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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 20.01.2005
Aktenzeichen: 4 Sa 428/04
Rechtsgebiete: ArbGG, KSchG, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 72 a
KSchG § 2
KSchG § 2 Satz 1
KSchG § 4
KSchG § 4 Satz 1
KSchG § 4 Satz 2
KSchG § 7
KSchG § 7 1. Halbsatz
KSchG § 7 2. Halbsatz
BGB § 158 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 4 Sa 428/04

Verkündet am 20. Januar 2005

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 20.07.2004 - 6 Ca 435/04 - wird teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zu den Bedingungen der Änderungskündigung vom 15.10.03 über den 31.12.03 hinaus fortbesteht. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beklagte tragen je 50 % der Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirkungen einer Änderungskündigung und um die sich aus der Rücknahme der Änderungskündigungsschutzklage ergebenden rechtlichen Folgen.

Die Klägerin trat am 4. Oktober 1994 als Auslieferungsfahrerin in die Dienste der Beklagten ein und ist seit Januar 1998 als kaufmännische Mitarbeiterin tätig, und zwar auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 1. Januar 1998 (Bl. 9 - 11 d. A.). Ausweislich eines Nachtrages zum Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2001 ist die Klägerin seit 1. Februar 2002 als kaufmännische Mitarbeiterin in der Buchhaltung eingesetzt.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 15. Oktober 2003 aus betriebsbedingten Gründen fristgemäß zum 31. Dezember 2003 und bot ihr gleichzeitig an, das Arbeitsverhältnis zu veränderten Bedingungen fortzusetzen, wobei sich die näheren Einzelheiten aus einer dem Kündigungsschreiben beigefügten Zusatzvereinbarung ergaben (Bl. 14 - 17 d. A.). In der der Änderungskündigung beigefügten Zusatzvereinbarung wurde als Aufgabengebiet der Klägerin u. a. erwähnt die "Kassierung des Bargeldes in R... und S... ".

Die Klägerin hat gegen diese Änderungskündigung vor dem Arbeitsgericht Lübeck (5 Ca 3710/03) Klage erhoben mit dem Antrag, die Änderungskündigung der Beklagten für unwirksam zu erklären. In der Klage, die der Beklagten am 24. Oktober 2003 zugestellt wurde, nahm die Klägerin das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Sie wies weiterhin in der Klageschrift auf ein von ihr der Beklagten unterbreitetes Vermittlungsangebot hin.

Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 23. Dezember 2003 den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, es habe zwischenzeitlich ein Gespräch mit der Klägerin stattgefunden, bei dem die Parteien eine Einigung hinsichtlich der offenen Punkte erreicht hätten. Die Klägerin habe sich mit wesentlichen Punkten der vorgelegten Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag einverstanden erklärt. Diesem Schreiben fügte die Beklagte eine neue Fassung der Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag bei mit der Bitte, diese von der Klägerin unterschreiben zu lassen und schnellstmöglich zurückzusenden. Die Beklagte ihrerseits hatte die Zusatzvereinbarung bereits unterschrieben. Dieses Schreiben ging den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29. Dezember 2003 zu. Mit Schreiben vom 6. Januar 2004 übersandten sie der Klägerin das Schreiben der Beklagten vom 23. Dezember 2003 mit der Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag im Original und einer Ausfertigung und der Bitte, eines der bereits unterzeichneten Exemplare zurückzusenden. Mit Schreiben vom 9. Januar 2004 erinnerte die Beklagte die Prozessbevollmächtigten der Klägerin an die Erledigung des Schreibens vom 23. Dezember 2003.

Die Klägerin leitete ihren Prozessbevollmächtigten am 13. Januar 2004 die von ihr unterzeichnete Zusatzvereinbarung zu, wobei sie dort unter § 1 "Tätigkeit" unter Ziff. 1 das Wort "S... " gestrichen hatte. Ihre Prozessbevollmächtigten leiteten diese unterschriebene Zusatzvereinbarung an die Beklagte weiter, die sie noch am 13. Januar 2004 erhielt.

Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2004 nahmen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Vorprozess vor dem Arbeitsgericht Lübeck (5 Ca 3710/03) die Änderungskündigungsschutzklage unter Hinweis auf die außergerichtliche Einigung zurück. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten bestätigten ebenfalls mit Schriftsatz vom 14. Januar 2004 die außergerichtliche Einigung.

Die Beklagte reagierte mit Schreiben vom 27. Januar 2004 an die Klägerin auf die von ihr vorgenommene Streichung des Wortes "S... " mit dem Hinweis, sie - Klägerin - habe eigenmächtig bei § 1 Ziff. 1 eine Änderung vorgenommen. Anlässlich des Telefonats mit Frau T... habe sie sich noch am 8. Januar 2004 erklärt, ihrer Verpflichtung zum Kassieren des Bargeldes in S... nachzukommen. Weiterhin heißt es in dem Schreiben:

"Aufgrund Ihrer Einverständniserklärung haben wir darauf verzichtet, die Wirkung unserer Kündigung aufrecht zu erhalten und es zugelassen, dass Sie nach dem 31. Dezember 2003 in unserem Hause beschäftigt werden."

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin beantworteten dieses Schreiben am 30. Januar 2004 u. a. mit dem Hinweis, dass das Änderungsangebot mit der Kündigungsschutzklage unter Vorbehalt angenommen worden sei und deshalb keine Rede davon sein könne, die Beklagte habe die Klägerin über den 31. Dezember 2003 hinaus "entgegenkommender Weise" weiterbeschäftigt.

Mit Schreiben vom 5. Februar 2004 stellte die Beklagte die bis dahin beschäftigte Klägerin mit sofortiger Wirkung von der Erbringung der Arbeitsleistung frei. Sie vertrat in diesem Schreiben die Rechtsauffassung, mit der Klagrücknahme seien die Wirkungen der Kündigungsschutzklage entfallen, die Kündigung lebe zum 31. Dezember 2003 wieder auf mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2003 geendet habe. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 25, 26 d. A.).

Hinsichtlich der von den Parteien in erster Instanz vorgetragenen Rechtsauffassungen wird Bezug genommen auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die von der Beklagten ausgesprochene fristlose Kündigung vom 5. Februar 2004 unwirksam ist,

hilfsweise festzustellen, dass ihr Beschäftigungsverhältnis mit der Beklagten zu unveränderten Bedingungen auch über den 31. Dezember 2003 hinaus fortbestanden hat,

äußerst hilfsweise festzustellen, dass ihr Beschäftigungsverhältnis mit der Beklagten zu den Bedingungen der Änderungskündigung vom 15. Oktober 2003 über den 31. Dezember 2003 hinaus fortbestanden hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Der Hauptantrag sei unbegründet, weil es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 5. Februar 2004 nicht um eine Kündigung handele. Der 1. Hilfsantrag sei unbegründet, weil sich die Klägerin durch die Klagrücknahme im Vorverfahren nicht mehr gegen die Kündigung des Arbeitsvertrages gewendet habe. Auch der 2. Hilfsantrag sei unbegründet. Raum für die Annahme, die Klägerin könne mit der Klagrücknahme Rechtsfolgen dahingehend bewirkt haben, dass das Arbeitsverhältnis zumindest zu den Bedingungen der Änderungskündigung vom 15. Oktober 2003 fortgeführt werden solle, bestehe nicht. Die Klägerin habe die Geltung der Änderungskündigung vom 15. Oktober 2003 gerade nicht gewollt. Sie habe durch Streichung des Wortes "S... " das Angebot der Beklagten nicht angenommen. Anders als bei der vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Rechtsprechung, nach der im Fall der nichtrechtzeitigen Geltendmachung der Rechtswirksamkeit der Kündigung zumindest der zunächst unter Vorbehalt angenommene Änderungsvertrag zwischen den Parteien gelten solle, habe hier die Klägerin ausdrücklich erklärt, den Änderungsvertrag gerade nicht zu wollen. Werde in einer solchen Situation die Änderungskündigungsschutzklage ohne weitere Erklärung zurückgenommen, bestehe gerade keine Klarheit darüber, welche vertraglichen Bedingungen gelten sollen. Die Klägerin habe insoweit kein Wahlrecht, hilfsweise auf die vertragliche Gestaltung der Änderungskündigung zurückzugreifen, denn diese habe sie gerade nicht gewollt. Wegen der weiteren Begründung des Arbeitsgerichts wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 16. August 2004 zugestellte Urteil am 10. September 2004 mit Faxschriftsatz und am 13. September 2004 mit Originalschriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat diese begründet mit Faxschriftsatz am 12. Oktober 2004 und mit Originalschriftsatz am 13. Oktober 2004.

