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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 03.05.2007
Aktenzeichen: 4 Sa 529/06
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, KSchG
Vorschriften:
ArbGG § 72a | |
BGB § 626 | |
BGB § 626 Abs. 1 | |
KSchG § 1 Abs. 2 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil
Aktenzeichen: 4 Sa 529/06
Verkündet am 03.05.2007
In dem Rechtsstreit
hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 03.05.2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 21.09.2006 - 5 Ca 1153 c/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses.
Die 47 Jahre alte und verheiratete Klägerin trat am 30. November 1991 als Reiseverkehrskauffrau in die Dienste der Beklagten ein. Zuletzt arbeitete sie in Teilzeit 21,5 Stunden pro Woche und erhielt dafür einen monatlichen Bruttolohn in Höhe von 860,00 EUR. Die Beklagte schickte die Klägerin als Expedientin und Reiseverkehrskauffrau regelmäßig auf Informationsreisen verschiedenster Reiseveranstalter. In der Zeit vom 20. bis 24. Juni 2006 nahm sie an einer von der ...-Touristik veranstalteten Seminarreise nach XY (griech. Insel) teil. Die Beklagte zahlte ihr während der Seminarreise die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung weiter. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Klägerin während dieser Reise alkoholbedingt ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzte. Verantwortlich für die Durchführung der Seminarreise war die Distriktleiterin Nord der ...-Touristik, die Zeugin B.. Die Reisegruppe bestand aus sieben Reisebüroinhabern, sechs Büroleitern und zwei Expedienten. Am 26. Juni 2006 informierte die Zeugin B. den Geschäftsführer der Beklagten Bi telefonisch über das (streitige) Verhalten der Klägerin während der Seminarreise. Daraufhin wandte sich dieser an die Büroleiterin in B., die Zeugin F.. Die Zeugin F. erklärte ihm, aufgrund der Aussagen der weiteren Mitarbeiter Ka. und S. sei der Verdacht aufgekommen, dass die Klägerin möglicherweise ein Alkoholproblem habe. Allerdings hatten Mitarbeiter der Beklagten die Klägerin bisher nicht beim Trinken von Alkohol im Betrieb angetroffen.
Am 26. Juni 2006 führte der Geschäftsführer der Beklagten mit der Klägerin ein Gespräch, in dem er ihr die von der Reiseleiterin B. geschilderten Vorkommnisse vorhielt. Auf seinen Einwand, dass möglicherweise ein Alkoholproblem bei ihr vorliegen könne, erklärte die Klägerin, dies sei alles gelogen und wies ein Alkoholproblem von sich. Vielmehr sei es die Reiseleiterin B. gewesen, die sie von Anfang an nicht habe leiden können. Im Laufe dieses Gesprächs entsorgte die Klägerin eine Flasche Deit-Limonade und spülte das Glas, aus dem die Zeugin H. zuvor die Limonade probiert hatte. Die Beklagte vermutet, in der Limonadenflasche habe sich Alkohol befunden.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 26. Juni 2006 fristlos und erneut mit anwaltlichem Schreiben vom 26. Juli 2006 ordentlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist. Die Klägerin hält die fristlose Kündigung für unwirksam und die vorsorglich ausgesprochene fristgerechte Kündigung für sozial ungerechtfertigt. Unter dem 21. August 2006 kündigte die Beklagte das klägerische Arbeitsverhältnis nochmals vorsorglich fristlos und hilfsweise fristgerecht mit der Begründung, die Klägerin habe gegenüber Dritten unwahre Behauptungen bezüglich des laufenden Kündigungsschutzverfahrens abgegeben.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch fristlose Kündigung vom 26.06.2006 beendet worden ist, sondern über den 26.06.2006 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt,
3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch fristgemäße Kündigung vom 26.07.2006 beendet worden ist, sondern über den 31.12.2006 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,
4. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch fristlose Kündigung vom 21.08.2006 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,
5. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch fristgemäße Kündigung vom 21.08.2006 beendet worden ist, sondern über den 31.01.2007 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen die Kündigungen richtete.
Die Beklagte hat behauptet:
Bereits beim Eintreffen der Teilnehmer am 20. Juni 2006 am ...-Schalter auf dem Flughafen ... sei von den Mitarbeitern der ...-Station und auch von den Reiseteilnehmern bei der Klägerin ein starker Alkoholgeruch festgestellt worden. Nach der Ankunft im Hotel LTI-Gelina auf XY sei aufgefallen, dass die Klägerin beim Abendessen als einzige Person gefehlt habe. Eine Suche durch die Zeuginnen B. und R. sei ohne Erfolg geblieben. Nach einiger Zeit habe sich die Klägerin dann ohne weitere Erklärung der Gruppe angeschlossen. Zu einem gemeinsamen ersten Treffen der Gruppe und einem Begrüßungsgespräch sei die Klägerin 15 Minuten später erschienen.
Reiseteilnehmer hätten der Zeugin B. berichtet, die Klägerin habe nur schwankend über eine Treppe überhaupt ihr Zimmer an diesem Abend erreicht. Die Klägerin habe ein Alkoholproblem und dieses während ihres Urlaubes entsprechend ausgelebt.
