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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 12.11.2008
Aktenzeichen: 6 Sa 128/08
Rechtsgebiete: ArbGG, MTV, KSchG, BGB, AÜG


Vorschriften:

ArbGG § 72 a
MTV § 26 Abs. 1
KSchG § 2 S. 1
BGB § 133
BGB § 145
BGB § 157
BGB § 623
AÜG § 3 Abs. 3 Ziff. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 6 Sa 128/08

Verkündet am 12.11.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 12.11.2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 19.03.2008 (5 Ca 3079/07) teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den Bedingungen des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrags vom 25.08.1980 in der zuletzt geltenden Fassung des Änderungsvertrags vom 27.06.1991 als Fernmeldehandwerker/Fachwirt T. mit Tätigkeiten gem. der Entgeltgruppe T 5 des Entgeltrahmentarifvertrages der D. T. AG am Arbeitsort L. bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits weiter zu beschäftigen.

2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits (beide Rechtszüge).

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung aus betriebsbedingten Gründen sowie um Weiterbeschäftigung.

Der Kläger trat am 25.08.1980 in die Dienste der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin. Er arbeitete zuletzt auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 25.08.1980 sowie des Änderungsvertrags vom 27.06.1991 (Anlage K 1 = Bl. 5 - 7 d. A.). Gemäß Versetzungsschreiben vom 19.12.2006 (Anlage K 2 = Bl. 6 ff. d. A.) wurde der Kläger zum 01.01.2007 zur Technischen Infrastruktur Niederlassung Nord versetzt. Dort arbeitete er als Sachbearbeiter Verwaltung Produktion Technische Infrastruktur (Sb V PTI). Arbeitsort war L.... Der Kläger ist in die Entgeltgruppe T 5 eingruppiert und erzielte zuletzt ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 3.683,50 EUR. Aufgrund seines Lebensalters und seiner Betriebszugehörigkeit genießt er gemäß § 26 Abs. 1 Manteltarifvertrag der Deutschen ... (MTV ... = Anlage B 2 - Bl. 54 f d. A.) besonderen Kündigungsschutz.

Bei der Beklagten waren bis zum 30.06.2007 bundesweit acht Betriebe als Technische Infrastruktur Niederlassungen für die Festnetzsparte tätig. Sie bauten und betrieben die technische Infrastruktur des Unternehmens. Einer dieser acht Betriebe war die Technische Infrastruktur Niederlassung Nord mit Sitz in H.... Zum 01.07.2007 übertrug die Beklagte die acht Betriebe der Technischen Infrastruktur Niederlassungen auf die Deutsche ... Netzproduktion GmbH (DT NP). Mit Schreiben vom 17.07.2007 unterrichtete die Beklagte unter anderem den Kläger über den aus ihrer Sicht darin liegenden Betriebsübergang und seine Folgen (Anlage B 1 - Bl. 45 ff. d. A.). In dem Schreiben heißt es u.a., dass die Deutsche ... AG die acht Betriebe der Technischen Infrastruktur Niederlassungen der ... an die Deutsche ... Netzproduktion GmbH übertragen hat und durch die Übertragung Betriebsübergänge stattgefunden haben. Die Betriebsübergänge seien zum 25.06.2007 erfolgt.

Nachdem der Kläger am 11.08.2007 dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die DT NP widersprochen hatte (Anlage K 10 = Bl. 83), stellte die Beklagte ihn mit Schreiben vom 20.08.2007 bis zum 31.10.2007 widerruflich von der Erbringung seiner Arbeitsleistung frei (Anlage K 11 - Bl. 84 d. A.). Neben dem Kläger haben 33 weitere Arbeitskollegen dem Betriebsübergang widersprochen.

Die Beklagte sammelte die Arbeitnehmer, die widersprochen hatten, trug in der "Jobbörse" ausgeschriebene Arbeitsplätze zusammen und wertete die Sozialdaten dieser Arbeitnehmer sowie einiger weiterer nach Maßgabe des Schlüssels gemäß Anlage B 3 (= Bl. 56) aus. Auf dieser Grundlage wurden den betroffenen Arbeitnehmern Arbeitsplatzangebote zugeordnet.

