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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 29.05.2008
Aktenzeichen: 4 Ta 71/08
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 4 S. 1
KSchG § 5 Abs. 1 S. 1
Ein Arbeitnehmer darf darauf vertrauen, dass eine Kündigungsschutzklage am Montag beim Arbeitsgericht eingeht, wenn er die Klage am Samstag in den Postbriefkasten wirft, sofern dieser am Samstag geleert wird.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 4 Ta 71/08

In dem Beschwerdeverfahren

betreffend nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage

in dem Rechtstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 29. Mai 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzender ohne mündliche Verhandlung beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 20.03.2008 - 3 Ca 55/08 - abgeändert.

Die Kündigungsschutzklage des Klägers mit Datum vom 16. November 2007 - zugegangen beim Arbeitsgericht Hamburg am 30. November 2007 - gegen die Kündigung der Beklagten vom 29. Oktober 2007 wird nachträglich zugelassen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert der Beschwerde wird festgesetzt auf 14.910,00 EUR.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die nachträgliche Zulassung einer vom Kläger verspätet erhobenen Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der von der Beklagten am 29. Oktober 2007 ausgesprochenen fristgerechten Kündigung.

Der Kläger trat am 1. Juli 2005 als International Sales Manager im Innen- und Außendienst in die Dienste der Beklagten ein. Er verdiente zuletzt 4.970,00 EUR brutto. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger durch Schreiben vom 29. Oktober 2007 fristgerecht zum 30. November 2007.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erfuhr am 30. November 2007 durch Nachfrage beim Arbeitsgericht Hamburg, dass dort eine von ihm gefertigte Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vom 29. Oktober 2007 nicht eingegangen war.

Der Kläger hat durch seinen Prozessbevollmächtigten am 1. Dezember 2007 beim Arbeitsgericht Hamburg den Antrag gestellt, die Kündigungsschutzklage gemäß Klagschrift vom 16. November 2007 nachträglich zuzulassen.

Der Kläger hat dazu durch seinen Prozessbevollmächtigten vortragen lassen:

Sein Prozessbevollmächtigter sei am 16. November 2007 am Nachmittag aus B. zurückgekehrt. Sein Prozessbevollmächtigter habe dann am Abend des 16. November 2007 die Klagschrift selbst getippt, um diese am nächsten Morgen einzuwerfen, da er anschließend nach Einwurf der Klage am Samstagmorgen nach S. habe fahren wollen und dies auch tatsächlich getan habe. Die Klagschrift habe sein Prozessbevollmächtigter dann persönlich am 17. November 2007 - Samstag - etwa gegen 8.00 Uhr in den Postbriefkasten am U-Bahnhof in 22379 H.-O. eingeworfen. Regelmäßig werde innerörtliche Post, die Samstag früh eingeworfen wird, bis Montag zugestellt. Sein Prozessbevollmächtigter habe darauf vertrauen dürfen, dass die Klage noch innerhalb der Frist bis 19. November 2007 beim Arbeitsgericht Hamburg eingehe. Gemäß § 2 Abs. 2 der Post-Universaldienstleistungsverordnung müssten im Jahresdurchschnitt mindestens 80 % der Briefe am auf den Einlieferungstag folgenden Werktag zugestellt und 95 % zum zweiten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag ausgeliefert werden. Tatsächlich stelle die Post 95 % der Briefe innerhalb Deutschlands schon einen Tag nach der Einlieferung zu, unabhängig davon, ob die Sendungen in einen Briefkasten eingeworfen oder in der Filiale abgegeben werden. Dies ergebe sich aus einer Auskunft der zentralen Kundenbetreuung vom 12. Februar 2008 (Blatt 51 der Akte). Angesichts der hohen Qualität der Postbriefzustellung habe sein Prozessbevollmächtigter davon ausgehen dürfen, dass - wie auch bereits in der Vergangenheit - die Zustellung am auf den Sonnabend folgenden Montag erfolgen werde. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Zustellung nur Innerorts zu erfolgen habe und zwischen der Einlieferung und dem nächsten Werktag noch der Sonntag lag.

