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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 22.04.2004
Aktenzeichen: 4 Sa 367/03
Rechtsgebiete: ArbGG, OwiG, LmBG, LMHV, BAT


Vorschriften:

ArbGG § 72 a
OwiG § 56
LmBG § 42
LMHV § 4
BAT § 22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 4 Sa 367/03

Verkündet am 22. April 2004

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und der ehrenamtliche Richter ... und den ehrenamtlichen Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 8. Mai 2003 - ö. D. 2 a 2108/02 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die richtige Eingruppierung.

Der 1960 geborene Kläger, ein gelernter Koch und geprüfter Küchenmeister, der auch Inhaber des Kaufmannsgehilfenbriefes ist, durchlief beim Kreis xy die Ausbildung zum Lebensmittelkontrolleur und ist seit 1. April 1996 als Verwaltungsangestellter / Lebensmittelkontrolleur bei der beklagten Stadt beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme sowie kraft tariflicher Bindung der Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (BAT) in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeber (VKA) jeweils geltenden Fassung Anwendung. Der Kläger erhielt zunächst Vergütung nach der Vergr. V c der Anlage 1 a zum BAT und erhält derzeit Vergütung nach der Vergr. V b BAT / VKA (Fallgr. 1 c).

Als Lebensmittelkontrolleur hat der Kläger lebensmittelrechtliche Betriebskontrollen vorzunehmen. Diese führt er durch in lebensmittelherstellenden und -behandelnden Groß- und Kleinbetrieben wie Fleischereien, Bäckereien, Eisdielen, Spirituosenherstellern, Weinhandel, Lebensmitteleinzel- und großhändlern, Imbissbetrieben, Küchen, Kantinen, Gaststätten, auf Wochenmärkten und bei Volksfesten. Weiterhin unternimmt er Transport- und Anlieferungskontrollen in allen Bereichen, insbesondere in hygienischer Hinsicht mit gleichzeitiger Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Probenentnahme. Er entscheidet über zu treffende Sofortmaßnahmen durch mündliche und schriftliche Verfügungen, über die Schließung von Betrieben wegen hygienischer Missstände bei hergestellten Mitteln, über die Verhängung von Verkaufsverboten, Sicherstellung von nicht gesetzeskonform hergestellten Lebensmitteln und über die Sicherstellung und Beschlagnahme von Beweismitteln für das Straf- oder Owi-Verfahren. Er ermittelt in Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren, erteilt Verwarnungen gem. § 56 OwiG, er entscheidet und erstellt Ordnungsverfügungen mit und ohne Androhung von Zwangsgeld. Die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten gehört ebenfalls zu seinem Aufgabenbereich.

Bei den lebensmittelrechtlichen Betriebskontrollen führt er regelmäßig anstehende Plankontrollen und anlassbezogene Kontrollen durch, deren Notwendigkeit sich bei einem besonderen Verdacht oder aufgrund eines bei einer Plankontrolle festgestellten Mangels nachträglich ergibt. Durch eine so genannte Risikoanalyse bestimmt er die Kontrolldichte. Des Weiteren nimmt er Proben i. S. d. § 42 LmBG.

Weiterhin überprüft er die Eigenkontrollkonzepte der Betreiber und berät insoweit. Im Rahmen von Baugenehmigungs- und Konzessionsverfahren nimmt er Stellung zu lebensmitteltechnischen Aspekten. Er berät Betriebsinhaber, Architekten, Einrichter und Lüftungsfirmen bei Neubau und Neueinrichtung von Produktions-, Behandlungsund Verkaufsstätten von Lebensmittel jeglicher Art.

Der Kläger hat Unterschriftsbefugnis. Sein Abteilungsleiter ist der Amtstierarzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten der von ihm im Jahre 1999 erstellten Arbeitsplatzbeschreibung wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 34 - 44 d. A.).

Mit Schreiben vom 30. Mai 2000 beantragte der Kläger Vergütung nach der Vergr. IV b BAT / VKA. Er ist der Auffassung, seine Tätigkeit erfordere gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen und sei besonders verantwortungsvoll.