Am 21. Juni 2006 hätten die Reiseteilnehmer zehn Minuten auf die Klägerin warten müssen, bis sie endlich in den Bus gestiegen sei. Darüber sei die Gruppe empört gewesen. Während der Busfahrt habe die Klägerin ständig ihre im Rucksack gelagerten Getränke mittels mitgebrachter Gläser getrunken. Sodann habe sich auch immer wieder der Alkoholgeruch verstärkt. Wiederholt hätten sich die Teilnehmer bei der Klägerin beschwert, die Beschwerden seien fruchtlos geblieben. Am 21. Juni 2006 im Hotel R. Beach habe sich die Klägerin Brot und Wurst als Wegzehrung einpacken lassen. Dies habe die Zeugin B. alles ihr gegenüber beanstandet. Nach dem Mittagessen am 21. Juni 2006 im Hotel M. Beach sei die Teilnehmergruppe zu einem Kaffee im Bar-Bereich eingeladen worden. Dort hätten die weiteren Mitreisenden beobachtet, dass die Klägerin, die sich als einzige an der Bar aufgehalten habe, "versehentlich" das Getränk eines Hotelgastes ausgetrunken habe. Am 21. Juni 2006 im Hotel A. Resort habe die Klägerin den Besuch des Weinkeller-Restaurants versäumt. Zudem habe sie eine an alle Reiseteilnehmer vom dortigen Hotelier verteilte Speisekarte in ihre Tasche gesteckt. Die Zeugin B. habe diese Speisekarte wieder aus der Tasche der Klägerin gezogen, um beim Hotelier keinen schlechten Eindruck zu vermitteln.
Bei allgemeinen Hotelbesichtigungen sowie bei Mittag- und Abendessen in den Hotels habe die Klägerin zuerst immer die Bar besucht und stets Getränke wie z. B. Ouzo geordert. Bei der Einladung zu einer Erfrischung im Hotel Me. Beach am Vormittag hätten sich sämtliche Teilnehmer Kaffee und Softgetränke bestellt, die Klägerin wiederum sei mit der Bestellung eines "Ouzos" aus der Rolle gefallen. Am Buffet habe sich die Klägerin immer reichlich bedient, dann jedoch nach ein paar Gabelbissen stets den vollen Teller stehen lassen. Für die Teilnehmer der Reisegruppe sei dies Verhalten sehr unangenehm gewesen.
Bei den Hotelführungen sei sehr peinlich und unangenehm der vertrauliche Umgang der Klägerin mit den Hotelmanagern beziehungsweise der Leitung aufgefallen, die sie regelmäßig geduzt habe. Auch habe sich die Klägerin öfter bei einigen Hotelmanagern untergehakt, da sie nicht mehr so gut habe stehen können. Es habe auch konkrete Nachfragen aufgrund des Verhaltens der Klägerin seitens der Hoteliers nach dem Alkoholkonsum der Seminargruppe gegeben. Gemeint gewesen sei damit die Klägerin allein.
Am 21. Juni 2006 in A. habe die Klägerin bei einem abendlichen Bummel und einer Einladung im Garten-Restaurant mit einem Hund auf der Erde gelegen. Dann habe sie sich wieder mit dem großen Hund auf dem Schoß an den Tisch der Teilnehmergruppe zurückgesetzt. Nach der Bestellung eines Taxis durch die Klägerin sei die Restaurant-Besitzerin zur Zeugin B. gekommen und habe gefragt, ob die "drunken Lady" zu ihrer Gruppe gehöre, es gebe Probleme mit dem Taxi.
Während eines Ausfluges nach XY Stadt, sämtliche Teilnehmer hätten eine Stunde Freizeit gehabt, habe die Klägerin "glücklich" auf dem Boden an einer Hauswand mitten in der Fußgängerzone mit ihren Getränken im offenen Rucksack und einem Hund auf dem Schoß gesessen. Sie habe einen alkoholisierten Eindruck gemacht.
Am 23. Juni 2006 in C. Beach habe die Klägerin am Abschlussabend mit zwei Bier-und zwei Ouzogläsern nach dem vorherigen Konsum weiterer alkoholischer Getränke die Gruppe verlassen. Später hätten Teilnehmer der Reisegruppe sie hilflos in der Anlage gefunden, da sie offenbar nicht mehr gewusst habe, wo sich ihr Zimmer befand.
Durch dieses Gesamtverhalten habe die Klägerin nicht nur die Gruppe mit ihrem unangenehmen Benehmen und Verhalten gestört, sondern auch erhebliche Probleme bei den Hoteliers im Rahmen des Gesamteindrucks der Reisegruppe vermittelt. Für alle sei es höchst unverständlich, dass eine solche Mitreisende ihr - der Beklagten - überhaupt angehöre. Rückschlüsse auf ihre Kette seien deshalb konsequenterweise seitens der Seminarleitung gezogen worden. Da es sich bei den Teilnehmern auch um Inhaber und Büroleiter anderer Büros gehandelt habe, hätten sich diese Vorfälle auch in anderen Reisebüros in Schleswig-Holstein herumgesprochen und insoweit ein Negativbild auf sie - Beklagte - geworfen. Der negative Eindruck der Klägerin sei dabei so nachhaltig gewesen, dass sogar heute noch die Zeugin B. von Teilnehmern angerufen werde, die sich nach Konsequenzen für die Klägerin erkundigten. Schließlich sei das Verhalten der Klägerin so nachhaltig gewesen, dass sie - Beklagte - als Reisebürokette bei weiteren Seminarreisen nicht mehr berücksichtigt werde, da die Teilnahme der Klägerin die beschriebene Unruhe bei den Mitreisenden und Probleme bei den Gastgebern verursacht habe. Die Klägerin habe durch ihr Verhalten einen erheblichen Image- und Verlustschaden für sie - Beklagte - verursacht.
