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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 12.11.2008
Aktenzeichen: 6 Sa 178/08
Rechtsgebiete: FKlG, FKING, TV-Ärzte, ArbGG, ZPO, TVG, TVÜ-Länder, BGB, TV-L


Vorschriften:

FKlG § 10
FKlG § 10 Satz 1
FKlG § 11 Satz 1
FKlG § 11 Abs. 2
FKING § 2 Abs. 1
TV-Ärzte § 1 Abs. 4
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
TVG § 3 Abs. 1
TVG § 3 Abs. 3
TVG § 4 Abs. 5
TVÜ-Länder § 2 Abs. 1
BGB § 133
BGB § 157
TV-L § 1
TV-L § 41
TV-L § 41 Nr. 1 Abs. 2
TV-L § 42
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 6 Sa 178/08

Verkündet am 12.11.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 12.11.2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 02.04.2008 (5 Ca 406 b/08) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob der Kläger für das Jahr 2006 noch Anspruch auf Zahlung einer Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte (TV-Zuwendung) vom 12. Oktober 1973 hat.

Der Kläger wurde zum 1. März 1993 bei der Fachklinik für Psychiatrie, Neurologie und Rehabilitation H... als Arzt eingestellt. Die Fachklinik H... war seinerzeit ein unmittelbarer Eigenbetrieb des Landes Schleswig-Holstein. Dem Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Land Schleswig-Holstein lag der Arbeitsvertrag vom 27. August 1993 zugrunde (Anlage K 1 = Bl. 6 d. A.).

In § 2 des Arbeitsvertrages heißt es:

"Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.02.1961 (Amtsblatt Schleswig-Holstein S. 155), ggf. seinen Sonderregelungen und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen."

Mit Gesetz über die Errichtung öffentlich-rechtlicher psychiatrischer Fachkliniken (Fachklinikgesetz-VKIG) vom 8. Dezember 1995 (GVBL für Schleswig-Holstein 1995, S. 452) wurden die Fachkliniken S..., N... und H... vom Land Schleswig-Holstein in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts umgewandelt. Gemäß § 11 Satz 1 Fachklinikgesetz-VKIG gingen mit Wirkung vom 1. Januar 1996 die Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse der am 31. Dezember 1995 bei dem jeweiligen Landesbetrieb tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom Land Schleswig-Holstein auf die jeweilige Anstalt des öffentlichen Rechts über. Gemäß § 11 Abs. 2 des Gesetzes galten für die betroffenen Beschäftigten die bis zum Zeitpunkt des Übergangs der Fachkliniken maßgeblichen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung weiter, wobei dies gemäß Satz 2 dieser Vorschrift auch gelten sollte für die diese Tarifverträge künftig ändernden und ergänzenden Tarifverträge.

Mit Gesetz zur Neuordnung der Fachkliniken (FKING) vom 25. November 2002 (GVBL für Schleswig-Holstein 2002, S. 237) wurde die als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtete Fachklinik N... aufgehoben. Deren bewegliches und unbewegliches Vermögen fiel an die Fachklinik H..., die sodann als Fachklinik im Sinne des Fachklinikgesetzes vom 8. Dezember 1995 den Namen P... führte. Nach § 2 Abs. 1 FKING gingen die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bei der Fachklinik N... tätig waren, auf die P... über. Gemäß § 10 Satz 1 dieses Gesetzes galten für die Beschäftigten der P... die bisherigen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung weiter.

Mit dem aufgrund des Gesetzes zur Umwandlung psychiatrischer Einrichtungen und Entziehungsanstalten (PsychEUmwG) vom 24. September 2004 erlassenen Fachkliniken-Umwandlungsgesetz (GVBL für Schleswig-Holstein 2004, S. 350) regelte der Bundesgesetzgeber die Zulässigkeit und das Verfahren der Umwandlung der rechtsfähigen Anstalten der P... in Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Der Landesgesetzgeber ermächtigte die oberste Landesgesundheitsbehörde, im Einvernehmen mit dem Finanzministerium durch Verordnung den Formwechsel der P... in die Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gemäß Artikel 3 Abs. 3 PsychEUmwG trat § 10 des Fachklinikgesetzes am 25. September 2004 außer Kraft.