Wegen der Einzelheiten des streitigen Vortrages in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird Bezug genommen auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Tätigkeit des Klägers erfordere gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen, aber nicht umfassende Fachkenntnisse und sie sei auch nicht besonders verantwortungsvoll im Sinne des tariflichen Tätigkeitsmerkmales. Er müsse zwar im Einzelfall Kenntnisse der Rechtsprechung haben, die er sich aus einem Kommentar heraussuche. Dies sei jedoch eher der Ausnahmefall. In der Regel reiche eine bloße Kenntnis der Gesetzestexte aus. Er habe nicht substantiiert dargelegt, wie umfassend seine Rechtsrecherchen seien. Aus seinem Vortrag ergebe sich auch nicht, dass es sich um rechtlich schwierige Aufgaben handele. Im Kommentar von Zipfel seien alle wesentlichen Ausführungen zum Lebensmittelrecht enthalten, die ein Lebensmittelkontrolleur im Regelfall benötige. Auch bei den technischen Kenntnissen sei keine besondere Tiefe und Breite erforderlich. Seine Kenntnisse müssten nicht so umfassend sein wie jene der Erbauer der von ihm geprüften Anlagen. Der Kläger habe dargelegt, dass er lediglich die Auswirkungen prüfe, ohne sich über konkrete technische Einzelheiten Gedanken machen zu müssen. Eine besondere Kompliziertheit habe er nicht dargelegt. Aber auch das Fehlen etwaiger Kommentierungen - wie insbesondere zum HCCP-Verfahren - könne die begehrte Eingruppierung nicht stützen. Die stelle zwar eine Schwierigkeit bei der Tätigkeit dar, begründe jedoch nicht die umfassenden gründlichen Fachkenntnissen. Schließlich fehle es an der besonderen Verantwortung. Diese liege lediglich in den Fällen vor, in denen der Kläger vor der Entscheidung über die Schließung eines Betriebes stehe. Diesen Sachverhalt habe er jedoch mit nur 3% seiner Gesamttätigkeit angegeben. Sie seien daher für seine Kontrolltätigkeit insgesamt nicht prägend.

Der Kläger hat gegen das ihm am 11. Juli 2003 zugestellte Urteil am 8. August 2003 mit Faxschriftsatz und am 11. August 2003 mit Originalschriftsatz beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt. Er hat die Berufung am 11. September 2003 mit Faxschriftsatz und am 12. September 2003 mit Originalschriftsatz begründet.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt vor:

Insbesondere durch die Umsetzung neuer Rechtsnormen der Europäischen Union in Form von Gesetzen und Verordnungen seien viele zuvor klare Vorschriften im Lebensmittelbereich teilweise so stark verwässert worden, dass im Anschluss durch die entsprechenden Verbände und Interessenvertretungen Kommentierungen und Leitlinien erfolgen müssten, um die Rechtslage zu klären, was regelmäßig jahrelang dauere. Bevor dies geschehen sei, müsse er jedoch allein die entsprechende Auslegung der Gesetze/Verordnungen vornehmen. Es werde von ihm daher nicht nur die nähere Kenntnis der lebensmittelrechtlichen Bestimmungen verlangt, sondern darüber hinaus müsse er unter Anwendung von Kommentaren, Gerichtsentscheidungen sowie den Begründungen des Gesetzgebers die Gesetze auslegen. Die aktuelle Rechtsprechung müsse er bei der Anwendung der Vorschriften beachten. Bei dem Kommentar von Zipfel handele es sich um ein 5-bändiges Loseblattwerk mit einem Umfang von rd. 9000 Seiten. Bei seiner täglichen Arbeit träten häufig Fragen auf, die mit dem Gesetzestext und mit den Kommentaren nicht allein zu beantworten seien. Als Beispiel sei hinzuweisen auf das Problem der Wasserversorgung der Lebensmittelstände auf Volksfesten und Jahrmärkten. Nach dem Inkrafttreten der neuen Trinkwasserverordnung 2001 gelte sowohl "Trinkwasser" als auch "Wasser für Lebensmit-telbetriebe" nicht unmittelbar als Lebensmittel. Daraus ergäben sich für den Lebensmittelkontrolleur eine Vielzahl von Fragestellungen.

Bei seinen Betriebskontrollen müsse er auch ständig Gerichtsentscheidungen beachten, so z. B. bei dem Problem der Überschreitung des Mindesthaltbarkeitsdatums ein Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 1. Februar 2001 (3 U 187/99).

Auch bei der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten benötige er gründliche und umfassende Fachkenntnisse. Er müsse abstrakte Rechtsnormen auf einen konkreten Sachverhalt anwenden. Er müsse über strafrechtliche Grundkenntnisse verfügen und z. B. zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit unterscheiden.

Auch sei sein Erfahrungswissen zu berücksichtigen. Bei der täglichen Arbeit träten häufig Fragen auf, die sich mittels der Rechtsgrundlagen und der dazu erschienenen Kommentierungen nicht allein beantworten ließen. Ob beispielsweise ein verschmutzter Fußboden in einem Betrieb die Betriebsschließung zur Folge habe, setzte zunächst voraus, dass er sich damit befasse, welche Konsequenzen die Verschmutzung des Fußbodens in gerade diesem Bereich für die zu verarbeitenden Lebensmittel habe. Im Hinblick auf die gesundheitliche Gefährdung des Verbrauchers sei zu prüfen, ob es ausreiche, die Lebensmittel zu vernichten und diesen Betriebsteil zu reinigen oder den gesamten Betrieb zu schließen. Die Beantwortung dieser Frage sei nur möglich bei Vorhandensein eines großen Fachwissens und eines gewissen Erfahrungsschatzes. Um den Anforderungen des Arbeitsplatzes gerecht zu werden, sei die ständige Weiterbildung im Selbststudium unabdingbar.