Anlässlich des zwischen ihrem Geschäftsführer und der Klägerin am 26. Juni 2006 geführten Gesprächs sei aufgefallen, dass die Augen der Klägerin rot und glasig gewesen seien. Sie sei mit ihrem Stuhl immer weiter von Geschäftsführer und der Zeugin H. weg gerückt. Ihr Geschäftsführer habe sie daraufhin gefragt, warum sie denn wegrücke, ob sie Angst habe, dass man eine Fahne riechen könne, worauf die Klägerin den Kopf geschüttelt habe. Hinsichtlich der Flasche Deit-Limonade habe sie erklärt, diese gehöre "M.", die seit längerem in H. arbeite. Die Klägerin habe um eine viertelstündige Unterbrechung des Gesprächs gebeten. Nach Unterbrechung habe sie geäußert, sie habe "Zucker" und bei manchen Zuckerkranken äußere sich dies bei zu wenig Nahrungsaufnahme oder Flüssigkeitsaufnahme mit einem alkoholähnlichen Geruch. Im geschlossenen Raum sei der Alkoholgeruch deutlich wahrnehmbar gewesen. Ihr Geschäftsführer habe die Deit-Limonade probiert und einen widerlichen und undefinierbar strengen Geschmack festgestellt, den er mit Alkohol in Verbindung gebracht habe. Auch die Zeugin H. habe die Deit-Limonade probiert und festgestellt, dass sie sehr streng schmecke, habe aber nicht mit Sicherheit sagen und behaupten können, ob Alkohol enthalten gewesen sei. Wenn ja, dann habe sie vermutet, es sei Wodka oder es habe bereits eine Gärung der Brause stattgefunden. Die Zeugin F. habe dann an der von der Klägerin ausgespülten Deit-Flasche gerochen und einen alkoholischen Geruch festgestellt.
Gegenüber Dritten und Kunden habe die Klägerin nach Ausspruch der Kündigungen erklärt, diese seien eine abgesprochene Sache zwischen dem Veranstalter des Seminars und ihrem Reisebüro. Die Beklagte habe sich sowieso von einer Kraft trennen wollen, da habe das ganz gut gepasst. Sie sei von Herrn Bi persönlich und Frau B. gemobbt worden, das ganze sei ein Komplott und abgekartetes Spiel.
Die Klägerin hat behauptet:
Die zur Begründung der fristlosen Kündigung angeführten Umstände seien konstruiert und maßlos übertrieben. Vor dem Abflug habe sie keinen Alkohol getrunken. Sofern jemand Alkoholgeruch beim ...-Schalter festgestellt habe, stamme dieser jedenfalls nicht von ihr. Nach der Ankunft im Hotel L. habe sie ihr Zimmer sofort aufgesucht, um sich vor dem Abendessen kurz zu erfrischen. Nach etwa fünf Minuten sei die Zeugin R. bei ihr erschienen, um sich ihr Zimmer anzusehen, da sie über ihr eigenes Zimmer sehr verärgert gewesen sei. Nach etwa zehn Minuten seien beide zum Abendessen gegangen. Dort habe es keine Vorstellungsrunde gegeben. Sie habe am Abend keinen Alkohol getrunken. Im Hotel G. habe sie nicht eine EinLiter-Karaffe vom Buffet geholt und ausgetrunken. Beim Rundgang im Hotel habe sie die Toilette kurz aufgesucht. Dabei habe sie den Anschluss an die Gruppe verloren, die nicht gewartet habe. Zutreffend sei, dass sie regelmäßig eine Flasche Wasser und ein Glas im Rucksack habe. Während der Busfahrt habe sie Wasser getrunken. Warum die Mitnahme des Lunch-Pakets im Hotel R. Beach eine Pflichtverletzung sei, sei für sie nicht nachvollziehbar. Im Hotel M. Beach habe sie nicht das Getränk eines anderen Hotelgastes getrunken. Falsch sei die Behauptung der Beklagten, sie - Klägerin - habe in den Hotels zuerst immer die Bar aufgesucht, um Ouzo zu bestellen. Im Hotel A. Resort sei sie nicht in den Weinkeller gegangen, dort hätten alle anderen Reiseteilnehmer reichlich Alkohol getrunken. Sie sei erschöpft gewesen und habe sich im Eingangsbereich des Weinkellers ausgeruht. Ein Hotelier habe ihr eine Speisekarte ausgehändigt. Er habe ihr auf ausdrückliche Nachfrage erlaubt, diese Karte mitzunehmen. Im Hotel Me. Beach habe sie einen Ouzo