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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 05.03.2009
Aktenzeichen: 5 Ta 44/09
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 114 | |
ZPO § 118 Abs. 2 S. 1 | |
ZPO § 118 Abs. 2 S. 2 | |
ZPO § 118 Abs. 2 S. 4 | |
ZPO § 127 Abs. 2 S. 2 | |
ZPO § 127 Abs. 2 S. 3 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss
Aktenzeichen: 5 Ta 44/09
05.03.2009
In dem Beschwerdeverfahren
hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Kiel am 05.03.2009 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 20.02.2009, Az.: 4 Ca 1648 c/08, abgeändert und der Klägerin mit Wirkung ab dem 23.02.2009 Prozesskostenhilfe für die erste Instanz ohne derzeitige Ratenzahlungsanordnung bewilligt. Die Rechtsanwaltsbeiordnung bleibt bestehen.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Am 17.12.2008 hat die Klägerin vor dem Arbeitsgericht Kündigungsschutz- und Zahlungsklage erhoben und zugleich einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts B... gestellt. Dem Antrag war eine vollständig ausgefüllte Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt sowie eine Gehaltsabrechnung und ein Kontoauszug, aus dem sich die Mietzahlung an U... W...-K... über € 550,00 ergibt. In der Güteverhandlung am 26.01.2009 hat das Arbeitsgericht die Klägerin aufgefordert, binnen zwei Wochen die im Antrag angegebenen Mietzahlungen zu belegen, insbesondere den Mietvertrag vorzulegen und zu belegen, dass sie selbst die Miete zahlt. Nachdem die Frist erfolglos abgelaufen war, hat das Arbeitsgericht der Klägerin mit Beschluss vom 20.02.2009 Prozesskostenhilfe für das noch laufende Verfahren bewilligt und zugleich monatliche Ratenzahlungen in Höhe von € 95,00 angeordnet. Mit Schriftsatz vom 20.02.2009 - beim Arbeitsgericht eingegangen am 23.02.2009 - hat die Klägerin die angeforderten Prozesskostenhilfeunterlagen (Mietvertrag, Überweisungsaufträge bzgl. der Mietzahlungen, Berechnung der E... ... über die Abschlagszahlungen für die Gasversorgung) nachgereicht.
Am 25.02.2009 hat die Klägerin sodann gegen den ihr am 24.02.2009 zugestellten Prozesskostenhilfebeschluss sofortige Beschwerde eingelegt. Selbst wenn man die Kosten der Kaltmiete nur zur Hälfte in Abzug bringen würde, ergebe sich nur ein zugrunde zu legendes verbleibendes Einkommen von € 14,92.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 25.02.2009 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Die gesetzte Zweiwochenfrist sei am 09.02.2009 abgelaufen. Im Beschwerdeverfahren nachgereichte PKH-Unterlagen könnten nach der ständigen Rechtssprechung des hiesigen Landesarbeitsgerichts (1 Ta 32/06) nicht mehr berücksichtigt werden.
Das Hauptsacheverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Kammertermin ist anberaumt auf den 07.05.2009.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, § 127 Abs. 2 S. 2 und 3 ZPO.
Sie ist auch in der Sache überwiegend begründet. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung liegen seit Einreichung der vollständigen PKH-Unterlagen, insbesondere der Vorlage des Mietvertrages sowie dem belegten Dauerauftrag für Mietzahlungen über € 550,00, vor.
1. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung lagen am 23.02.2009 vor.
a) Prozesskostenhilfe kann gemäß § 114 ZPO nur bewilligt werden, wenn sie hinreichende Erfolgsaussicht hat und die Partei nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung ganz oder teilweise selbst aufzubringen. Mit dem Prozesskostenhilfeantrag hat die Partei ihre persönliche und wirtschaftliche Situation offen zu legen, indem sie bis zum Abschluss der Instanz einen vollständig und ordnungsgemäß ausgefüllten Antragsvordruck (§ 117 Abs. 3 und 4 ZPO) sowie entsprechende Einkommens- und Ausgabennachweise zum PKH-Heft reicht. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt grundsätzlich nur für eine beabsichtigte Rechtsverfolgung in Betracht, § 114 ZPO, sodass die erforderlichen PKH-Unterlagen (Antragsformular und entsprechende Belege) noch während des laufenden Hauptsacheverfahrens eingereicht werden müssen. Die antragstellende Partei trifft hier bewusst und auch zumutbar eine Mitwirkungspflicht. Über einen rechtzeitig gestellten Prozesskostenhilfeantrag mit unvollständigen Abgaben und Unterlagen kann noch ausnahmsweise nach Abschluss der Instanz bzw. des Verfahrens positiv entschieden werden, wenn das Gericht eine Frist zur Nachreichung der fehlenden Unterlagen und Belege gesetzt hat (Zöller/Phillipi, ZPO, 27. Aufl., Rn. 2b zu § 117; BAG Beschl. V. 03.12.2003 - 2 AZB 19/03 -, MDR 2004, 415).
