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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 19.12.2006
Aktenzeichen: 5 Sa 288/06
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 626
HGB § 60
1. Verrichtet der Arbeitnehmer während der Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit Nebentätigkeiten, so kann ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund gegeben sein, wenn die Nebentätigkeit dem Wettbewerbsinteresse des Arbeitgebers zuwiderläuft, der Arbeitnehmer statt der Nebentätigkeit auch seine Leistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis hätte erfüllen können oder die Nebentätigkeit den Heilungsprozess verzögert (LAG Hamm, Urt. v. 08.03.2000, Az.: 18 Sa 1614/99, MDR 2000, 1140).

2. Eine verbotswidrige Wettbewerbstätigkeit liegt erst dann vor, wenn sie durch den Umfang und die Intensität der Tätigkeit auch grundsätzlich geeignet ist, das Interesse des Arbeitgebers, unbeeinflusst von Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers in seinem Marktbereich auftreten zu können, spürbar zu beeinträchtigen. Einmalige oder nur ganz sporadisch ausgeübte reine Freundschaftsdienste im Marktbereich des Arbeitgebers muss der Arbeitgeber in der Regel hinnehmen, wenn diese den arbeits- und wertmäßigen Umfang einer geringfügigen Gefälligkeit nicht übersteigen und unentgeltlich durchgeführt wurden.


Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 5 Sa 288/06

Verkündet am 19.12.2006

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 19.12.2006 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Kiel vom 14. Juni 2006, Az. öD 4 Ca 443 b/06, abgeändert und festgestellt, dass durch die fristlose Kündigung des Arbeitgebers vom 02.03.2006 das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst worden ist.

2. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer fristlosen Kündigung der Beklagten.

Der 55-jährige Kläger ist seit dem 01.04.1980 als Busfahrer bei der Beklagten zu einem durchschnittlichen Monatsgehalt von € 2.700,00 brutto beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für die Nahverkehrsbetriebe K... V... (K...) und K... V... mbH (K...) vom 10.09.2002 (künftig: TV-N) Anwendung. Der Kläger genießt nach § 20 Abs. 6 TV-N tariflichen Kündigungsschutz. In § 4 TV-N sind - soweit hier von Belang - folgende allgemeine Pflichten geregelt:

"§ 4 Allgemeine Pflichten

...

(2) Jede entgeltliche Nebenbeschäftigung muss dem Arbeitgeber rechtzeitig vor Ausübung schriftlich angezeigt werden. Der Arbeitgeber kann die Ausübung einer Nebenbeschäftigung untersagen, wenn sie geeignet ist, die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten des AN oder berechtigte Interessen des Arbeitgebers zu beeinträchtigen. Eine Nebenbeschäftigung im Bereich allgemeiner Fahrdienst ist grundsätzlich nicht gestattet.

..."

Am 24.01.2006 erlitt der Kläger unverschuldet mit seinem Motorroller einen Verkehrsunfall, wobei er sich zwei Rippenbrüche, einen Bruch der Großzehe des rechten Fußes sowie eine Prellung des rechten Fußgelenkes zuzog. Der Kläger war daraufhin bis voraussichtlich den 06.03.2006 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Während der Arbeitsunfähigkeit rief der Taxiunternehmer F... den Kläger am Samstag, den 18.02.2006, an und fragte ihn, ob er ihm helfen könne. Die Telefonistin sei erkrankt und eine Ersatzkraft habe er nicht finden können. Der Kläger arbeitete sodann am 18.02.2006 von ca. 17:30 Uhr bis 3:20 Uhr des Folgetages in der Taxi-Funkzentrale. Hiervon erhielt die Beklagte durch einen anonymen Anruf Kenntnis, woraufhin sie den Kläger am 22.02.2006 unter Hinzuziehung des Betriebsratsmitglieds M... zu dem Vorfall anhörte. In dem Gesprächsprotokoll ist Folgendes festgehalten (Bl. 16 d. GA.):

"Herr S... begrüßt die Teilnehmer und erläutert, dass der Grund des Zusammentreffens der Arbeitsunfall vom 24.01.06 und die daraus resultierende Arbeitsunfähigkeit von Herrn H... ist und fragte, wie es ihm gesundheitlich ginge.

