglicherweise auch auf branchenfremde, für die ihm von vornherein aber seine objektive Eignung nicht grundsätzlich abzusprechen ist. Zu beachten bei der Prüfung der subjektiven Ernsthaftigkeit der konkreten Bewerbung des Klägers ist auch, dass er sich nicht ausschließlich auf vermeintlich diskriminierende Inserate bewarb. Er führt dazu an, sich auf etwa 1.000 Stellen beworben zu haben, wovon etwa 10 % diskriminierenden Charakter gehabt hätten. Auch der Umstand, dass er ab August 2008 einen Arbeitsplatz bekleidet, belegt, dass er grundsätzlich ernsthaft auf der Suche nach einem solchen war.
Auch der Umstand, dass jemand nach Bewerbungen gegen Firmen Entschädigungsansprüche nach § 15 AGG geltend macht, spricht nicht zwingend gegen die Ernsthaftigkeit seiner Bewerbungen. Wenn der Kläger insoweit erstinstanzlich vortragen lässt, es bestehe kein Rechtssatz dahin, dass ein Langzeitarbeitsloser im Rahmen seiner zahlreichen Bewerbungen die vierte oder fünfte Diskriminierung entschädigungslos hinzunehmen habe, so ist dem grundsätzlich zuzustimmen. Anzumerken ist allerdings, dass es beim Kläger - gemessen an seinen Klagen - schon allein um achtzig vermeintliche Diskriminierungen geht. Selbstverständlich kann ein Bewerber im Falle eines Verstoßes gegen das AGG auch maßvoll mehrfach die ihm sodann zustehenden Rechte geltend machen. Anderenfalls würde das Gesetz ins Gegenteil verkehrt werden, wollte man einem solchen Beschäftigten die ihm nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG zustehenden Ansprüche auf Schadenersatz und Entschädigung nur deshalb verwehren, weil er diese Rechte auch gegenüber anderen potentiellen Arbeitgebern geltend macht
3. Allerdings ist insoweit auch wiederum zu beachten, dass die subjektive Ernsthaftigkeit einer Bewerbung immer konkret am Einzelfall zu prüfen ist, denn es ist durchaus denkbar, das im Einzelfall die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung fehlt, obwohl der Bewerber grundsätzlich auf Arbeitssuche ist und möglicherweise die für den Einzelfall streitgegenständliche Stelle auch objektiv geeignet sein könnte.
4. Das Berufungsgericht ist davon überzeugt, dass sich der Kläger auf die streitgegenständliche Stelle in diesem Einzelfall deshalb beworben hat, weil er damit eine Chance sah, Schadenersatz- bzw. Entschädigungsansprüche im Vergleichsoder Prozesswege zu erzielen. Dazu im Einzelnen:
a. Ungeachtet des sicherlich seit dem Jahre 2005 beim Kläger bestehenden Interesses, einen Arbeitsplatz zu erhalten, ist der Kläger nach Auffassung des Berufungsgerichts jemand, der § 15 Abs. 1 und 2 AGG als eine Einkunftsquelle erkannt hat. Ob man ihn deshalb als einen "professionellen Diskriminierungskläger" oder "AGG-Hopper" bezeichnen muss, ist unerheblich und kann hier dahingestellt sein. Entscheidend ist, dass die Anzahl von achtzig Prozessen deutlich macht, dass der Kläger die gesetzliche Vorschrift des § 15 AGG quasi "gewerbegleich" für sich zu nutzen versucht. Wer derart häufig Arbeitgeber mit Schadenersatz- und Entschädigungsklagen überzieht, der muss sich damit auseinandersetzen, es sei bezogen auf seine Person der Eindruck entstanden, ihm gehe es ausschließlich oder zumindest ganz überwiegend nur um Geld.
b. Die Berufungskammer will dabei dem Kläger keinesfalls unterstellen, dass das Bewerbungsinteresse völlig zu vernachlässigen ist. Vermutlich hätte er schon - auch bei diskriminierenden Inseraten - die Stelle angetreten, wenn die Konditionen gestimmt hätten. Entscheidend ist aber, dass angesichts der Häufigkeit der von ihm angestrebten Diskriminierungsklagen zunächst der Eindruck entstanden ist, ihm gehe es um eine Einnahmequelle.
c. Vor diesem Hintergrund ist sodann die konkrete Bewerbung und das Bewerbungsverfahren darauf zu prüfen, ob es Hinweise darauf gibt, dass das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit der Bewerbung diesen Eindruck bestätigt. Dafür gibt es ausreichende Anhaltspunkte.