Mit Schreiben vom 09.11.2007, das dem Kläger am 14.11.2007 zuging, sprach die Beklagte die streitbefangene Änderungskündigung aus (Anlage K 4 = Bl. 11 f. d. A.). In dem Kündigungsschreiben heißt es u.a.:

"hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich unter Wahrung einer tariflichen Kündigungsfrist mit Ablauf des 30.06.2008.

Das Ihnen unterbreitete Angebot vom 17.10.2007 zur Änderung des Arbeitsvertrages erhalten wir aufrecht.

In Bezug auf das Änderungsangebot fügen wir eine Kopie des Ausschreibungstextes bei. Bei weiteren Rückfragen zum Arbeitsangebot wenden Sie sich bitte an den dort genannten Ansprechpartner.

Bitte teilen Sie uns spätestens innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung mit, wenn Sie das Änderungsangebot annehmen möchten...

Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist stellen wir Sie widerruflich von der Arbeitspflicht frei. ..."

Im beigefügten Ausschreibungstext ist als Zeitpunkt für die Besetzung der Stelle "nach Beendigung der Ausbildung" und als Bewerbungsschluss der 30.11.2007 angegeben (Bl. 13 d. A.).

Das dem Kündigungsschreiben beigefügte Änderungsangebot lautet u.a. wie folgt:

"Mit Schreiben vom 11.08.2007 haben Sie dem Betriebsübergang der TI NL Nord auf die Deutsche ... Netzproduktion GmbH widersprochen. Aufgrund dieses Widerspruches sind Sie nach wie vor Mitarbeiter der Deutschen ... AG...

In der Zwischenzeit ist die Suche nach freien Arbeitsplätzen innerhalb der Deutschen ... AG abgeschlossen und wir bieten Ihnen an, Ihr Arbeitsverhältnis mit der Deutschen ... AG ab dem 15.11.2007 wie folgt fortzusetzen:

Beschäftigung als Mitarbeiter Sekretariat Zentrum Mehrwertdienste ZMD 32 beim Zentrum Mehrwertdienste.

Arbeitsort ist B....

Diese Tätigkeit ist der Entgeltgruppe T 3 zugeordnet"

Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf die Anlage K 5 (= Bl. 15 f. d. A.) verwiesen.

Der Kläger hat, nachdem er das Angebot abgelehnt hatte, am 30.11.2007 Kündigungsschutzklage erhoben. Er hat gemeint, der Kündigung fehle es bereits an der erforderlichen Bestimmtheit. Es mangele an einem klaren und eindeutigen Änderungsangebot. Im Übrigen lägen keine Kündigungsgründe vor. Die Beklagte habe seinen besonderen Kündigungsschutz nicht hinreichend berücksichtigt und naheliegende Möglichkeiten der Weiterbeschäftigung außer Acht gelassen.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 09.11.2007 nicht aufgelöst wird;

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den Bedingungen des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages vom 25.08.1980 in der zuletzt geänderten Fassung des Änderungsvertrages vom 27.06.1991 als Fernmeldehandwerker/Fachwirt ... mit Tätigkeiten gemäß der Entgeltgruppe T 5 des Entgeltrahmentarifvertrages der Deutschen ... AG am Arbeitsort L... bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtstreits weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, die Änderungskündigung sei klar und eindeutig gewesen und auch durch dringende betriebliche Gründe gerechtfertigt. Die Beklagte habe sich entschieden, keine eigene Netzproduktion mehr zu betreiben, sondern diese im Wege des Betriebsübergangs in eine Tochtergesellschaft auszugliedern. Als Folge des Betriebsübergangs sei der Arbeitsplatz des Klägers weggefallen. Bezüglich der hier ausgesprochenen betriebsbedingten Änderungskündigung unterscheide sich die Rechtsstellung des Klägers nicht von der eines Arbeitnehmers ohne besonderen tariflichen Kündigungsschutz.

Eine Weiterbeschäftigung des Klägers als Fernmeldehandwerker/Fachwirt ... scheide aus, weil die Beklagte keine Fernmeldehandwerker/Fachwirte T. beschäftige, auch nicht in L....

Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag entsprochen und das im Wesentlichen damit begründet, dass die Änderungskündigung nicht eindeutig sei, weil dem Änderungsangebot nicht hinreichend deutlich habe entnommen werden können, zu welchen Arbeitsbedingungen der Kläger künftig tätig werden sollte.

