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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 02.06.2009
Aktenzeichen: 5 Sa 41/09
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, SGB VII, ZPO, VVG, PflVG
Vorschriften:
ArbGG § 12 a | |
ArbGG § 64 Abs. 2 lit. b | |
ArbGG § 66 Abs. 1 | |
ArbGG § 69 Abs. 2 | |
ArbGG § 72 a | |
BGB § 253 Abs. 2 | |
BGB § 278 | |
BGB § 823 | |
BGB § 823 Abs. 1 | |
BGB § 847 | |
SGB VII § 8 Abs. 1 | |
SGB VII § 8 Abs. 2 | |
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 1 | |
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 2 | |
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 3 | |
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 4 | |
SGB VII § 102 Abs. 1 | |
SGB VII § 104 | |
SGB VII § 104 Abs. 1 | |
SGB VII § 104 Abs. 1 S. 1 | |
SGB VII § 105 | |
SGB VII § 105 Abs. 1 | |
SGB VII § 106 Abs. 3 | |
ZPO § 519 | |
VVG § 115 | |
VVG § 115 Abs. 1 Nr. 1 | |
PflVG § 1 | |
PflVG § 3 Nr. 1 a. F. |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil
Aktenzeichen: 5 Sa 41/09
Verkündet am 02.06.2009
In dem Rechtsstreit
hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 02.06.2009 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 11.12.2008, Az.: 5 Ca 1204 d/08, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von den Beklagten als Gesamtschuldner Schmerzensgeld und Schadensersatz.
Der 21-jährige Kläger war bei der Beklagten vom 18.01.2006 bis zum 30.05.2006 als Verputzer (Bauhelfer) beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund Arbeitgeberkündigung innerhalb der Probezeit.
Am 22.03.2006 wartete der Kläger morgens verabredungsgemäß am vereinbarten Treffpunkt "W... R..." in K...-M..., um mit seinen Kollegen B... und G... zu einer Baustelle in P... zu fahren. Der bei der Beklagten beschäftigte Zeuge B... kam mit dem Firmen-LKW und sammelte den Kläger ein. Kurz darauf fuhr der Zeuge B... ungebremst auf einen haltenden Linienbus auf. Der zu dem Zeitpunkt nicht angeschnallte Kläger flog durch die Windschutzscheibe und zog sich zahlreiche Schnittverletzungen mit ca. 300 Glassplittereinsprengungen der Gesichtsweichteile und der Nase zu. Der Kläger wurde infolge des Unfalls bis zum 27.03.2006 stationär behandelt. Am 25.04.2006 wurden ambulant in Lokalanästhesie Fremdkörper am rechten Unterlid, am rechten Hals sowie am linken Unterkieferrand entfernt. Am 25.04.2006 wurden weitere Glassplitter am rechten Oberlid, am Hals und am linken Unterkieferrand entfernt. Am 12.12.2006 musste der Kläger sich wegen der asymmetrischen Verformung der Nase in der Poliklinik vorstellen, da die Nase auch breiter war als vorher und eine Korrektur notwendig war. Am 16.03.2007 erfolgte eine Septinorhinoplastik mit Ohrknorpeltransplantation von der Ohrmuschel beidseits in Intubationsnarkose. Hierfür war ein stationärer Aufenthalt vom 15.03.2007 bis zum 23.03.2007 notwendig. Postoperativ erfolgten sodann zwei weitere Nachsorgetermine am 30.03. und am 25.05.2007. Am 08.02.2008 erfolgte erneut eine Entfernung von zwei Glassplittern präaurikulär links und am Unterkieferrand links sowie beidseitig eine Narbenkorrektur vorgenommen. In dem ärztlichen Bericht aus dem Februar 2008 wird dem Kläger bescheinigt, dass auch weiterhin bis zum Lebensende damit zu rechnen sei, dass immer wieder Glassplitter auftauchen, die entfernt werden müssten. Weitere Narbenkorrekturen seien ebenfalls nicht auszuschließen (vgl. den ärztlichen Bericht Bl. 12-14 d. A. sowie die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen Bl. 15 d. A. und den ärztlichen Bericht Bl. 16-17 d. A.).