(1) Nachdem der Kläger die Absage erhielt, forderte er die Beklagte mit Einschreiben auf, ihm die Höhe des vertraglich vereinbarten Bruttogehalts für den ausgeschriebenen Arbeitsplatz sowie einen für ihn akzeptablen Vorschlag zur außergerichtlichen Beilegung des Streites mitzuteilen. Im ersten Absatz dieses Schreibens stellte er sofort zielgerichtet darauf ab, er gehe davon aus, dass die Absage aufgrund seines Alters erfolgt sei, wobei er insoweit auf die Stellenanzeige hinweist. Der gesamte Inhalt dieses Schreibens bestätigt den Eindruck, dass der Kläger von vornherein bei dem Inserat das Problem einer möglichen Altersdiskriminierung erkannte, sich darauf bewarb, sodann nach Ablehnung sofort auf dieses Diskriminierungsmerkmal abstellte und versuchte, insoweit einen materiellen Vorteil zu erzielen. Dafür spricht insbesondere, dass er bereits in diesem Schreiben um einen akzeptablen Vorschlag zur außergerichtlichen Beilegung des Streites bat. Wenn er davor um Mitteilung der Höhe des vertraglich vereinbarten Bruttogehalts bat, so wird für den Empfänger dieses Schreibens vom 06.11.2007 deutlich, dass der Kläger eine finanzielle Entschädigung im Wege einer außergerichtlichen Beilegung anstrebte. So verhält sich aber kein Bewerber, der ursprünglich ernsthaftes Interesse an der Bewerbung hatte. Es wäre dann vielmehr naheliegend gewesen, zunächst - bevor finanzielle Ansprüche geltend gemacht werden - bei der Firma nochmals nachzufragen, was denn der Grund der Ablehnung sei. Man hätte dann ja vielleicht auch erfahren, welchen Aspekt das Alter tatsächlich für die Bewerbung und das Auswahlverfahren spielte. Diesen Weg ist der Kläger nicht gegangen. Vielmehr hat er die Beklagte finanziell in Anspruch genommen und angeknüpft an eine vermeintliche Diskriminierung in der Stellenausschreibung. Dies ist ein sehr deutlicher Hinweis darauf, dass es dem Kläger mit seiner Bewerbung ausschließlich oder ganz überwiegend darum ging, die Voraussetzungen vorzubereiten, um anschließend Schadenersatz- bzw. Entschädigung zu erlangen.
(2) Dies wird auch bestätigt dadurch, dass der Kläger in diesem Anspruchsschreiben die Frist des "13. Oktober 2007" nicht änderte. Es dürfte sich daher um ein Standardschreiben des Klägers handeln, welches er im Falle der vermeintlichen Altersdiskriminierung aufgrund von Stellenanzeigen einsetzte, wobei er insoweit übersah, in diesem Schreiben vom 06.11.2007 die Frist entsprechend zu ändern. Berücksichtigt man dann weiter, dass der Kläger - wie von der Beklagten behauptet und vom Kläger nicht bestritten - gegenüber der Firma G... GmbH (mit identischem Schreiben) Ansprüche geltend machte, so bekräftigt dies weiterhin den bestehenden Eindruck, dass der Kläger in diesem konkreten Fall sich auf die Stelle bewarb, um Entschädigungs- und Schadenersatzansprüche vorzubereiten.