Zu beachten sei weiterhin, dass der Gesetzgeber Mitte 2001 die seit 1977 geltende Lebensmittelkontrolleursverordnung ersetzt habe. In dieser Verordnung seien der Aufgabenkatalog eines Lebensmittelkontrolleurs und die Eingangsvoraussetzungen für die Ausbildung zum Lebensmittelkontrolleur erheblich angehoben worden. Die Notwendigkeit einer besseren Qualifikation belege das Erfordernis umfassender Fachkenntnisse.

Seine Fachkenntnisse ergäben sich im Übrigen auch neben der vertieften Kenntnis von Gesetzes- und Verwaltungsvorschriften aus anderen Bereichen. In seinem Falle seien auch gründliche und umfassende Fachkenntnisse im technisch-handwerklichen Bereich unabdingbar erforderlich. Seit August 1998 bestehe gem. § 4 der Lebensmittelhygieneverordnung (LMHV) für denjenigen, der Lebensmittel herstelle, behandele oder in Verkehr bringe, die Verpflichtung, durch betriebseigene Kontrollen die für die Entstehung gesundheitlicher Gefahren durch Faktoren biologischer, chemischer oder physikalischer Natur kritischen Punkte im Prozessablauf festzustellen und zu gewährleisten, dass angemessene Sicherungsmaßnahmen festgelegt, durchgeführt und überprüft werden. Dieses Eigenkontrollkonzept müsse ihm nachvollziehbar dargelegt werden. Um dieses Kontrollkonzept bewerten zu können, müsse er die Produktionsabläufe verstehen. Dafür benötige er Wissen im mikrobiologischen, handwerklichen und technischen Bereich. So müsse er z. B. konkrete Herstellungsverfahren für Fleisch-, Fisch- und Milcherzeugnisse sowie Back- und Konditoreiwaren kennen. Ihm müsse darüber hinaus auch die Funktionsweise der verarbeitenden oder herstellenden Maschinen bekannt sein. Dies sei wichtig, um die Reinigungsarbeiten an den Maschinen richtig beurteilen zu können.

Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht auch die besondere Verantwortung verneint. Es stelle fehlerhaft nur auf einen Anteil von 3% seiner Gesamttätigkeit ab. Dabei verkenne es, dass die Betriebsprüfung darauf ziele, die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften zu überprüfen und bei Verstößen zu entscheiden, wie diese zu ahnden seien. All diese Tätigkeiten bei einer Betriebsprüfung seien darauf gerichtet, den Sachverhalt zu ermitteln, auszuwerten und zu einer Entscheidung zu gelangen, so dass nur ein Arbeitsvorgang vorliege. Eine Aufspaltung in mehrere Arbeitsvorgänge sei daher nicht sinnvoll, da jederzeit während einer Betriebskontrolle mit der Möglichkeit einer Schließung zu rechnen sei. Die besondere Verantwortung ergebe sich daraus, die Bevölkerung vor Gefahren zu schützen, die von unhygienischen lebensmittelherstellenden oder behandelnden Betrieben ausgehe. Eine Unaufmerksamkeit in diesem Bereich könne zu erheblichen gesundheitlichen Konsequenzen bei Dritten führen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 8. Mai 2003, ö. D. 2 Ca 2108/02, abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 1. Juni 2000 Vergütung aus der Vergr. IV b BAT / VKA zu zahlen und die jeweiligen monatlichen Brutto-Differenzbeträge zur Vergr. V BAT / VKA mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 7. Januar 2003 zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt vor:

Es sei richtig, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit eine Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen, EU-Richtlinien und lebensmittelrechtlichen Leitsätzen anzuwenden habe. Die reine Anwendung einer Vielzahl von Rechtsgrundlagen führe jedoch nur dazu, dass das Vergütungsmerkmal "gründliche und vielseitige Fachkenntnisse" erfüllt sei. Denn dies bedeutet bereits eine quantitative Steigerung der Fachkenntnis in der Breite gegenüber dem üblicherweise zu erwartenden Maß. "Umfassende Fachkenntnis" setzte darüber hinaus noch eine qualitative Steigerung hinsichtlich einer eigenständigen Auseinandersetzung mit den Rechtsvorschriften in der Tiefe voraus. Dies sei bei der Tätigkeit eines Lebensmittelkontrolleurs jedoch nicht erforderlich. Der Hinweis des Klägers auf die Größe des Kommentarwerks und die Eigenart von EU-Richtlinien könne nicht zu einer anderen Einschätzung führen. Zum einen könne davon ausgegangen werden, dass ein Kommentar, der sich mit einer solchen Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen befasse, einen großen Anteil an formalen Inhalten und Indizes besitze. Darüber hinaus enthalte er auch eine systematische Einführung in die Grundlagen des Lebensmittelrechts, die in der Praxis des Klägers keine Rolle mehr spielen dürfte. Des Weiteren ergebe sich aus der Beschreibung des Werkes, dass es sich dabei um eine vollständige und umfassende Sammlung von Texten, Entscheidungen und Kommentierungen zum Lebensmittelrecht und anderen Rechtsgebieten handele. Soweit sich der Kläger bei seiner Tätigkeit nicht allein auf den Normtext beschränken könne, seien in diesem Werk die notwendigen rechtlichen Hinweise enthalten. Der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, dass und über welchem Umfang hinaus noch weitere rechtliche Erkenntnisforschung erforderlich sei. Sie bestreite, dass der Kläger jahrelang die entsprechende Auslegung von europäischen Rechtsnormen im Lebensmittelbereich vornehmen müsse. Soweit europäische Rechtsnormen unbestimmte Rechtsbegriffe enthielten, könne sich der Kläger jedenfalls für eine Übergangszeit an die bisher geltenden nationalen Rechtsvorschriften anlehnen. Die "Auslegung" der Gesetze beschränke sich daher auf ein Nachlesen und die Umsetzung auf den Einzelfall.

Auch hinsichtlich der technischen Fachkenntnisse sei nicht vom Erfordernis umfassender Fachkenntnisse auszugehen. Für die Überprüfung von Eigenkontrollkonzepten seien zwar vielseitige technische, chemische, biologische und physikalische Kenntnisse erforderlich. Ebenfalls sei es richtig, dass der Kläger die groben Produktionsabläufe kennen müsse. Darüber hinaus benötige er jedoch keine vertieften Kenntnisse der technischen Funktionsweise der verarbeitenden oder herstellenden Maschinen. Zur lebensmittelrechtlichen Beurteilung reiche es aus, wenn er die Wirkungsweisen der Maschinen und die einzelnen Produktionsschritte lebensmittelrechtlich beurteilen könne.

Schließlich fehle es auch an der besonderen Verantwortung. Der Zeitanteil der Kontrolltätigkeiten, deren Ergebnis die Sicherstellung von Lebensmitteln oder Teil-/ Vollschließung von Betrieben sei, sei verschwindend gering (3%). Dieser Anteil sei daher für die Beurteilung des Arbeitsvorganges der Betriebskontrolle ohne prägende Bedeutung. Zudem gehe der Kläger von einem falschen Verantwortlichkeitsbegriff aus. Es komme nicht darauf an, welche Auswirkungen ein fehlerhaftes Verhalten habe, sondern darauf, welche Auswirkungen die korrekte Ausübung seiner Befugnisse habe. Dass der Kläger aufgrund seiner Entscheidungsbefugnis Verantwortung trage, sei unbestritten. Eine "besondere" Verantwortung sowohl hinsichtlich der Kompetenzen als auch der rechtlichen und tatsächlichen Folgen sei jedoch nicht gegeben.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Ergänzend wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine Abänderung des sorgfältig begründeten erst-instanzlichen Urteils.

Dazu im Einzelnen:

I. Nach § 22 des anwendbaren BAT richtet sich die Eingruppierung eines Angestellten nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung in den Anlagen 1 a und 1 b. Der Angestellte erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Dies ist der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale erfüllen.

Ein Arbeitsvorgang ist eine Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit, die unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbar und rechtlich selbstständig zu bewerten ist. Äußerlich ähnliche oder gleiche Tätigkeiten können nicht zu einem Arbeitsvorgang zu-sammengefasst werden, wenn sie tariflich verschieden zu bewerten sind und auch tatsächlich in sinnvoller Weise getrennt werden können (BAG, Urt. v. 25. August 1993, 4 AZR 608/92).

Es ist nicht zu beanstanden, dass das Arbeitsgericht die gesamte Kontrolltätigkeit eines Lebensmittelkontrolleurs als einen Arbeitsvorgang bewertet. Hinsichtlich der Betriebskontrollen führt der Kläger alle von ihm wahrzunehmenden Einzelaufgaben aus einem zusammenhängenden Rechtsgebiet ohne weiteres Personal durch. Die erforderlichen Fachkenntnisse unterscheiden sich bei den einzelnen Kontrolltätigkeiten auch nicht in rechtlich erheblicher Weise. Es ist auch nicht ersichtlich, dass er bei den Betriebskontrollen nicht stets in gleicher Weise selbstständig arbeitet. Der Umstand, dass der Kläger neben den Kontrollen auch Beratungen durchführt, führt nicht zu einer anderen Betrachtung. Denn zu Recht ist auch insoweit das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass beim Kläger die Tätigkeit des Kontrollierens überwiegt, so dass der rechtlichen Beurteilung ein einheitlicher Arbeitsvorgang zugrunde gelegt werden kann.