Die Klägerin meint, die Rücknahme der Änderungskündigungsschutzklage führe nicht dazu, dass das Arbeitsverhältnis rückwirkend zum 31. Dezember 2003 beendet worden sei. Die Parteien hätten sich grundsätzlich auf eine mögliche Weiterbeschäftigung der Klägerin verständigt. Notwendige Bedingung dafür sei gewesen, dass sie ihre Kündigungsschutzklage zurücknehme, während die Beklagte im Gegenzug auf ihre Rechte aus der Kündigung verzichten wollte. Diese Vereinbarung habe die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 27. Januar 2004 bestätigt, indem sie formuliert habe, dass aufgrund der Einverständniserklärung der Klägerin auf die Rechte aus der Kündigung verzichtet werde. Bei den Verhandlungen seien die Parteien sich bei sämtlichen von der Beklagten verlangten Änderungen des Beschäftigungsverhältnisses mit Ausnahme des Aufgabenfelds "S... " einig gewesen. Daher sei die Feststellung des Arbeitsgerichts, sie - die Klägerin - habe ja gerade den Änderungsvertrag nicht gewollt, unzutreffend. Lediglich ein Punkt sei unklar gewesen. Sie - so behauptet sie - habe mit der Beklagten am 8. Januar 2004 ein Telefonat geführt, in dem die "Prob-lematik" erörtert worden sei und die Beklagte zugesagt habe, die Sache zu überdenken. Zudem sei im Hinblick auf die vorangegangene Kündigungsschutzklage ausschließlich § 2 KSchG maßgebend und nicht § 7 KSchG. Das Gericht differenziere nicht ausreichend zwischen der formalen Wirkung der Klagrücknahme und ihrer materiellen Erklärung, sie wolle das Änderungsangebot unter Vorbehalt annehmen. Die Klagrücknahme enthalte nämlich nicht die zeitgleiche Rücknahme ihrer materiellrechtlichen Willenserklärung, notfalls auch unter dem Änderungsangebot beschäftigt zu bleiben. Es könne nicht sein, dass ein Arbeitnehmer, der sich gegen eine vergleichsweise unwesentliche Änderung seines Arbeitsvertrages wende, danach aber seine Klage zurücknehme, schlechter gestellt sei als jener, dessen Änderungskündigungsschutzklage abgewiesen werde. Das Beschäftigungsverhältnis bestehe daher zumindest unter den Bedingungen des Änderungsangebotes fort.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, das die von der Beklagten ausgesprochenen fristlosen Kündigung vom 5. Februar 2004 unwirksam ist,

hilfsweise festzustellen, dass ihr Beschäftigungsverhältnis mit der Beklagten zu unveränderten Bedingungen auch über den 31. Dezember 2004 hinaus fortbestanden hat,

äußerst hilfsweise festzustellen, dass ihr Beschäftigungsverhältnis mit der Beklagten zu den Bedingungen der Änderungskündigung vom 15. Oktober 2003 über den 31. Dezember 2003 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, durch die Klagrücknahme sei der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen. Für den Fall der Änderungskündigung bedeutet dies, dass ihre Änderungskündigung als von Anfang an wirksam zu gelten habe. Eine Wirkung dahingehend, dass das Arbeitsverhältnis zumindest zu den Bedingungen der Änderungskündigung vom 15. Oktober 2003 weiter bestehe, gebe es nicht. Eine derartige Erklärung habe die Klägerin nicht abgegeben. Sie habe die Geltung der neuen Arbeitsbedingungen gerade nicht gewollt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufung wird Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Denn sie ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat sie zum Teil Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zutreffend den Hauptantrag und den 1. Hilfsantrag abgewiesen. Das Urteil ist jedoch hinsichtlich des 2. Hilfsantrages abzuändern und der Klage insoweit stattzugeben. Denn zwischen den Parteien besteht das Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 2003 zu den Bedingungen der Änderungskündigung vom 15. Oktober 2003 fort.