Herr H... antwortete: "Soweit ganz gut."

Herr S... sagte dann, ihm wäre bekannt, dass Herr H... die Arbeit bei der KVG am 07.03.2006 wieder aufnehmen wird.

Herr S... sagte dann, es ginge aber in diesem Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeit noch um einen anderen Aspekt.

Er stellt die Frage an Herrn H...: Was haben Sie am letzten Samstagabend gemacht?

Nach einigem Zögern sagte Herr H...: "Ich war zu Hause."

Herr S... sagte: "Das stimmt nicht, Sie waren nicht Zuhause, sondern Sie haben in der Zeit von 17.30 Uhr bis 03.30 Uhr bei dem Taxiunternehmen F... gearbeitet."

Herr H... antwortete: "Nein, ich habe dort nicht gearbeitet, ich habe meine Tochter besucht."

Herr S... fragte: "Die ganze Zeit?"

Herr H... sagte: "Höchstens zwei Stunden."

Herr S... fragte noch einmal nach: "Sie haben Ihre Tochter dort besucht und arbeiten nicht in dieser Firma? Ist das Ihre klare Aussage."

Herr H... bestätigte dieses noch einmal und sagte, ich arbeite nicht nebenbei.

Herr S... sagte: Dann haben wir keine weiteren Fragen. Es stehen jetzt zwei verschiedene Sichtweisen im Raum und wir prüfen, wie es weitergeht. Sie hören wieder von uns."

Nach Zustimmung des Betriebsrats sprach die Beklagte mit Schreiben vom 02.03.2006 die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wegen des dringenden Verdachts, der Kläger habe während seiner Arbeitsunfähigkeit in der Nacht vom 18. auf den 19.02.2006 als Funker in der Taxizentrale der Fa. F... zumindest in der Zeit von 18:00 Uhr bis 3:20 Uhr gearbeitet (Bl. 6 d.GA.).

Gegen diese Kündigung hat der Kläger fristgerecht Feststellungsklage erhoben.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz, insbesondere des streitigen Parteivorbringens, sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 14.06.2006 die Kündigungsfeststellungsklage abgewiesen. Der gegenüber dem Kläger erhobene Verdacht, eine Nebentätigkeit in der Taxizentrale ausgeübt zu haben, sei auf eine unzulässige Konkurrenztätigkeit gerichtet. Auch wenn der Kläger nicht selbst Fahrdienste erbracht habe, sei eine Tätigkeit in der Funkzentrale dem Bereich allgemeiner Fahrdienste zuzuordnen. Bei Ausspruch der Kündigung sei der Verdacht auch dringend gewesen. Der Kläger könne auch nicht damit gehört werden, dass es sich um einen reinen, unentgeltlichen Freundschaftsdienst gehandelt habe, denn bei dem Funkdienst handele es sich um eine typischerweise nur gegen Entgelt verrichtete Tätigkeit. Der Verdacht der ungenehmigten Nebentätigkeit während der Arbeitsunfähigkeit habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. Erschwerend komme hinzu, dass der Kläger die Nebentätigkeit in der Anhörung geleugnet habe. Eine Abmahnung sei nicht erforderlich gewesen. Denn kein Arbeitgeber, der an einen erkrankten Arbeitnehmer Entgeltfortzahlung zu leisten habe, werde es dulden, dass dieser während der Krankheit nebenher bei einem anderen Arbeitgeber einer Konkurrenztätigkeit nachgehe. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass die Nebentätigkeit in der Funkzentrale nicht genehmigungsfähig gewesen sei. Der schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverstoß sei für ihn klar erkennbar gewesen. Die Interessenabwägung habe trotz der langen Beschäftigungszeit und des Alters des Klägers gleichwohl aufgrund der außerordentlichen Schwere des Pflichtverstoßes zu dessen Lasten ausfallen müssen. Angesichts der ansonsten bestehenden tariflichen Unkündbarkeit sei der Beklagten nicht zumutbar gewesen, das Arbeitsverhältnis ungekündigt bis zum Eintritt des Altersruhestandes des Klägers fortzusetzen.