Durch Landesverordnung über den Formwechsel und die Veräußerung der P... vom 13. Oktober 2004 (GVBL für Schleswig-Holstein 2004, S. 401) wurde die Anstalt des öffentlichen Rechts "P..." in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung formwechselnd umgewandelt. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 sollte der Formwechsel mit Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister wirksam werden. Diese Eintragung erfolgte am 4. Januar 2005. Die Beklagte erwarb die Geschäftsanteile der durch den Formwechsel entstandenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Nach Verkündung des PsychEUmwG schloss das Land Schleswig-Holstein mit dem Gesamtpersonalrat der P... AöR unter dem 01./21.10.2004 eine sog. "Sicherungsvereinbarung" (Anlage K 3 = Bl. 8 d. A.).

Diese Sicherungsvereinbarung war als Regelung zugunsten Dritter konzipiert. Sie enthält in ihrem mit "Fortgeltung der arbeitsrechtlichen Vereinbarungen" überschriebenen § 2 folgende Regelung:

"Alle bisher bei der AöR geltenden Arbeitsverträge, Regelungen und Vereinbarungen bleiben auch nach der Umwandlung und dem Gesellschafterwechsel unverändert in Kraft und es sind insbesondere alle bisherigen Rechtsvorschriften und tatsächlichen Verfahrensweisen, die bisher geltenden Tarifregelungen und die bislang von der AöR abgeschlossenen dienststelleninternen/betrieblichen bzw. bei ihr geltenden Vereinbarungen fortzuführen. Das bedeutet insbesondere, dass für die gem. § 1 gesicherten Mitarbeiterinnen die gegenwärtig für sie bei der AöR Anwendung findenden Tarifverträge bei den neuen Gesellschaften als dynamischer Besitzstand vereinbart werden. Das bedeutet, dass diese Mitarbeiterinnen so gestellt blieben, wie sie stünden, wenn die zu diesem Zeitpunkt geltenden Tarifverträge BAT/MTArb einschließlich ihrer Fortentwicklung auch auf sie unmittelbar Anwendung fänden, auch wenn die neue durch Umwandlung entstehende GmbH nicht Mitglied in einem Arbeitgeberverband bzw. anders tarifgebunden ist."

Die Beklagte ist nicht aufgrund Verbandszugehörigkeit an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes gebunden. Ob der Kläger Mitglied des Marburger Bundes ist, insbesondere ob er dies bereits bei Abschluss seines Arbeitsvertrages mit dem Land Schleswig-Holstein war, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Beklagte zahlte dem Kläger für das Jahr 2006 eine Jahressonderzahlung in Höhe von 35 % seiner Monatsvergütung für September 2006 auf der Grundlage des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L).

Mit seiner Klage verlangt der Kläger die Differenz zwischen der Sonderzuwendung nach dem TV-Zuwendung (5.146,40 EUR brutto) und der nach dem TV-L gezahlten Zuwendung für das Jahr 2006 (2.074,93 EUR brutto) in unstreitiger Höhe.

In Abstimmung mit dem Marburger Bund unterbreitete die Beklagte den bei ihr tätigen Ärzten eine Änderungsvereinbarung mit dem Inhalt, dass das Arbeitsverhältnis mit Wirkung ab dem 1. Januar 2007 nach den Regeln des TV-Ärzte behandelt wird. Der Kläger nahm das Angebot an (Anlage B 1 = Bl. 48 ff. d.A.). Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete am 31.03.2008.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass jedenfalls bis zum 31. Dezember 2006 auf sein Arbeitsverhältnis der BAT und der diesen ergänzende TV-Zuwendung Anwendung gefunden hätte. Weder der TV-L noch der TV-Ärzte sei ein ändernder Tarifvertrag im Sinne von § 2 seines Arbeitsvertrages. Diese Bezugnahmeklausel erfasse nicht die den BAT ersetzenden Tarifverträge. Wegen der von ihm behaupteten Mitgliedschaft im Marburger Bund sei er im Übrigen an den TV-L nicht gebunden. Weil dies auch für die Beklagte mangels Mitgliedschaft gelte, sei nicht nachvollziehbar, warum der TV-L ab 1. November 2006 anwendbar sein solle.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.071,47 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Dezember 2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass mit der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf ändernde und ergänzende Tarifverträge auch ersetzende Tarifverträge gemeint seien. Der BAT sei zum 01. November 2006 durch den TV-L und den TV-Ärzte ersetzt worden. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sei daher entweder der TV-Ärzte oder der TV-L anwendbar. Zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Zuwendung - 1. Dezember - sei der TV-Zuwendung auf das Arbeitsverhältnis nicht (mehr) anwendbar gewesen. Eine anteilige Zahlung sehe der TV-Zuwendung nicht vor.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ab 1. November 2006 werde nicht mehr der TV-Zuwendung, sondern der TV-Ärzte von der Bezugnahmeklausel des Arbeitsvertrages erfasst. Das ergebe die ergänzende Vertragsauslegung. Weil das Land Schleswig-Holstein als ursprünglicher Träger der Kliniken der Beklagten und Vertragspartner des Klägers Ärzte ausschließlich an Universitätskliniken beschäftige, liege es nahe, dass die Arbeitsvertragsparteien individual-rechtlich die Anwendung des für Ärzte an Universitätskliniken geltenden TV-Ärzte vereinbart hätten.