b) Nach § 118 Abs. 2 S. 1 und 2 ZPO kann das Gericht verlangen, dass die mittellose Partei ihre tatsächlichen Angaben im Antragsformular glaubhaft macht, und insbesondere die Vorlage von Urkunden anordnen. Nach § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab, wenn der Antragsteller innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist die Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft macht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet hat.
c) Trotz der zwingenden Rechtsfolge des § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO hat das Arbeitsgericht verspätetet, d.h. nach Fristablauf, und in der Beschwerdeinstanz eingereichter PKH-Unterlagen dann zugunsten der mittellosen Partei in der Abhilfeentscheidung zu berücksichtigen, wenn das Hauptsacheverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Das Arbeitsgericht hat insoweit verkannt, dass es sich bei der Frist nach § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO nicht um eine Ausschlussfrist und erst recht nicht um eine Notfrist handelt (Zöller/Philippi, a.a.O., Rn. 17a zu § 118; LAG Köln Beschl. v. 19.08.2008 - 7 Ta 181/08 -, zit. n. Juris). Die ablehnende Prozesskostenhilfeentscheidung erwächst nicht in Rechtskraft, sodass es einer bedürftigen Partei unbenommen ist, den Prozesskostenhilfeantrag unter Beifügung eines vollständig ausgefüllten PKH-Antragsformulars und lückenloser Belege im noch laufenden Hauptsacheverfahren erneut zu stellen. Vor diesem Hintergrund müssen im Falle des nicht beendeten Hauptsacheverfahrens auch das im Beschwerdeverfahren nachgeholte Vorbringen und die nachgereichten Ausgabenbelege mit der Maßgabe berücksichtigt werden, dass Prozesskostenhilfe dann erst ab dem Zeitpunkt (ratenfrei) bewilligt wird, ab dem die Unterlagen vollständig vorgelegen haben (Zöller/Philippi, a.a.O., Rn. 17a zu § 118; LAG Köln Beschl. v. 19.08.2008 - 7 Ta 181/08 -, a.a.O.; LG Kiel Beschl. v. 01.04.2004 - 10 T 4/04 -, SchlHA 2004, 316; vgl. BAG Beschl. v. 03.12.2003 - 2 AZB 19/03 -, Rz. 13 bei Juris).
2. Hieran gemessen hat die Klägerin Anspruch auf ratenfreie Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die noch anhängige Kündigungsschutz- und Zahlungsklage mit Wirkung ab dem 23.02.2009. Die Klägerin hatte ab diesem Zeitpunkt die im PKH-Antragsformular angegebenen Einkommen und Ausgaben vollständig belegt. Insbesondere hatte sie den Mietvertrag, aus welchem sich für beide Eheleute eine Kaltmiete über € 550,00 ergibt, sowie als Zahlungsbeleg den Kontoauszug zum PKH-Heft gereicht. Hiervon ausgehend verbleibt kein einzusetzendes Einkommen mehr.
Nettoeinkommen | 851,92 EUR |
Grundfreibetrag für Erwerbstätige | 176,00 EUR |
Freibetrag für die Partei | 386,00 EUR |
Kaltmiete | 550,00 EUR |
Verbleibendes Einkommen | 0,00 EUR |
Auch wenn Schuldner der Kaltmiete beide Eheleute sind, so zahlt die Klägerin die Kaltmiete nachgewiesen in voller Höhe. Demgegenüber hat sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass sie die Heizkosten (Gas-Vorauszahlungen in monatlicher Höhe von € 557,00) trägt, sodass zu vermuten ist, dass diese Kosten ihr Ehemann begleicht. In Anbetracht dessen ist es gerechtfertigt, die Zahlung der vollen Kaltmiete zugunsten der Klägerin vom Einkommen abzuziehen. Ungeachtet dessen ergebe sich auch bei einer hälftigen Berücksichtigung der Kaltmiete nur ein verbleibendes Einkommen von € 14,92, sodass eine Ratenzahlungsanordnung mit Wirkung ab dem 13.02.2009 entfällt.
Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.
Ende der Entscheidung
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