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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 09.07.2009
Aktenzeichen: 4 Sa 403/08
Rechtsgebiete: BAT


Vorschriften:

BAT Vergütungsgruppe VII
BAT Vergütungsgruppe VI b Fg. 2
BAT Vergütungsgruppe V c Fg. 1 b
Die Auswertung von Schriftstücken und die Eingabe sogenannter Entitäten, deren Verknüpfung und Verschlagwortung kann im Einzelfall selbständige Leistungen erfordern (EDV-gestützte Sachbearbeitung im Kommissariat).
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 4 Sa 403/08

Verkündet am 09.07.2009

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 09.07.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 02.10.2008 (ö.D. 2 Ca 838 d/08) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Ziffer 2) des Tenors des Urteils wird zur Klarstellung wie folgt formuliert:

Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 TV-L zu zahlen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die richtige Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin trat am 3. Mai 1977 in die Dienste des beklagten Landes ein und arbeitete zunächst als Angestellte im Schreibdienst. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden der BAT Bund/Land bzw. nach dessen Inkrafttreten der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TV-L) Anwendung.

Seit dem 2. Januar 1979 arbeitet die Klägerin bei der Mordkommission/Kommissariat 1 (K 1) der Bezirkskriminalinspektion Itzehoe. Sie ist dort unmittelbar dem Leiter des Kommissariats unterstellt.

Unter dem 18. Juni 2007 erstellte das beklagte Land für den Arbeitsplatz der Klägerin eine Tätigkeitsdarstellung, deren Richtigkeit und Vollständigkeit die Klägerin mit ihrer Unterschrift bestätigte. Diese Darstellung der Tätigkeiten enthält folgende Aufgaben mit den dabei anfallenden Arbeitsschritten und gegebenenfalls anzuwendenden Vorschriften und dem Anteil an der gesamten Arbeitszeit in Prozent:

Lfd. Nr.|Aufgabe|ausführliche Beschreibung der dabei anfallenden Arbeitsschritte und ggf. Angabe der anzuwendenden Vorschriften|Anteil an der gesamten Arbeitszeit in % 1 |EDV-gestützte Vorgangssachbearbeitung @rtus, POLDOK Fallbearbeitungssysteme EURAS bzw. zukünftig MERLIN in der Landespolizei|Auswerten von Aktenstücken auf Straftatbestände und Erfassung der Daten in @rtus und deren Pflege. Weiterleiten von Vorgängen an die zuständigen Sachbearbeiter gem. Org.Pla./GVP.| ||Eingabe von Daten| ||- Anlegen von Ermittlungsspuren,| ||- Herstellen von Datenverknüpfungen,| ||- Datenpflege durch permanenten Abgleich mit den Ermittlungsakten und den neu erstellten Dokumenten| ||Die Ermittlungsarbeit ist bei der Bewertung und Analyse der Informationen und Informationssteuerung, der Ermittlungsführung durch Datenrücklaufkontrolle zu unterstützen.| ||Erhebungen von POLDOK-Daten aus Vorgängen für die Eingabe in die Datei Bearbeitung der Kriminalstatistik und Ausfüllen der Merkblätter| ||TKÜ-Gesprächsaufzeichnungen sind zu prüfen und zu protokollieren,| ||Zur Feststellung von Telefonanschlussinhabern müssen Daten verifiziert werden.| ||Anzuwendende Rechtsvorschriften: PDV 350 (SH), StGB, Abschnitte 16, 17, 18 und 20 stopp, Abschnitte 6, 8 und 9, Dienstanweisungen und Erlasse zur GA 12.06 sowie einschlägige Datenschutzgesetze und -verordnungen Telekommunikationsgesetz @rtus-Dienstanweisung/EURAS bzw. MERLIN Dienstanweisung|42,50 % ||1. In komplexen Ermittlungsverfahren:| 2|Ermittlungsunterstützende Tätigkeiten| Erstellen und Versenden von Fragebögen Auswertung dieser Fragebögen Erstellen von Fallakten| 10 % ||2. bei strafprozessualen Maßnahmen:| ||Neben der Mitarbeit bei der logistischen und organisatorischen Vorarbeit der strafprozessualen Maßnahmen gehört hierzu auch die Protokollierung der durchgeführten Maßnahmen und die Durchsuchung weiblicher Personen auf Anordnung|5 % ||3. Verwaltung von Asservaten:| ||Dokumentation der Annahme und Herausgabe von Asservaten sowie Abgabe an die zentrale Asservatenstelle,|2,5 % ||- hierüber lückenlose Listen und Einzelblattablagen des Verbleibs und Registrierung zu führen und laufende Kontrollen zur Vermeidung von Verlusten und Schäden zu dokumentieren (Führen des internen Asservatenverzeichnisses pp.)| ||- Verbringen von Asservaten und Fundsachen zur Staatsanwaltschaft bzw. anderen Berechtigten| ||4. Hinweisaufnahme und -weitergabe| ||Entgegennahme von Hinweisen und Mitteilungen, protokolieren und Weitergabe an Mitarbeiter| Nr. 4.-6. 7 % ||5. Betreuungsaufgaben| ||Im K1 wird die Beschäftigte im Einzelfall auch für Betreuungsaufgaben eingesetzt. Begleitung von weiblichen Zeugen, Beschuldigten bzw. deren Familienangehörigen. Betreuungen von Familienangehörigen im Zusammenhang mit dem Überbringen von Todesnachrichten| ||6. Prozessbeobachtung| ||Beobachten von Strafprozessen des Arbeitsbereiches und deren Protokollierung.| ||7. Aktenhaltung/Registratur| ||Führen der Vorgangsakten und Generalakten Überwachung von Termin- und Löschfristen Vernichtung der Akten nach Ablauf| Nr. 7.-10. 3 % Aktualisierung der Erlasssammlung und Dienstvorschriften ||8. Verteilung der Postein- und ausgänge:| ||Annahme, Zuordnung, Auszeichnung und Verteilung der Postein- und -ausgänge| ||9. Büromaterial- und Vordruckverwaltung:| ||Der Büro- und Vordrucksbedarf ist zu ermitteln und an die zuständige Stelle weiterzumelden, dort direkt abzuholen, zu lagern und auf Nachfrage an Mitarbeiter des Kommissariates auszugeben.| ||10. Unterstützung der K-Leitung | ||Logistische/organisatorische Vorbereitung von Dienstbesprechungen| 3|VICLAS-Koordination|Einstellung von Falldaten aus Strafverfahren des K 1 in die VICLAS-Datenbank|5 % ||Anzuwendende Rechtsvorschriften: PDV 350 SH, Datenschutzgesetz, weitergehende, einschlägige Dienstanweisungen und Erlasse| 4|Führen der DNA-Datei|Erfassen von Daten in die DNA-Datei Erstellen von Straftäterprognosen und Vordrucken|5 % ||Anzuwendende Rechtsvorschriften: stopp § 81 e-h, DANN-IFG, PDV 350 SH, weitergehende, einschlägige Dienstanweisungen und Erlasse| 5|Schreibtätigkeiten|PC-Schreibarbeiten (nach Vorlage, Banddiktat, Direktvernehmungsdiktat)| 20 % ||Abschrift von videodokumentierten Vernehmungen mit Beschreibung der Vernehmungsumstände|

Im Rahmen der auf dieser Grundlage vorzunehmenden Tätigkeitsbewertung bildete das beklagte Land ausweislich der Tätigkeitsdarstellung und -bewertung vom 18. Juni 2007 (Bl. 37 - 43 d. A.) insgesamt drei Arbeitsvorgänge und gelangte dabei zu dem Ergebnis, dass die gesamte auszuübende Tätigkeit der Klägerin zu bewerten ist nach der Vergütungsgruppe/Lohngruppe VII Fallgr. 1 b Teil I BAT/MTArb). Die Bildung der Arbeitsvorgänge und deren Bewertung nahm das beklagte Land wie folgt vor:

 Lfd. Nr.Arbeitsvorgänge: gebildet aus Teil I Nr. 5 lfd. Nrn. Arbeitsvorgänge: BezeichnungAnteil an der gesamten Arbeitszeit in %erfüllte AnforderungenBegründungVerg.-Gr., Fallgr., Teil, Abschnitt, Unterabschnitt
1234567
11,2Vorgangssachbearbeitung @rtus Fallbearbeitungsssteme Euras und Merlin40Gründliche FachkenntnisseFür die Erfassung der Daten in die Systeme sowie deren Weiterleitung sind gründliche Fachkenntnisse im Sinne des Tarifrechts erforderlichVII Fg. I b6 Teil 1

 23,4,5Ermittlungsunterstützende Tätigkeiten40Gründliche FachkenntnisseZur Ausführung dieser Tätigkeiten sind ebenfalls gründliche Fachkenntnisse im Sinne des Tarifrechts erforderlichVII Fg. I b Teil 1
36Schreibtätigkeiten20290 Anschläge pro MinuteSchreibtätigkeiten gem. VergütungsordnungVII Fg. 3 Teil II N I

Das beklagte Land teilte folglich der Klägerin mit Schreiben vom 30. Mai 2007 mit, unter Anrechnung der seit dem 1. August 1977 in der Vergütungsgruppe VII BAT zurückgelegten Zeit werde sie im Rahmen des Bewährungsaufstieges mit Wirkung vom 1. Januar 2006 nach Vergütungsgruppe VI b Fg. 2 Teil I BAT höher gruppiert und anschließend in die Entgeltgruppe 6 TV-L übergeleitet.