Den Weiterbeschäftigungsantrag hat das Arbeitsgericht abgewiesen, weil die Beklagte am Standort L... keine Fernmeldehandwerker/Fachwirte ... beschäftige.

Die Beklagte hat gegen dieses ihr am 02.04.2008 zugestellte Urteil am 09.04.2008 Berufung eingelegt und innerhalb der bis zum 02.07.2008 verlängerten Frist begründet.

Der Kläger hat seinerseits gegen das ihm am 01.04.2008 zugestellte Urteil am 01.05.2008 Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel innerhalb der bis zum 01.07.2008 verlängerten Frist begründet.

Die Beklagte meint, die Änderungskündigung sei hinreichend bestimmt. Die Auslegung ergebe zweifelsfrei, dass sie nur auf eine Änderung der Arbeitsbedingungen zum 30.06.2008 gerichtet sei. So habe der Kläger die Änderungskündigung auch zunächst verstanden und auch verstehen müssen. Bei Zweifeln hätte er nachfragen müssen. Die Änderungskündigung sei durch dringende betriebliche Gründe gerechtfertigt.

Die Beklagte beantragt,

auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 19.03.2008 mit dem Aktenzeichen 5 Ca 3079/07 teilweise abgeändert. Die Klage wird auch im Übrigen abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Weiter beantragt der Kläger,

das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 19.03.2008 mit dem Aktenzeichen 5 Ca 3079/07 teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den Bedingungen des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages vom 25.08.1980 in der zuletzt geänderten Fassung des Änderungsvertrages vom 27.06.1991 als Fernmeldehandwerker/Fachwirt ... mit Tätigkeiten gemäß der Entgeltgruppe T 5 des Entgeltrahmentarifvertrages der Deutschen .... AG am Arbeitsort L... bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtstreits weiter zu beschäftigen.

Er ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe die Änderungskündigung zutreffend als zu unbestimmt beurteilt. Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht aber seinem Weiterbeschäftigungsantrag nicht gefolgt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 lit. c ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO). Auch der Kläger hat seine statthafte Berufung form- und fristgerecht eingelegt und begründet. In der Sache hat aber nur die Berufung des Klägers Erfolg.

B. Das Arbeitsgericht hat die Änderungskündigung vom 09.11.2007 zutreffend als rechtsunwirksam angesehen, weil es dem Änderungsangebot an der erforderlichen Bestimmtheit fehlt (I.). Das Berufungsgericht folgt dem Arbeitsgericht allerdings nicht, soweit es das auf Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits gerichtete Begehren als unberechtigt angesehen hat (II.).

I. Das Änderungsangebot als Teil der Änderungskündigung vom 09.11.2007 ist zu unbestimmt. Das führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.

1. Eine Änderungskündigung ist nach der Legaldefinition des § 2 S. 1 KSchG ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zur Kündigungserklärung muss als zweites Element ein Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen hinzukommen. Dieses (Änderungs-)Angebot muss wie jedes Angebot im Sinne von § 145 BGB eindeutig bestimmt bzw. bestimmbar sein (BAG 17.05.2001 - 2 AZR 460/00 - EzA BGB § 620 Kündigung Nr. 3). Das angestrebte Rechtsgeschäft muss vom Empfängerhorizont aus beurteilt in sich verständlich und geschlossen sein. Dem gekündigten Arbeitnehmer muss ersichtlich sein, welche (wesentlichen) Arbeitsbedingungen künftig gelten sollen und welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis zukünftig haben soll. Nur so kann der Arbeitnehmer seine Entscheidung über das Angebot in Kenntnis aller wesentlichen Vertragsbedingungen bzw. -änderungen treffen. Dabei genügt eine "Bestimmbarkeit" des Angebots. Der Inhalt der Offerte ist nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB zu interpretieren und zu bestimmen. Ist danach das Änderungsangebot nicht hinreichend bestimmt oder bestimmbar, so führt dies zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung (BAG 16.09.2004 - 2 AZR 628/03 - BAGE 112, 58).