Dazu im Einzelnen:

1. Der Hauptantrag ist unbegründet. Zutreffend hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Schreiben vom 5. Februar 2004 nicht um eine eigenständige Kündigung handelt. Eine solche hat die Beklagte gerade nicht erklärt. Sie hat lediglich auf die sich aus ihrer Sicht ergebenden rechtlichen Konsequenzen der Rücknahme der Änderungskündigungsschutzklage und des Streichens des Wortes "S... " hingewiesen. Sie sprach insoweit keine neue Kündigung aus, sondern vertrat lediglich die Rechtsauffassung, aufgrund des Verhaltens der Klägerin habe das Arbeitsverhältnis nunmehr wegen der Änderungskündigung mit Ablauf des 31. Dezember 2003 geendet. Eine eigenständige Beendigungserklärung beinhaltet dieses Schreiben nicht.

2. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch den ersten Hilfsantrag abgewiesen. Zwischen den Parteien besteht das Arbeitsverhältnis nicht zu unveränderten Bedingungen über den 31. Dezember 2003 hinaus fort. Dem steht bereits die Rücknahme der Änderungskündigungsschutzklage entgegen. Zudem ist es auch nicht zutreffend, dass die Beklagte auf die Wirkungen der Änderungskündigung verzichtet hat. Der diesbezügliche Hinweis der Klägerin auf das Schreiben der Beklagten vom 27. Januar 2004 trägt nicht. Wenn es dort heißt, sie - Beklagte - habe darauf verzichtet, die Wirkung der Kündigung aufrechtzuerhalten und es zugelassen, dass die Klägerin nach dem 31. Dezember 2003 beschäftigt wird, so ist dies vor dem Hintergrund der Vergleichsgespräche zu sehen. Die Beklagte hat in diesem Schreiben deutlich gemacht, dass ihre Bereitschaft zur Weiterbeschäftigung der Klägerin nur vor dem Hintergrund bestand, dass die Klägerin bestimmte Vertragsbedingungen akzeptiert. Keine Rede kann davon sei, dass die Beklagte vorbehaltlos einseitig - was im Übrigen rechtlich auch nicht möglich wäre - die Kündigung zurückgenommen hat.

3. Zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits besteht jedoch über den 31. Dezember 2003 hinaus ein Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen der Änderungskündigung vom 15. Dezember 2003. Insoweit teilt das Berufungsgericht nicht die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts. Denn die angefochtene Entscheidung verkennt die Wirkung der Annahme des Änderungsangebotes unter Vorbehalt.

a. Die Klägerin hat das Änderungsangebot in der Änderungskündigungsschutzklage des Vorprozesses unter Vorbehalt angenommen. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er der Arbeitnehmerin im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann die Arbeitnehmerin gem. § 2 Satz 1 KSchG dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial gerechtfertigt ist. Mit dieser Regelung soll der Arbeitnehmerin das Risiko genommen werden, im Falle einer für sie negativ ausgehenden Überprüfung der Sozialwidrigkeit den Prozess und den Arbeitsplatz zu verlieren (KR-Rost, § 2 KSchG, Rdnr. 55). Der Vorbehalt hat materiell-rechtliche Bedeutung (KR-Rost, § 2 KSchG, Rdnr. 58); die Annahme unter Vorbehalt stellt sich dabei als Annahme unter einer auflösenden Bedingungen gem. § 158 Abs. 2 BGB dar (KR-Rost, § 2 KSchG, Rdnr. 58; v. Hoynin-gen-Huene/Linck, KSchG, 13. Aufl., § 2, Rdnr. 84). Es ist eine privat-rechtsgestal-tende Willenserklärung, durch die Arbeitnehmerin kraft Gesetzes einen Vertrag unter einer Bedingung annehmen kann (v. Hoyningen-Huene/Linck, a. a. O.; APS-Künzl, § 2 KSchG, Rdnr. 209).

