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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 23.01.2003
Aktenzeichen: 4 Ta 190/02
Rechtsgebiete: ArbGG


Vorschriften:

ArbGG § 12 Abs. 7 S. 1
ArbGG § 12 Abs. 7 S. 2
Der Gegenstandswert für Streitigkeiten über den Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit (§ 8 TzBfG) ist wie bei einer unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung auf den 36-fachen Unterschiedsbetrag der Vergütung, jedoch begrenzt auf den Gegenstandswert nach § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG (Arbeitsentgelt für ein Vierteljahr) festzusetzen.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 4 Ta 190/02

In dem Beschwerdeverfahren

in dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer am 23. Januar 2003 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Dr. Ostrowicz als Vertreter

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen den den Streitwert festsetzenden Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 22. Oktober 2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.077,56 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien haben über eine Verringerung der Wochenarbeitszeit sowie die Verteilung der Arbeitszeit gestritten. Der Rechtsstreit ist am 22. Oktober 2002 durch Vergleich beendet worden. Das Arbeitsgericht hat den Streitwert für das Verfahren auf 12.000,00 EUR festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin die am 14. November 2002 beim Arbeitsgericht Lübeck eingegangen ist.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist der Auffassung, dass im vorliegenden Fall § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG anwendbar sei, nicht hingegen sei anwendbar § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG.

Das Arbeitsgericht Lübeck hat durch Beschluss vom 14. November 2002 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Es hat dies wie folgt begründet:

Als Rechtsgrundlage für die Wertfestsetzung sei § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG allein heranzuziehen. Der wirtschaftliche Wert des Teilzeitverlangens sei am ehesten vergleichbar mit dem der Änderungskündigung mit dem Unterschied, dass die Initiative zur Änderung des Inhalts des Arbeitsvertrags vom Arbeitnehmer und nicht vom Arbeitgeber ausgehe. Dementsprechend sei wie bei der Änderungskündigung der Streitwert mit dem 36-fachen der monatlichen Vergütungsdifferenz begrenzt auf drei Bruttomonatsgehälter festzusetzen.

II.

1. Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist gem. § 10 Abs. 3 Satz 1 BRAGO statthaft. Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden; die Frist gem. § 10 Abs. 3 Satz 3 BRAGO ist gewahrt. Da das Protokoll vom 22. Oktober 2002 nicht förmlich zugestellt worden ist, ist der Lauf der 2-Wochen-Frist nicht in Gang gesetzt worden.

2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Streitwert zutreffend festgesetzt.

a) Das Arbeitsgericht hat in seinem Beschluss den Gegenstandswert zutreffend auf den Betrag von drei Bruttomonatsverdiensten und nicht auf den 36-fachen monatlichen Vergütungsdifferenzbetrag zwischen den Vollzeit- und Teilzeitbedingungen festgesetzt. Die Angriffe der Beschwerde rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.

b) In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass bei einer Klage auf Wechsel vom Vollzeit- zum Teilzeitarbeitsplatz ein Fall von § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG gegeben sei. Der Streit gehe darum, in welchem Umfang wiederkehrende Leistungen - hier Arbeit bzw. Lohn - zu erbringen seien. Es handele sich nicht um ein Streit um das Bestehen, Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, da dessen Bestand als solcher unstreitig sei (Straub, NZA 2001, 919, 925; Klimt, NZA 2001, 63, 68). Dieser Argumentation kann soweit gefolgt werden, als der Bestand des Arbeitsverhältnisses als solcher in einem Rechtsstreit um ein Wechsel auf Teilzeittätigkeit nicht berührt ist, wie dies die unmittelbare Anwendung von § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG voraussetzt. Gleichwohl ist nach Auffassung der Beschwerdekammer auch dann, wenn man § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG bei der Wertfestsetzung deswegen zugrundelegt, weil der Streit letztlich den Umfang wiederkehrender Leistungen betrifft, im Ergebnis die Grenze des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG in Höher einer Vierteljahresvergütung zu beachten. Die Beschwerdekammer folgt der Argumentation des Arbeitsgerichts, dass die Konstellation bei dem Anspruch des Arbeitnehmers auf Vertragsänderung in Form der Reduzierung der Arbeitszeit vergleichbar ist mit den Fällen, in denen der Arbeitgeber durch Ausspruch einer Änderungskündigung in die Bedingungen des Arbeitsvertrages eingreifen will und der Arbeitnehmer die Änderungskündigung unter Vorbehalt (§ 2 KSchG) annimmt. Auch in diesen Fällen steht der Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht in Frage. Bei der Änderungskündigung ist nach ganz überwiegender Auffassung von einem Wert gem. § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG in Höhe der 36-fachen Differenz zwischen alten und angestrebten neuen Vertragsbedingungen auszugeben mit der Maßgabe, dass dann, wenn dieser Wert höher ist als der nach § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG, letzterer gilt. Anderenfalls ergeben sich im Streitwertrecht unüberbrückbare Wertungswidersprüche. Der Wert könnte sonst in den Fällen, in denen es um den Verlust des gesamten Arbeitsverhältnisses geht, niedriger sein, als bei einem Streit lediglich um die Modalitäten des Arbeitsvertrages. Die Beschwerdekammer folgt damit der einhelligen Auffassung aller Landesarbeitsgerichte (LAG Köln, Beschl. v. 5. März 2002 - 10 Ta 50/02 -, MDR 2002, 1257; LAG Frankfurt, Beschl. v. 28. November 2001 - 15 Ta 361/01 -, LAGE § 3 ZPO Nr. 15; LAG Berlin, Urt. v. 18. November 2002 - 19 Sa 1982/01 -; NZA-RR 2002, 401; LAG Hamburg, Beschl. v. 8. November 2001 - 6 Ta 24/01 -; LAGE § 8 ZTBFG Nr. 4, im Ergebnis ähnlich LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 15. Februar 2002 - 3 Ta 5/02 -; NZA-RR 2002, 325).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

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