Die Parteien streiten darum, ob die Tätigkeit der Klägerin gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Drittel selbstständige Leistungen erfordert und sie deshalb - so meint die Klägerin - Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c beziehungsweise übergeleitet nach der Entgeltgruppe 8 hat.

Im erstinstanzlichen Verfahren hat das beklagte Land der Auffassung der Klägerin zugestimmt, deren Tätigkeit beinhalte lediglich zwei Arbeitsvorgänge, und zwar erstens ermittlungsunterstützende Tätigkeiten mit 80 % und zweitens Schreibtätigkeiten mit 20 %. Weiterhin hat das beklagte Land im erstinstanzlichen Verfahren auch der Auffassung der Klägerin zugestimmt, ihre Tätigkeit erfordere nicht nur gründliche Fachkenntnisse, sondern gründliche und vielseitige Fachkenntnisse.

Die zuständige Stelle für die Übertragung von Tätigkeiten im Bereich der Landespolizei ist in Schleswig-Holstein aufgrund des Erlasses vom 15. Dezember 2005 (Bl. 134 - 136 d. A.) und des konkretisierenden Erlasses vom 13. Februar 2007 (Bl. 137 - 138 d. A.) ausschließlich das Landespolizeiamt. Dieses verfügte am 2. April 2007 (Bl. 139 ff. d. A.), dass die Übertragung durch die Erstellung einer Tätigkeitsdarstellung erfolgt. Daraufhin fertigte das beklagte Land im Einvernehmen mit der Klägerin am 18. Juni 2007 obige Tätigkeitsdarstellung.

Die Klägerin arbeitet in der Mordkommission als Sachbearbeiterin an einem PC-Arbeitsplatz. Ihre Aufgabe ist es unter anderem, die EDV-gestützte Vorgangssachbearbeitung durchzuführen. Das dazu früher benutzte Programm EURAS wurde durch das Software-Programm MERLIN ersetzt. Die Klägerin muss für ihre Tätigkeit in der Lage sein, dieses Softwareprogramm sicher zu bedienen. Es ermöglicht, komplexe Ermittlungsverfahren mit hohem Informationsaufkommen zu bewältigen. MERLIN gestattet es, umfangreiches Informationsaufkommen auszuwerten und die aufgetretenen Informationen fallbezogen miteinander zu verknüpfen. Die Klägerin hat sich dabei an die Vorgaben des MERLIN-Verfahrensablaufes zu halten, bei denen die Verfahrenswege jeweils durch ständige Online-Hilfen oder durch das Handbuch vorgezeichnet sind.

Bei der Arbeit mit diesem Programm hat die Klägerin aus ihr von den ermittelnden Kriminalbeamten übergebenen Schriftstücken Daten in die Datenbank MERLIN einzugeben. Aufgabe der Klägerin ist es dabei zunächst, die Verfahrensdaten in der EDV zu erfassen. Diese Daten sind dem ihr übergebenen Schriftstück zu entnehmen. Die Klägerin hat dabei neben der Verfahrensbezeichnung, dem Aufnahmedatum, der Aufnahmezeit sowie der Benennung der aufnehmenden Personen insbesondere die Beteiligten und deren persönliche Daten in das System einzugeben.

Weiterhin hat sie bei dieser Dateneingabe die sogenannten "Entitäten" zu erfassen. Damit werden Personen oder Sachen bezeichnet, die ebenfalls in der Datenbank erfasst werden. Aufgabe der Klägerin ist es, aus der ihr vorliegenden Unterlage diese Entitäten zu entnehmen und einzugeben. Bei Personen geschieht dies durch die Angabe der persönlichen Daten, bei Sachen durch schlagwortartige Bezeichnung der Sache.

Sodann hat die Klägerin sogenannte "Verknüpfungen" herzustellen, also die verschiedenen von ihr eingegebenen Entitäten (Personen oder Sachen) miteinander zu verknüpfen. Aufgabe der Klägerin ist es dabei, eine Zuordnung nach den vom EDV-Programm vorgegebenen Kriterien vorzunehmen. Zum Beispiel ist eine Adresse einer Person zuzuordnen oder eine Sache einer Person als Eigentümer oder Nutzer. Die Informationen hinsichtlich der Verknüpfung hat die Klägerin aus den ihr vorliegenden Schriftstücken zu entnehmen.

Schließlich hat die Klägerin bei den eingegebenen Informationen an den vom EDV-Programm vorgegebenen Stellen Prüfungen nach dem sogenannten "4 x 4- Bewertungssystem" vorzunehmen. Dabei muss sie aus der ihr vorliegenden Unterlage die Quelle und die Information bewerten, wobei die Bewertung in vier Stufen vorzunehmen ist.

Hinsichtlich der Quelle sind bei dieser Bewertung (Quellencode) folgende Stufen zu berücksichtigen:

- Es besteht kein Zweifel an der Identität, Glaubwürdigkeit und Fähigkeit der Quelle (A),

- die Quelle hat sich in der Vergangenheit in der Mehrzahl der Fälle als zuverlässig erwiesen (B),

- die Quelle hat sich in der Vergangenheit in der Mehrzahl der Fälle als unzuverlässig erwiesen (C),

- eine bislang nicht erprobte Quelle (X)

Hinsichtlich des Informationscodes wiederum sind folgende Unterscheidungen zu berücksichtigen:

- Information, die aus eigener Wahrnehmung oder aus unzweifelhafter Herkunft stammt (1),

- Information, die nicht aus eigener Wahrnehmung stammt, deren Quelle jedoch direkten Zugang zur Information hatte (2),

- Information vom Hörensagen, die sich mit bereits vorhandenen Informationen deckt (3),

- Information vom Hörensagen, die in dieser Weise noch nicht vorliegt (4).

Grundlage der Entscheidung der Einordnung der Klägerin sind insoweit die Angaben in dem der Klägerin vorliegenden Schriftstück. Streitig ist zwischen den Parteien, ob die Klägerin insoweit darüber hinaus auch eigene Ermittlungen über die Zuverlässigkeit der Quelle beziehungsweise der Information anzustellen hat.

Bei der Eingabe der Daten hat die Klägerin zu recherchieren, ob bestimmte Daten oder Verknüpfungen im System bereits erfasst sind. Denn Doppelanlagen sind zu vermeiden.

Im Zusammenhang mit der Eingabe von Daten sind im Fallbearbeitungssystem MERLIN auch Ermittlungsspuren anzulegen. Inwieweit die Klägerin daran zu beteiligen ist, ist zwischen den Parteien streitig.

Die unterstützende Wirkung des Programms verlangt es, dass verschiedene Entitäten als Gruppen angelegt werden, wie zum Beispiel Nachbarn, Familie, Besucher einer bestimmten Örtlichkeit etc. Zudem sind die eingegebenen Informationen zu "Verschlagworten", damit zum Beispiel mit dem Schlagwort "Fundort der Leiche" schnell festgestellt beziehungsweise recherchiert werden kann, welche Beweismittel dort gefunden wurden. Wie die Zusammenfassung erfolgt, welche Asservate zum Beispiel mit identischem Schlagwort versehen werden, muss bei der Dateneingabe von der Klägerin entschieden werden.

