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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 23.09.2009
Aktenzeichen: 5 Ta 157/09
Rechtsgebiete: RVG, ArbGG, ZPO, GKG, BGB
Vorschriften:
RVG § 23 Abs. 3 | |
RVG § 33 Abs. 1 | |
ArbGG § 12 Abs. 7 | |
ZPO § 3 | |
GKG § 42 Abs. 3 | |
BGB § 242 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss
Aktenzeichen: 5 Ta 157/09
23.09.2009
In dem Beschwerdeverfahren
hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 23.09.2009 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Klägervertreters gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 29.07.2009, Az.: 1 Ca 891 c/09, wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Klägervertreter wendet sich gegen einen Streitwertbeschluss betreffend das erstinstanzliche Verfahren.
Der Kläger ist bei der beklagten Firma ausweislich des Arbeitsvertrages seit dem 01.08.2003 als technischer Angestellter beschäftigt. Gemäß Ziff. 1 des Arbeitsvertrages hat sich die Beklagte vorbehalten, dem Kläger "im Bedarfsfalle auch andere zumutbare Tätigkeiten im Betrieb" zuzuweisen, ohne dass damit eine Gehaltsminderung verbunden ist.
Der Kläger hat vorgetragen,
dass der Beklagte ihm am 07.05.2009 mitgeteilt habe, dass er ab dem 11.05.2009 von seinem bisherigen Zimmer im Erdgeschoss in das Zeichenbüro (Großraumbüro) im Obergeschoss wechseln solle. Ihm seien damit unterqualifizierte Tätigkeiten als technischer Zeichner zugewiesen worden. Er sei für die Beklagte als Projektingenieur in der Entwicklungsabteilung tätig. Er könne Arbeiten an technische Zeichner delegieren. Die bewirkte Änderung seines Tätigkeitsbereichs sei nicht durch das Direktionsrecht der Beklagten gedeckt.
Der Kläger hat folgende Anträge gestellt,
1. festzustellen, dass der Beklagte nicht befugt ist, den Kläger ohne eine rechtswirksame Änderungskündigung als technischer Zeichner in einem Großraumbüro zu beschäftigen.
2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger weiterhin als Projektingenieur in der Entwicklungsabteilung in einem Doppelzimmer mit Weisungsbefugnis gegenüber den Zeichnern im Rahmen von Projekten und mit der Befugnis zum Zugriff auf sämtliche EDV-Daten im bisherigen Umfang zu beschäftigen.
Nach dem Tod des Inhabers der Beklagten hat der Kläger die Klage zurückgenommen und beantragt, den Streitwert gemäß § 33 Abs. 1 RVG in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern festzusetzen. Auf diesen Betrag sei die 36-fache Differenz zwischen der Bruttomonatsvergütung des Klägers und der Bruttomonatsvergütung eines technischen Zeichners von € 2.200,00 zu begrenzen. Zumindest aber sei der Hilfswert des § 23 Abs. 3 RVG in Ansatz zu bringen.
Mit Beschluss vom 29.07.2009 hat das Arbeitsgericht auf Antrag des Klägervertreters den für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren maßgebenden Wert auf € 2.500,00 und damit in Höhe eines Bruttomonatsgehalts festgesetzt. Gegenstand des Rechtsstreits sei die Reichweite des der Beklagten zustehenden Direktionsrechts. Das Interesse des Klägers an seiner Beschäftigung im Rahmen des Direktionsrechts sei mit einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten. Dieser Wert sei angemessen, da nicht der Bestand des Arbeitsverhältnisses als solches im Streit gestanden habe. Auch die Grundsätze zur Streitwertbemessung bei Änderungskündigungen seien nicht übertragbar, da eine Änderungskündigung gerade nicht ausgesprochen worden sei.
Gegen diesen ihm am 31.05.2009 zugestellten Beschluss hat der Klägervertreter am 04.08.2009 sofortige Beschwerde eingelegt. Bei einem Streit um den Umfang des Weisungsrechts handele es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit. Auch ohne hinzunehmende Vermögenseinbußen sei der Kläger zutiefst verletzt gewesen, dass die ihm bis dato zugewiesenen ingenieursmäßigen Tätigkeiten in einem Einzelbüro auf Aufgaben rein zeichnerischer Natur beschränkt worden seien einhergehend mit der Versetzung von einem Einzelbüro in ein Großraumbüro. Diese weitreichenden Vertragsänderungen hätten nur durch eine Änderungskündigung bewirkt werden können. Wegen der gravierenden Auswirkungen der Versetzung sei der Streitwert vorliegend in Anlehnung an § 12 Abs. 7 ArbGG auf drei Bruttomonatsgehälter festzusetzen (LAG Bremen, Beschl. v. 31.08.1988 - 4 Ta 41/88 -).