getrunken. Dies habe sie getan, um gegenüber dem Hotelmanager nicht unhöflich zu erscheinen. Selbstverständlich habe sie bei den Hotelführungen die Hotelmanager bzw. die Leitung geduzt. Dies sei in der Reisebranche üblich. Einzig die stocksteife Reiseleiterin B. sei über ihr Verhalten irritiert gewesen. Sie habe sich offenbar an ihrer Aufgeschlossenheit gestört. Die Zeugin B. habe sich wohl nicht ausreichend durch einige Hotelmanager beachtet gefühlt. Im Hotel A. habe sie zu keinem Zeitpunkt mit einem Hund auf dem Rasen gelegen. Auch habe sie nicht mit einem großen Hund auf dem Schoß am Tisch gesessen. Sie habe lediglich einen Labrador gestreichelt, der um den Tisch der Teilnehmergruppe gelaufen sei. Im Hotel A. habe sie ein Taxi rufen lassen, welches nicht gekommen sei. Anlässlich des Ausflugs nach XY-Stadt habe sie sich mit zwei anderen Frauen zum Ausruhen auf eine Bordsteinkante gesetzt. Dort habe eine der Frauen einen Hund gestreichelt. Sie sei während des Ausflugs nach XY nicht alkoholisiert gewesen. Am Abschlussabend im Hotel C. Beach habe sie ein Glas Wein im Beisein der Gruppe getrunken. Sie habe eine Flasche Bier mit auf ihr Zimmer genommen. Auf dem Rückweg zum Zimmer habe sie sich in der großräumigen Hotelanlage verlaufen. Dies habe nicht an einem etwaigen Alkoholkonsum gelegen. Die Unstimmigkeiten anlässlich der Reise beruhten ausschließlich auf persönlicher Antipathie der Zeugin B. ihr gegenüber. Die Kündigung sei nach fünfzehnjähriger beanstandungsfreier Zusammenarbeit unverhältnismäßig. Sie habe während der Arbeitszeit keinen Alkohol getrunken.
Das Arbeitsgericht hat die Zeuginnen B. und R. und den Zeugen S. zum Verhalten der Klägerin im Rahmen der Seminarreise vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2006 (Bl. 77 - 85 d. A.).
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zu Begründung ausgeführt, die Klägerin habe während der Informationsreise nicht die Gelegenheit wahrgenommen, Kenntnisse aufzunehmen, die es ihr ermöglicht hätten, diese an Kunden der Beklagten in Beratungsgesprächen weiterzugeben. Sie habe sich aus dem festen Programm der Reiseleitung zeitweise "ausgeklinkt" und sei ihre eigenen Wege gegangen. Dies hätten die Zeugen übereinstimmend bekundet. Am ersten Abend sei sie sowohl zum Abendessen als auch zum anschließenden Vorstellungsgespräch zu spät erschienen. An der Hotelbesichtigung am nächsten Vormittag habe sie ebenfalls nicht teilgenommnen und sei dann zu spät zum Bus erschienen. Zwar habe sie dann in der Folgezeit die verabredeten Termine eingehalten, sei jedoch unangenehm dadurch aufgefallen, dass sie bei Hotelbesichtigungen zuerst immer an die Bar des Hotels gegangen sei und dort bereits am Vormittag Alkohol zu sich genommen habe. Eines Tages habe sie in einem Restaurant sich am Nachbartisch der Gruppe mit einem Hund beschäftigt, sich dabei auf den Boden gesetzt und dann auch den Hund auf den Schoß genommen. Diese und andere Ungewöhnlichkeiten im Verhalten der Klägerin ließen bei den Mitreisenden den Verdacht aufkommen, dass sie alkoholische Probleme habe. Die Kammer habe das Verhalten der Klägerin allerdings nicht als alkoholbedingte Ausfallerscheinungen oder Krankheit bewerten können, da die Klägerin energisch in Abrede gestellt habe, alkoholbedingte Probleme zu haben. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei für die Beklagte auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar, da die Klägerin durch ihr Verhalten deren Ansehen in einem starken Maße beeinträchtigt habe.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 3. November 2006 zugestellte Urteil am 5. Dezember 2006 Berufung eingelegt und diese sogleich begründet.