II. Die Eingruppierung von Lebensmittelkontrolleuren richtet sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urt. v. 14. August 1985, 4 AZR 322/84) nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen für den Verwaltungsdienst.

Danach sind für seine Eingruppierung folgende allgemeine Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst heranzuziehen:

Vergr. V c

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert.

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderungen nicht erfüllen).

Vergr. V b

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert.

(Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in den Fallgr. 1 a der Vergr. VII, VI b und V c geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach).

1 c. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert, nach 3-jähriger Bewährung in Vergr. V c Fallgr. 1 a.

Vergr. IV b

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergr. V b Fallgr. 1 a heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.

Die Tätigkeitsmerkmale der Fallgr. 1 a der Vergr. IV b bauen auf den Tätigkeitsmerkmalen der Vergr. V b Fallgr. 1 a auf. Nach der ständigen Rechtsprechung des für Eingruppierungsrechtsstreitigkeiten zuständigen 4. Senats ist bei Aufbaufallgruppen zunächst zu prüfen, ob der betreffende Angestellte die allgemeinen Anforderungen der Eingangsvergütungsgruppe erfüllt, auf die die weiterführenden Tarifmerkmale der höheren Vergütungsgruppe aufbauen (vgl. nur: BAG, Urt. v. 4. Mai 1994, 4 AZR 447/93). Dies bedeutet, dass die Eingruppierung in eine höhere Vergütungsgruppe nur dann begründet ist, wenn der betreffende Angestellte die qualifizierenden Merkmale der vorausgegangenen Vergütungsgruppe auch erfüllt. Auf den vorliegenden Fall angewandt ist mithin zu prüfen, ob die Klägerin die allgemeinen Anforderungen der Vergütungsgruppe V b Fallgr. 1 a erfüllt und anschließend die qualifizierenden Tarifmerkmale der darauf aufbauenden Vergr. IV b Fallgr. 1 a.

Bei der Fallgr. 1 a der Vergr. V b handelt es sich wiederum nicht um eine Aufbaugruppe zur Fallgr. 1 a der Vergr. V c, sondern lediglich um höhere Anforderungen. Denn im Verhältnis dieser beiden Fallgruppen haben die Tarifvertragsparteien das für das Vorliegen echter Aufbaufallgruppen erforderliche "Herausheben" aus den Tätigkeitsmerkmalen der nächst niedrigeren Vergütungsgruppe nicht ausdrücklich vorgeschrieben (vgl. dazu: BAG, Urt. v. 19. Februar 2003, 4 AZR 158/02).

Danach ist für die begehrte Eingruppierung des Klägers entscheidend, ob er zunächst die Voraussetzungen der Fallgr. 1 a der Vergr. V b erfüllt.

III. Die Fallgr. 1 a der Vergr. V b verlangt Tätigkeiten, die gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert. Nach dem Klammerzusatz bedeuten gründliche, umfassende Fachkenntnisse gegenüber den in den Fallgruppen 1 a der Vergr. VII, VI b und V c geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach. Der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Vielmehr erfordert seine Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen.

1. Das Tätigkeitsmerkmal "gründliche, umfassende Fachkenntnisse" ist nur erfüllt, wenn das Volumen der anzuwendenden Fachkenntnisse gegenüber den gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen deutlich gesteigert ist. Das Merkmal der gründlichen und umfassenden Fachkenntnisse verlangt daher eine Steigerung gegenüber den gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse der Tiefe und der Breite nach (BAG, Urt. v. 25. August 1993, 4 AZR 608/92). Durch die Fassung der Eingruppie-rungsnorm der Vergr. V b Fallgr. 1 a ("deren Tätigkeit") ist wiederum klargestellt, dass es zur Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals nicht ausreicht, wenn ein Angestellter persönlich über gründliche, umfassende Fachkenntnisse verfügt. Entscheidend ist allein, ob derartige Fachkenntnisse für die Erledigung der auszuübenden Tätigkeit erforderlich sein müssen. Gründliche, umfassende Fachkenntnisse verlangen nicht schlechthin und unbedingt Rechtsprechungskenntnisse. Umgekehrt verfügt ein Angestellter keineswegs aber schon deswegen über gründliche, umfassende Fachkenntnisse, weil er Rechtsprechung kennen und anwenden muss.

Nach der Rechtsprechung des 4. Senats kann im Einzelnen aus der Breite der Fachkenntnisse auch auf deren Tiefe geschlossen werden (BAG, AP-Nr. 12 zu §§ 22, 23 BAT). Schließlich können die gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse auch auf Erfahrungswissen beruhen, wobei sich dieses nicht ausschließlich auf Rechtsvorschriften beziehen muss.

2. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien erweist sich die Tätigkeit des Klägers nicht als eine solche, die gründliche, umfassende Fachkenntnisse erfordert.

a. Die Berufungskammer verkennt nicht, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen anzuwenden hat. Der Kläger hat in seiner Arbeitsplatzbeschreibung insbesondere auf die Vielzahl der zu berücksichtigenden Verordnungen hingewiesen. Die Berufungskammer verkennt auch nicht, dass das nationale Recht immer stärker auch in diesem Bereich durch EU-Recht geprägt wird. Dabei kann es im Einzelfall durchaus schwierig sein, die einschlägige Rechtsgrundlage korrekt anzuwenden. Jedoch reicht die dem Umfang nach sicherlich festzustellende sehr weitgehende Kenntnis von einer Vielzahl von Rechtsgrundlagen nicht aus, das Merkmal der gründlichen und umfassenden Fachkenntnisse auszufüllen (BAG, Urt. v. 25. August 1993, 4 AZR 608/92). Denn die Tätigkeit des Lebensmittelkontrolleurs verlangt über die bloße Kenntnis der Bestimmung hinaus weder die Kenntnis rechtlicher Zusammenhänge noch die Verwertung gerichtlicher Entscheidungen in eigener Gedankenarbeit. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass in der Regel eine bloße Kenntnis der Gesetzestexte ausreicht. Zwar behauptet der Kläger, insbesondere durch EU-Recht seien zuvor klare Vorschriften im Lebensmittelbereich teilweise so stark verwässert worden, dass im Anschluss durch die entsprechenden Verbände und Interessenvertretungen Kommentierungen und Leitlinien erfolgen müssten. Bevor dies geschehen sei, müsse er jedoch allein die entsprechende Auslegung der Gesetze / Verordnungen vornehmen. Aus diesem Vortrag wird nicht substantiiert deutlich, dass der Kläger in einem für die Eingruppierung erheblichen Umfang nicht bloß Gesetze anwendet, sondern darüber hinaus Rechtsvorschriften zu interpretieren hat und wichtige gerichtliche Entscheidung in eigener Gedankenarbeit verwerten und nicht nur übernehmen muss.

Der Kläger hat nicht substantiiert dargetan, dass er in diesem Sinne weitere rechtliche Erkenntnisforschung betreiben muss. Er hat lediglich pauschal behauptet, er müsse allein die entsprechende Auslegung der Gesetze / Verordnungen vornehmen, solange noch keine Kommentierung vorliege oder Leitlinien herausgegeben worden seien. Er hat damit nicht konkret dargelegt, dass dies in einem für die Eingruppierung rechtlich erheblichen Umfang geschieht. Der Hinweis auf die Umsetzung der Richtlinie 93/43 des Rates der EWG über Lebensmittelhygiene durch die Einführung der Lebensmittelhygieneverordnung reicht insoweit nicht aus. Wenn er auf etwaige unbestimmte Rechtsbegriffe verweist, so begründet dies noch nicht das Erfordernis umfassender Fachkenntnis. Denn zum einen dürfte es für das Aufgabengebiet des Klägers für die Ausfüllung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe ausreichende Kommentierungen und Leitlinien geben. Der Kläger hat nicht substantiiert vorgetragen, dass dies für seine Tätigkeit in einem für die Eingruppierung erheblichen Ausmaß nicht der Fall ist. Selbst wenn es im Einzelfall insoweit Zweifelsfragen gegeben hat, so führt dies noch nicht dazu, dass die Tätigkeit des Klägers im Regelfall über das Erfordernis der bloßen Kenntnis der Bestimmungen hinaus die Kenntnis rechtlicher Zusammenhänge in eigener Gedankenarbeit erfordert.

Hinzu kommt Folgendes:

Die Beklagte verfügt über eine Rechtsabteilung. Auf Nachfrage des Vorsitzenden haben beide Parteien bestätigt, dass diese Rechtsabteilung auch zuständig ist für die Beurteilung schwieriger oder zweifelhafter Fragen aus dem Aufgabengebiet des Lebensmittelkontrolleurs. Zwar hat der Kläger nach seiner Erklärung die Rechtsabteilung bisher nur in zwei Fällen in Anspruch genommen. Entscheidend ist aber, dass ihm der Rat der Rechtsabteilung in rechtlichen Fragen zur Verfügung steht. Sollte es daher tatsächlich im Einzelfall Schwierigkeiten in der rechtlichen Beurteilung geben, so erfordert nicht seine Tätigkeit umfassende Kenntnis bezogen auf die rechtliche Situation, sondern er kann sich ggf. an die Rechtsabteilung wenden. Dass er dies in der Vergangenheit nur in geringem Umfang getan hat, ist dabei unerheblich. Denn für die Eingruppierung kommt es nicht darauf an, ob er persönlich vielleicht über gründliche, umfassende Fachkenntnisse verfügt, die eine Inanspruchnahme der Rechtsabteilung nicht erforderlich machen. Entscheidend ist vielmehr allein, dass die von ihm auszuübende Tätigkeit derartige umfassende Fachkenntnisse nicht erfordert.