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 01.09.2009 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Grundsätzlich sei der Streitwert bei einem Streit über die Reichweite des Direktionsrechts in Höhe eines Bruttomonatsgehalts festzusetzen. Nur beim Vorliegen besonderer Umstände - z. B. bei Auswirkungen auf die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des Arbeitnehmers - könne eine höhere Bewertung angemessen sein.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 33 Abs. 3 und 4 RVG).
In der Sache selbst ist sie unbegründet.
Die sorgfältig begründete Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts ist nicht zu beanstanden. Auch die Einwände des Klägervertreters in der Beschwerdeinstanz rechtfertigen kein zwingend anderes Ergebnis. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das Arbeitsgericht das ihm gemäß § 3 ZPO zustehende Ermessen unzutreffend ausgeübt hat. Entgegen der Auffassung des Klägervertreters ist auch aufgrund der Umstände des vorliegenden Falles der Wert des Streitgegenstandes nicht nach § 42 Abs. 3 GKG in Höhe des 36-fachen Differenzwertes zwischen der klägerischen Vergütung und derjenigen eines technischen Zeichners begrenzt auf den dreifachen Wert eines Bruttomonatsgehalts (§ 42 Abs. 4 S. 1 GKG) festzusetzen. Die strittige Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers war gerade nicht mit einer Gehaltseinbuße verbunden. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger die Auffassung hatte, dass die Beklagte durch die Zuweisung des neuen Arbeitsplatzes das ihr zustehende Direktionsrecht überschritten hatte.
Die Rechtsprechung zur Wertfestsetzung bei Änderungskündigungen ist im vorliegenden Fall gerade nicht einschlägig. Es war unstreitig nicht der Bestand des Arbeitsverhältnisses im Streit, sondern der Umfang des Direktionsrechts und damit letztlich die inhaltliche Ausgestaltung des Beschäftigungsanspruchs des Klägers. Sowohl der Wert des Weiterbeschäftigungsanspruchs (LAG Schleswig-Holstein Beschl. v. 23.07.2007 - 2 Ta 211/07 -) als auch des Beschäftigungsanspruchs im laufenden Arbeitsverhältnis (LAG Schleswig-Holstein Beschl. v. 19.04.2007 - 2 Ta 155/07 -) wird nach der Rechtsprechung des hiesigen Landesarbeitsgerichts regelmäßig mit einem Bruttomonatsgehalt bewertet. Der Beschäftigungs- wie auch der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch resultieren aus dem berechtigten Interesse des Arbeitnehmers auf tatsächliche Beschäftigung, was sich aus der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung der Art. 1, 2 Abs. 1 GG ergibt, die über § 242 BGB auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen ist. Allerdings besteht der Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung nur nach Maßgabe der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, er ist begrenzt durch das dem Arbeitgeber zustehende Direktionsrecht. Dieser Exkurs zum Beschäftigungsanspruch zeigt einmal mehr, dass es auch bei der Frage der Reichweite des Direktionsrechts letztlich um den Anspruch des Arbeitnehmers auf tatsächliche vertragsgerechte Beschäftigung geht. Der Kläger trägt selbst vor, dass er sich durch die einseitige Änderung seiner Arbeitsbedingungen in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt sah. Das Interesse des Klägers zeigt sich auch eindeutig in seinem Antrag zu 2). Hierin begehrt er die seiner Auffassung nach vertragsgerechte Beschäftigung als Projektingenieur. Deren Wert ist mit einem Bruttomonatsgehalt durch das Arbeitsgericht zutreffend bewertet worden. Bei dem Antrag zu Ziff. 1 handelt es sich demgegenüber um eine vorliegend nicht streitwerterhöhende Zwischenfeststellungsklage. Eine Vorgreiflichkeit für weitere, über die konkrete Klage hinausgehende Streitigkeiten über die Reichweite des Direktionsrechts kommt der Zwischenfeststellungsklage vorliegend nicht zu (vgl. LG München Beschl. v. 11.05.2009 - 13 T 239/09 -, zit. n. Juris).
Die sofortige Beschwerde war nach alledem zurückzuweisen.
Ende der Entscheidung
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