Gegen dieses ihm am 30.06.2006 zugestellte Urteil hat der Klägerin am 12.07.2006 beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung bis zum 13.09.2006 am 12.09.2006 begründet.

Der Kläger trägt vor, entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts sei eine Anzeige des geleisteten Freundschaftsdienstes entbehrlich gewesen. Nach § 4 Abs. 2 TV-N seien nur entgeltliche Tätigkeiten anzeigepflichtig, die nicht vorgelegen habe. Auch habe sich die Beklagte nicht auf ein konkretes Anzeigeinteresse i. S. v. § 4 Abs. 2 S. 2 TV-N berufen. Durch die Nebentätigkeit seien weder seine arbeitsvertraglichen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis beeinträchtigt worden, noch habe er sich genesungswidrig verhalten. Die Tätigkeit in einer Taxizentrale sei kein allgemeiner Fahrdienst im tariflichen Sinne. Der TV-N enthalte keine Definition des allgemeinen Fahrdienstes. Indessen seien mit dem TV-N die zuvor geltenden Regelungen des BAT und BMT-B II abgelöst worden, sodass davon auszugehen sei, dass die Tarifvertragsparteien des TV-N den Begriff des "Fahrdienstes" im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs bzw. der gesetzlichen Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) i. V. m. der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BO-Kraft) verwendeten. Hiernach seien nur die Fahrzeugführer selbst, die Beifahrer und Begleitpersonen sowie Aufsichtspersonal dem allgemeinen Fahrdienst zuzuordnen. Die Bedienung der Funkzentrale eines Taxiunternehmens stelle danach keinen unmittelbaren Fahrdienst dar. Ungeachtet dessen führe die Beklagte hauptsächlich Linienverkehr und im geringen Umfang Gelegenheitsverkehr mit Omnibussen jedoch keinen Verkehr mit Taxen durch, sodass auch deshalb keine Konkurrenztätigkeit vorliege. Ungeachtet dessen sei dem Kläger aufgrund des Tarifwortlauts ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der streitbefangenen Nebentätigkeit in der Taxizentrale mit der von ihm vertraglich geschuldeten Busfahrertätigkeit nicht ohne weiteres erkennbar. Ein schwerwiegender Pflichtverstoß sei nicht gegeben. Bei der Interessenabwägung habe das Arbeitsgericht fehlerhaft nicht berücksichtigt, dass es sich um eine einmalige, unentgeltliche Gefälligkeit gehandelt habe.

Der Kläger beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und festzustellen, dass durch die fristlose Kündigung des Arbeitgebers vom 02.03.2005 das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Nebentätigkeit sei gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 TV-N anzeigepflichtig gewesen. Entgeltlich sei jede Tätigkeit, die typischerweise nur gegen Entgelt ausgeübt werde. Ungeachtet dessen komme es vorliegend auf die Entgeltlichkeit nicht an, da auch eine unentgeltliche Nebentätigkeit unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 S. 2 TV-N untersagt werden könne. Durch die Nebentätigkeit des Klägers seien sowohl die Pflichten des Klägers als auch berechtigte eigene Interessen der Beklagten beeinträchtigt. Eine neuneinhalbstündige Nachttätigkeit während der Arbeitsunfähigkeit stelle eine genesungswidrige Beschäftigung dar. Hierdurch seien auch ihre, der Beklagten, Interessen beeinträchtigt. Der Kläger habe eine den Einsatz von Taxen lenkende und leitende Tätigkeit entfaltet. Ein Betreiber von Taxen stehe natürlicherweise im Wettbewerb zur Beklagten, insbesondere nachts. Dies sei offensichtlich und bedürfe keiner näheren Erläuterung. Bei der strittigen Nebentätigkeit des Klägers habe es sich auch um eine nicht genehmigungsfähige Nebentätigkeit i. S. v. § 4 Abs. 2 S. 3 TV-N gehandelt. Der hierin verwendete Begriff des allgemeinen Fahrdienstes sei keineswegs identisch mit dem Fahrdienst im Sinne der BO-Kraft. Der "Bereich allgemeiner Fahrdienste" gehe weiter als "Fahrdienst" i. S. v. § 7 BO-Kraft. Er umfasse also nicht nur das unmittelbar bei der Beförderung eingesetzte Personal, sondern auch das mittelbar zur Erledigung von Fahrdiensten eingesetzte Personal. Während die BO-Kraft Regeln für das Verhalten des Betriebspersonals gegenüber Kunden der Beklagten aufstelle, regele der TV-N eine Verhaltenspflicht aller Angestellten der Beklagten gegenüber dieser. Die tarifvertragliche Regelung diene nicht dem Kundenschutz, sondern dem Schutz der berechtigten Interessen der Beklagten, wozu insbesondere das Interesse daran gehöre, dass kein Arbeitnehmer die Konkurrenztätigkeit eines Wettbewerbers mittelbar oder unmittelbar fördere. Die Interessenabwägung sei nicht zu beanstanden. Dies gelte insbesondere in Bezug auf den vom Arbeitsgericht formulierten Verdacht, dass der Kläger am 18.02.2006 keineswegs zum ersten Mal Telefondienst für den befreundeten Taxiunternehmer gemacht habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 19.12.2006 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 lit. c ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Abs. 1 ArbGG; § 519 ZPO.