Wie der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 16.09.2004 ausgeführt hat, erstreckt sich das Schriftformerfordernis des § 623 BGB nicht nur auf die Änderungskündigung, sondern auch auf das Änderungsangebot. Das Änderungsangebot ist Bestandteil der Kündigung. Eine Trennung von Kündigung und Angebot, mit der Folge, dass der Arbeitgeber das Angebot auch mündlich abgeben kann, verkennt, dass Kündigung und Angebot eine Einheit bilden, es sich also um ein einheitliches Rechtsgeschäft handelt. Der Senat weist weiter darauf hin, dass es jedoch ausreichend ist, wenn der Inhalt des Änderungsangebots im Kündigungsschreiben hinreichenden Anklang gefunden hat. Die Formvorschrift des § 623 BGB dient vor allem dem Schutz vor Übereilung (Warnfunktion) und der Rechtssicherheit (Klarstellungs- und Beweisfunktion). Durch die Beachtung der Formvorschrift soll die Beweisführung für die Existenz der Kündigungserklärung sowie den Inhalt des Änderungsangebots gesichert werden. Hinsichtlich des Inhalts des (Änderungs-)Angebots ist aber der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen (§ 133 BGB). Deswegen können und müssen auch außerhalb des Kündigungsschreibens liegende, zur Erforschung des Angebotsinhalts geeignete Umstände herangezogen und berücksichtigt werden. Außerhalb der Urkunde liegende Umstände dürfen berücksichtigt werden, wenn der einschlägige rechtsgeschäftliche Wille des Erklärenden in der formgerechten Urkunde einen wenn auch nur unvollkommenen oder andeutungsweisen Ausdruck gefunden hat (BAG 16.09.2004 - 2 AZR 628/03 - a. a. O.).

2. Diesen Anforderungen an die Bestimmtheit genügt die Kündigungserklärung der Beklagten vom 09.11.2007 verbunden mit dem Änderungsangebot vom 17.10.2007 nicht. Das Änderungsangebot ist nicht hinreichend bestimmt oder bestimmbar. Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich aus dem Kündigungsschreiben auch bei umfassender Würdigung aus der Sicht eines verständigen Erklärungsempfängers gerade nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit, dass eine Änderung der Arbeitsbedingungen erst mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, somit ab 01.07.2008, beabsichtigt war.

a) Im Kündigungsschreiben vom 9.11. 2007 selbst steht nicht ausdrücklich, wann die Änderungen des Arbeitsvertrags wirksam werden sollen, insbesondere wann der Kläger die neue Tätigkeit aufnehmen soll. Naheliegend erscheint zunächst, dass das nach Ablauf der Kündigungsfrist (30.06.2008) der Fall sein sollte. Dafür spricht, dass eine Änderungskündigung, die eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen vor Ablauf der Kündigungsfrist anstrebt, in der Regel sozial ungerechtfertigt ist (BAG 21.09.2006 - 2 AZR 120/06 -). Es kann nicht unterstellt werden, dass die Beklagte eine unwirksame Kündigung aussprechen wollte. Zwingend ist diese Auslegung des Kündigungsschreibens aber nicht. Wie der vom Bundesarbeitsgericht entschiedene Fall zeigt, kommt es durchaus vor, dass Arbeitgeber Vertragsänderungen vor Ablauf der Kündigungsfrist realisieren wollen. Festzuhalten ist daher, dass die Beklagte mit dem Datum 30.06.2008 in erster Linie angegeben hat, wann das Arbeitsverhältnis endet, falls das Änderungsangebot abgelehnt wird.

Für die Auslegung ist weiter von Bedeutung, dass die Beklagte dem Kündigungsschreiben zwei Schriftstücke beigefügt hatte, aus denen der Kläger offenbar den Inhalt des Änderungsangebotes entnehmen sollte. Das ist zum einen das Angebot der Weiterbeschäftigung vom 17.11.2007 (Anlage K 5 = Bl. 15 f. d. A.) sowie zum anderen eine Kopie des Ausschreibungstextes "ZMD 32 - Sekretariat Zentrum Mehrwertdienste".

Dem Ausschreibungstext lässt sich nicht eindeutig entnehmen, wann die Stelle zu besetzen ist. Als Besetzungszeitpunkt ist "nach Ende der Ausbildung" angegeben. Als Datum findet sich nur der auf den 30.11.2007 festgelegte Bewerbungsschluss.

Im Änderungsangebot vom 17.10.2007 wird dem Kläger die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in B... ab dem 15.11.2007 angeboten.