Die Klägerin hat auch Gesprächsaufzeichnungen über Telefonüberwachungen zu protokollieren und die sich daraus ergebenden Taten und Entitäten gegebenenfalls unter Verknüpfung letzterer in das Fallbearbeitungssystem MERLIN einzugeben.

Neben ihrer ermittlungsunterstützenden Tätigkeit bei der Eingabe von Daten in das Fallbearbeitungssystem Merlin ist die Klägerin auch sogenannte ViClAS-Koordinatorin. Bei dem System ViClAS handelt es sich um ein Datenbanksystem, das der Fallanalyse und der Täterprofilerstellung dient und das bundesweit genutzt wird. Die Klägerin hat dabei einen standardisierten Erhebungsbogen mit 168 Fragen auszufüllen. Die dazu erforderlichen Daten hat sie aus der Ermittlungsakte zu entnehmen. Zudem ist für verschiedene Eintragungen auch die Inaugenscheinnahme und Beobachtung eines Tatverdächtigen erforderlich (z. B. typische Bekleidung, Rechts- oder Linkshänder, Brillenträger, spezielle Verhaltensformen, vorhandene Verletzungen, persönlicher Eindruck des Tatverdächtigen). Nach dem vollständigen Ausfüllen dieses Erhebungsbogens versendet die Klägerin ihn an die zuständige Dienststelle im LKA, die den Bogen einer Qualitätskontrolle unterzieht und ihn anschließend in die ViClAS-Datenbank einstellt. Die Qualitätskontrolle erstreckt sich darauf, ob sich aus dem ausgefüllten Bogen ergibt, dass die maßgeblichen Kriterien beachtet wurden und die Angaben widerspruchsfrei sind.

Sofern die Klägerin Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Behandlung von DNA-Untersuchungen auszuführen hat, füllt sie insoweit die Checklisten für die Aufnahme in die DNA-Analysedatei aus. Dies gilt auch, soweit in den Unterlagen das Ergebnis einer Prognose anzugeben ist. Streitig ist zwischen den Parteien, inwieweit die Klägerin bei der Ermittlung der Prognose beteiligt ist.

Die Klägerin hat behauptet:

Die MERLIN-Sachbearbeitung und auch die Informationseingabe in das Fallbearbeitungssystem seien an sehr viele Kriterien gebunden, weshalb ihre Tätigkeit erhebliche Anforderungen an das Überlegungsvermögen, an kriminalistische Erfahrungswerte und an sonstiges berufliches Erfahrungswissen stelle. Neben den erforderlichen gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen verlange ihre Tätigkeit mindestens zu 1/3 selbstständige Leistungen. Schon vor der Eingabe nutze sie die ersten Recherchemöglichkeiten des MERLIN-Systems, um Doppeleingaben, unterschiedliche Schreibweisen und doppelte Ermittlungsführungen zu vermeiden. Es gebe dazu die Möglichkeit der einfachen Suche, der Ähnlichkeitsrecherche, der Komplexrecherche oder der Volltextrecherche (unstreitig). Nachdem sie die Grundfalldaten in das System eingegeben habe, müsse sie sich im Wesentlichen überlegen, in welcher Form sie die Informationen im System abbilde. Bei jeder zu treffenden Verknüpfung müsste sie in jedem Fall überlegen und entscheiden, wie die spätere Nutzbarkeit (Recherchierbarkeit) im Verfahren aussehen solle. Bei der Eingabe jeder Entität habe sie zudem das Prüffeld "Bewertung der Qualität der Daten" zwingend auszufüllen. Sie habe also nicht nur Namen oder das Geburtsdatum einer Person abzuschreiben, sondern auch zu bewerten, ob es sich bereits bei diesen ersten scheinbar einfachen Informationen um bestätigte und gesicherte Daten handele. Ihre Arbeit sei keine reine Datenerfassung, sie zeichne sich vielmehr dadurch aus, dass vor der Zielsetzung der Aufklärung von Strafdaten eingehende Informationen für die weiteren Ermittlungen so aufgearbeitet und in MERLIN eingegeben werden, dass die erfassten Informationen für die weitere Ermittlungsarbeit nützlich seien. Von ihr werde erwartet, dass sie aus den Informationen sich ergebende Spuren als Ermittlungsaufträge in MERLIN erfasse und damit die vom Tarifmerkmal geforderte geistige Arbeit leiste. Sie sei im Zusammenhang mit der Eingabe der Daten dafür zuständig, unter Berücksichtigung des Quellencodes und Informationscodes nach der 4 x 4-Bewertung die Daten beziehungsweise Entitäten zu bewerten. Insoweit erhalte sie keine Vorgaben von den Ermittlern.

Aus den eingegebenen Daten ergäben sich Ermittlungsaufträge, zum Beispiel im Hinblick auf die Befragung einer im Schriftstück erwähnten dritten Person oder im Hinblick auf PKW-Halter- oder Fahrerfeststellung. Dieser Bereich der Spurenerstellung/Ermittlungsaufträge sei nicht systemisch vorgegeben. Jeder Ermittlungsauftrag müsse so gestaltet werden, dass er individuell zum Gesamtauftrag passe. Sie gebe dann die sich aus den Schriftstücken zu ermittelnden Ermittlungsaufträge in das System ein. Damit liefere sie die Basis des Ermittlungsauftrages, der sich aus der Arbeit mit dem System ergebe. Sie gebe auch die Dringlichkeit des Auftrages ein. Die Auftragserteilung und die Reihenfolge der Aufträge werden jedoch durch die Ermittlungsleitung bestimmt. Gegebenenfalls präzisierten die ermittelnden Beamten die Ermittlungsaufträge.

Vor jeder Informationseingabe müsse sie prüfen, inwieweit diese Information mit welcher Fragestellung eine entsprechende Recherche ermögliche. Dies könne nicht "auf Zuruf" geschehen. Es gehöre zur Eingabe. Dies gelte auch für die "Verschlagwortung". Sie lege die Oberbegriffe fest und gewährleiste damit die Recherchefähigkeit. Vorgaben im System gebe es dafür nicht.

Die ViClAS-Sachbearbeitung sei dadurch geprägt, dass sie aus den vorhandenen Daten diejenigen heraussuchen müsse, die für die Beantwortung des ViClAS-Fragebogens erforderlich seien. Sie stelle aus den ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen und Materialien Informationen über den Täter, das Opfer, die TäterOpferbeziehung, zu den Tatörtlichkeiten, zur Verletzung beim Opfer und zur Todesursache, zur Vorgehensweise des Täters, zur Art der verwendeten Waffen und Gegenstände sowie zu den benutzen Fahrzeugen zusammen.

Bei der DNA-Sachbearbeitung müsse sie aufgrund der vorhandenen Daten die Prognose erstellen. Auch bei den Delikten des K 1 handele es sich dabei nicht um Selbstgänger, sondern es sei in jedem Fall eine sehr intensive und aufwändige Prüfung aufzustellen. Insbesondere seien dabei die Persönlichkeit des Täters, die Art und Ausführung der Straftat, das Vor- und Nachtatverhalten und sonstige Erkenntnisse zu bewerten. Sofern die Prognose negativ sei, habe sie die weiteren erforderlichen Schritte zur Erstellung einer DNA-Probe einzuleiten.