Zur Darstellung der weiteren Begründung des Arbeitsgerichts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Entscheidungsgründe.

Der Kläger hat gegen das ihm am 30. April 2008 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts vom 2. April 2008 am 28. Mai 2008 Berufung eingelegt und diese am 30. Juni 2008 begründet.

Der Kläger ist der Ansicht, § 2 des Arbeitsvertrages erfasse schon nach seinem Wortlaut nicht ersetzende Tarifverträge. Sowohl der TV-Ärzte als auch der TV-L seien aber ersetzende und keine den BAT ändernden Tarifverträge. Das Land Schleswig-Holstein als ursprünglicher Arbeitgeber des Klägers habe sehr wohl den Unterschied zwischen ändernden und ersetzenden Tarifverträgen gesehen. Denn in später geschlossenen Verträgen finde sich neben den ändernden und ergänzenden Tarifverträgen auch eine Inbezugnahme auf ersetzende Tarifverträge. Das mache deutlich, dass es einen Unterschied zwischen ersetzenden und ergänzenden Tarifverträgen gebe. Das Arbeitsgericht Lübeck unterstelle unzulässig einen hypothetischen Parteiwillen, wonach die Parteien zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsabschlusses bereits vorausgesehen hätten, dass der BAT und damit auch der Zuwendungstarifvertrag zukünftig einmal durch einen anderen Tarifvertrag ersetzt werden könnten.

Die streitige Bezugnahmeklausel könne sich nicht auf den TV-Ärzte beziehen. Das Arbeitsgericht vernachlässige, dass der Kläger in einem psychiatrischen Krankenhaus tätig sei. Auf Ärzte im Landesdienst an psychiatrischen Krankenhäusern finde der TV-Ärzte aber keine Anwendung. Vielmehr solle gem. § 1 Abs. 4 TV-Ärzte auf Landesebene darüber verhandelt werden, ob und inwieweit der TV-Ärzte auf sie Anwendung finden soll. Die Beklagte sei nicht bereit gewesen, den TV-Ärzte schon ab 01. November 2006 auf Grundlage einer Vereinbarung mit dem Marburger Bund zur Anwendung zu bringen. Deshalb sei der TV-Ärzte frühestens ab 1. Januar 2007 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden, und zwar aufgrund der Abstimmungen zwischen dem Marburger Bund und der Beklagten und dem vom Kläger angenommenen Angebot. Folglich seien der BAT und die ihn ergänzenden Tarifverträge bis zum 31. Dezember 2006 anzuwenden. Im Übrigen handele es sich bei § 2 des Arbeitsvertrages um eine Gleichstellungsabrede. Mit Kündigung des BAT und der diesen ergänzenden Tarifverträge wirke sich die Gleichstellungsabrede statisch aus.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 2. April 2008 (5 Ca 406 b/08) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.071,47 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Dezember 2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages erfasse auch die den BAT ersetzenden Tarifverträge. Entweder falle das Arbeitsverhältnis des Klägers ab 1. November 2006 in den Geltungsbereich TV-Ärzte oder in jenen des TV-L. Damit stehe fest, dass der BAT und der TV-Zuwendung ab dem 31.10.2006 nicht mehr gegolten haben.