Die Berufung ist auch in der Sache begründet.

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 02.03.2006 beendet worden.

Die außerordentliche Kündigung ist sachlich nicht gerechtfertigt, da ein wichtiger Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB i. V. m. § 20 Abs. 5 TV-N nicht vorliegt.

I. Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung ist nach § 626 Abs. 1 BGB dann gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann nicht nur eine erwiesene Vertragsverletzung, sondern auch schon der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen Verfehlung einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung gegenüber dem verdächtigen Arbeitnehmer darstellen. Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn und soweit der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines noch nicht erwiesenen strafbaren bzw. vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. Der Verdacht einer strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar, der in dem Tatvorwurf nicht enthalten ist. Bei der Tatkündigung ist für den Kündigungsentschluss maßgebend, dass der Arbeitnehmer nach der Überzeugung des Arbeitgebers die strafbare Handlung bzw. Pflichtverletzung tatsächlich begangen hat und dem Arbeitgeber aus diesem Grund die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Demgegenüber kann eine Verdachtskündigung gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (st. Rspr. des BAG, vgl. nur: BAG, Urt. v. 10.02.2005 - 2 AZR 189/04 -, AP Nr. 79 zu § 1 KSchG 1969 m. w. N.; LAG Köln, Urt. v. 19.06.2006 - 2 Sa 1206/05 -, zit. n. Juris). § 626 Abs. 1 BGB lässt mithin eine Verdachtskündigung dann zu, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen hat, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Der dringende Tatverdacht muss sich mithin auf jeden Fall auf eine Straftat zulasten des Arbeitgebers oder eine grobe arbeitsvertragliche Pflichtverletzung beziehen, die einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB im oben genannten Sinne darstellen.

II. Diese Voraussetzungen liegen hier indessen nicht vor. Die Beklagte hat vorliegend eine Verdachtskündigung ausgesprochen. Es kann dahingestellt bleiben, ob sie bei Ausspruch der Kündigung neben der unerlässlichen Anhörung des Klägers auch alle sonstigen zumutbaren Anstrengungen zur Sachverhaltsaufklärung unternommen hatte oder sich schlicht auf eine anonyme telefonische Anzeige des Klägers verlassen hat. Zwischenzeitlich steht fest, dass der Kläger die ihm zur Last gelegte Pflichtverletzung auch tatsächlich begangen hat. Weder der dringende Tatverdacht noch die nunmehr feststehende Tat selbst beziehen sich auf eine grobe arbeitsvertragliche Pflichtverletzung. Das dem Kläger zur Last gelegte Verhalten in der Nacht vom 18.02. auf den 19.02.2006 ist bereits an sich nicht geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung zu bilden (1.). Ungeachtet dessen verstößt die außerordentliche Kündigung vorliegend gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel (2.). Im Übrigen muss vorliegend unter Berücksichtigung aller Umstände die Interessenabwägung zugunsten des Klägers ausfallen (3.).