Der Kläger hat beantragt, die Klage gemäß Klagschrift vom 16. November 2007 nachträglich zuzulassen.

Die Beklagte hat beantragt, diesen Antrag zurückzuweisen.

Die Beklagte hat bestritten, dass der Prozessbevollmächtigte den Brief tatsächlich am 17. November 2007 in den Briefkasten am O...er Bahnhof einwarf. Es sei wenig glaubwürdig, dass ein Anwalt einen derart mit Tippfehlern übersäten Schriftsatz überhaupt an ein Arbeitsgericht schicke. Zudem hat die Beklagte bestritten, dass der Briefkasten überhaupt am 17. November 2007 geleert wurde. Zudem - so meint die Beklagte - habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht darauf vertrauen dürfen, dass ein am Samstag eingeworfener Brief das Arbeitsgericht auch tatsächlich am darauffolgenden Montag erreiche. Die normale Postlaufzeit in H. betrage - wie in Rechtsanwaltskreisen durchaus bekannt sei - insbesondere an Wochenenden keinesfalls nur einen Tag. Zudem habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers fahrlässig gehandelt, weil er weder vorsorglich die Klage per Fax übersandt noch am folgenden Montag sich wegen des Eingangs beim Arbeitsgericht erkundigt habe. Auch sei nicht erklärlich, warum der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Klage nicht fristwahrend in den Briefkasten des Arbeitsgerichts eingeworfen habe.

Vollends unglaubwürdig seien die Darlegungen zur angeblichen Absendung der Klagschrift per Post schließlich deshalb, weil die Klagschrift nicht nur verspätet sondern überhaupt nicht beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangen sei. Eine derartige Häufung von Zufällen erscheine unglaubwürdig.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage mit Beschluss vom 20. März 2008 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es fehle bereits an jeglichem Vortrag dazu, dass und warum der Prozessbevollmächtigte des Klägers davon habe ausgehen dürfen, dass der Briefkasten noch am Sonnabend - 17. 11. - geleert werden würde. Unabhängig davon habe der Klägervertreter sich aber auch nicht darauf verlassen dürfen, dass seine Post am nächsten Werktag bei Gericht eingehen werde. Das Risiko, dass die eigene Sendung zu den 20 % bzw. 5 % später ausgelieferten Briefen gehöre, dürfe ein Arbeitnehmer nicht eingehen, ohne dass er sich Verschulden im Sinne des § 5 KSchG vorwerfen lassen müsse.

Der Kläger hat gegen den ihm am 27. März 2008 zugestellten Beschluss am 10. April 2008 sofortige Beschwerde eingelegt.

Der Kläger behauptet, sein Prozessbevollmächtigter habe die Klagschrift gegen 8.00 Uhr am 17. November 2007 in den Briefkasten am U-Bahnhof H.-O., ...straße, eingeworfen. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass angesichts der normalen Postlaufzeiten die Klage am darauffolgenden Montag beim Arbeitsgericht Hamburg eingehe. Das Arbeitsgericht Lübeck habe nicht berücksichtigt, dass in der Auskunft der Deutschen Post AG (Anlage K 5) ausdrücklich alle in Betracht kommenden Briefkästen aufgelistet seien. Dies betreffe auch den Postbriefkasten, in den er die Klagschrift eingeworfen habe. Es könne ihm - Kläger - nicht entgegengehalten werden, dass die Post keine 100prozentige Zustellung innerhalb eines Tages erreiche. Auf telefonische Nachfrage bei der Deutschen Post AG sei seinem Prozessbevollmächtigten bestätigt worden, für eine einfache Sendung gelte die Regel "E + 1". Das Arbeitsgericht überspanne die Anforderungen. Es habe nicht berücksichtigt, dass bei den 5 % der Sendungen, die nicht innerhalb eines Tages zugestellt würden, auch der Teil enthalten sei, der schon wegen der Sendungsart und den damit verbundenen Dokumentationspflichten zur Sendungsverfolgung Verzögerungen mit sich bringe. Das Gericht habe auch nicht berücksichtigt, dass bei einem Teil der 5 % Ersatzzustellungen erforderlich seien. Schließlich habe es unbeachtet gelassen, dass die Zeitspanne von Sonnabend auf Montag zwei Tage betragen habe.