Die Klägerin hat beantragt,

1. das beklagte Land zu verurteilen, an sie 2.144,34 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2008 zu zahlen;

2. festzustellen, dass sie in die Entgeltgruppe 8 TV-L eingruppiert ist.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat behauptet:

Soweit die Klägerin mit dem Fallbearbeitungssystem "MERLIN" arbeite, habe sie die sich daraus ergebenden Informationen aus dem ihr vorliegenden Schriftstück zu entnehmen. Freitextlich vorhandene Informationen seien daher in das System einzupflegen. Die einzugebenden Informationen und Verknüpfungen ergäben sich ohne Spielraum für die Klägerin aus den ihr vorliegenden Schriftstücken. Abwägungsprozesse seien nicht erforderlich. Ein irgendwie geartetes Auswahl- oder Entscheidungsermessen bestehe nicht. Sie habe sich strikt an die Vorgaben des MERLIN-Verfahrensablaufs zu halten. Ob sich eine Quelle als zuverlässig erwiesen habe, obliege nicht ihrer Einschätzung, sondern der des ermittelnden Polizeibeamten. Unbestritten erfordere ihre Tätigkeit ein hohes Maß an Genauigkeit und Sorgfalt. Jedoch erfülle das Übernehmen von Informationen und Quellen aus einem Sachverhalt nicht das Erfordernis von selbstständigen Leistungen. Dies gelte sowohl für die "Verschlagwortung" als auch für die Überlegungen der Klägerin hinsichtlich der Recherchierbarkeit der Daten. Die Spurenerstellung/Ermittlungsaufträge und die Reihenfolge ihrer Abarbeitung bestimme nicht die Klägerin, sondern die Ermittlungsleitung. Die Ermittlungsaufträge seien das Ergebnis vorhergehender kriminalistischer Bewertung beziehungsweise Priorisierungen, die ausschließlich von den Ermittlungsbeamten vorgenommen würde. Die Bedienung des Verfahrens "MERLIN" erfordere zwar hinsichtlich der Komplexität des Systems Kenntnisse, welche gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen gleichkomme. Selbstständige Leistungen im Sinne des Tarifrechts seien aber nicht erforderlich.

Dies gelte auch für die Tätigkeit der Klägerin als ViClAS-Koordinatorin. Insoweit müsse sie genau und sorgfältig arbeiten. An selbstständigen Leistungen fehle es jedoch, weil sie zwar die Daten aus den ihr vorliegenden Unterlagen entnehmen müsse, insoweit aber kein Auswahl- und Ermessensspielraum bestehe. Dies gelte auch für die Tätigkeit der Klägerin im Rahmen der DNA-Sachbearbeitung. Sie habe insoweit die vorgegebenen Daten zu erfassen. Die Bewertung der Prognose werde nicht von ihr vorgenommen. Zudem sei zu beachten, dass bei den Straftaten, die das K 1 ermittele, die Prognose immer negativ für den Tatverdächtigen ausfalle.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils mit seinen Verweisungen.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben über die Behauptung der Klägerin, bei der Übernahme und Verwendung von Informationen und Quellen im Rahmen des Einsatzes des Fallbearbeitungssystems "MERLIN" verfüge sie über einen Entscheidungs- beziehungsweise Gestaltungsspielraum und erfülle das Tätigkeitsmerkmal der "selbstständigen Leistung" im Sinne der Tarifvertragsnorm, durch Vernehmung des Zeugen L. und gegenbeweislich des Zeugen B. . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung des Arbeitsgerichts vom 02.10.2008 (Bl. 76 - 82 d. A.).

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin beim Arbeitsvorgang "ermittlungsunterstützende Tätigkeiten" Abwägungsprozesse vorzunehmen und unterschiedliche Informationen zu verknüpfen habe und zu Entscheidungen gelangen müsse. Sie erarbeite zu findende Arbeitsergebnisse unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative. Wegen der weiteren Begründung wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils.

Das beklagte Land hat gegen das ihm am 4. November 2008 zugestellte Urteil am 12. November 2008 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 4. Februar 2009 am 30. Januar 2009 begründet.

Das beklagte Land vertritt die Auffassung, erstinstanzlich seien die Arbeitsvorgänge falsch gebildet worden. Vielmehr sei auszugehen von einem ersten Arbeitsvorgang "MERLIN-Datenerfassung" mit einem Zeitanteil von 40 - 42,5 %, einem zweiten Arbeitsvorgang "Büroorganisation", der die Tätigkeiten unter Ziff. 2.1 (Erstellen und Versenden von Fragebögen und Erstellen von Fallakten), unter 2.2 (logistische und organisatorische Vorarbeit bei strafprozessualen Maßnahmen), unter 2.3 (Verwaltung von Asservaten), unter 2.4 (Hinweis, Aufnahme und -weitergabe), unter 2.7 (Aktenhaltung/Registratur), unter 2.8 (Verteilung der Postein- und ausgänge), unter 2.9 (Büromaterial- und Vordruckverwaltung) und unter 2.10 (Unterstützung der Kommissariatsleitung in logistisch-organisatorischer Hinsicht) der Tätigkeitsdarstellung erfasse. Zusammen betrage der Zeitanteil dieses Arbeitsvorganges 27,5 %. Ein dritter Arbeitsvorgang sei die Betreuung von weiblichen Personen, wobei der Zeitanteil jedoch nur sehr gering sei. Der vierte Arbeitsvorgang sei die Tätigkeit der Klägerin als ViClAS-Koordinatiorin (Zeitanteil 5 %) und der fünfte Arbeitsvorgang ihre Tätigkeit im Bereich der DNA-Analyse (5 % Zeitanteil). Den sechsten Arbeitsvorgang bildeten die Schreibarbeiten mit einem Zeitanteil von 20 %.

Der Arbeitsvorgang "Dateneingabe MERLIN" verlange sorgfältiges Arbeiten, jedoch keine selbstständigen Leistungen. Die Klägerin habe die einzugebenden Daten aus den ihr vorliegenden Schriftstücken zu entnehmen. Dies sei Dateneingabe, die ein hohes Maß an Genauigkeit verlange, aber keine Abwägungsergebnisse, bei denen die Klägerin unterschiedliche Informationen verknüpfen und untereinander abzuwägen habe. Sicherlich verlange die Eingabe der Daten, deren Verknüpfung und "Verschlagwortung" eine gewisse Überlegung, nicht aber eine eigene geistige Initiative im Sinne der Frage, wie es weitergehe, worauf es ankomme und was als nächstes geschehe. Grundlage der Entscheidung und Bewertung nach den 4 x 4-Bewertungssystem seien entweder die Angaben in dem der Klägerin vorliegenden Schriftstück oder eine Weisung des ermittelnden Kriminalbeamten. Eigene Ermittlungen über die Zuverlässigkeit der Quelle habe die Klägerin nicht anzustellen. Recherchen führe sie nur insoweit durch, als dies bei der Dateneingabe notwendig sei, um Doppelanlagen zu vermeiden. Die Erstellung von Ermittlungsaufträgen sei ihr ausweislich der vorliegenden Tätigkeitsdarstellung nicht übertragen worden. Sie sei nicht dafür zuständig, sich aus kriminalistischen Fragestellungen ergebende Recherchen eigenhändig durchzuführen.

Schließlich sei zu beachten, dass der Arbeitsvorgang "MERLIN-Datenerfassung" entgegen der erstinstanzlich geäußerten Auffassung nur gründliche Fachkenntnisse erfordere. Die Klägerin müsse selbstverständlich das MERLIN-Programm beherrschen. Dies sei mit gründlichen Kenntnissen des Programms möglich. Eine quantitative Steigerung der Fachkenntnisse sei nicht erkennbar und für die Dateneingabe nicht erforderlich.

Bei dem zweiten Arbeitsvorgang "Büroorganisation" handele es sich um typische büroorganisatorische Aufgaben einer Schreibkraft, die allenfalls gründliche Fachkenntnisse erforderten. Die Tätigkeit der Klägerin als ViClAS-Korrdinatorin (vierter Arbeitsvorgang) sei schlicht Datenerfassung. Dies gelte auch für den fünften Arbeitsvorgang (DNA-Datenerfassung). Die Klägerin treffe keine eigenen Entscheidungen, insbesondere keine abschließende Prognose.

Das beklagte Land beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 02.10.2008 - öD 2 Ca 838 d/08 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und Ziff. 2 des Tenors der erstinstanzlichen Entscheidung mit der Maßgabe zu formulieren, dass festzustellen ist, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihr - Klägerin - Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 TV-L zu zahlen.

Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung unter Hinweis auf das Ergebnis der dortigen Beweisaufnahme und vertritt weiterhin die Auffassung, es sei nur von zwei Arbeitsvorgängen auszugehen, nämlich von der insgesamt ermittlungsunterstützenden Tätigkeit einerseits (80 %) und den Schreibtätigkeiten (20 %) andererseits. Schon die Dateneingabe in MERLIN enthalte selbstständige Leistungen, denn es müsse aus den auszuwertenden Schriftstücken die entsprechende Information herauskristallisiert und in die Datenbank eingegeben werden. Bei der Informationseingabe seien Überlegungen zum Beispiel hinsichtlich des Anlegens von Gruppen anzustellen, um im weiteren Verlauf der MERLIN-Bearbeitung entsprechende Analysewerkzeuge bezüglich einer Schnittmengendarstellung nutzen zu können. Je nach Art der Informationen müssten diese untereinander verknüpft werden und/oder es müsse ein Hinweis, eine Spur angelegt werden. Dies könne nur in eigener selbstständiger Tätigkeit der Eingabekraft erfolgen. Es handele sich nicht um schlichte Datenerfassung, sondern um hochwertige Datenbearbeitung. Bei der Prüfung, ob Daten, die dem vorliegenden Schriftstück zu entnehmen seien, bereits im EDV-System vorhanden seien, handele es sich nicht um eine durch schlichten Tastendruck durchzuführende Recherche. In MERLIN seien mit den unterschiedlichen Recherchesystemen Abgleiche vorzunehmen. Von der Eingabekraft sei zu entscheiden, welche der verschiedenen Analyse-Möglichkeiten genutzt werde. Bei den Verknüpfungen müsse sich die Eingabekraft Gedanken darüber machen, welche Verknüpfungen in dem entsprechenden Ermittlungsverfahren sinnvoll und für den Fortgang des Verfahrens optimal seien. Im weiteren Verlauf der Tätigkeit bei der Verschlagwortung von Informationen werde dies noch deutlicher. Das Schlagwort sei nicht vorgegeben, sondern werde fallbezogen von der Eingabekraft gebildet, die sich dabei eigene Gedanken machen müsse, worauf es im Einzelfall ankomme und was als nächstes geschehen müsse. Bei der Anwendung des 4 x 4-Bewertungscodes müsse sie - Klägerin - vor der Eingabe kriminalistisch geprägte Überlegungen anstellen, die die vorhandenen Informationen auswerteten, aber auch auf die zukünftige Arbeit und insbesondere die nächsten Arbeitsschritte gemünzt seien.

Bei der ViClAS-Tätigkeit handele es sich auch nicht um das bloße Ausfüllen eines Fragebogens. Das beklage Land verkenne die Bedeutung des Systems und des Fragebogens. Dort würden inhaltlich kriminalistisch relevante Zusammenfassungen abgefordert, die ein intensives Aktenstudium in den jeweiligen Fällen erforderlich machten.

Auch bei ihrer Tätigkeit bezogen auf die DNA-Datei sei zu beachten, dass jeder einzelne Fall intensiv von allen Seiten betrachtet werden müsse, um eine Prognoseentscheidung zu fällen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufung wird Bezug genommen auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zutreffend stattgegeben. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine abändernde Entscheidung. Die Klägerin hat gegen das beklagte Land Anspruch auf Entgelt nach der Vergütungsgruppe Vc bzw. der Entgeltgruppe 8 TV-L, weshalb sowohl der Zahlungsantrag zu 1 als auch der in der Berufungsinstanz auf Anregung des Berufungsgerichts umformulierte Feststellungsantrag zu 2 begründet sind.

1. Gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 TVÜ-Länder gilt § 22 BAT einschließlich der Vergütungsordnung auch über den 31. Oktober 2006 hinaus fort. Gemäß § 22 Abs. 1 BAT richtet sich die Eingruppierung des Angestellten nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anlagen 1a und 1b). Der Angestellte erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in die er eingruppiert ist. Gemäß § 22 Abs. 2 S. 1 BAT ist der Angestellte in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Gemäß § 22 Abs. 2 S. 2 BAT entspricht die gesamte auszuübende Tätigkeit den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen.

a. Entscheidender Faktor für die Bewertung des Arbeitsplatzes ist daher die Beschreibung der Tätigkeiten gegliedert nach Arbeitsvorgängen mit dem jeweils erforderlichen Zeitanteil. Bei der Prüfung der zutreffenden Eingruppierung ist daher zunächst vom Begriff des Arbeitsvorganges im Sinne der ständigen Rechtsprechung des 4. Senats des Bundesarbeitsgerichts auszugehen, nach der darunter eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und selbstständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (BAG, Urteil vom 18.07.1990 - 4 AZR 25/90 -, zitiert nach juris, Rn. 12; BAG Urteil vom 06.06.2007 - 4 AZR 456/06 -, zitiert nach juris, Rn. 16). Bei der Prüfung, welche Arbeitsvorgänge in einer Tätigkeit anfallen, kommt es entscheidend auf die jeweiligen Arbeitsergebnisse an (BAG Urteil vom 06.06.2007 - 4 AZR 456/06 -, zitiert nach juris, Rn. 16 a. E.). Zwar ist es rechtlich möglich, dass die gesamte Tätigkeit eines Angestellten einen Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und einer einheitlichen rechtlichen Bewertung zugänglich ist. Tatsächlich trennbare Tätigkeiten - insbesondere mit unterschiedlicher Wertigkeit - können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden. Der Begriff des Arbeitsvorganges wird damit maßgebend davon bestimmt, welchen Arbeitsergebnissen die Tätigkeit eines Angestellten dient.

b. Unter Berücksichtigung dieses Begriffsverständnisses erscheint es dem Berufungsgericht zweifelhaft, ob es zutreffend ist, wenn insgesamt ein Arbeitsvorgang mit einem Zeitanteil von 80 % bezüglich der ermittlungsunterstützenden Tätigkeit gebildet wird. Gegen eine solche Betrachtung spricht, dass zum Beispiel insbesondere die Eingabetätigkeit der Klägerin in das Fallbearbeitungssystem MERLIN zu einem anderen Arbeitsergebnis führt als jene Tätigkeiten, die die Klägerin als ViClAS-Koordinatorin oder beim Führen der DNA-Datei erbringt. Diese klar trennbaren Arbeitsergebnisse stehen nach Auffassung des Berufungsgerichts einer Betrachtung entgegen, wonach einheitlich insoweit von einem Arbeitsvorgang "ermittlungsunterstützende Tätigkeiten" ausgegangen werden kann. Inwieweit - wie das beklagte Land in der Berufung meint - noch zu differenzieren ist zwischen einem Arbeitsvorgang "MERLIN-Datenerfassung" und einem zweiten Arbeitsvorgang "Büroorganisation" kann hier dahingestellt bleiben, weil die Klage nach jeder Betrachtung begründet wäre.

Denn die Tätigkeit der Klägerin im Zusammenhang mit der MERLIN-Datenerfassung ist eine solche, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Drittel selbstständige Leistungen erfordert. Nähme man also - wie das beklagte Land - einen Arbeitsvorgang "MERLIN-Datenerfassung" mit einem Zeitanteil von 42,5 % an, so würde die Klägerin die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe V c Fallgr. 1 b BAT ebenso erfüllen wie bei Annahme eines einheitlichen Arbeitsvorganges "ermittlungsunterstützende Tätigkeit" (so Klägerin), da zu diesem Arbeitsvorgang auch die MERLIN-Datenerfassung gehören würde und die Klägerin folglich im Rahmen eines solchen einheitlichen Arbeitsvorganges selbstständige Leistungen auch im rechtserheblichen Ausmaß erbringen würde.

Letztendlich kann es also an dieser Stelle offen bleiben, ob die Betrachtung des beklagten Landes oder jene der Klägerin und des Arbeitsgerichts zur Bildung von Arbeitsvorgängen zutreffend ist.

2. Die für die Bewertung der vorliegend maßgeblichen Arbeitsvorgänge und für die Eingruppierung der Klägerin bedeutsamen Tätigkeitsmerkmale des Teils I (allg. Teil) der Anlage 1 a zum BAT lauten:

Vergütungsgruppe VII

1 a) Angestellte im Büro, Buchhalterei, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert.

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur bei Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann).

1 b) Angestellte im Büro, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse erfordert (erforderlich sind nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises).

Vergütungsgruppe VI b

2. Angestellte, die nach mit dem Hinweiszeichen * gekennzeichneten Tätigkeitsmerkmalen in der Vergütungsgruppe VII eingruppiert sind, nach neunjähriger Bewährung in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe VII.

Vergütungsgruppe V c

1b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu 1/3 selbstständige Leistungen erfordert.

Weiterhin ist hinzuweisen auf die Vergütungsgruppe VI b Fallgr. 4 des Unterabschnitts V des Abschnitts B des Teils II der Anlage 1 a BAT, der wie folgt lautet:

Vergütungsgruppe VI b

4. Angestellte in der Datenerfassung, die sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VII dieses Unterabschnitts herausheben, dass sie in nicht unerheblichen Umfang nach vorgegebenen Arbeitsanweisungen selbständig Urbelege prüfen und Daten verschlüsseln, offensichtliche Datenfehler berichtigen oder Daten formal ergänzen, soweit diese zusätzlichen Tätigkeiten gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern.