(3) Auch das weitere vorprozessuale und prozessuale Vorgehen des Klägers bekräftigt in diesem konkreten Fall diesen Eindruck. Mit außergerichtlichem Schreiben seines ersten Prozessbevollmächtigten Prof. Dr. A... vom 11.01.2008 benennt der Kläger gegenüber der Beklagten einen Gesamtschaden in Höhe von 99.875,95 EUR und erwartet eine Stellungnahme bis zum 24.01.2001. Er lässt dort den materiellen Schaden beziffern mit 69.875, 95 EUR und den immateriellen Schaden mit 30.000,-- EUR. Dieses Anspruchsschreiben zeichnet sich dadurch aus, dass die Beklagte auf Seite 1 mit drei kleinen Absätzen auf den konkreten Sachverhalt bezogen auf den Kläger hingewiesen wird, ansonsten aber abstrakt ohne näheres Eingehen auf den konkreten Fall auf 16 Seiten lehrbuchhaft über die Systematik und die rechtlichen Probleme des AGG informiert wird. Dieses Anspruchsschreiben, das sich nur mit drei kleinen Absätzen mit dem Kläger befasst, hätte für jeden anderen Prozess auch verwandt werden können. Es enthält überhaupt kein Eingehen auf die konkrete Situation des Klägers und den konkret zu beurteilenden Fall. Die Beklagte wird dort unter Hinweis auf die sog. Kattensteinformel mit einem materiellen Schaden in Höhe von 69.875,95 EUR und mit einem immateriellen Schaden in Höhe von 30.000,-- EUR konfrontiert, ohne dass auch nur im Ansatz eine Abwägung der Interessen und eine Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles und eine Würdigung des Inserats erfolgte. Dies gilt dann auch nachfolgend für die nunmehr 37 Seiten lange Klage des Professor Dr. A... die weiterhin gerichtet ist auf Zahlung von 99.875,95 EUR. Lediglich in der Zusammenfassung wird auf Seite 37, konkret auf den Kläger bezogen, behauptet, er sei durch die Diskriminierungen persönlich tief getroffen und erheblich belastet. Ein solches vorprozessuales Schreiben zur Geltendmachung von Schadenersatz und eine entsprechende Klage, der jegliche nähere Auseinandersetzung und Beurteilung des konkret zugrundeliegenden Sachverhaltes fehlt, bestärkt den Eindruck, dass es hier vorher nicht um eine ernsthafte Bewerbung ging, sondern um eine weitere Erwerbsquelle. Wer so losgelöst vom konkreten Einzelfall für sich vortragen lässt, muss sich entgegenhalten lassen, dass der Eindruck entsteht, es solle § 15 Abs. 1 und 2 AGG genutzt werden, um Einkünfte zu erzielen.
(4) Auch das weitere Vorgehen und Prozessverhalten des Klägers bestätigt dies. Zunächst werden mit der Klage 99.875,95 EUR eingeklagt, dann wird erstinstanzlich die Klage reduziert auf 7.500,-- EUR, um dann anschließend im Berufungsverfahren mit der geänderten Auffassung, er wolle sich nunmehr nicht darauf berufen, der bestgeeignete Bewerber gewesen zu sein, den Antrag auf 3.750,-- EUR zu begrenzen (1,5 Gehälter). Man fragt sich, was den Kläger eigentlich veranlasst hat, zunächst zu meinen, er habe einen Anspruch auf ca. 100.000,-- EUR, um den dann ohne weiteres im Laufe der Verfahren zu reduzieren auf 3.750,-- EUR. Auch dies belegt, dass es dem Kläger schon bei seiner Bewerbung ausschließlich oder ganz überwiegend um Geld ging. Mit dem außergerichtlichen Schreiben seines damaligen Prozessbevollmächtigten vom 11.01.2008 lässt er den Gesamtschaden mit 99.875,95 EUR beziffern, nachdem er zuvor mit eigenem Schreiben vom 06.11.2007 um einen akzeptablen Vorschlag zur außergerichtlichen Beilegung dieses Streits bat. Durch dieses Schreiben mit dem bezifferten Gesamtschaden von 99.875,95 EUR wurde für die Beklagte, ein mittelständisches Unternehmen, ein erheblicher Druck aufgebaut. Es ist nicht fernliegend anzunehmen, dass dieser Druck genutzt werden sollte, um die Beklagte zu einem Vergleich zu bewegen. Dafür spricht auch, dass der Kläger - wie er selbst vorträgt - außergerichtliche Vergleiche abgeschlossen hat. Ihm scheint der noch im Januar 2008 und mit der Klage im Februar 2008 geltend gemachte Schaden über 99.875,95 EUR nicht von so großer Bedeutung zu sein, denn immerhin endet dieses Verfahren in der zweiten Instanz mit einem im Vergleich zu den zunächst eingeklagten 100.000,-- EUR beantragten kläglichen Betrag von 3.750,-- EUR. Auch dies belegt, dass der Kläger hier eine Strategie entwickelt hat, um unter Anknüpfung an vermeintlich diskriminierende Stellen Arbeitgeber zu veranlassen, möglichst schon außergerichtlich eine drei- oder vierstellige Summe als Schadenersatz oder Entschädigung zu zahlen.