Die Beklagte hat die streitgegenständliche Kündigung vom 9.11. 2007 sodann ausgesprochen, ohne das mit Datum 17.10.2007 abgegebene Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses hinsichtlich des Zeitpunkts, ab dem sich die Tätigkeit ändern soll (15.11.2007), anzupassen. Sie hat damit ihr dem Kläger zur einvernehmlichen Regelung der Angelegenheit unterbreitetes und von diesem abgelehntes Angebot unmodifiziert wiederholt, nunmehr aber mit der Kündigung verknüpft. Der Kläger konnte und durfte deshalb, ausgehend vom Empfängerhorizont, das Änderungsangebot der Beklagten so verstehen, dass die Beklagte von ihrem ursprünglichen Angebot nicht abweicht. Dafür spricht die Wiederholung des ursprünglichen Angebots. Nach dem Wortlaut des Kündigungsschreibens wird nämlich das Angebot vom 17.10.2007 zur Änderung des Arbeitsvertrages "aufrecht erhalten". Irgendwelche Abweichungen werden im Kündigungsschreiben nicht erwähnt. Die Beklagte hat damit deutlich gemacht, dass sie ihr Angebot - inhaltlich nicht modifiziert - nunmehr aber mit der Kündigung durchzusetzen versucht.

Die Änderungskündigung und die beiden ihr beigefügten Anlagen eröffnen damit mindestens zwei, wenn nicht drei Möglichkeiten, ab wann die Änderungen der Arbeitsbedingungen wirksam werden können. Unklar ist insbesondere geblieben, ab wann der Kläger in B... tätig werden sollte. Legt man den im Stellenangebot angegebenen Bewerbungsschluss (30.11.2007) zugrunde, war die Stelle in B... frühestens zum 01.12.2007 zu besetzen. Ausgehend vom ursprünglichen Angebot sollte der Kläger aber schon am 15.11.2007 sein Arbeitsverhältnis in B... fortsetzen. Das Kündigungsschreiben selbst legt den Ablauf der Kündigungsfrist und damit den 01.07.2008 nahe.

b) Auch eine gemeinsame Betrachtung des Kündigungsschreibens vom 09.11.2007, des Änderungsangebots vom 17.10.2007, des Stellenangebots ZMD 32-Sekr sowie der weiteren Umstände führt nicht dazu, dass das Änderungsangebot bezüglich des Zeitpunkts des Eintritts der Änderung hinreichend konkret bestimmbar ist.

Die Daten des Ablaufs der Kündigungsfrist (30.06.2008), des Besetzungszeitpunktes nach dem Stellenangebot (nach Ende der Ausbildung) sowie des Angebots der Weiterbeschäftigung vom 17. Oktober 2007 (15.11.2007) sind nicht miteinander vereinbar. Gegen den von der Beklagten vertretenen Standpunkt, erkennbar sei der Ablauf der Kündigungsfrist gemeint gewesen, spricht, dass vom Empfängerhorizont des Klägers aus betrachtet deutlich wird, dass die Beklagte eine Besetzung der fraglichen Stelle in B... zum frühestmöglichen Zeitpunkt anstrebt und durchzusetzen versucht hat.

Dem steht nicht entgegen, dass sie dem Kläger drei Wochen Zeit eingeräumt hat, das Änderungsangebot anzunehmen. Weil die drei oben genannten "Änderungsdaten" nicht zueinander passen, sich sogar gegenseitig ausschließen, durfte und musste der Kläger davon ausgehen, dass die Beklagte ihn im Falle der Annahme des Änderungsangebotes innerhalb von drei Wochen damit konfrontieren würde, nunmehr zum frühestmöglichen Zeitpunkt, jedenfalls vor dem 30.06.2008, die Arbeit in B... aufzunehmen. Die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt gegenüber dem Kläger auch nur einmal deutlich zum Ausdruck gebracht, dass für sie eine Besetzung der angebotenen Stelle in B... erst mit Ablauf des 30.06.2008 in Betracht gezogen wird. Aus Sicht des Klägers bestand für ihn die Gefahr, dass die Beklagte vor dem 30.06.2008 von ihm verlangt, die Arbeit in B. anzutreten. Es wäre an ihm gewesen, tatsächlich und gegebenenfalls rechtlich klären zu lassen, was die Beklagte im Falle der Annahme des Änderungsangebotes von ihm wirklich verlangen durfte. Das aber ist mit der Klarstellungs- und Beweisfunktion des Schriftformerfordernisses des § 623 BGB unvereinbar. Das Schriftformerfordernis des § 623 BGB, das auch für das Änderungsangebot gilt, verlangt von dem Erklärenden ein nachweisbar klares Angebot. Es bürdet gerade nicht dem Erklärungsempfänger das Erfordernis der Klarstellungsfunktion auf, vielmehr dem Erklärenden. Vor diesem Hintergrund kann die Beklagte angesichts des Schriftformerfordernisses des § 623 BGB auch nicht damit durchdringen, der Kläger habe etwaige Unklarheiten des Änderungsangebotes aufklären und insoweit gegebenenfalls Rückfragen stellen müssen. Mit einem derartigen Ansatz würde die Klarstellungs- und Beweisfunktion der Formvorschrift des § 623 BGB ausgehöhlt.