3. Die Tätigkeit der Klägerin bei der Arbeit mit dem Fallbearbeitungssystem MERLIN erfordert gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Drittel selbstständige Leistungen. Die Klägerin erfüllt deshalb die Voraussetzungen der Fallgruppe 1 b der Vergütungsgruppe V c.

a. Von dem Erfordernis gründlicher Fachkenntnisse kann ohne weiteres ausgegangen werden, zumal dies zwischen den Parteien auch nicht streitig ist. Die insoweit vorgenommene Einschätzung durch das beklagte Land ist nachvollziehbar. Die Tätigkeit der Klägerin bei der Arbeit mit dem Fallbearbeitungssystem MERLIN erfordert darüber hinaus auch vielseitige Fachkenntnisse. Bei der Heraushebung handelt es sich insoweit um eine rein quantitative im Vergleich zu den gründlichen Fachkenntnissen. Bei gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen wird eine Erweiterung der Fachkenntnisse dem Umfange nach gefordert. Die Vielseitigkeit kann einmal sich aus der Menge der anzuwendenden Vorschriften und Bestimmungen ergeben. Sie kann aber auch erfüllt sein, wenn ein Angestellter nur auf einem speziellen, schmalen Sachgebiet tätig ist. Bei dem Tätigkeitsmerkmal der "Vielseitigkeit" ist nicht auf die reine Zahl insgesamt anzuwendender Gesetze oder Paragraphen abzustellen, sondern vielmehr auf den inhaltlichen Umfang der Fachkenntnisse insgesamt, die auf einem einzigen Fachgebiet oder in einem einzigen Gesetz umfassend sein können, hingegen auf mehreren Gebieten nur durchschnittlich oder gering (BAG, Urteil vom 28.09.1994 - 4 AZR 542/93). "Vielseitigkeit" ist kein allumfassender Begriff in dem Sinne, dass der Angestellte alle Sachgebiete der Verwaltung mit gründlichen Erfahrungskenntnissen beherrschen muss. Der Begriff der "Vielseitigkeit" steht vielmehr zwischen dem Begriff "allseitig" und dem Begriff "einseitig". Auch Erfahrungswissen kann gründliche und vielseitige Fachkenntnisse begründen, jedoch nicht "selbstständige Leistung" (BAG, Urteil vom 29.08.1984 - 4 AZR 338/82 -).

Das Berufungsgericht ist ebenso wie die Klägerin und auch das beklagte Land noch in erster Instanz der Auffassung, dass die Tätigkeit der Klägerin bei der Arbeit mit dem Fallbearbeitungssystem MERLIN auch vielseitige Fachkenntnisse erfordert. Das Gericht teilt die schriftsätzlich von dem beklagten Land erstinstanzlich vorgetragene Ansicht, die Bedienung des Verfahrens MERLIN erfordere hinsichtlich der Komplexität des Systems Kenntnisse, welche gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen gleichkommen (so Vortrag im Schriftsatz vom 24. Juli 2008, S. 4, 2. Abs., Bl. 58 d. A.). Die vom beklagten Land in der Berufungsinstanz insoweit geäußerten Zweifel tragen nicht. Denn hinzuweisen ist darauf, dass ausweislich der Tätigkeitsdarstellung bei der EDV-gestützten Vorgangssachbearbeitung folgende Rechtsvorschriften anzuwenden und zu beachten sind:

Anzuwendende Rechtsvorschriften: PDV 350 (SH),

StGB, Abschnitte 16, 17, 18 und 20 StPO, Abschnitte 6, 8 und 9

Dienstanweisungen und Erlasse zur GA 12.06 sowie einschlägige Datenschutzgesetzte und -verordnungen Telekommunikationsgesetz

@rtus-Dienstanweisung/EURAS bzw. MERLIN Dienstanweisung

Die Vielseitigkeit der geforderten Fachkenntnisse ergibt sich also daraus, dass die Klägerin zunächst hinsichtlich der Bedienung des Verfahrens "MERLIN" Kenntnisse haben muss, die durch die Komplexität des Systems geprägt sind. Über diese Kenntnisse hinaus, die zur technischen Bedienung des Fallbearbeitungssystems erforderlich sind, muss sie ausweislich der Tätigkeitsbeschreibung aber auch noch materiellrechtliche Vorschriften aus dem Strafgesetzbuch und verfahrensrechtliche Vorschriften aus der StPO bei der Vorgangsbearbeitung durch MERLIN kennen und anwenden. Aus dem materiellen Strafrecht gehören dazu die Vorschriften bezüglich der Straftaten gegen das Leben, der Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit, der Straftaten gegen die persönliche Freiheit und der Straftaten Raub und Erpressung. Strafprozessual muss sie kennen und anwenden die Vorschriften hinsichtlich der Zeugen, der Beschlagnahme, Überwachung des Fernmeldeverkehrs, Rasterfahndung, des Einsatzes technischer Mittel, Einsatz verdeckter Ermittler und Durchsuchung und die Vorschriften bezüglich Verhaftung und vorläufiger Festnahme. Wird dann weiterhin berücksichtigt, dass daneben noch die Dienstanweisungen und die einschlägigen Datenschutzgesetze und -verordnungen und das Telekommunikationsgesetz von ihr anzuwenden und zu beachten sind, so ergibt sich daraus ohne weiteres nicht nur das Erfordernis gründlicher Fachkenntnisse, sondern das Erfordernis gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse, zumal zu beachten ist, dass die Klägerin aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit in diesem Bereich auch mittlerweile ein erhebliches berufliches Erfahrungswissen erlangt haben dürfte.

b. Die Tätigkeit der Klägerin bezogen auf die Arbeit mit dem Fallbearbeitungssystem MERLIN ist auch eine selbstständige Leistung im tarifrechtlichen Verständnis, wobei insoweit zu beachten ist, dass diese selbstständigen Leistungen im Zusammenhang mit den vorausgesetzten Fachkenntnissen zu sehen sind. Die Klägerin erbringt diese selbstständigen Leistungen nicht nur auf der Basis von nur "gründlichen Fachkenntnissen", sondern auf der Basis von gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen.

aa) Selbstständige Leistungen im tarifrechtlichen Verständnis erfordern im Sinne des Satzes 3 des Klammerzusatzes zur Vergütungsgruppe V c Fallgr. 1 a BAT ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses und der Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative, wobei eine leichte geistige Arbeit diese Anforderung nicht erfüllen kann. Das Merkmal "selbstständige Leistung" darf daher nicht mit dem Begriff "selbständig arbeiten" verwechselt werden, worunter man eine Tätigkeit ohne direkte Aufsicht oder Leitung versteht. Eine selbstständige Leistung im Tarifsinne ist dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eigene Entschließung erfordert. Kennzeichnend für selbstständige Leistung im tariflichen Sinne ist ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses. Vom Angestellten werden Abwägungsprozesse verlangt, im deren Rahmen Anforderungen an dessen Überlegungsvermögen gestellt werden. Der Angestellte muss dabei unterschiedliche Informationen verknüpfen, untereinander abwägen und zu einer Entscheidung kommen (BAG, Urteil vom 06.06.2007 - 4 AZR 456/06 -, zitiert nach juris, Rn. 24).

Zur Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals der selbstständigen Leistungen genügt nicht das Bestehen eines Beurteilungsspielraumes als solches, sondern vielmehr muss bei der Ausfüllung des Spielraums das Abwägen unterschiedlicher Informationen erforderlich sein (BAG, Urteil vom 06.06.2007 - 4 AZR 456/06 -, zitiert nach juris, Rn. 26).

Die Tätigkeit der Klägerin bei der EDV-gestützten Vorgangssachbearbeitung mit dem Fallbearbeitungssystem MERLIN erfordert diese selbstständigen Leistungen.