Die Beklagte zu 1) ist Eigentümerin und Halterin des verunfallten Transporters und die Beklagte zu 2) ist die verantwortliche Kfz-Haftpflichtversicherung. Mit Schreiben vom 23.05.2007 forderte der Kläger die Beklagte zu 2.) auf, bezüglich Schmerzensgeld und künftig zu erwartender materieller und immaterieller Schäden eine Haftungserklärung abzugeben (Bl. 18-21 d. A.), was die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 04.07.2007 ablehnte.
Mit seiner am 02.04.2008 erhobenen Klage hat der Kläger die Beklagten zu 1) und 2) weiterhin als Gesamtschuldner auf Schmerzensgeld, vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten und Erstattung künftig zu erwartender materieller und immaterieller Schäden in Anspruch genommen. Er hat behauptet, dass eigentlich der Zeuge G... ihn in dessen Privatfahrzeug habe mitnehmen sollen. Sie hätten erst zum Betriebssitz fahren wollen, um von dort aus mit dem Firmen-Lkw zur Baustelle nach P... zu fahren. Widererwartend sei dann der Zeuge B. zum Treffpunkt mit dem Firmen-Lkw gekommen. Der Zeuge B. sei auch nicht Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) gewesen, sondern habe dort "schwarz" gearbeitet. Bei dem Unfall handele es sich mithin um einen dem Haftungsprivileg nicht unterfallenden Wegeunfall und nicht um einen Betriebswegeunfall. Es sei auch in der Vergangenheit mehrfach vorgekommen, dass die Mitarbeiter der Beklagten zu 1) mit ihren privaten Autos zu den Baustellen gefahren seien. Der Zeuge B. habe den Unfall auch grob fahrlässig verursacht. Eine Haftungsbeschränkung ergebe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens. Er, der Kläger, habe sich bei Fahrtantritt sogleich angeschnallt und sich unmittelbar vor dem Unfall nur kurz abgeschnallt, um seine Daunenjacke auszuziehen. Gleichwohl reduziere er aufgrund des Kostenrisikos seine Ansprüche um 50 %. Er erachte ein Schmerzensgeld (50 %) in Höhe von € 5.250,00 für angemessen. Vorgerichtlich seien Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 546,69 entstanden.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands, insbesondere des streitigen Parteivorbringens wie er in der ersten Instanz vorgelegen hat, sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 11.12.2008 die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe ein Schmerzensgeldanspruch nach §§ 823 Abs. 1, 847 BGB nicht zu. Die Haftung der Beklagten zu 1) und 2) sei gemäß §§ 104 Abs. 1 S. 1, 105 Abs. 1, 106 Abs. 3 SGB VII ausgeschlossen. Der Unfall vom 22.03.2006 habe sich auf einem Betriebsweg i. S. v. § 8 Abs. 1 SGB VII ereignet. Grundsätzlich sei zwischen Betriebswegen als versicherter Tätigkeit i. S. v. § 8 Abs. 1 SGB VII mit der Folge des Haftungsprivilegs und anderen, nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Wegen zu unterscheiden, für die ein Haftungsprivileg nicht bestehe. Der vom Kläger mit seinem Kollegen B... zurückgelegte Weg im firmeneigenen Lkw sei als Betriebsweg anzusehen. Von einem Unfall auf einem Betriebsweg sei vielmehr dann auszugehen, wenn die gemeinsame Fahrt der Arbeitskollegen selbst als Teil des innerbetrieblichen Organisations- und Funktionsbereichs erscheine. Hiernach sei die Unfallfahrt als Betriebsweg anzusehen. Der Sachverhalt sei dadurch geprägt, dass der Kläger durch seinen Arbeitskollegen B. mit einem Sammeltransport in einem betriebseigenen Fahrzeug von einem Fahrer, der jedenfalls bei der Beklagten gearbeitet habe, zu einer auswärtigen betrieblichen Baustelle gefahren werden sollte. Die Beklagte zu 1) habe mithin für die Fahrt ein betriebseigenes, von ihr unterhaltenes Fahrzeug zur Verfügung gestellt und ihren Arbeitnehmern die Möglichkeit eingeräumt, sich mit diesem Fahrzeug von einem Arbeitskollegen zu ihrem Einsatzort fahren zu lassen. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass der Zeuge B. möglicherweise sozialversicherungsrechtlich nicht gemeldet gewesen sei. Entscheidend sei, dass er als Fahrer im Rahmen einer betrieblichen Organisation mit dem Firmen-Lkw am verabredeten Treffpunkt erschienen sei, um den Kläger zur Arbeit zu fahren. Der Kläger habe auch keinen Erstattungsanspruch für vorgerichtliche Anwaltskosten. Dem stehe bereits § 12 a ArbGG entgegen. Auch der Feststellungsantrag bzgl. etwaiger künftiger materieller und immaterieller Schäden sei unbegründet. Auch insoweit greife das Haftungsprivileg des § 104 Abs. 1 SGB VII.
Gegen dieses ihm am 16.01.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.02.2009 beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt und diese am 09.03.2009 begründet.
Der Kläger bestreitet,
dass es sich am 22.03.2006 um einen von der Beklagten zu 1) organisierten Sammeltransport gehandelt habe. Denn eigentlich habe ihn der Zeuge G... mit dessen Privatwagen abholen wollen, um dann gemeinsam zum Betriebshof zu fahren. Die Beklagte habe auch nicht vorgetragen, warum am Unfalltage ausnahmsweise die Fahrt zum Firmensitz mit dem firmeneigenen Lkw vollzogen werden sollte. Zudem sei der Unfall von einem nicht dem Betrieb angehörenden Fahrer verursacht worden. Der Zeuge B... habe bei der Beklagten zu 1) "schwarz" gearbeitet. Die Beklagte zu 1) habe auch die Fahrtzeiten nicht als Arbeitszeit vergütet. Zumindest die Beklagte zu 2) habe die Rechtsanwaltskosten zu erstatten. Diese unterliegen nicht dem Norm- und Schutzbereich des § 12 a ArbGG.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 11.12.2008 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Kiel, Az.: 5 Ca 1204 d/08,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.07.2007 sowie als Nebenforderung weitere € 546,69 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger 50 % seiner materiellen und immateriellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 22.03.2006 auf dem S... in 2... K...zu bezahlen, soweit diese nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sind und soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt
das angefochtene Urteil. Zweck der Fahrt mit dem Firmen-Lkw sei der gemeinsame Sammeltransport zu der Baustelle gewesen, auf der sowohl der Zeuge B... als auch der Kläger eingesetzt waren. Es bestehe die generelle Anweisung des Vorarbeiters, dem Zeugen A..., dass die Firmen-Lkw zu Sammeltransporten zu den jeweiligen Baustellen benutzt werden sollten, um den gleichzeitigen Einsatz der dort eingesetzten Mitarbeiter sicherzustellen. Die Einzelheiten sprächen die Mitarbeiter untereinander ab. Sie verfüge über fünf Transportfahrzeuge. Es komme praktisch nicht vor, dass die Mitarbeiter mit Privatfahrzeugen zu den Baustellen führen. Der Unfall habe sich nach alledem auf einem haftungsprivilegierten Betriebsweg i. S. v. § 8 Abs. 1 SGB VII ereignet.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 02.06.2009 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 2 lit. b; 66 Abs. 1 ArbGG; § 519 ZPO.