1. Die Beklagte wirft dem Kläger vor, er habe in der nämlichen Nacht verbotener Weise im "allgemeinen Fahrdienst" gearbeitet und sei damit in unerlaubtem Wettbewerb zu ihr, der Beklagten, getreten.

a) Zwar ist ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung nach § 626 BGB dann "an sich" gegeben, wenn der Arbeitnehmer unerlaubte Konkurrenztätigkeit ausübt. Eine solche liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer gegen ein Wettbewerbsverbot verstößt, § 60 HGB. Nach dieser Vorschrift darf ein Handlungsgehilfe (Arbeitnehmer) ohne Einwilligung des Prinzipals (Arbeitgebers) weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweig des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. § 60 HGB konkretisiert einen allgemeinen Rechtsgedanken, der seine Grundlage bereits in der Treuepflicht des Arbeitnehmers hat. Deshalb ist dem Arbeitnehmer - über den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des § 60 HGB hinaus - während des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses jedwede Nebentätigkeit verboten, die dem Wettbewerbsinteresse des Arbeitgebers zuwider läuft (BAG, Urt. V. 21.11.1996 - 2 AZR 852/95 -, NZA 1997, 713 ff.). Das Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit des Arbeitnehmers wird in solchen Fällen nachhaltig zerstört. In krassen Fällen kann der Verstoß gegen das jedem Arbeitsverhältnis immanente Wettbewerbsverbot auch eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen (LAG Hamm, Urt. v. 08.03.2000 - 18 Sa 1614/99 -, zit. n. Juris). Vorliegend ergibt sich das Wettbewerbsverbot für den Kläger auch aus § 4 Abs. 2 TV-N.

Ein Verstoß gegen das allgemeine arbeitsvertragliche Wettbewerbsverbot liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer die Tätigkeit entgeltlich, sondern auch dann, wenn er sie unentgeltlich ausübt. Denn es ist allein entscheidend, ob der Arbeitnehmer mit der Tätigkeit seinem Arbeitgeber Konkurrenz machen kann. Ob der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber im konkreten Fall tatsächlich Konkurrenz macht, ist unerheblich. Es genügt, dass die Tätigkeit als solche mit den unternehmerischen Interessen des Arbeitgebers kollidiert (BAG, Urt. v. 17.10.1969 - 3 AZR 442/68 -, AP Nr. 7 zu § 611 BGB 'Treuepflicht'). Indessen liegt eine verbotswidrige Wettbewerbstätigkeit des Arbeitnehmers erst dann vor, wenn sie durch den Umfang und die Intensität der Tätigkeit auch grundsätzlich geeignet ist, das Interesse des Arbeitgebers, unbeeinflusst von Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers in seinem Marktbereich auftreten zu können, spürbar beeinträchtigt. Einmalige oder nur ganz sporadisch ausgeübte reine Freundschaftsdienste im Marktbereich des Arbeitgebers muss der Arbeitgeber in der Regel hinnehmen, wenn diese den arbeits- und wertmäßigen Umfang einer geringfügigen Gefälligkeit nicht übersteigen und unentgeltlich durchgeführt wurden (LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 03.12.2002 - 5 Sa 299 b/02 -; LAGE § 60 HGB Nr. 9). Bei einer einmaligen, unentgeltlichen Gefälligkeit handelt es sich - ohne Hinzutreten erschwerender Umstände - nur um einen sehr geringen Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Treuepflicht, sodass in solchen Fällen nicht von einer verbotswidrigen Wettbewerbstätigkeit ausgegangen werden kann.