(1) Es handelt sich nicht um bloße Dateneingabe, sondern um eine erhebliche geistige Tätigkeit, bei der die Klägerin freitextlich vorhandene Informationen in Daten umzusetzen hat mit dem Ziel, dass diese im EDV-System später nutzbar gemacht werden können, und zwar mit der Maßgabe, dass damit umfangreiches Informationsaufkommen aus komplexen Ermittlungsverfahren bewältigt werden kann und zudem die Daten so aufbereitet werden, dass eine spätere Recherche sinnvoll möglich ist. Es geht also nicht um die bloße Eingabe bekannter Daten, die sodann vom System verarbeitet werden, sondern darum, dass die Klägerin aus ihr vorliegenden Schriftstücken Daten zu entnehmen und diese durch eine eigene geistige Initiative in das System einzugeben hat, wobei sich der dabei ergebende Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum daraus ergibt, dass ihr im System nicht vorgegeben wird, mit welcher Maßgabe konkret inhaltlich sie die Daten derart speichert, zusammenfasst und verknüpft, dass eine sinnvolle Recherche später möglich ist und das zum Teil erhebliche Datenaufkommen sinnvoll zusammengefasst wird. Mit anderen Worten: Anders als bei der bloßen Dateneingabe, bei der das System die Daten anschließend verarbeitet nach einem vorgegebenen Programm, ist es bei der Arbeit der Klägerin mit MERLIN die Klägerin selbst, die durch eine sinnvolle Bildung von Begrifflichkeiten, Zusammenfassungen und Verknüpfungen durch ihre erhebliche eigene geistige Leistung erst die Grundlage dafür erarbeitet, dass das System anschließend diese Daten - wie von der Klägerin aufbereitet - erfasst und verarbeitet.

(2) Dem beklagten Land ist insoweit sicherlich zuzugestehen, dass es in erster Linie Aufgabe der Klägerin ist, die sich aus den Schriftstücken ergebenden Daten sorgfältig und zutreffend zu erfassen. Insoweit ist es richtig, dass die Klägerin an sich bei der Erfassung der Daten keinen Spielraum und keine Ermessensfreiheit hat. Sie hat die Daten vollständig zu erfassen und gegebenenfalls vorher zu recherchieren, ob diese Daten so oder ähnlich bereits erfasst sind. Richtig ist auch, dass sich die von der Klägerin angesprochene Verknüpfung zu orientieren hat an den ihr objektiv vorliegenden Daten, die sie aus den Schriftstücken zu entnehmen hat. Die Eingabe hat vollständig und wahr zu sein.

Dabei darf die Betrachtung jedoch nicht stehen bleiben. Entscheidend ist weiterhin, dass der Klägerin nicht lediglich eine Kolonne von Daten vorgegeben wird, die sie gegebenenfalls zu verknüpfen hat. Vielmehr liegt der Klägerin lediglich ein Schriftstück vor, wobei es ihre Aufgabe ist, aus diesen Schriftstücken die sogenannten "Entitäten" herauszufiltern und sie - wie es sich aus dem Schriftstück ergibt - zu verknüpfen. Allein diese Tätigkeit setzt bereits eine erhebliche geistige Initiative voraus, die über die bloße Dateneingabe hinausgeht. Die Klägerin muss sich nämlich bei der Eingabe dieser Daten bereits darüber Gedanken machen, in welcher Form sie diese Informationen im System abbilden will. Diese Informationen können einfach, sie können aber auch vielfältig und komplex sein. Das heißt, die Klägerin muss sich bei der Eingabe Gedanken darüber machen, wie die von ihr eingegebenen Daten später für die Recherche und für die Ermittlungstätigkeit der Ermittlungsbeamten nutzbar gemacht werden können. Dazu gibt es - abhängig vom Einzelfall - unterschiedliche Wege. Die Klägerin muss dabei ermessen und abwägen, in welcher Weise sie die Daten am besten abbildet, um dem Ziel einer sinnvollen Speicherung komplexer Informationen aus Ermittlungsverfahren und der späteren sinnvollen Nutzbarkeit optimal gerecht zu werden. Dies sind keine sich zwangsläufig aus den objektiv vorliegenden Entitäten und deren Verknüpfungen ergebende Entscheidungen, sondern Überlegungen, die die Klägerin bei jeder Eingabe nicht zuletzt auch unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu treffen hat. Zweckmäßigkeit meint damit nicht, dass die Klägerin darüber zu entscheiden hat, ob objektiv gegebenen Entitäten eingegeben werden oder nicht. Zweckmäßigkeit meint, dass die Klägerin Überlegungen bezüglich der Art und Weise der Eingabe anzustellen hat, wie der Zweck "vollständige und wahrheitsgemäße Erfassung der Daten" und spätere Recherchierbarkeit bestmöglich erreicht werden kann. Dies ist keine rein technische Frage, für die es nur einen Weg gibt. Und zwar deshalb nicht, weil die Klägerin eben aus einem ihr vorliegenden freien Text die Entitäten zu filtern und in geeigneter Weise in das System einzugeben hat. Dazu gibt es - insbesondere bei komplexeren Schriftstücken - sicherlich unterschiedliche Wege, bei denen die Klägerin abzuwägen hat, welcher Weg jener ist, der der Zielsetzung des Fallbearbeitungssystems MERLIN am ehestens entspricht.

Zwar mag es insoweit sein, dass die Bildung von Schlagworten relativ einfach sein kann. Darauf ist die Betrachtung aber nicht zu reduzieren. Denn die Klägerin muss auch insoweit immer wieder beachten, welche Verschlagwortung die beste ist. Dabei hat sie bereits erfolgte Angaben zu berücksichtigen und immer wieder zu überprüfen, ob die bisherigen Schlagworte dem Arbeitsziel gerecht werden. Es geht also auch insoweit darum, dass die Klägerin ständig bei den Eingaben in das System MERLIN sich die Frage stellen muss, ob die eingegebenen Informationen recherchierbar sind und in geeigneter Weise - insbesondere bei komplexen Verfahren - im System erfasst und dokumentiert werden. Auch dies macht eine eigene Beurteilung bezüglich der Fragestellung erforderlich, wie die freitextlich zu erfassenden Entitäten und deren Verknüpfungen sinnvoll in das System eingegeben werden.

(3) Auch ein Vergleich mit den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe VI b Fallgr. 4 Teil II Abschn. B Unterabschn. V (Angestellte in der Datenerfassung) bestätigt diese Einschätzung. Danach werden in die Vergütungsgruppe VI b Fallgr. 4 Angestellte in der Datenerfassung eingruppiert, die nach vorgegebenen Arbeitsanweisungen selbständig Urbelege prüfen und Daten verschlüsseln, offensichtliche Datenfehler berichtigen oder Daten formal ergänzen, soweit diese zusätzliche Tätigkeiten gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern.

Grundsätzlich fallen unter Datenverarbeitung in diesem Tarifsinne nur Tätigkeiten, die zu keiner inhaltlichen Veränderung der Daten führen (BAG, Urteil vom 18.05.1994 - 4 AZR 449/93 - zitiert nach juris, Rn. 60). Eine Ausnahme davon bilden die Fälle der Vergütungsgruppe VI b Fallgr. 4 des Unterabschnittes V. Durch die Verweisung auf die Fälle dieser Vergütungsgruppe am Schluss des Satzes 1 des Abs. 1 der Vorbemerkungen zum Unterabschnitt V haben die Tarifvertragsparteien nach dem tariflichen Gesamtzusammenhang zum Ausdruck bringen wollen, welche Tätigkeiten trotz inhaltlicher Veränderung der Daten noch als Datenerfassung im Tarifsinne gelten sollen. Die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe VI b Fallgr. 4 des Unterabschnittes V erfordern dabei nicht nur eine Tätigkeit der reinen Datenerfassung nach den qualifizierten Anforderungen der Vergütungsgruppe VII, sondern nach ihrem Wortlaut auch eine inhaltliche Bearbeitung der Daten in einem "nicht unerheblichen Umfang" (BAG, Urteil vom 18.05.1994 - 4 AZR 449/93 - zitiert nach juris, Rn. 67). Die Anwendung der Vergütungsgruppe VI b Fallgr. 4 des Unterabschnittes V ist nach dieser Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nicht nur dann anzunehmen, wenn Daten im Datenbestand aufgrund einfachen Vergleichs mit der Vorlage im Datenverarbeitungssystem inhaltlich verändert werden müssen, sondern auch dann, wenn die Prüfung der Urbelege einen offensichtlichen Datenfehler ergibt und der Arbeitnehmer diese Daten formal ergänzt oder berücksichtigt. Aus dem Erfordernis der Prüfung folgt nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, dass der Angestellte die Augen vor offensichtlichen Datenfehlern in der Vorlage nicht verschließen darf. Geht er bei der Prüfung der Urbelege und der daraufhin erforderlichen Berichtigung oder Ergänzung von Daten nach konkreten Arbeitsanweisungen selbständig vor, so ist dies Datenerfassung im Sinne des Unterabschnittes V. Geht er aber - aufgrund seiner Dateikenntnisse - darüber hinaus selbständig vor, so ist dies nach obiger Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts Sachbearbeitung und richtet sich dann nach den allgemeinen Fallgruppen des Teils I der Anlage I a zum BAT (BAG, Urteil vom 18.05.1994 - 4 AZR 449/93 - zitiert nach juris, Rn. 67 am Ende).