Der Kläger beantragt,

auf seine sofortige Beschwerde den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 20.03.2008 (3 Ca 55/08) abzuändern und seine Klage gegen die Kündigung vom 29. Oktober 2007 nachträglich zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Sie bestreitet, dass es sich bei dem Postkasten in der Alten D...straße ... um denjenigen gehandelt habe, in den der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Brief eingeworfen haben will. Im Übrigen ergebe sich aus der Anlage K 5 auch nicht, dass in jedem Fall eine Sendung schon am ersten Werktag nach der Einlieferung zugestellt werde. Schließlich sei es falsch, wenn der Kläger behaupten lasse, die Anlage K 5 beinhalte ausdrücklich alle in Betracht kommenden Briefkästen. Sein Prozessbevollmächtigter habe auch nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Klage noch am darauffolgenden Montag zugestellt werde, da nach den Auskünften der Post nicht 95 %, sondern lediglich 80 % der Sendungen noch am folgenden Werktag zugestellt werden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Beschwerdeinstanz wird Bezug genommen auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze.

II.

Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig. Sie ist gemäß § 5 Abs. 4 S. 2 KSchG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Insbesondere hat der Kläger die Frist gewahrt, denn seine sofortige Beschwerde ging am 10. April 2008 per Fax ein. In der Sache hat die Beschwerde auch Erfolg.

1. War ein Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben, so ist gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 KSchG auf seinen Antrag die Klage nachträglich zuzulassen. Allerdings legt das Gesetz einen strengen Maßstab an, soweit es um die vom Arbeitnehmer zu beachtende zuzumutende Sorgfalt geht. Dem Arbeitnehmer darf noch nicht einmal leichte Fahrlässigkeit vorwerfbar sein. Es kommt darauf an, ob der Arbeitnehmer die nach Lage der Umstände zuzumutende Sorgfalt beachtet hat.

2. Ob sich der Arbeitnehmer das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen muss, ist in der Rechtsprechung äußerst umstritten. Diese Frage kann hier jedoch unentschieden bleiben, denn der Prozessbevollmächtigte hat die Nichteinhaltung der Klagefrist (§ 4 S. 1 KSchG) nicht verschuldet.

a) Ist - wie hier - die Klagschrift beim Arbeitsgericht überhaupt nicht eingegangen, so ist in einem solchen Fall darzulegen, dass der Verlust mit großer Wahrscheinlichkeit nicht im Bereich des Arbeitnehmers oder seines Prozessbevollmächtigten eingetreten ist, wozu die Darstellung erforderlich ist, dass die Klageschrift bereits der Post übergeben worden ist, nachdem - Verantwortungsbereich des Absenders - das Schriftstück ordnungsgemäß frankiert und adressiert worden war; der Absendevorgang muss lückenlos und schlüssig dargestellt werden, und zwar insbesondere, wann durch wen die Klage in welchen Briefkasten ausreichend frankiert eingeworfen wurde (KR-Friedrich, § 5 KSchG, Rd.-Nr. 21a).

Der Kläger hat durch eidesstattliche Versicherung seines Prozessbevollmächtigten glaubhaft gemacht, dass dieser die Klage am 17. November 2007 gegen 8.00 Uhr in den Postbriefkasten am U-Bahnhof in H.-O. eingeworfen hat. Zwar hat die Beklagte erstinstanzlich zu Recht beanstandet, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers auch unter Bezugnahme auf die Anlage K 5 nicht eindeutig erklärt hat, welchen Briefkasten er genutzt habe. Insoweit hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers jedoch in der Beschwerdeinstanz seinen Vortrag konkretisiert und darauf hingewiesen, es habe sich um den Briefkasten am U-Bahnhof H.-O., ...straße, gehandelt.