Hat die Arbeitnehmerin das Änderungsangebot unter diesem Vorbehalt angenommen, so streiten die Parteien nicht mehr über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Fraglich ist dann allein, zu welchen Bedingungen das Arbeitsverhältnis fortgesetzt wird (KR-Rost, § 7 KSchG, Rdnr. 11; APS-Künzl, § 2 KSchG, Rdnr. 323). Mit der vorbehaltlichen Annahme des Änderungsangebotes bleibt daher allein zu klären, ob sich dieses für die Zukunft nach den bisherigen oder nach den angebotenen neuen Arbeitsbedingungen richtet. Die Arbeitnehmerin erhebt daher in einem solchen Fall auch keine Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG, sondern nur eine Änderungskündigungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG.

Schon aus diesen rechtlichen Erwägungen ist nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte meint, mit der Rücknahme der Änderungskündigungsschutzklage habe das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31. Dezember 2003 geendet. Dass die Beklagte diese Argumentation selbst strikt nicht durchhält, ergibt sich aus ihrem erstinstanzlichen Vortrag im Schriftsatz vom 16. März 2004, wenn es dort auf Seite 4 heißt, mit der wirksamen Klagrücknahme habe die Klägerin sich so gestellt, als habe sie die Kündigung vom 15. Oktober 2003 akzeptiert. Genau dies ist richtig, allerdings nicht mit der von der Beklagten gezogenen Rechtsfolge einer vollständigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2003, sondern mit einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter der Änderungskündigung mit den Bedingungen dieser Änderungskündigung.

b. Die Rücknahme der Änderungskündigungsschutzklage führt nicht dazu, dass damit das Arbeitsverhältnis insgesamt mit Ablauf des 31. Dezember 2004 geendet hat. Die Beklagte missversteht die Regelung in § 7 2. Halbsatz KSchG. Nach § 7 1. Halbsatz KSchG gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam, wenn die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig innerhalb der Klagfrist geltend gemacht wird. Gem. § 7 2. Halbsatz KSchG erlischt ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt. Wenn nach der Anordnung dieser Norm der erklärte Vorbehalt erlischt, so bedeutet dies, dass die Annahme unter Vorbehalt nunmehr ohne Vorbehalt, d. h. vorbehaltlos erfolgte. Es heißt nicht, dass damit die Annahme des Änderungsangebotes insgesamt gegenstandslos geworden ist. Vielmehr kann dann die auflösende Bedingung, unter der die geänderten Arbeitsbedingungen angenommen worden sind, nicht mehr eintreten. Es bleibt dann bei den neuen Arbeitsbedingungen (KR-Rost, § 7 Rdnr. 12 KSchG; v. Hoyningen-Huene/Linck, a. a. O., § 7 Rdnr. 8). Mit dem Erlöschen des Vorbehalts ist die vom Arbeitnehmer erklärte Annahme des Änderungsangebotes endgültig wirksam geworden, der Arbeitnehmer hat zu den geänderten Bedingungen weiterzuarbeiten (v. Hoyningen-Huene/Linck, a. a. O., § 7 Rdnr. 8).

Die Wirkung des § 7 ist daher vergleichbar mit der eines rechtskräftigen, die Klage des Arbeitnehmers abweisenden Urteils. Ebenso wie bei der rechtskräftigen Klagabweisung der Änderungskündigungsschutzklage erlischt mit Rücknahme der Änderungskündigungsschutzklage der Vorbehalt und das Arbeitsverhältnis setzt sich zu den geänderten Arbeitsbedingungen fort (vgl. dazu APS-Künzl, § 2 KSchG, Rdnr. 338).