b) Hieran gemessen hat sich der Kläger keiner verbotswidrigen Wettbewerbstätigkeit schuldig gemacht. Die Beklagte hat die Kündigung ausdrücklich und allein auf den Verdacht gestützt, dass der Kläger in der Nacht vom 18.02. auf den 19.02.2006 in der Taxizentrale der Fa. F... gearbeitet hat. Der Verdacht richtet sich gerade nicht darauf, der Kläger habe über diese eine Nacht hinaus bereits des Öfteren für die Fa. F... sozusagen gewerbsmäßig gearbeitet. Ein derartiger Vorwurf lässt sich dem Kündigungsschreiben nicht entnehmen. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass der Betriebsrat über den im Kündigungsschreiben angegebenen Kündigungsgrund zu weiteren bzw. schwerwiegenderen Kündigungsgründen (mehrfache Tätigkeit für die Fa. F...) angehört worden ist. Es handelte sich mithin um einen einmaligen Einsatz in der Funkzentrale der Fa. F.... Es ist unstreitig, dass der Kläger mit dem Taxiunternehmer F... langjährig befreundet ist und von diesem am 18.02.2006 um Hilfe gebeten worden ist, weil die Mitarbeiterin in der Funkzentrale krank geworden und eine Aushilfe nicht zu finden war. So steht es im unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils. Ein Tatbestandsberichtigungsantrag wurde nicht gestellt. Auch wird diese Feststellung in der Berufungsinstanz seitens der Beklagten nicht bestritten. Der Kläger war mithin unstreitig nicht für diesen Dienst von vornherein eingeteilt, was für eine gewerbsmäßige Tätigkeit spräche. Die Aussage des Klägers, dass es sich bei seinem Einsatz in der Funkzentrale um einen reinen Freundschaftsdienst handelte, ist mithin in sich schlüssig und wurde von der Beklagten auch nicht widerlegt. Dem steht auch nicht entgegen, dass es sich bei der Tätigkeit in der Funkzentrale eines Taxiunternehmers regelmäßig um eine vergütungspflichtige Tätigkeit handelt. Die Beklagte hat die Unentgeltlichkeit der Tätigkeit auch nicht ausdrücklich bestritten, sondern nur erwidert, dass es hierauf letztlich nicht ankomme. Einer vom Kläger angebotenen Beweisaufnahme durch Vernehmung des Taxiunternehmers F... bedurfte es mithin nicht.

Hiergegen spricht auch nicht der Umstand, dass der Kläger unstreitig arbeitsunfähig war. Unstreitig konnte der Kläger aufgrund der unfallbedingten Verletzungen seine arbeitsvertraglichen Pflichten als Busfahrer nicht ausüben, dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Verletzungen des rechten Fußes. Die Erkrankung des Klägers ließ jedoch eine sitzende Tätigkeit in einer Funkzentrale zu, ohne dass hierdurch zu befürchten war, dass sich der Heilungsverlauf verzögern würde. Auch der nächtliche Einsatz ändert hieran nichts. Denn gerade während der bestehenden Arbeitsunfähigkeit war es dem Kläger möglich, am nächsten Morgen auszuschlafen.

c) Die Tätigkeit in der Taxi-Funkzentrale erweist sich aber auch nicht nach § 4 Abs. 2 S. 3 TV-N als verbotswidrige Wettbewerbstätigkeit. Nach dieser Tarifnorm ist eine Nebentätigkeit im Bereich allgemeiner Fahrdienste grundsätzlich nicht gestattet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ein Taxiunternehmen in R... mit drei Taxen und einem Großraumtaxi, welches mutmaßlich die innerörtliche (R...) individuelle Personenbeförderung bedient, überhaupt mit der Beklagten, die im Verbund mit anderen Busunternehmen im Wesentlichen den innerörtlichen (K...) und ortsnahen (K... Umland) Linienbusverkehr abdeckt, in Konkurrenz steht. Offensichtlich ist dies - wie die Beklagte meint - jedenfalls nicht. Der von der Beklagten und einem Taxiunternehmen umworbene Kundenkreis ist jedenfalls nicht auf den ersten Blick deckungsgleich.