Die Klägerin meint, die pauschale Wertung des Arbeitsgerichts, sie habe anlässlich der Informationsreise nicht die Gelegenheit wahrgenommen, Kenntnisse aufzunehmen, sei nicht nachvollziehbar. Nach dem Bekunden der Zeugen sei sie nur zweimal zu spät zu einer Veranstaltung erschienen. Die Zeugin B. habe bestätigt, dass sie im Anschluss an ein Ermahnungsgespräch immer pünktlich gewesen sei. Wie sich aus einem für Hundeliebhaber im Übrigen nicht ungewöhnlichen Verhalten - Streicheln des Hundes am Nachbartisch - ein Kündigungsgrund begründen lasse, sei nicht nachvollziehbar. Dies sei eine Lappalie. Auch der latent geäußerte Verdacht, sie habe ein Alkoholproblem, könne die Kündigung nicht begründen. Das Arbeitsgericht habe selbst festgestellt, die Kammer habe das Verhalten der Klägerin nicht als alkoholbedingte Ausfallerscheinung oder Krankheit bewerten können. Mit dieser Feststellung habe das Arbeitsgericht gerade den von der Beklagten behaupteten Alkoholmissbrauch als Kündigungsgrund ausgeschlossen. Im Übrigen habe auf der Informationsreise kein Alkoholverbot geherrscht. Ihr Trinkverhalten habe sich nicht von dem der übrigen Reiseteilnehmer unterschieden. Diese hätten sich offensichtlich auf sie - Klägerin - eingeschossen, da sie von ihrem Auftreten her sehr aufgeschlossen und kontaktfreudig sei. Die Kündigung sei im Übrigen auch unverhältnismäßig. Sie sei regelmäßig für ihre hervorragenden Arbeitsergebnisse von den Geschäftsführern der Beklagten gelobt worden. Die Kunden seien mit ihr sehr zufrieden gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 21. September 2006 - 5 Ca 1153 c/06 - abzuändern und
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch fristlose Kündigung vom 26.06.2006 beendet worden ist, sondern über den 26.06.2006 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt,
3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch fristgemäße Kündigung vom 26.07.2006 beendet worden ist, sondern über den 31.12.2006 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,
4. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch fristlose Kündigung vom 21.08.2006 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,
5. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch fristgemäße Kündigung vom 21.08.2006 beendet worden ist, sondern über den 31.01.2007 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages und meint, die Berufung greife zu kurz, wenn die Klägerin ausführe, das Streicheln eines Hundes während eines Restaurantbesuches, eine Verspätung von zehn bis fünfzehn Minuten am Anreisetag und das Verlieren des Gruppenanschlusses bei einer Hotelbesichtigung seien nicht geeignet, den Ausspruch einer fristlosen Kündigung zu begründen. Die Klägerin verkenne, dass alle gehörten Zeugen mit nicht zu überbietender Aussagekraft und Deutlichkeit bekundet hätten, dass die Klägerin alkoholbedingt erhebliche Ausfälle während der Reise gehabt habe. Deutlich habe der Zeuge S. geäußert, er habe bei der Klägerin auch tagsüber eine Alkoholfahne gerochen. Die Zeugin R. habe bestätigt, dass die Klägerin sehr viel Alkohol zu sich genommen habe. Deutlich sei ihre Bekundung bezogen auf das Verhalten der Klägerin im Hotel R. Beach, die Klägerin habe dort eben viel Alkohol getrunken und sei voll gewesen. Auch die Zeugin B. habe den starken Alkoholgenuss der Klägerin bestätigt. Das vehemente Bestreiten der Klägerin, Alkohol überhaupt zu sich genommen zu haben, widerspreche in einem erheblichen Maße den geschilderten Zeugenaussagen, weshalb den Erklärungen der Klägerin kein Glauben geschenkt werden könne.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufung wird Bezug genommen auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage mit der Begründung abgewiesen, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis habe aufgrund wirksamer fristloser Kündigung der Beklagten vom 26.06.2006 geendet. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.
1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. § 626 BGB kennt keinen absoluten Kündigungsgrund. Die Prüfung des wichtigen Grundes hat immer in zwei Stufen zu erfolgen. Zunächst ist zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund abzugeben. Sodann ist zu prüfen, ob die Abwägung der konkret berührten Interessen die fristlose Kündigung rechtfertigt. Notwendig ist eine umfassende Güter- und Interessenabwägung. Es sind das Interesse des Kündigenden an der Auflösung und das Interesse des Kündigungsempfängers an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses gegenüber zu stellen. Weiter sind zu beachten Art und Schwere der Verfehlung, Umfang des verursachten Schadens, Beharrlichkeit des pflichtwidrigen Verhaltens und Grad des Verschuldens. Insbesondere bei verhaltensbedingten Gründen wird die Interessenabwägung wesentlich vom Grad des Verschuldens beeinflusst.
Ein nicht auf Alkoholabhängigkeit beruhender Alkoholmissbrauch im Betrieb beziehungsweise während der Arbeitszeit ist an sich geeignet, eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen. Denn es besteht eine Nebenleistungspflicht des Arbeitnehmers, sich nicht in einen Zustand zu versetzen, in dem er sich oder andere gefährden kann oder nicht mehr in der Lage ist, ordnungsgemäß zu arbeiten. Der Arbeitnehmer darf seine Arbeitsfähigkeit auch nicht durch Alkoholgenuss in der Freizeit beeinträchtigen. Es kommt deshalb für die Pflichtverletzung nicht entscheidend darauf an, ob der Arbeitnehmer alkoholisiert zur Arbeit erscheint oder erst während der Arbeit alkoholische Getränke zu sich nimmt. Die Nebenleistungspflicht ist jedenfalls dann verletzt, wenn der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit Ausfallerscheinungen erkennen lässt und eine Beeinträchtigung seiner Hauptpflicht zur Arbeitsleistung zu besorgen ist (ErfK-Müller-Glöge, § 626 BGB, Randnummer 163). Eine außerordentliche Kündigung wegen Trunkenheit, die nicht auf Alkoholabhängigkeit beruht, kommt in Betracht, wenn durch zusätzliche Umstände eine alsbaldige Beendigung des Arbeitsverhältnisses unverzichtbar erscheint. In diesem Sinne sind unter anderem die Uneinsichtigkeit des Arbeitnehmers nach früheren Fällen oder vergebliche Abmahnungen und unverantwortliche Handlungen im alkoholisierten Zustand als belastende Umstände berücksichtigungsfähig (ErfK-Müller-Glöge, § 626 BGB Randnummer 165). Handelt es sich dagegen um Alkoholsucht, so gelten die Grundsätze der krankheitsbedingten Kündigung.
2. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze erweist sich die fristlose Kündigung gemäß § 626 BGB als wirksam.
a. Es steht zu Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Klägerin während der Seminarreise nach XY vom 20. bis 24. Juni 2006 mehrfach Alkohol zu sich nahm, und zwar über das zu akzeptierende und verträgliche Maß hinaus mit den Folgen alkoholbedingter Ausfallerscheinungen. Die drei vom Arbeitsgericht vernommenen Zeugen haben übereinstimmend und beeindruckend ausgesagt, die Klägerin sei immer wieder mit einer Alkoholfahne beziehungsweise alkoholbedingten Ausfallerscheinungen aufgefallen.
aa. Die Zeugin B. hat bekundet, die Klägerin sei bereits am Flughafen ... mit einer Alkoholfahne angekommen. Dies sei auch den anderen Reisenden aufgefallen. Sie habe schon viele Reisen gemacht, jedoch sei noch keine Teilnehmerin so aufgefallen wie die Klägerin durch Alkoholgenuss. Ihr sei öfter aufgefallen, dass die Klägerin eine Alkoholfahne gehabt habe. Was sie in ihrer Isostar-Flasche mitgeführt habe, könne sie nicht sagen, aber die Alkoholfahne sei auffällig gewesen. Die Klägerin habe auch schon tagsüber Ouzo getrunken, die Alkoholfahne sei ihr eigentlich ständig aufgefallen.
Auch die Zeugin R. hat ausgesagt, dass die Klägerin viel Alkohol getrunken habe und sich einmal mittags beim Essen Rotwein, Ouzo und Wasser bestellt habe. Am letzten Abend im C. Hotel habe sie auf einem Mal zwei Bier und zwei Ouzo geordert. Sie habe die Klägerin am letzten Abend gesehen, als sie im Garten der Anlage nicht gewusst habe, wo ihr Zimmer war. Sie habe sie nach zwei Tagen angesprochen, ob sie wohl ein Problem mit Alkohol habe. Schon auf dem Hinflug sei aufgefallen, dass die Klägerin im Flugzeug einiges an Alkohol bestellte. Im Hotel R. Beach sei ihr aufgefallen, dass die Klägerin viel Alkohol getrunken habe und voll gewesen sei. Die Klägerin sei immer schnell an der Bar zu finden gewesen. Sie habe sie im A. Resort an der Bar gesehen. Als die Gruppe aus dem Weinkeller gekommen sei, habe die Klägerin an der Bar gesessen. Sie sei vorsichtig gesagt am Abend jeweils so voll gewesen, dass sie ins Bett musste. Sie habe zum Teil ja schon morgens angefangen. Sie habe gesehen, dass die Klägerin im R., im M. und im A. auch über den Tag Alkohol getrunken habe.
Der Zeuge S. hat bekundet, die Klägerin habe von Anfang an den Ablauf der Reise durch ihr Verhalten gestört. Wenn man sich ihr näherte und an ihr vorbeigegangen sei, sei eine Alkoholfahne zu bemerken gewesen. Er habe die Reiseleiterin deshalb auch angesprochen. Er habe bei der Klägerin auch tagsüber eine Alkoholfahne gerochen. Er habe gesehen, dass sie auf der Reise mehrfach während des Tages Alkohol getrunken habe.
Die drei Zeugen haben daher übereinstimmend bekundet, dass die Klägerin während der Reise auch tagsüber im Rahmen des Besuchs- und Besichtigungsprogramms Alkohol zu sich nahm. Dies geschah zudem in einem Ausmaß, das nicht mehr als üblich beziehungsweise hinnehmbar zu bezeichnen ist. Denn die drei Zeugen haben übereinstimmend bekundet, dass die Klägerin immer wieder durch eine Alkoholfahne aufgefallen sei.
bb. Das Berufungsgericht hat keinen Anlass daran zu zweifeln, dass die vom Arbeitsgericht vernommenen Zeugen die Wahrheit gesagt haben. Im Kern haben alle drei bestätigt, die Klägerin habe während des Besichtigungsprogrammes Alkohol zu sich genommen und sei immer wieder durch eine Alkoholfahne aufgefallen. Insoweit sind die Aussagen der drei Zeugen unmissverständlich und eindeutig.
Die Klägerin hat auch in der Berufungsbegründung nicht substantiiert die Glaubwürdigkeit der Zeugen und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage angegriffen. Erst in der Berufungsverhandlung hat sie sich auf Frage des Vorsitzenden darauf zurückgezogen, bei den Mitgliedern der Reisegruppe habe es sich ganz überwiegend um Inhaber und Geschäftsführer verschiedener Reisebüros gehandelt, die auf der Seite der Beklagten stünden. Mit einer solchen Argumentation lässt sich die Glaubwürdigkeit der Zeugen nicht erschüttern. Diese Argumentation ist derart pauschal und allgemein, dass ihr nicht weiter nachzugehen ist. Im Gegenteil: Nicht nur die Zeugin B., von der die Klägerin eine persönliche Antipathie behauptet, hat den Alkoholgenuss und die Alkoholfahne bestätigt, sondern auch die Zeugen R. und S. Zwar behauptet die Klägerin bezogen auf die Zeugin R., diese stehe ebenfalls auf der Seite der Zeugin B.. Wenngleich auch diese Behauptung völlig pauschal und unsubstantiiert ist, so muss die Klägerin doch beachten, dass auch der Zeuge S. ebenfalls im Wesentlichen die Bekundungen der Zeuginnen B. und R. bestätigt hat. Es bestehen für das Berufungsgericht überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge S. ein Interesse daran haben könnte, zu Lasten der Klägerin die Unwahrheit zu sagen. Welchen Anlass sollte der Zeuge haben, vor Gericht mit der Gefahr einer späteren strafrechtlichen Verurteilung die Unwahrheit zu sagen?