Unerheblich ist, dass § 7 KSchG sich vom Wortlaut her nur befasst mit der nicht rechtzeitigen Klagerhebung. Hier hat die Klägerin zwar rechtzeitig Klage erhoben, diese dann aber später wieder zurückgenommen. Auch bei einer Klagrücknahme treten die Wirkungen des § 7 KSchG ein, sofern die Rücknahme nach Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 KSchG erfolgte. Wird die Klage - wie hier - wirksam zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen (§ 269 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz ZPO). Daraus folgt, dass die Kündigung jedenfalls nach § 7 KSchG wirksam wird, sofern im Zeitpunkt der Rücknahme die 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG abgelaufen ist (KR-Friedrich, § 4 KSchG, Rdnr. 294; v. Hoyningen-Huene/Linck, a. a. O., § 4 Rdnr. 42; APS-Ascheid, § 4 KSchG, Rdnr. 121).

c. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin im ihr unterbreiteten Änderungsangebot das Wort "S... " strich und damit zum Ausdruck brachte, jedenfalls einvernehmlich eine Vertragsänderung nicht zu akzeptieren. Wenn das Arbeitsgericht in diesem Zusammenhang darauf hinweist, die Klägerin habe die Geltung der Änderungskündigung vom 15. Oktober 2003 gerade nicht gewollt und mit dieser Erwägung den Klagantrag abweist, so verkennt das Arbeitsgericht die Wirkung des von der Klägerin erklärten Vorbehalts. Mit der Streichung des Wortes "S... " ist es lediglich nicht zu einer einvernehmlichen Regelung zwischen den Parteien gekommen. Die Ablehnung einer solchen einvernehmlichen Regelung hatte aber nicht zur Folge, dass damit auch die Klägerin von der Annahme des Änderungsangebotes unter Vorbehalt Abstand genommen hat bzw. sich darauf nicht mehr berufen kann. Denn allein die Ablehnung einer einvernehmlichen Regelung, deren Gehalt sich möglicherweise nahezu deckt mit dem unter Vorbehalt angenommenen Änderungsangebot, beseitigt dennoch nicht die Annahme unter Vorbehalt. Denn diese Annahmeerklärung kann nach ihrem Zugang beim Arbeitgeber nicht mehr einseitig zurückgenommen werden. Die Arbeitnehmerin ist an die rechtzeitig unter Vorbehalt angenommenen geänderten Arbeitsbedingungen für die Dauer des Änderungsschutzverfahrens gebunden (APS-Künzl, § 2 KSchG, Rdnr. 230; v. Hoyningen-Huene/Linck, a. a. O., § 2 Rdnr. 84). Daher ist es aus rechtlichen Gründen bereits nicht möglich, dass die Klägerin die von ihr erklärte Annahme unter Vorbehalt widerruft oder zurücknimmt. Darüber hinaus bestehen aber auch überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin dies beabsichtigte. Ihr Vorgehen bedeutet lediglich die Ablehnung einer einvernehmlichen Regelung. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie bei der nach Ablehnung einer einvernehmlichen Regelung notwendigen streitigen Fortführung des Verfahrens sich nicht mehr auf die Annahme unter Vorbehalt berufen wollte. Vielmehr blieb trotz des Streichens des Wortes "S... " weiterhin ihre Erklärung im Raum, in jedem Fall im Betrieb weiterarbeiten zu wollen. Sie weist in der Berufung zutreffend darauf hin, dass ihrem Verhalten überhaupt kein Erklärungsgehalt zu entnehmen sei, wonach sie nunmehr überhaupt nicht mehr bereit sei, für die Beklagte tätig zu sein. Lediglich eine einvernehmliche Regelung scheiterte. Dass sie sich aber im Fall einer Abweisung ihrer Änderungskündigungsschutzklage oder den durch Klagrücknahme eintretenden gleichstehenden Rechtsfolgen nicht mehr auf die Annahme unter Vorbehalt berufen hätte, ist nicht erkennbar. Eine solche rechtliche Überlegung wäre allenfalls dann denkbar - aber weiterhin zweifelhaft - wenn die Beklagte der Klägerin nach der von ihr vorgenommenen Streichung des Wortes "S... " klar die Frage gestellt hätte, ob sie denn auch nicht mehr bereit sei, unter den Bedingungen der Änderungskündigung zu arbeiten. Nur wenn sie eine solche klar gestellte Frage eindeutig abgelehnt hätte, wäre überhaupt Raum gewesen für die Überlegungen der Beklagten hinsichtlich einer endgültigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum 31. Dezember 2003.

Nach alledem ist die Entscheidung des Arbeitsgerichts teilweise abzuändern und der Klage mit dem 2. Hilfsantrag stattzugeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Angelegenheit hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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