Das Beschwerdegericht vermag diese Darlegungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht zu entkräften. Es gibt keine belastbaren Anhaltspunkte, die herangezogen werden könnten, um die Glaubhaftigkeit der Darlegungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers zu erschüttern. Der Klägervertreter hat nachvollziehbar dargelegt, warum er noch am 16. November 2007 die Klage verfasste, nämlich im Hinblick auf seine familiäre Belastung am darauffolgenden Samstag. Gegen die Glaubhaftigkeit der Darlegungen des Klägervertreters spricht auch nicht die äußere Form der Klagschrift vom 16. November 2007. Zwar ist es schon erstaunlich, welche Schreibfehler diese Klagschrift enthielt. Es ist auch schon überraschend, dass ein Rechtsanwalt auf seinem Briefbogen eine derart fehlerhafte Klage verfasst und sie unterschreibt. Letztlich ist dies aber noch kein belastbarer Umstand, der herangezogen werden könnte, um begründete Zweifel an den Darlegungen des Klägervertreters zu haben. Denn es ist durchaus denkbar, dass eine von einem Rechtsanwalt selbst verfasste Klagschrift ein solches äußeres Erscheinungsbild aufweist.

Nach alledem ist für das Beschwerdegericht durch den Kläger glaubhaft gemacht worden, dass sein Prozessbevollmächtigter am Morgen des 17. November 2007 die Klagschrift in den Postbriefkasten ...straße in H.-O. einwarf.

Für das Beschwerdegericht bestehen auch keine Hinweise darauf, dass das Poststück fehlerhaft adressiert beziehungsweise nicht ausreichend frankiert war. Folglich ist davon auszugehen, dass das vom Prozessbevollmächtigten des Klägers aufgegebene Schriftstück aus von ihm nicht zu vertretenen Gründen verloren ging.

b) Der Prozessbevollmächtigte des Klägers handelte auch nicht deshalb schuldhaft, weil er darauf vertraute, dass die von ihm am 17. November 2007 gegen 8.00 Uhr in den Briefkasten geworfene Klagschrift am darauffolgenden Montag beim Arbeitsgericht eingehen wird.

Der Arbeitnehmer muss die Klage so zeitig zur Post geben, dass sie bei normaler Beförderung fristgerecht bei Gericht eingeht. Er darf sich dabei auf die sogenannten amtlichen Brieflaufzeiten der Post verlassen. Die Post AG erhebt nach wie vor den Anspruch, dass ordnungsgemäß frankierte und adressierte Briefsendungen bei normaler Beförderung am 1. Werktag nach ihrer Einlieferung in Deutschland zugestellt werden. Hierauf können sich die Arbeitnehmer und ihre Prozessbevollmächtigten verlassen (KR-Friedrich, § 5 KSchG, Rd.-Nr. 21; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.01.2005 - 10 Ta 258/04 - zitiert nach JURIS).

Der Absender darf daher darauf vertrauen, dass im Bundesgebiet aufgegebene Sendungen auch bei starker Beanspruchung - etwa an Feiertagen - am folgenden Werktag im Bundesgebiet ausgeliefert werden (MüKo-ZPO, 3. Aufl., § 233, Rd.-Nr. 41).