In der Sache selbst hat die Berufung keinen Erfolg, sie ist unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat die Klage sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht abgewiesen. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen kann und soll deshalb auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen werden. Lediglich ergänzend und auf den Sachvortrag der Parteien in der Berufungsinstanz eingehend, sei noch folgendes angemerkt:
Dem Kläger steht gegenüber den Beklagten bereits dem Grunde nach kein Schmerzensgeldanspruch zu (I.). Der Kläger hat auch weder gegenüber der Beklagten zu 1) noch gegenüber der Beklagten zu 2) einen Erstattungsanspruch der ihm außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren (II.) Der Feststellungsantrag ist ebenfalls unbegründet, da für die Beklagten das Haftungsprivileg des § 104 Abs. 1 SGB VII greift (III).
I. Der Kläger hat gegenüber den Beklagten keinen Anspruch auf Schmerzensgeld, § 253 Abs. 2 i. V. m. §§ 278, 823 BGB. Nach diesen Vorschriften kann der Verletzte ein angemessenes Schmerzensgeld beanspruchen, wenn ihm aufgrund einer deliktischen Handlung ein immaterieller Schaden entstanden ist. Zwar hat der Kläger unstreitig immaterielle Schäden aufgrund des durch verkehrswidriges Verhalten des Zeugen B verursachten Verkehrsunfalls erlitten, indessen entfällt vorliegend die Haftung der Beklagten zu 1) für ihren Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) nach § 104 Abs. 1 SGB VII. Damit entfällt auch die akzessorische Haftung aus § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG i. V. m. § 1 PflVG (bzw. § 3 Nr. 1 PflVG a. F.) der Beklagten zu 2) als Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten Fahrzeugs der Beklagten zu 1).
Bei dem Verkehrsunfall vom 22.03.2006 handelt es sich nicht um einen Wegeunfall im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, sondern um einen Unfall auf einem Betriebsweg und somit um einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII, und weder die Beklagte zu 1) noch deren Erfüllungsgehilfe, der Zeuge B..., haben den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt. Die Beklagten können sich mithin auf den Haftungsausschluss des §§ 104 Abs. 1, 105 Abs. 1 SGB VII berufen.
1. Sinn und Zweck des gesetzlich angeordneten Haftungsausschlusses der §§ 104 ff. SGB VII ist es zum einen, den Arbeitgeber von einer Einstandspflicht nach privatrechtlichen Maßstäben zu befreien, und zum anderen, den Betriebsfrieden zu sichern. Die Finanzierung der gesetzlichen Unfallversicherung (SGB VII) obliegt dem Arbeitgeber als einziger Zweig der Sozialversicherung allein. Die gesetzliche Unfallversicherung erfüllt für die sie finanzierenden Unternehmer zugleich die Funktion einer Haftpflichtversicherung; an die Stelle der privatrechtlichen Haftpflicht des Unternehmers wurde die Gesamthaftung der in der Berufsgenossenschaft zusammengeschlossenen Unternehmer gesetzt (Prinzip der Haftungsersetzung: vgl. BAG, Urt. v. 30.10.2003 - 8 AZR 548/02 -, AP Nr. 2 zu § 104 SGB VII). Die Regelung des § 104 Abs. 1 SGB VII schließt mithin die privatrechtliche Haftung des Unternehmers für Personenschäden aus, die durch Versicherungsfälle verursacht worden sind, wenn der Unfall weder vorsätzlich noch auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt worden ist. Die Norm bezieht sich auf alle Haftungsgründe des bürgerlichen Rechts einschließlich der Gefährdungshaftung z. B. nach den Vorschriften des StVG (BAG, Urt. v. 30.10.2003 - 8 AZR 548/02 -, a. a. O., mit weiteren Nachweisen). Entsprechendes gilt für § 105 Abs. 1 SGB VII. Durch den gesetzlichen Haftungsausschluss nach §§ 104 ff. SGB VII sollte daher das Risiko von Arbeitsunfällen für den Arbeitgeber kalkulierbar und die Anlässe zu Konflikten im Betrieb zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie den Arbeitnehmern untereinander eingeschränkt werden (BAG, Urt. v. 24.06.2004 - 8 AZR 292/03 -, AP Nr. 3 zu § 104 SGB VII mit weiteren Nachweisen). Die Kollision von Zivil- und Sozialrecht wird in verfassungskonformer Weise mittels des Wegfalls zivilrechtlicher Ansprüche gelöst (BVerfG vom 08.02.1995 - 1 BvR 753/94 -, AP Nr. 21 zu § 636 RVO).