Die Anwendung des TV-Zuwendung lasse sich auch nicht mit dem Hinweis auf eine Gleichstellungsabrede begründen. Es liege kein Tarifwechsel, sondern eine sog. Tarifsukzession vor. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellungsabrede sei deshalb nicht anwendbar.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufung wird Bezug genommen auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze.

Entscheidungsgründe:

A. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft (§ 64 Abs. 2 lit b) ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.

B. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Der Kläger hat für das Jahr 2006 keinen Anspruch auf Zahlung der begehrten Zuwendung nach dem TV-Zuwendung.

Dieser Tarifvertrag war ab 1. November 2006 auf das Arbeitsverhältnis nicht mehr anwendbar. § 2 des Arbeitsvertrags nahm ab diesem Zeitpunkt den TV-L in Bezug.

Der TV-L und nicht der TV-Ärzte hat den TV-Zuwendung ersetzt. Die Kammer folgt insoweit der von der 4. und 5. Kammer in Parallelverfahren vertretenen Auffassung (vgl. Urt. v. 06.11.2008 - 4 Sa 218/08 -, 11.11.2008 - 5 Sa 227/08 -).

1. Im streitentscheidenden Zeitraum zwischen dem 1. November 2006 und 31. Dezember 2006 wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien ausschließlich einzelvertraglich geprägt. Es lag weder ein Fall der Tarifbindung vor noch galt der TV-Zuwendung kraft tariflicher Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG. Das gilt selbst dann, wenn zugunsten des Klägers seine Mitgliedschaft im Marburger Bund bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Jahre 1993 unterstellt wird.

a) War der Kläger bereits seit 1993 ununterbrochen Mitglied des Marburger Bundes, so galt der TV-Zuwendung nicht nur aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme, sondern auch wegen beiderseitiger Tarifbindung im Sinne von § 3 Abs. 1 TVG. Diese Anfangs möglicherweise bestehende beiderseitige Tarifbindung endete jedoch Anfang des Jahres 1996. Denn mit Wirkung vom 1. Januar 1996 wurde die damalige landeseigene Fachklinik H... aufgrund des Gesetzes über die Errichtung öffentlichrechtlicher psychiatrischer Fachkliniken (Fachklinikgesetz-VKIG) vom 8. Dezember 1995 vom Land Schleswig-Holstein als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet. Diese rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts war nicht Mitglied der TdL und damit nicht tarifgebunden im Sinne von § 3 Abs. 1 TVG. Der Übergang der Arbeitsverhältnisse der damaligen Mitarbeiter und damit auch des Klägers zum 1. Januar 1996 auf diese Anstalt öffentlichen Rechts führte nicht zu einer Fortwirkung der Tarifverträge gemäß § 3 Abs. 3 TVG oder einer Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG. Denn das Fachklinikgesetz-VKIG ordnete in § 11 Abs. 2 an, dass die bis zum Zeitpunkt der Errichtung der Fachkliniken maßgeblichen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung weitergelten, und zwar auch die diese Tarifverträge künftig ändernden und ergänzenden Tarifverträge. Die Psychatrium-Gruppe musste daher trotz fehlender Tarifbindung ab 1. Januar 1996 den BAT und die diesen ergänzenden und ändernden Tarifverträge kraft zwingender landesgesetzlicher Regelung anwenden. Aufgrund des zwingenden Charakters der landesgesetzlichen Norm durften, zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine diesen Schutz unterlaufenden einzelvertraglichen Vereinbarungen geschlossen werden. Dieser zwingende Schutz wurde in der Folgezeit aufrecht erhalten durch § 10 des Gesetzes zur Neuordnung der Fachkliniken vom 25. November 2002 und § 10 des Fachklinikgesetzes in der Fassung vom 13. Januar 2003.