aa) Es kann ebenso dahingestellt bleiben, ob die Tätigkeit in der Funkzentrale im tariflichen Sinne eine solche des allgemeinen Fahrdienstes ist. Denn die Tarifvertragsparteien haben das in § 4 Abs. 2 S. 3 TV-N statuierte grundsätzliche Verbot einer Nebentätigkeit nicht an die konkret ausgeübte Tätigkeit (Fahrdienst) als solche, sondern an den Gewerbezweig (Bereich allgemeiner Fahrdienste), für die sie erbracht wird, geknüpft. Nach § 4 Abs. 2 S. 3 TV-N ist eine Nebentätigkeit (jedweder Art) im "Bereich" allgemeiner Fahrdienste (wozu auch Taxiunternehmen) zählen, nicht genehmigungsfähig. Danach ist mithin auch die Bedienung der Funkzentrale eines Taxiunternehmens nicht genehmigungsfähig i. S. v. § 4 Abs. 2 S. 3 TV-N. Hingegen dürfte der Kläger als Busfahrer unter der Voraussetzung von § 4 Abs. 2 S. 1 TV-N für einen Kurierdienst - mit entsprechender Genehmigung - Waren ausfahren. Hätten die Tarifvertragsparteien nur die nebenberufliche Fahrdiensttätigkeit, wozu nach Auffassung des Gerichts die Tätigkeit in der Funkzentrale nicht zählt, im Bereich allgemeiner Fahrdienste von der Gestattungsfähigkeit ausnehmen wollen, hätten sie dies auch so bezeichnen müssen.

bb) Indessen verbietet § 4 Abs. 2 S. 3 TV-N nicht eine einmalige Gefälligkeitstätigkeit im Bereich allgemeiner Fahrdienste. Die normativen Bestimmungen eines Tarifvertrages sind nach der objektiven Methode wie Gesetze auszulegen. Der Wortlaut des § 4 Abs. 2 S. 3 TV-N lässt offen, ob auch einmalige oder ganz sporadische Freundschaftsdienste im Bereich allgemeiner Fahrdienste nicht genehmigungsfähig sind. Aber aus der Systematik des § 4 Abs. 2 TV-N erschließt sich bereits, dass die nicht genehmigungsfähige und damit verbotene Nebentätigkeit über einen reinen unentgeltlichen Freundschaftsdienst hinausgehen muss. Dies folgt aus § 4 Abs. 2 S. 1 TV-N, der die Anzeigepflicht an das Merkmal der Entgeltlichkeit der Nebentätigkeit knüpft. Eine entgeltliche Nebentätigkeit geht grundsätzlich über einen reinen Freundschaftsdienst hinaus, dem der Einmaligkeits- oder zumindest Ausnahmecharakter in aller Regel immanent ist. Auch die teleologische Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis. Sinn und Zweck des § 4 Abs. 2 S. 3 TV-N ist die Verhinderung von Konkurrenztätigkeit. Eine solche liegt aber bei einer einmaligen unentgeltlichen Gefälligkeit nicht vor. Insoweit kann auf die Ausführungen unter Ziff. II. 1. b) dieser Entscheidungsgründe verwiesen werden.

Der Kläger hat sich mithin durch seinen einmaligen, unentgeltlichen Freundschaftsdienst in der Taxi-Funkzentrale der Fa. F... nicht grob vertrags- oder tarifwidrig verhalten, sodass dieser Grund an sich nicht geeignet ist, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.

2. Die Kündigung verstößt zudem gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des ultima-ratio-Prinzips muss bei Pflichtwidrigkeiten im Leistungs- und Verhaltensbereich auch einer außerordentlichen Kündigung grundsätzlich eine einschlägige Abmahnung vorausgehen. Ein arbeitsvertraglicher Pflichtverstoß, der auch den Vertrauensbereich tangiert (wie es bei Konkurrenztätigkeit stets der Fall ist), rechtfertigt nicht von vornherein ohne vorherige Abmahnung eine Kündigung. Auch bei Störungen im Vertrauensbereich ist das Abmahnungserfordernis stets dann zu prüfen, wenn ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers in Rede steht und erwartet werden kann, dass das Vertrauen wieder hergestellt wird (BAG, Urt. v. 04.06.1997 - 2 AZR 526/96 -, AP Nr. 137 zu § 626 BGB; LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 10.01.2006 - 5 Sa 306/05 -, NZA-RR 2006, 240 ff.). Bei der strittigen Nebentätigkeit handelt es sich unzweifelhaft im Gegensatz zu einer Tätlichkeit oder groben Beleidigung um steuerbares Verhalten. Die Pflichtwidrigkeit ist - wie oben ausgeführt - auch nicht derart schwerwiegend, dass sie das Vertrauensverhältnis unwiderruflich hätte zerstören können. Gerade der Umstand, dass es sich vorliegend nicht um den Vorwurf einer zumindest auf gewisse Dauer angelegten Nebentätigkeit im gleichen Gewerbezweig wie der Beklagten handelte, der Beklagten kein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist und der Kläger seine arbeitsvertraglichen Pflichten während seiner langjährigen Beschäftigung bei der Beklagten stets einwandfrei erfüllt hat, lässt erwarten, dass er künftig derartige Gefälligkeiten gänzlich unterlässt.