2. Der Haftungsausschluss der §§ 104 Abs. 1, 105 Abs. 1 SGB VII entfällt nicht bereits deshalb, weil der folgenschwere Versicherungsfall/Verkehrsunfall vorsätzlich herbeigeführt worden wäre. Der Zeuge B... mag grob fahrlässig gehandelt haben, als er auf den haltenden Linienbus aufgefahren ist. Aber grobe Fahrlässigkeit führt nicht zum Ausschluss des Haftungsprivilegs nach §§ 104 Abs. 1, 105 Abs. 1 SGB VII. Für eine vorsätzliche Herbeiführung des Auffahrunfalls und den daraus resultierenden Verletzungen des Klägers durch den Zeugen B... ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte. Dem klägerischen Vortrag lässt sich gerade nicht entnehmen, dass der Zeuge B... sowohl den Verkehrsunfall als auch die Verletzungen des Klägers billigend in Kauf genommen, also mit bedingtem Vorsatz - dieser würde ausreichen - gehandelt habe. Dies würde bedeuten, dass der Zeuge B... auch eigene Verletzungen billigend in Kauf genommen habe, was jeglicher Lebenserfahrung widerspricht.
3. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei dem strittigen Verkehrsunfall um einen haftungsprivilegierten Arbeitsunfall i. S. v. § 8 Abs. 1 SGB VII. Denn der Verkehrsunfall ereignete sich auf einem Betriebsweg. Der Verkehrsunfall erweist sich als Betriebswegeunfall i. S. v. § 8 Abs. 2 SGB VII und nicht als Wegeunfall i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII.
a) Sinn und Zweck des Wegfalls des Haftungsprivilegs der §§ 104, 105 SGB VII bei einem Wegeunfall im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII ist es, dem Verletzten die Ansprüche gegen den Arbeitgeber und die Kollegen zu belassen, wenn er außerhalb betrieblicher Gegebenheiten unter solchen Umständen geschädigt wird, die ihn auch als normalen Verkehrsteilnehmer hätten treffen können. Durch die Neuregelung gemäß § 104 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII wollte der Gesetzgeber die Haftungsfreistellung nicht einschränken. Der nach § 8 Abs. 1 SGB VII als Arbeitsunfall versicherte Betriebsweg ist daher von den nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII gesondert versicherten Wegeunfällen abzugrenzen. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Die Sperrwirkung des § 104 Abs. 1 SGB VII greift ein, sobald sich der Versicherte in die betriebliche Sphäre begibt, also einen Bereich, der der Organisation des Unternehmers und dessen Ordnungsgewalt unterliegt, und der Weg betrieblich veranlasst ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Versicherte im betrieblichen Interesse innerhalb oder außerhalb der Betriebsstätte unterwegs ist, er mithin den Weg in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurücklegt, dieser Teil der versicherten Tätigkeit ist und damit der Arbeit im Betrieb gleichsteht und ihr nicht lediglich vorausgeht (vgl. insgesamt BAG, Urt. v. 24.06.2004 - 8 AZR 292/03 - AP Nr. 3 zu § 104 SGB VII; LAG Hessen Urt. v. 08.05.2008 - 15 Sa 1929/07 -, zit n. Juris).
b) Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen hat der Kläger den Verkehrsunfall bei einer versicherten Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII erlitten.