Der zwingende landesgesetzlich vermittelte Schutz zugunsten der Arbeitnehmer entfiel erst im Jahr 2004, und zwar als gemäß Art. 3 Abs. 3 PsychEUmwG mit Wirkung vom 25. September 2004 § 10 des Fachklinikgesetzes außer Kraft gesetzt wurde. Die Sicherung der Fortgeltung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes durch das Fachklinikgesetz entfiel damit. In der Folge bestimmten sich die Arbeitsverhältnisse zwischen den Arbeitnehmern und der die Fachkliniken übernehmenden GmbH nur noch nach den zwischen ihnen bestehenden arbeitsvertraglichen Vereinbarungen.

b) Entgegen der Ansicht des Klägers ist § 4 Abs. 5 TVG deshalb für die hier zu beurteilende Rechtsfrage nicht einschlägig. Die Vorschrift bestimmt, dass nach Ablauf des Tarifvertrages seine Rechtsnormen weitergelten, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Die Nachwirkung erfasst nur Arbeitsverhältnisse, die vor Ablauf des Tarifvertrags von diesem unmittelbar und zwingend gestaltet wurden.

Gleichgültig ist, ob die unmittelbare Geltung durch Verbandszugehörigkeit oder Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrags begründet war.

Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass aufgrund der Kündigung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes durch die Gewerkschaft ver.di und den Marburger Bund sich diese Tarifverträge für die beiderseits Tarifgebundenen bis zum 30. Oktober 2006 in der Nachwirkung befanden. Für den Kläger gilt das aber nicht. Denn auf sein Arbeitsverhältnis war bereits seit Januar 1996 weder der BAT noch der TV-Zuwendung unmittelbar und zwingend kraft beiderseitiger Tarifbindung anwendbar. Maßgebend war vielmehr die einzelvertragliche Bezugnahme, die durch das Fachklinik-VKIG und die nachfolgenden landesgesetzlichen Regelungen einfach gesetzlich abgesichert wurde. Nach Wegfall dieser einfach gesetzlichen Absicherung ab 25. September 2004 richtete sich das Arbeitsverhältnis nur noch nach den einzelvertraglichen Vereinbarungen, nunmehr abgesichert durch § 2 der Sicherungsvereinbarung.

2. Mit dem Arbeitsgericht ist die Berufungskammer der Ansicht, dass § 2 des Arbeitsvertrages auch die den BAT ersetzenden Tarifverträge erfasst. Dem steht nicht entgegen, dass der Vertrag nicht ausdrücklich die ersetzenden Tarifverträge erwähnt, sondern nur die ergänzenden oder ändernden Tarifverträge.

a) Sowohl bei dem TV-L als auch bei dem TV-Ärzte handelt es sich um den ehemaligen BAT ersetzende Tarifverträge. Das folgt für den TV-L bezogen auf den BAT aus Anlage 1 TVÜ-Länder Teil A Nr. 1 und für den TV-Zuwendung aus der Anlage 1 TVÜ-Länder Teil B Nr. 18. Für den TV-Ärzte wiederum folgt der ersetzende Charakter aus der Anlage 1 TVÜ-Ärzte Teil A Nr. 1 bezogen auf den BAT und aus der Anlage 1 TVÜ-Ärzte Teil B Nr. 9 bezogen auf den TV-Zuwendung.

Entgegen der von der Beklagten im Berufungstermin vertretenen Ansicht kann dem TV-L und dem TV-Ärzte nicht entnommen werden, dass es sich nicht um ersetzende, sondern (nur) um ändernde Tarifverträge handelt. Dem steht der Wortlaut der vorgenannten Tarifbestimmungen entgegen. Für die Sichtweise der Beklagten spricht auch nicht die Niederschriftserklärung zu § 2 Abs. 1 TVÜ-Länder. Denn auch dort ist davon die Rede, dass der TV-L und der TVÜ-Länder das bisherige Tarifrecht ersetzen, mithin den BAT und den TV-Zuwendung.

b) Für die vom Kläger für richtig gehaltene Auslegung, dass ersetzende Tarifverträge nicht in Bezug genommen sind, könnte sprechen, dass § 2 nur die ergänzenden und ändernden Tarifverträge erwähnt. Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel lässt aber auch eine andere Auslegung zu.