3. Schlussendlich muss aber auch die Interessenabwägung zugunsten des Klägers ausfallen. Selbst wenn - was ich nicht der Fall ist - ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung an sich vorliegt, so kann eine hierauf gestützte beabsichtigte außerordentliche Kündigung gleichwohl das Arbeitsverhältnis nur wirksam beenden, wenn bei der umfassenden Interessenabwägung das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers das Bestandsinteresse des Arbeitnehmers überwiegt (BAG, Urt. v. 27.01.2006 - 2 AZR 415/05 -, NZA 2006, 1033 ff. m.w.N.). Zu den bei der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umständen zählt insbesondere die Dauer des Arbeitsverhältnisses. Die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist auch zu berücksichtigen, wenn eine Kündigung auf ein Vermögensdelikt zulasten des Arbeitgebers gestützt wird (BAG, Urt. v. 27.01.2006 - 2 AZR 415/05 -, a.a.O.). Dies gilt auch bei dem Vorwurf einer verbotenen Konkurrenztätigkeit, die vorliegend nicht festgestellt werden konnte. Der Kläger war bei Ausspruch der Kündigung bereits seit nahezu 26 Jahren bei der Beklagten als Busfahrer beschäftigt. Ein besonderes Gewicht kommt auch dem beanstandungsfreien Verlauf des Arbeitsverhältnisses zu. Die unstreitige Tatsache, dass er einem langjährigen Freund aus einer personellen "Notlage" helfen wollte, spricht auch gegen eine besondere Verwerflichkeit der ihm zur Last gelegten Tat. Die Beklagte hat zudem keinen wirtschaftlichen Schaden erlitten. Auch der Umstand, dass der Kläger die nächtliche Tätigkeit in der Anhörung vom 22.02.2006 nicht eingeräumt, sondern auch auf mehrfaches Befragen geleugnet hat, kann nicht zu einem überwiegenden Auflösungsinteresse der Beklagten führen. Es ist dem Kläger schon vorzuhalten, dass er sich während der Anhörung "dumm" und damit "verdächtig" verhalten hat. Hierbei ist aber auch zu berücksichtigen, dass dem Kläger das eigentliche Thema der Anhörung nicht bekannt gegeben worden war. Vielmehr wurde ihm durch die einleitenden Worte suggeriert, dass es nur um den Unfall und die daraus resultierende Arbeitsunfähigkeit und den Genesungsverlauf gehe. Die plötzliche, nicht mit der Krankheit im Zusammenhang stehende Frage, was er am letzten Samstag gemacht habe, musste er als plötzliche Wendung des Gesprächs empfinden. Ihm wurde jetzt erst der eigentliche Grund für die Besprechung/ Anhörung bewusst. Ihm wurde in dieser Sekunde bewusst, dass die Beklagte seinen Einsatz in der Funkzentrale seines Freundes als Pflichtverletzung wertete, ansonsten hätte sie diese Frage nicht gestellt. Dies konnte und durfte der Kläger angesichts des konfrontativen Gesprächsverlaufs als "Bedrohung" empfinden. Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht der Kammer erklärlich, dass der Kläger sich auf ein schlichtes Leugnen zurückgezogen hat. Ein verständiger Arbeitgeber hätte dies auch erkennen und richtig werten können und müssen.

III. Nach alledem war die Klage begründet und der Berufung stattzugeben. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 72 Abs. 2 ArbGG. Die Kammer folgt der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und beschränkt sich auf die Würdigung tatsächlicher Umstände, ohne dass Fragen von grundsätzlicher Bedeutung angesprochen sind.

Ende der Entscheidung

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