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers verweist insoweit zutreffend auf die Post-Universaldienstleistungsverordnung und auf die ihm erteilte Auskunft der zentralen Kundenbetreuung der Deutschen Post vom 12. Februar 2008. Nach der Post-Universaldienstleistungsverordnung hat die Post sicherzustellen, dass im Jahresdurchschnitt mindestens 80 % am ersten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag und 95 % bis zum zweiten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag ausgeliefert werden. Ausweislich der Auskunft der zentralen Kundenbetreuung vom 12. Februar 2008 haben Messungen ergeben, dass die Post AG 95 % der Briefe innerhalb Deutschlands schon einen Tag nach der Auslieferung zustellt. Selbst wenn man darauf abstellt, dass der gesicherte Grad nur 80 betrifft, so reicht dieser aus, um bei dem Absender Vertrauen dahin zu wecken, dass bei regelmäßigem Ablauf seine Post am nächsten Werktag zugestellt wird. Werden 80 % der Briefe in diesem Rahmen zugestellt, so ist dies die normale Postlaufzeit. Dass für 20 % der Briefe ein Risiko besteht, ändert nichts an der üblichen Postlaufzeit bei der Post AG. Für die Einhaltung der Sorgfaltspflicht ist nur auf die Zeit bei normaler Beförderung abzustellen. Dafür reichen 80 %. Das Vertrauen des Klägers in die normale Postlaufzeit wird sogar noch dadurch bestätigt, dass ausweislich der Auskunft der zentralen Kundenbetreuung der Deutschen Post AG vom 12. Februar 2008 sogar 95 % der Briefe innerhalb Deutschlands schon einen Tag nach der Auslieferung zugestellt werden.

Eine andere Betrachtung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Brief an einem Samstagmorgen in den Briefkasten einwarf. Zwar hat das Arbeitsgericht zunächst zutreffend beanstandet, dass sich aus den erstinstanzlich vorgelegten Unterlagen und dem Vortrag des Klägers nicht eindeutig ergeben habe, dass und warum sein Prozessbevollmächtigter davon habe ausgehen dürfen, dass der Briefkasten noch am Sonnabend geleert werden würde.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat jedoch in der Beschwerdeinstanz seinen Vortrag konkretisiert und darauf hingewiesen, er habe den Brief in H. in den Postkasten ...straße am U-Bahnhof H.-O. eingeworfen. Hinsichtlich des Briefkastens "...straße" teilte die Deutsche Post AG wiederum mit Auskunft vom 12. Februar 2008 mit, dieser werde auch am Samstag um 14.45 Uhr geleert. Damit ist glaubhaft gemacht, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Klage am Samstag in einen Briefkasten warf, der noch an diesem Tag geleert wurde. Er durfte deshalb darauf vertrauen, dass angesichts der normalen Postlaufzeiten die Klage am darauffolgenden Montag beim Arbeitsgericht Hamburg einging.

Angesichts dieser normalen Postlaufzeiten war er auch nicht verpflichtet, am Montag sich beim Arbeitsgericht zu erkundigen, ob seine Klage tatsächlich eingegangen ist. Dazu wäre er nur verpflichtet gewesen, wenn er konkrete Anhaltspunkte dafür gehabt hätte, dass aufgrund besonderer Umstände ein Eingang am folgenden Werktag nicht gewährleistet sein könnte. Allein der Umstand, dass die Klage an einem Samstagmorgen in den Briefkasten geworfen wurde, ist nicht ein solcher Umstand. Denn der Briefkasten wurde noch am Sonnabend gelehrt und damit die Sendung noch an diesem Tag zur Beförderung gebracht, weshalb bei normalem Ablauf mit einem Zugang am folgenden Werktag gerechnet werden konnte. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers war aus diesen Gründen auch nicht verpflichtet, nochmals vorsorglich per Fax die Klage an das Arbeitsgericht zu senden oder diese gar persönlich in den Briefkasten des Arbeitsgerichts zu werfen.

Nach alledem ist auf die Beschwerde des Klägers die Klage nachträglich zuzulassen. Der Beschwerdewert war nach dem Wert der Hauptsache festzusetzen. Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auch nach der Änderung des Beschwerderechts ab 01.01.2002 ist eine Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht nicht zulässig (BAG, 20.08.2002 - 2 AZB 16/02 -, zitiert nach JURIS). Da der angefochtene Beschluss des Arbeitsgerichts im Übrigen noch vor dem 1. April 2008 zugestellt wurde, ist § 5 KSchG noch in der bis dahin geltenden Fassung anzuwenden.

Ende der Entscheidung

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