Gemäß §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordert. Bei der Auslegung von Verträgen gemäß § 157 BGB ist § 133 BGB zu beachten, wonach der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen ist und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks festgehalten werden darf. Bei der Auslegung wiederum sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war. Anhaltspunkt für das wirklich Gewollte können sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte, dem Zweck des Vertrages und der bei Vertragsschluss vorliegenden Interessenlagen ergeben (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. nur BAG vom 31.07.2002 - 10 AZR 513/01 - AP HGB § 74 Nr. 74). Eine Auslegung des § 2 nach diesen Kriterien ergibt, dass die Bezugnahmeklausel auch die den BAT ersetzenden Tarifverträge erfasst.

aa. Der allgemeine Sprachgebrauch legt es nahe, unter "Änderung" auch eine "Ersetzung" zu verstehen. Ausgangspunkt ist jeweils eine bestehende Regelung. Die Änderung verändert die Regelung. Nichts anderes geschieht bei der Ersetzung. Der Unterschied liegt im Umfang der Veränderung. Die Ersetzung ist die weitestgehende Änderung einer bestehenden Regelung.

Dieses Sprachverständnis hat im Übrigen auch in § 2 Abs. 1 TVÜ-Länder Niederschlag gefunden. Nach dieser Bestimmung gehen die Tarifvertragsparteien davon aus, dass der TV-L und der TVÜ-Länder das bisherige Tarifrecht auch dann ersetzen, wenn arbeitsvertragliche Bezugnahmen nicht ausdrücklich den Fall der ersetzenden Regelung beinhalten.

bb. Für diese Auslegung der Bezugnahmeklausel spricht auch der mit ihr verfolgte Sinn und Zweck.

(1) Bei § 2 des Arbeitsvertrages handelt es sich um eine sogenannte Gleichstellungsabrede. Das Land Schleswig-Holstein als Vertragspartner des Klägers war seinerzeit als Mitglied der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder tarifgebunden. Dem Land ging es mit der Regelung in § 2 des Arbeitsvertrages erkennbar darum, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ungeachtet von deren konkreter Tarifgebundenheit nach dem Regelwerk des BAT und der ergänzenden und ändernden Tarifverträgen zu behandeln. Es sollte also das gesamte jeweils geltende Tarifwerk des öffentlichen Dienstes auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Dementsprechend ist der Kläger während seines Arbeitsverhältnisses stets nach dem BAT und den ergänzenden und ändernden Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung behandelt worden.

Dass die Beklagte selbst nicht (mehr) tarifgebunden ist, ist für die Auslegung des § 2 unbeachtlich. Für die Auslegung kommt es auf die Umstände bei Vertragsabschluss an.

(2) Mit der Bezugnahme in § 2 des Arbeitsvertrags auf den BAT und die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge haben die Vertragsparteien auch nachfolgende Tarifergebnisse im Voraus als interessengerecht anerkannt. Ausnahmslos sollen Ergänzungen und Änderungen der Tarifwerke gelten, und zwar unabhängig von ihrer Tragweite. Wenn aber alle Änderungen des Tarifvertrages infolge der Bezugnahme gelten sollen, ist nicht erklärlich, warum die ihrer Intensität nach stärkste Änderung, nämlich die Ersetzung der bisherigen Regelungen durch eine neue, jedenfalls wenn sie sich auf denselben Regelungsgegenstand bezieht, nicht von der Bezugnahmeklausel erfasst werden soll. Wird eine alte Regelung zu einem Regelungsgegenstand durch eine neue zum selben Regelungsgegenstand ersetzt, wird die alte Regelung gleichzeitig geändert.

(3) Sinn und Zweck der Gleichstellung blieben unbeachtet, wenn die den BAT ersetzenden Tarifverträge keine Anwendung fänden. Eine "Änderung" im Sinne der Bezugnahmeklausel setzt daher nicht voraus, dass der BAT fortbesteht. Zu bedenken ist nämlich, dass es auch unter der Geltung des BAT immer wieder Änderungen dieses Tarifwerkes mit - teilweise erheblichen - Auswirkungen gegeben hat. Ob im abgeschlossenen Tarifwerk nachfolgende Regelungen sodann als Änderungen oder Ersetzungen verstanden werden, ist letztlich eine Wertungsfrage (Möller/Welkoborsky, NZA 2006, S. 1382, 1384). Wie oben ausgeführt, wird durch jede Änderung die bisherige Regelung zumindest teilweise ersetzt.