cc. Für das Berufungsgericht bestand im Übrigen auch keine Veranlassung, den von der Klägerin angeführten Zeugen V. zu vernehmen. Sie hat sich erstinstanzlich auf dessen Zeugnis berufen als Beweis für ihre Behauptungen, während der Reise ihre arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllt zu haben. Für das Berufungsgericht bestand aber keine Veranlassung, diesen Zeugen zu vernehmen, denn die Klägerin hat sich im Rahmen der Berufungsbegründung und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht auf dessen Zeugnis berufen und sich mit dieser Begründung auch nicht mit dem erstinstanzlichen Urteil befasst. Allein die ergänzende Bezugnahme auf das gesamte erstinstanzliche Vorbringen reicht nicht aus. Der Zeuge V. wäre nur dann als Zeuge zu laden und zu vernehmen gewesen, wenn die Klägerin innerhalb der Berufungsbegründung sich insoweit mit dem erstinstanzlichen Urteil auseinandergesetzt und die Nichtvernehmung des Zeugen beanstandet hätte. Daran fehlt es. Es hätte einer konkreten Auseinandersetzung diesbezüglich mit dem angegriffenen Urteil bedurft. Soweit sich die Klägerin dann in der Berufungsverhandlung auf den Zeugen V. berufen hat, war dieser Beweisantritt zurückzuweisen, denn eine Ladung des Zeugen V. zu einem weiteren Berufungstermin hätte zu einer Verzögerung des Rechtstreits geführt (§ 67 IV ArbGG).
Deshalb steht zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Klägerin während der Seminarreise auf XY in einem das übliche Maß überschreitenden Umfang Alkohol zu sich nahm.
b. Damit verletzte sie auch ihre arbeitsvertragliche Pflicht. Zutreffend hat das Arbeitsgericht insoweit ausgeführt, dass die Klägerin infolge des Alkoholgenusses während der Informationsreise nicht die Gelegenheit in der gebotenen Art und Weise nutzte, Kenntnisse aufzunehmen, die es ihr ermöglicht hätten, diese an die Kunden der Beklagten in Beratungsgesprächen weiter zu geben. Die von den Zeugen bekundeten alkoholbedingten Verhaltensweisen der Klägerin belegen, dass sie infolge des Alkoholgenusses nicht in der Lage war, ihre Hauptpflicht zur Arbeitsleistung ordnungsgemäß zu erbringen. Insoweit greift die Berufung zu kurz, wenn sie ausführt, allein das Streicheln eines Hundes während eines Restaurantbesuchs, eine Verspätung von zehn bis fünfzehn Minuten am Anreisetag zur Vorstellungsrunde und das Verlieren des Gruppenanschlusses bei einer Hotelbesichtigung rechtfertigten keine fristlose Kündigung. Dies ist isoliert betrachtet sicherlich richtig. Damit verkennt die Klägerin jedoch den Schwerpunkt ihrer Pflichtverletzung. Es geht nicht um diese drei Beanstandungen, sondern um den entstandenen alkoholbedingten Gesamteindruck, der sowohl bei den Reiseteilnehmern als auch zum Teil bei den Hoteliers entstand, wie die vernommenen Zeugen übereinstimmend bekundet haben. Dass die Beklagte insoweit nicht in der Lage ist, konkret zum Grad der Alkoholisierung und bis ins Letzte zu den diesbezüglichen Ausfallerscheinungen vorzutragen, macht den diesbezüglichen Vortrag nicht unsubstantiiert. Denn der Anlass der Kündigung ist der durch das alkoholbedingte Verhalten der Klägerin entstandene Gesamteindruck während der Reise. Insoweit bestehen - wie bereits ausgeführt - für das Berufungsgericht überhaupt keine Zweifel daran, dass dieser entstandene Gesamteindruck zurückzuführen ist auf nicht zu akzeptierenden Alkoholgenuss.
Dies erfolgte im Übrigen auch während der Arbeitszeit, denn bei der Reise handelte es sich nicht um Freizeit, sondern um von der Beklagten bezahlte Arbeitszeit, die der Erlangung von Kenntnissen diente. Eine Mitarbeiterin, die während einer solchen Reise über das vertretbare Maß hinaus Alkohol zu sich nimmt, ist nicht in der Lage, Informationen und Erfahrungen in der gebotenen Weise zu erlangen, um diese später gewinnbringend im Reisebüro einzusetzen.
c. Die Pflichtverletzung erfolgte auch schuldhaft. Dies wäre nur dann nicht der Fall, wenn bei der Klägerin eine Alkoholabhängigkeit zu bejahen wäre. Denn aus dem Verlust der Selbstkontrolle beim Alkoholabhängigen folgt, dass einem alkoholsüchtigen Arbeitnehmer, der infolge seiner Trunkenheit gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt, etwa indem er während der Arbeitszeit Alkohol zu sich nimmt, nicht verhaltensbedingt gekündigt werden kann. Der Pflichtverstoß beruht dann nämlich nicht auf einem steuerbaren Verhalten, sondern auf der Unfähigkeit des Arbeitnehmers zur Abstinenz (von Hoyningen-Huene/Linck, Kündigungsschutzgesetz, § 1 Randnummer 298).