(5) Mit anderen Worten: Der Kläger, der nach eigenem Bekunden 80 Diskriminierungsklagen insgesamt angestrebt hat, hat aufgrund dieser Anzahl den Eindruck erweckt, er habe §15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG als eine Einnahmequelle entdeckt. Damit wird dem Kläger jedoch nicht das Recht abgesprochen, grundsätzlich die Ansprüche aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG geltend zu machen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, weil er sich ganz überwiegend auch auf diskriminierungsfreie Stellen beworben haben will. Entscheidend ist aber, dass jeweils im Einzelfall eine Betrachtung und Prüfung der subjektiven Ernsthaftigkeit der Bewerbung vorgenommen werden muss. Aus den oben dargelegten Gründen ist das Berufungsgericht davon überzeugt, dass der Kläger sich auf die hier streitgegenständliche Bewerbung nicht subjektiv ernsthaft beworben hat, sondern dass es ihm darum ging, mit seiner Bewerbung Schadenersatz oder Entschädigung möglichst im außergerichtlichen oder gerichtlichen Vergleich zu erreichen. Auch in der Berufungsverhandlung hat er sich im Übrigen insoweit vergleichsbereit gezeigt. Einer solchen Betrachtung steht auch nicht entgegen, dass das Berufungsgericht dem Kläger sicherlich nicht widerlegen kann, dass er - wenn er denn von der Beklagten angesprochen worden wäre - sich sicherlich offen gezeigt hätte für einen ihm angebotenen Arbeitsplatz. Aufgrund der gesamten Umstände - die oben geschildert wurden - ist dies aber lediglich ein zu vernachlässigender Begleiteffekt. Vornehmlich und ganz überwiegend ging es ihm in diesem Fall nur um die Erzielung weiterer Einkünfte auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 und 2 AGG. Damit wird er dem Sinn und Zweck des Gesetzes jedoch nicht gerecht und missbraucht den vom Gesetzgeber gesetzten Zweck des § 15 Abs. 2 AGG, nämlich die Sanktion der durch die Benachteiligung erfolgten Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Wer so wenig konkret in außergerichtlichen Anspruchsschreiben und in der Klage sich mit dem individuellen Sachverhalt und mit seiner konkreten Beeinträchtigung auseinandersetzt, der macht deutlich, dass die vermeintliche Verletzung von Persönlichkeitsrechten von ihm nur vordergründig dazu genutzt wird, um finanzielle Ansprüche durchzusetzen.
(6) Schließlich kann der Kläger auch nicht mit dem Hinweis durchdringen, ihm dürfe kein Rechtsmissbrauch vorgeworfen werden, denn es sei die Beklagte, die unter Verletzung von § 11, 7 1 AGG die Stelle ausgeschrieben habe. Dieses Argument trägt schon deshalb nicht, weil eine vermeintliche Pflichtverletzung keineswegs Rechtsmissbrauch auf der anderen Seite ausschließt.
(7) Letztlich zwingt auch der - allerdings streitige - pönalisierende Charakter des § 15 Abs. 2 AGG nicht dazu, die vermeintliche Verletzung von § 11 AGG durch das Stelleninserat zu sanktionieren. Es spricht sicherlich vieles dafür, dass § 15 Abs. 2 AGG in Verbindung mit § 11 AGG pönalisierend auch bezwecken will, die Arbeitgeber dazu anzuhalten, diskriminierungsfrei auszuschreiben. Hier ist aber zu beachten, dass die Beklagte - vorausgesetzt, sie hätte diskriminierend bezogen auf den Kläger ausgeschrieben - bereits durch das Vorgehen des Klägers erheblich sanktioniert wurde. Denn er hat durch die Erhebung einer Klage in Höhe von 100.000,-- EUR in erster Instanz, die er dann ohne weiteres im Laufe des Verfahrens auf 3.750,-- EUR reduzierte, bereits bei der Beklagten eine erhebliche wirtschaftliche Belastung ausgelöst, nämlich durch die entstandenen Anwaltskosten, soweit sich diese zu orientieren haben an der ursprünglich geltend gemachten Summe über fast 100.000,-- EUR. Diese Klage, deren Leichtfertigkeit belegt wird durch das anschließende prozessuale Verhalten des Klägers, nämlich den Anspruch auf 3.750,-- EUR sodann zu begrenzen, hat die Beklagte bereits ausreichend wirtschaftlich belastet.
Nach alledem ist die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen. Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Entscheidung orientiert sich am Einzelfall und an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und der zitierten Landesarbeitsgerichte, wonach im Stellenbesetzungsverfahren nur derjenige benachteiligt werden kann, der sich subjektiv ernsthaft beworben hat.
Ende der Entscheidung
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