(1) Bei einem Unfall auf einer Fahrt von dem Betriebssitz des Arbeitgebers zu einer auswärtigen Baustelle oder auf der Rückfahrt von einer auswärtigen Baustelle - organisiert als Sammeltransport vom Arbeitgeber und mit einem betriebseigenen Fahrzeug und einem betriebsangehörigen Fahrer durchgeführt - handelt es sich gerade nicht um einen Wegeunfall, sondern vielmehr um einen Unfall auf einem Betriebsweg. Dies gilt auch dann, wenn ein Arbeitnehmer mit Erlaubnis des Arbeitgebers den Firmen-Lkw abends mit nach Hause nimmt, um am nächsten Arbeitstag von Zuhause aus mit dem Firmen-Lkw direkt zur Baustelle zu fahren und auf der Strecke andere Kolonnenmitarbeiter "einzusammeln" und zur Baustelle mitzunehmen. Die Fahrt am 22.03.2006 erfolgte ausschließlich auf betriebliche Veranlassung in Ausübung der versicherten Tätigkeit und war mithin Teil der versicherten Tätigkeit, sie erfüllte alle vorstehend angesprochenen Voraussetzungen (vgl. dazu auch BAG, Urt. vom 30.10.2003 - 8 AZR 548/02 -, AP Nr. 2 zu § 104 SGB VII mit zust. Anm. Waltermann; BAG, Urt. v. 19.08.2004 - 8 AZR 349/03 -, a.a.O.; BGH, Urt. v. 09.03.2004 - VI ZR 439/02 -, AP Nr. 5 zu § 104 SGB VII). Mit dem strittigen Unfall verwirklichte sich damit aufgrund der bestehenden betrieblichen Gefahrengemeinschaft kein privates, sondern ein betriebsbezogenes Haftungsrisiko (BGH, Urt. v. 09.03.2004 - VI ZR 439/02 -, a. a. O.).
(2) Hieran ändern auch die mit der Berufung erhobenen Einwände des Klägers nichts. Insbesondere ist es unerheblich, dass er, der Kläger, angenommen habe, nicht der Zeuge B..., sondern der Zeuge G... hole ihn am 22.03.2006 mit dessen privaten PKW am vereinbarten Treffpunkt ab. Vielmehr ist der tatsächliche Hergang entscheidend und nicht die vermeintliche Annahme des Klägers. Tatsächlich hat der Zeuge B... den Kläger mit dem Firmenfahrzeug abgeholt, um sodann mit ihm gemeinsam zur auswärtigen Baustelle zu fahren. Der Kläger ist der substantiierten Behauptung der Beklagten, dass der Zeuge B... mit dem bereits beladenen Firmenfahrzeug sogleich zur Baustelle fahren wollte, seinerseits auch nicht substantiiert entgegengetreten. Es hätte keinen Sinn gemacht, nochmals zum Betrieb zu fahren. Ein Umsteigen von einem Privatfahrzeug auf einen Firmen-Lkw war gerade nicht mehr erforderlich. Der Kläger hat auch nicht behauptet, dass sie noch Geräte und Werkzeuge vom Betriebshof holen mussten. Der Sinn, ein Firmenfahrzeug abends mit nach Hause zu nehmen, besteht regelmäßig darin, am nächsten Tag sogleich zur Baustelle zu fahren. Etwas anderes könnte etwa dann gelten, wenn ein Mitarbeiter ein ihm vom Arbeitgeber zur privaten Nutzung überlassenes Firmenfahrzeug mit nach Hause nimmt und am nächsten Morgen mit dem ihm zur privaten Nutzung überlassenen Fahrzeug andere Mitarbeiter mit zur Firma nimmt. Dies ist hier jedoch unstreitig nicht der Fall gewesen. Der Mitarbeiter B... hat den Transporter der Beklagten nur zu dienstlichen Zwecken mit nach Hause nehmen dürfen, um damit aus Praktikabilitätsgründen am nächsten Arbeitstag sogleich zur auswärtigen Baustelle zu fahren. Allein durch die Tatsache, dass die Beklagte zu 1) ihren Transporter zu eben diesem Zwecke bereitstellte, nahm sie in prägender Weise organisatorisch Einfluss auf die Unfallfahrt. Dabei kommt es nicht darauf an, wie häufig derartige Sammeltransporte durchgeführt worden sind. Auch ein einmaliger Sammeltransport erweist sich als betrieblich veranlasste Tätigkeit. Der Kläger erlitt den Unfall gerade in seiner Eigenschaft als Betriebsangehöriger auf einem betrieblich veranlassten Sammeltransport mit einem Firmenfahrzeug.