Dagegen, dass der 30.06.2008 maßgeblich sein sollte, spricht auch, dass sich die Beklagte zu keinem Zeitpunkt gegenüber dem Kläger geäußert hat, wie der Zeitraum 15.11.2007 bzw. 01.12.2007 bis 30.06.2008 überbrückt werden sollte. Ebenso wenig hat sie ihm deutlich erklärt, dass für sie letztendlich nicht entscheidend ist, ab welchem Zeitpunkt er die Arbeit in B... aufnimmt.

Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger von der Arbeit freigestellt wurde, ist die Kündigung vom 09.11.2007 im Zusammenspiel mit dem Änderungsangebot vom 17.10.2007 hinsichtlich des Zeitpunkts des Eintritts der Änderung nicht eindeutig. Die Beklagte lässt außer Acht, dass die Freistellung nur widerruflich erfolgt ist. Dass dieses einen sozialversicherungsrechtlichen Hintergrund haben könnte, ist nicht nur juristischen Laien, vielmehr auch vielen nicht spezialisierten Juristen unbekannt. Abgesehen davon ist der streitbefangenen Änderungskündigung auch nicht ansatzweise zu entnehmen, dass die Freistellung tatsächlich ausschließlich aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen widerruflich erfolgt ist. Der Beklagten stand objektiv auch der Weg offen, die Freistellung aus anderen als sozialversicherungsrechtlichen Gründen zu widerrufen.

Der Umstand, dass die Beklagte in die Kündigungsfrist den bis zum 30.06.2008 auflaufenden Urlaubsanspruch des Klägers gelegt hat, ändert nichts daran, dass das Änderungsangebot in einem wesentlichen Punkt weder hinreichend bestimmt noch hinreichend bestimmbar ist. Aus der Urlaubsanordnung folgt nicht, dass die Beklagte vom Kläger eine Arbeitsaufnahme in B... erst nach Ablauf der Kündigungsfrist ab 01.07.2008 verlangen würde. Der Kläger konnte die Kündigungserklärung zusammen mit dem Änderungsangebot objektiv auch so verstehen, dass die Beklagte möglicherweise die Freistellung nach Ablauf des gewährten Urlaubs widerrufen und von ihm eine unverzügliche Arbeitsaufnahme in B... verlangen würde.

II. Der Kläger hat Anspruch auf vorübergehende Weiterbeschäftigung zu den im Antrag genannten Bedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits. Die Weiterbeschäftigung ist der Beklagten nicht objektiv unmöglich. Sie muss sich vielmehr auf die auch in anderen Fällen praktizierte Möglichkeit der Konzernleihe im Sinne von § 3 Abs. 3 Ziff. 1 AÜG verweisen lassen. Im vorliegenden Fall geht es nur um eine vorübergehende Weiterbeschäftigung als Folge der Tatsache, dass der Kläger im Kündigungsschutzverfahren obsiegt hat. Dass der Beklagten die Weiterbeschäftigung im Wege der Konzernleihe möglich ist, belegt der Umstand, dass sie die bei ihr tätigen Beamten auf diesem Wege bei der DT NP beschäftigt. Der Kläger hat sich im Berufungstermin ausdrücklich mit einem Einsatz im Wege der Arbeitnehmerüberlassung einverstanden erklärt.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen. Vorliegend handelt es sich ausschließlich um eine Einzelfallentscheidung, die sich im Rahmen der vom 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 16.09.2004 (2 AZR 628/03) aufgestellten Rechtsgrundsätze hält.

Ende der Entscheidung

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