b. Die Berufungskammer verkennt auch nicht, dass Mitte 2001 die seit 1977 geltende Lebensmittelkontrolleursverordnung durch eine neue ersetzt wurde, in der der Aufgabenkatalog eines Lebensmittelkontrolleurs und die Eingangsvoraussetzungen für die Ausbildung zum Lebensmittelkontrolleur erheblich angehoben worden sind. Dies geschah vor dem Hintergrund der nachhaltigen Veränderungen, die sich auf die Weiterentwicklung der Lebensmitteltechnologie, den zunehmend weltweiten Handel mit Lebensmitteln und die Vollendung des Binnenmarktes in der Europäischen Union zurückführen lassen. Dabei verkennt das Berufungsgericht auch nicht, dass Lebensmittelskandale das Bewusstsein für die Bedeutung der Lebensmittelsicherheit erhöht und die Wichtigkeit einer nationalen Kontrolle auf hohem Niveau verdeutlicht haben. Dies führt jedoch zumindest derzeit erkennbar noch nicht dazu, dass anders als bisher die Tätigkeit der Lebensmittelkontrolleure nicht nur gründliche, vielseitige Fachkenntnisse erfordern, sondern gründliche, umfassende Fachkenntnisse. Denn die getroffenen Maßnahmen können auch das Ziel haben, bei den Lebensmittelkontrolleuren durch eine entsprechende Ausbildung sicherzustellen, dass die geforderten gründlichen, vielseitigen Fachkenntnisse tatsächlich auch vorhanden und immer wieder aktualisiert werden. § 3 Abs. 2 des Entwurfs der zur Akte gereichten Lebensmittelkontrolleurverordnung macht deutlich, dass im Rahmen des 24-monatigen Lehrganges Kenntnisse und Fertigkeiten auf den Gebieten der allgemeinen Rechtskunde, des allgemeinen Verwaltungsrechts, der Grundzüge des Gemeinschaftsrechts, der Verwaltungstechnik einschließlich der automatisierten Daten und Kommunikationstechnik, des Straf-, Strafprozess- und Ordnungswidrigkeitenrechts und weiteren speziellen Rechtsgebieten zu vermitteln sind. Die in diesem Katalog aufgeführten Kenntnisse und Fertigkeiten verdeutlichen aber lediglich die Notwendigkeit gründlicher, vielseitiger Fachkenntnisse. Dass derjenige, der wie der Kläger als Lebensmittelkontrolleur eine Vielzahl lebensmittelrechtlicher Vorschriften anzuwenden hat, auch Grundkenntnisse im allgemeinen Verwaltungsrecht und im Straf-, Strafpro-zess- und Ordnungswidrigkeitenrechts haben muss, ist selbstverständlich. Dies bedeutet aber noch nicht, dass seine Tätigkeit eine umfassende Fachkenntnis erfordert. Durch die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten auch in den Grundlagen des Rechts soll er instand gesetzt werden, die konkreten Vorschriften aus dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständerecht anzuwenden. Die Vermittlung dieser Grundlagen ist dazu geeignet, die einschlägige Rechtsgrundlage zu finden. In der Regel verbleibt es dann allerdings bei der Anwendung der von ihrem Wortlaut her ohne vertiefte Kenntnis heranzuziehenden lebensmittelrechtlichen Vorschriften.

c. Auch der Hinweis des Klägers, er müsse aktuelle Rechtsprechung bei seiner Tätigkeit berücksichtigen, begründet keine umfassenden Fachkenntnisse. Es ist selbstverständlich, dass ein Angestellter, dessen Tätigkeit gründliche, vielseitige Fachkenntnisse verlangt, auch die Rechtsprechung in seinem Tätigkeitsbereich zur Kenntnis nimmt. Der Kläger hat aber nicht substantiiert dargelegt, dass er über die bloße Kenntnisnahme solcher Rechtsprechung hinaus gerichtliche Entscheidungen in eigener Gedankenarbeit zu verwerten hat.

d. Das Erfordernis umfassender Fachkenntnisse folgt auch nicht daraus, dass der Kläger auch zuständig ist für das Bußgeldverfahren. Die Anforderungen an Sorgfalt und Fachkenntnisse unterscheiden sich bei der Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten nicht von den Anforderungen hinsichtlich der Fachkenntnisse bzgl. der vorangehenden Ermittlungen des Lebensmittelkontrolleurs hinsichtlich der technischen und tatsächlichen Gegebenheiten. Zudem hat der Kläger in schwierigeren Sach- und Rechtsfragen stets die Möglichkeit, vor einer Entscheidung die Rechtsabteilung der Beklagten um Rat zu fragen. Der Kläger ist eben bei etwaigen Auslegungsfragen und rechtlichen Schwierigkeiten nicht auf sich allein gestellt, sondern kann entsprechenden Rat hinzuziehen.