Die Klägerin gibt nicht lediglich Daten ein. Sie beschränkt sich auch nicht darauf, diese gegebenenfalls zu verändern, wenn sie offensichtlich fehlerhaft sind. Ihre Tätigkeit ist daher bezogen auf ihre Arbeit mit dem Fallbearbeitungssystem MERLIN nicht vergleichbar mit der Tätigkeit von Angestellten in der Datenerfassung der Vergütungsgruppe VI b Fallgr. 4.

Zwar darf die Klägerin auch keine Daten verändern, sondern hat die objektiv gegebenen Entitäten einzugeben und zu verknüpfen. Über das Erfordernis genauer und sorgfältiger Arbeit hinaus muss sich die Klägerin - wie bereits oben ausgeführt - nicht nur mit der Eingabe objektiv vorliegender Daten nach vorgegebenen Arbeitsanweisungen befassen, sondern sie muss sich Gedanken darüber machen, wie die ihr vorliegenden Daten aus den Schriftstücken sinnvollerweise am besten für eine spätere Recherche und Informationssammlung nutzbar gemacht werden können. Diese Tätigkeit geht über reine Datenerfassung hinaus und ist mit einem erheblichen Ermessen- und Beurteilungsspielraum verbunden. Findet die Klägerin bei der Eingabe der objektiv vorliegenden Daten nicht den Weg, der die sinnvollste Recherche und Erfassung der Daten ermöglicht, so wirken sich Arbeiten unmittelbar auf die Ermittlungstätigkeit aus. Sie dürften im Nachhinein nur schwer zu beheben sein und dann deutlich die sich aus dem Fallbearbeitungssystem MERLIN ergebenden Möglichkeiten negativ beeinträchtigen. Dies hat nicht allein nur etwas mit sorgfältiger Vorgehensweise zu tun, sondern mit einer Gedankenarbeit hinsichtlich des einzuschlagenen Weges, nämlich der Beantwortung der Frage, wie die von einem freien Text zu ermittelnden Daten sinnvollerweise - gegebenenfalls manchmal auch mit eigenen Formulierungen - in das System eingegeben werden. Die Klägerin hat eben nicht nur irgendwelche Begriffe anzukreuzen und zu verknüpfen, sondern sie hat aus dem Freitext gegebenenfalls mit eigener Wortwahl Begriffe zu ermitteln und einzusetzen und sinnvoll zu verknüpfen und zusammenzufassen. Dies macht die entscheidende Qualität ihrer Arbeit aus.

(4) Das Arbeitsgericht hat insoweit auch zutreffend daran angeknüpft, dass der Zeuge L. bekundet hat, die Klägerin müsse sich zunächst Klarheit darüber verschaffen, welche Entitäten vorhanden seien und welche Rolle diese spielen sollen. Sie entscheide darüber, welche Begriffe in das System eingegeben werden, um auf dieser Grundlage dann weitere Recherchen vorzunehmen. Der Eingebende müsse sich - zum Beispiel bei Asservaten - Gedanken darüber machen, woher sie stammten und in welche Kategorien - orientiert an den Kriterien des BKA-System - sie hineingehörten. Der Zeuge L. hat damit deutlich bestätigt, dass die Klägerin nicht lediglich Daten eingibt, sondern im Vordergrund ihrer Tätigkeit die Frage steht, wie sind welche Daten einzugeben, damit diese sinnvoll genutzt und später recherchiert werden können.

(5) Ausweislich der Tätigkeitsbeschreibung hat die Klägerin bei der EDV-gestützten Vorgangssachbearbeitung die Ermittlungsarbeit bei der Bewertung und Analyse der Informationen und Informationssteuerung, der Ermittlungsführung durch Datenrücklaufkontrolle zu unterstützen. Zwar mag es sein - und dies kann nach Auffassung des Berufungsgerichts auch gar nicht anders sein - dass die eigentliche Bewertung und Analyse natürlich den Ermittlungsbeamten vorbehalten sein muss. Dennoch gehört es zur Tätigkeit der Klägerin, die Ermittler insoweit zu unterstützen. Ihr Beitrag ist dabei die Eingabe von Daten, damit mittels des Systems MERLIN hohes Datenaufkommen bewältigt werden kann und später sinnvoll zu recherchieren ist. Wie die objektiv gegebenen Daten und Verknüpfungen im Hinblick auf diese Zielsetzung zur Unterstützung der Ermittlungsarbeit von der Klägerin eingegeben werden, ist ganz wesentlich geprägt durch ihre eigene Entschließung, die sich mit der Frage zu befassen hat, wie freitextlich vorhandene Informationen in das Datensystem eingepflegt werden. Sie hat dabei ihren Blick darauf zu richten, dass Ermittlungsspuren angelegt werden, Datenverknüpfungen hergestellt und die Daten durch permanenten Abgleich gepflegt werden (so Tätigkeitsbeschreibung Aufgabe 1, Bl. 38 d. A.).

bb. Diese so beschriebenen selbstständigen Leistungen fallen auch in rechtserheblichem Umfang sowohl in den von dem beklagten Land gebildeten Arbeitsvorgang "Dateneingabe MERLIN" als auch in den von der Klägerin gebildeten Arbeitsvorgang "ermittlungsunterstützende Tätigkeit" an. Auf den Umfang der selbstständigen Leistungen innerhalb der einzelnen Arbeitsvorgänge kommt es nicht an. Die Arbeitsvorgänge müssen lediglich in rechtserheblichem Ausmaß das Erfordernis selbstständiger Leistungen erfüllen (BAG, Urteil vom 20.10.1993, AP 172 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG, Urteil vom 22.03.1995, AP 193 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Zutreffend hat insoweit das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass selbstständige Leistungen dann in rechterheblichem Ausmaß vorhanden sind, wenn ohne sie ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt würde. Davon ist bei der Tätigkeit der Klägerin bezogen auf das Fallbearbeitungssystem MERLIN ohne weiteres auszugehen. Ihre Überlegungen hinsichtlich des einzuschlagenen Weges bezüglich der Speicherung, Verknüpfung und Zusammenfassung der freitextlich vorliegenden Daten sind entscheidend für die Nutzbarkeit des Fallbearbeitungssystems MERLIN.

cc. Nach alledem kann es dahingestellt bleiben, ob die Klägerin wie von ihr behauptet und vom Zeugen L bestätigt, die Zuverlässigkeit nach 4 x 4-Methode bewertet und Spuren aufbaut mit der Maßgabe, dass sie einen Vernehmungsauftrag als Vorschlag unterbreitet. Träfe dies zu, so bestünden erst recht keine Zweifel an selbstständiger Leistung. Dies und die Frage, ob die Klägerin insoweit unter Überschreitung der Aufgaben der Tätigkeitsbeschreibung arbeitet beziehungsweise gearbeitet hat, kann jedoch unentschieden bleiben, weil bereits aus obigen Gründen kein Zweifel am Vorhandensein rechtserheblicher selbstständiger Leistungen im Zusammenhang mit der Dateneingabe und deren Pflege beziehungsweise Verwaltung im Fallbearbeitungssystem MERLIN bestehen.

Nach alledem ist die Berufung des beklagten Landes mit der Kostenfolge des § 97 ZPO und mit der klarstellenden Formulierung im Antrag zu 2 zurückzuweisen. Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht. Es handelt sich um eine am Einzelfall orientierte Entscheidung unter Berücksichtigung der vom Bundesarbeitsgericht vorgegebenen Kriterien für die Tätigkeitsmerkmale gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen.

Ende der Entscheidung

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