(3) Auch aus der Tatsache, dass dem Kläger eine Teilnahme an dem Sammeltransport freigestellt war, ergibt sich keine andere Sichtweise. Denn anders als rein privat organisierte Fahrten stand die Teilnahme nur Betriebsangehörigen offen und diente allein betrieblichen Interessen, nämlich dem rechtzeitigen Eintreffen der Mitarbeiter an ihrem Einsatzort und der damit verbundenen Gewährleistung einer gleichzeitigen Arbeitsaufnahme. Sie stellt sich somit als Teil eines innerbetrieblichen Organisationsund Funktionsbereichs dar, dem sich der Kläger durch seine Inanspruchnahme eingegliedert hat und der damit Mitglied der betrieblichen Gefahrengemeinschaft wurde (vgl. BGH, Urt. v. 02.12.2003 - IV ZR 349/02 -, a.a.O.).
(4) Der innerbetriebliche Organisationszusammenhang des Sammeltransports entfällt auch nicht etwa dadurch, dass der Zeuge B..., der das Unfallfahrzeug gefahren hat, - möglicherweise - von der Beklagten zu 1) nicht sozialversicherungsrechtlich gemeldet war. Auf die Art des zwischen der Beklagten zu 1) und dem Zeugen B... bestehenden Beschäftigungsverhältnisses kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, auch nicht darauf, ob er ggf. und wie lange "schwarz" für die Beklagte zu 1) tätig gewesen ist. Ausschlaggebend ist vielmehr allein, dass der Zeuge B... unstreitig in die betrieblichen Organisationsabläufe eingebunden war.
(5) Eine anders lautende Beantwortung der Frage, ob sich der Unfall auf einem haftungsprivilegierten Weg i. S. d. § 8 Abs. 1 SGB VII ereignet hat, ergibt sich auch nicht aus der Sicht des geschädigten Klägers. Normzweck ist es, dem Verletzten Ansprüche gegen den Arbeitgeber und Kollegen zu belassen, wenn er außerhalb betrieblicher Gelegenheiten unter solchen Umständen geschädigt wird, die ihn auch als normalen Verkehrsteilnehmer hätten treffen können (BAG Urt. v. 19.08.2004 - 8 AZR 349/03 -, a.a.O.). Der Unfall, wie er sich hier konkret ereignete, d. h. in einem Firmenfahrzeug, gelenkt von einem Mitarbeiter des Arbeitgebers, auf dem Weg zum vorgegebenen Einsatzort, konnte den Kläger eben gerade nur in seiner Eigenschaft als Betriebsangehörigen der Beklagten zu 1) treffen. Andernfalls müsste jeder Verkehrsteilnehmer im betrieblichen Zusammenhang von der Haftungsprivilegierung ausgenommen werden, weil ein Unfall grundsätzlich jeden Verkehrsteilnehmer gleichermaßen ereilen kann, unabhängig davon, ob er sich gerade auf einer Privatfahrt oder einer betrieblich veranlassten Fahrt befindet. Eine soweit gehende Ausnahme von dem Haftungsprivileg des § 102 Abs. 1 SGB VII ist indessen weder vom Gesetzgeber gewollt noch findet sie ihren Niederschlag in der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
Der hier vorliegenden Konstellation trägt die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dagegen Rechnung, indem ausgeführt wird, dass entgegen dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII und in erweiterter Auslegung des § 8 Abs. 1 SGB VII ein Unfall, der sich bei einem vom Arbeitgeber durchgeführten Sammeltransport von Arbeitnehmern mittels betriebseigener Fahrzeuge vom Betriebssitz oder Wohnort der Arbeitnehmer zu einem/einer auswärtigen Einsatzort/Baustelle und zurück ereignet, als Arbeitsunfall i. S. v. § 8 Abs. 1 SGB VII anzusehen ist (BAG Urt. v. 19.08.2004 - 8 AZR 349/03 -, a.a.O.; Urt. v. 30.10.2003 - 8 AZR 548/02 -, a.a.O.), wobei es für die Annahme eines Betriebswegeunfalls/Arbeitsunfalls unerheblich ist, ob die Fahrtzeit vom Arbeitgeber vergütet worden ist oder nicht (BAG Urt. v. 24.06.2004 - 8 AZR 292/03 -, a.a.O.).