e. Umfassende Fachkenntnisse können auch nicht damit begründet werden, dass sich das nationale Recht auf dem Gebiet der Lebensmittelkontrolle weiterentwickelt, und zwar nicht zuletzt aufgrund des Einflusses europäischer Rechtsvorschriften. Diese Entwicklung ist für nahezu alle Bereiche der Verwaltung typisch. Diesen Anforderungen haben sich die Angestellten des öffentlichen Dienstes zu stellen. Diese Flexibilität erfordert jedoch keine umfassenden Fachkenntnisse, sondern gründliche, vielseitige Fachkenntnisse.

f. Von der Tätigkeit des Klägers wird auch nicht eine derartige Breite von Fachkenntnissen erwartet, dass auch auf deren Tiefe geschlossen werden kann. Zwar verkennt die Berufungskammer keineswegs die Bedeutung des Lebensmittelrechts und die Vielzahl der anzuwendenden Vorschriften. Letztlich geht es aber auch bei der Tätigkeit des Klägers nur um einen begrenzten Bereich der Verwaltung. Zwar mag die Anzahl der anzuwendenden Verordnungen und Gesetze erheblich sein. Dies ist jedoch kein qualitatives Kriterium, sondern lediglich ein quantitatives und resultiert daraus, dass es jeweils getrennt für die Lebensmittel auch spezielle Verordnungen gibt.

Beispielhaft ist insoweit hinzuweisen auf die Hackfleischverordnung, die Honigverordnung, die Milcherzeugnissesverordnung, die Mineral- und Tafelwasserverordnung, die Fruchtsaftverordnung, die Butterverordnung, die Enteneierverordnung, die Eiprodukteverordnung und die Margarine- und Mischfettverordnung. Gerade diese speziellen Verordnungen belegen, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber konkret die Einzelfälle geregelt hat, so dass vom Lebensmittelkontrolleur im Regelfall über die bloße Kenntnis dieser Bestimmungen hinaus keine weitere rechtliche Gedankenarbeit verlangt wird. Aus der Vielzahl dieser Verordnungen kann daher nicht qualitativ auf die Tiefe der geforderten Fachkenntnisse geschlossen werden.

g. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die umfassenden Fachkenntnisse auch nicht zu begründen mit seiner Tätigkeit bei der Überprüfung der Eigenkontrollkonzepte. Wenn er darauf hinweist, dass ihm die Funktionsweise der verarbeitenden und herstellenden Maschinen bekannt sein muss, so belegt dies lediglich die Vielseitigkeit seiner Fachkenntnisse. Denn richtig ist insoweit, dass die Überprüfung der Eigenkontrollkonzepte beim Kläger vielseitige technische, chemische, biologische und physikalische Kenntnisse erfordert. Zur lebensmittelrechtlichen Beurteilung reicht es aber aus, wenn er die Wirkungsweisen der Maschinen und die einzelnen Produktionsschritte lebensmittelrechtlich beurteilen kann. Ein tieferes technisches Verständnis der Maschinen und ihrer konkreten Funktionsweise im Einzelnen ist nicht erforderlich. Die Tätigkeit des Klägers auch in diesem Bereich belegt gerade das Erfordernis der gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse, aber auch nicht mehr.

Nach alledem fehlt es bereits an dem Tätigkeitsmerkmal der gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse, weshalb es nicht mehr darauf ankommt, ob die Tätigkeit des Klägers auch besonders verantwortungsvoll ist.

Abschließend möchte die Kammer darauf hinweisen, dass sie von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung den Eindruck eines sehr gründlichen, sehr engagierten und gewissenhaften Lebensmittelkontrolleurs gewonnen hat. Vielleicht mag es auch sein, dass er persönlich zum Teil aufgrund seines Engagements Fachkenntnisse erworben hat, die durchaus in Einzelbereichen als umfassend bezeichnet werden können. Darauf kommt es aber nicht an, weil nicht die persönlichen Fachkenntnisse des Angestellten entscheidend sind, sondern die Fachkenntnisse, die für die Erledigung der auszuübenden Tätigkeit erforderlich sind. Das Erfordernis solcher umfassenden Fachkenntnisse vermag die Berufungskammer aber aus den dargelegten Gründen nicht zu erkennen.

Nach alledem ist die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen. Ein gesetzlich begründbarer Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht. Es handelt sich um eine am Einzelfall orientierte Entscheidung.

Ende der Entscheidung

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