Die Klägerin verneint eine Alkoholabhängigkeit. Sie ist darauf sowohl von der Beklagten vor Ausspruch der Kündigung als auch vom erstinstanzlichen Gericht und von der Berufungskammer angesprochen worden. Angesichts dieser Haltung sieht sich das Berufungsgericht nicht in der Lage, zugunsten der Klägerin davon auszugehen, sie sei alkoholabhängig mit der Folge des Verlusts der Selbstkontrolle und der daraus sich ergebenden etwaigen Rechtswidrigkeit einer verhaltensbedingten außerordentlichen Kündigung. Das Berufungsgericht darf nicht entgegen dem ausdrücklichen Vortrag der Klägerin von deren Alkoholabhängigkeit ausgehen, zumal auch die Beklagte die Kündigung nicht personenbedingt begründet. Folglich ist dann aber auch ein steuerbares Verhalten während der XYreise anzunehmen mit der Folge, dass die Klägerin seinerzeit schuldhaft ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzte.
Entgegen der Auffassung der Klägerin in der Berufung hat das Arbeitsgericht im Übrigen auch nicht Alkoholmissbrauch als Kündigungsgrund ausgeschlossen. Es hat lediglich ausgeführt, es könne das Verhalten der Klägerin nicht als alkoholbedingte Ausfallerscheinung oder Krankheit bewerten, da die Klägerin selbst dies energisch in Abrede genommen habe. Der Umstand, dass die Klägerin Alkoholgenuss bestritt, begründet nicht die Annahme, dass sie keinen Alkohol getrunken hat. Dies steht zur Überzeugung des Berufungsgerichts aufgrund der eindeutigen Zeugenaussagen fest.
d. Diese Pflichtverletzung ist auch derart gewichtig, dass es der Beklagten ausnahmsweise nicht zuzumuten ist, das Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Das Berufungsgericht verkennt insoweit nicht, dass ein nicht auf Alkoholabhängigkeit beruhender Alkoholmissbrauch im Betrieb an sich geeignet ist, eine verhaltensbedingte Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG sozial zu rechtfertigen. Hier sind die Umstände aber derart, dass der Beklagten eine Fortsetzung auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zuzumuten ist. Dabei ist zunächst zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass sie seit 1991 bei der Beklagten tätig war. Es bestehen auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin während dieser Zeit ihre Arbeitspflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt hat. Vorherige Abmahnungen oder Pflichtverletzungen hat die Beklagte nicht behauptet. Auch unter Berücksichtigung des Lebensalters der Klägerin und ihres Familienstandes erweist sich in diesem konkreten Fall das Interesse der Beklagten an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedoch als vorrangig. Die Klägerin hat nämlich während der Informationsreise massiv und fortwährend gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen, indem sie nicht nur einmal Alkohol während der Arbeitszeit zu sich nahm, sondern immer wieder während der Arbeitszeit alkoholisiert war. Dies haben die vernommenen Zeugen mit dem Hinweis auf die ständige Alkoholfahne und das Genießen von Alkohol bereits während des Tages überzeugend bekundet. Zulasten der Klägerin muss dabei insbesondere berücksichtigt werden, dass ein solches Verhalten erhebliche Auswirkungen auf das Image der Beklagten hatte. Zutreffend hat diese darauf hingewiesen, dass sich angesichts der Teilnahme von Leitern und Geschäftsführern anderer Reisebüros aus Schleswig-Holstein das Verhalten der Klägerin in der Branche schnell herumgesprochen hat. Ein solches Verhalten fällt immer auf den Arbeitgeber zurück und dieser muss sich die Frage stellen, warum er eine solche Mitarbeiterin auf eine Informationsreise geschickt hat. Insbesondere das berechtigte Interesse der Beklagten, den Imageschaden zu begrenzen, rechtfertigt in diesem Falle den Ausspruch einer fristlosen Kündigung. Die Beklagte konnte es nicht hinnehmen, dies Verhalten lediglich mit dem Ausspruch einer ordentlichen Kündigung zu sanktionieren, denn dann wäre der Eindruck entstanden beziehungsweise geblieben, sie akzeptiere und toleriere zumindest in gewisser Weise das Verhalten der Klägerin. Nur eine fristlose Kündigung war die angemessene Reaktion auf die Pflichtwidrigkeit der Klägerin.
Vor Ausspruch der Kündigung bedurfte es auch keiner Abmahnung. Dies wäre allenfalls dann der Fall gewesen, wenn es während der Reise einen einmaligen "Aussetzer" gegeben hätte. Die Klägerin ist jedoch insoweit dauerhaft während der Reise aufgefallen. Ihr musste bewusst sein, dass die Arbeitgeberin dies nicht akzeptieren würde, weshalb der Ausspruch einer Abmahnung nicht erforderlich war.
Nach alledem ist die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht. Es handelt sich um eine am Einzelfall orientierte Entscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung.
Ende der Entscheidung
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