Dementsprechend hat der Kläger gegenüber den Beklagten als Gesamtschuldner keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes. Eine Haftung der Beklagten ist nach § 104 Abs. 1 SGB VII ausgeschlossen.
II. Dem Kläger steht weder gegenüber der Beklagten zu 1) noch gegenüber der Beklagten zu 2) ein Erstattungsanspruch für die ihm außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von € 546,69 zu. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten scheidet bereits gemäß § 12 a ArbGG aus. Hiernach hat die obsiegende Partei in Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs keinen Anspruch auf Erstattung für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten. Der Ausschluss des Erstattungsanspruchs beschränkt sich nicht nur auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch, sondern auch auf einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch etwaig entstandener außergerichtlicher Anwaltsgebühren, gleichgültig, worauf er gestützt wird (BAG, Urt. v. 27.10.2005 - 8 AZR 546/03, DB 2006, 284, 285; LAG Hamm, Urt. v. 25.10.2005 - 4 Sa 55/05 -, zit. n. Juris; ErfK/Koch, ArbGG, 9. Aufl., Rn. 3 zu § 12 a).
Der Kläger geht auch Fehl in der Auffassung, dass die Beklagte zu 2) als Haftpflichtversicherer nicht von der Kostenregelung des § 12 a ArbGG profitiere. Der Kläger verkennt, dass es sich bei dem Direktanspruch gegenüber dem Versicherer um einen akzessorischen Schadensersatzanspruch handelt, § 115 VVG. Der Versicherer und der Versicherungsnehmer haften danach als Gesamtschuldner (§ 115 Abs. 1 S. 4 VVG). Sie können jeder für sich und nebeneinander in Anspruch genommen werden. Voraussetzung ist indessen eine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers gegenüber dem geschädigten Dritten (Rütger/Halbach/Schimikowski, VVG, 1. Aufl., 2009, Rdn. 9 zu § 115). Somit kommt auch eine Inanspruchnahme des Haftpflichtversicherers in Bezug auf die Erstattung außergerichtlich entstandener Rechtsanwaltsgebühren nach § 12 a ArbGG nicht in Betracht.
Ungeachtet dessen besteht aber auch materiell-rechtlich kein Anspruch gegenüber den Beklagten als Gesamtschuldner auf Erstattung der vorgerichtlichen Kosten, da Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche des Klägers bereits aufgrund des Haftungsprivilegs gemäß §§ 104 ff. SGB VII ausgeschlossen waren.
III. Da dem Kläger wegen der Haftungsprivilegierung des § 104 Abs. 1 SGB VII bereits keine Ansprüche auf Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens zustehen, besteht auch kein Anspruch auf Feststellung, dass darüber hinausgehende, noch nicht bezifferbare Schäden ersatzpflichtig seien.
IV. Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen hier nicht vor, § 72 Abs. 2 ArbGG.
Ende der Entscheidung
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