Gegen die starre Unterscheidung zwischen "ersetzen" und "ändern" spricht auch folgende Erwägung. Hätten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes ihr neues ab 1. November 2006 geltendes Tarifwerk nicht als TV-L oder TV-Ärzte bezeichnet, sondern als BAT/Land 2006 beziehungsweise BAT/Ärzte 2006, so läge ohne Unterschied in der Sache unzweifelhaft eine Änderung im engen Wortsinn vor.

(4) Folgte man der Auffassung des Klägers, wonach ein ersetzender Tarifvertrag nicht unter § 2 des Arbeitsvertrags fällt, würde das dazu führen, dass die Arbeitnehmer im Fall der Ersetzung des einschlägigen Tarifvertrages durch einen anderen einschlägigen Tarifvertrag nicht aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme an der Neuregelung teilhaben würden. Das würde sogar dann gelten, wenn beide Tarifverträge von denselben Tarifparteien abgeschlossen worden sind. Ein solches Ergebnis widerspräche dem aus § 2 erkennbaren Parteiwillen, das Arbeitsverhältnis dem jeweiligen Tarifwerk des öffentlichen Dienstes zu unterstellen. Fieberg (NZA 2005, 1228) weist zutreffend darauf hin, dass ein solches Verständnis dazu führen würde, dass eine Bezugnahme wie die in § 2 des Arbeitsvertrags ab 1. November 2006 ins Leere gehen würde. Denn der BAT ist mit Wirkung ab 1. November 2006 durch den TV-L und den TV-Ärzte aufgehoben worden. Raum für eine Nachwirkung im Sinne von § 4 Abs. 5 TVG ist daher nicht. Dabei wird nicht übersehen, dass sich eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auch auf einen aufgehobenen Tarifvertrag beziehen kann. Dafür, dass der aufgehobene Tarifvertrag weiter gelten soll und nicht der an seine Stelle getretene, müssen sich aber Anhaltspunkte aus der Bezugnahmeklausel ergeben. Denn es handelt sich um einen atypischen Fall. Im vorliegenden Fall sprechen keine Umstände dafür, dass im Falle einer Ersetzung des gesamten Tarifwerks des BAT die alten Regelungen statisch weiter gelten sollten. Der Kläger muss sich fragen lassen, ob er den in diesem Verfahren vertretenen Standpunkt auch vertreten hätte, wenn ihn das an die Stelle des BAT getretene Regelungswerk hinsichtlich der Sonderzahlung besser gestellt hätte.

(5) Entscheidend dafür, dass § 2 auch die den BAT ersetzenden Tarifverträge erfasst, spricht, dass es sich bei der Ablösung des BAT-Regelungswerks durch den TV-L bzw. den TV-Ärzte um einen Fall der "Tarifsukzession" handelt und nicht um einen Fall des Tarifwechsels. Anlass für den Abschluss des TV-L und des TV-Ärzte war weder ein Betriebsübergang noch eine Änderung des Unternehmens- oder Betriebszweckes. Die Nachfolgetarifverträge wurden auch nicht von Tarifvertragsparteien abgeschlossen, die nicht zuvor am BAT beteiligt waren. Die einzige Besonderheit liegt darin, dass der Marburger Bund und ver.di, die beim BAT auf Arbeitnehmerseite Tarifvertragspartei waren, nunmehr separate Tarifverträge abgeschlossen haben. Die Arbeitnehmer werden daher nicht der Regelungsmacht anderer Tarifvertragsparteien unterworfen. Vielmehr bleibt es grundsätzlich bei dem mit dem BAT identischen fachlichen, räumlichen und persönlichen Geltungsbereich, soweit es beim TV-L um die Landesebene geht. Dass der TV-Ärzte wiederum nur einen eingeschränkten Anwendungsbereich hat, nämlich bezogen auf die Universitätsärzte, steht diesem Ergebnis nicht entgegen, denn die Universitätsärzte wurden zuvor vom BAT erfasst, den der Marburger Bund seinerzeit als Tarifvertragspartei auch mit abgeschlossen hat. Insoweit bleibt es auch hier bei der Identität der Tarifvertragsparteien.

3. Aufgrund der Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages fand ab 1. November 2006 nicht der TV-Ärzte, sondern der TV-L auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Dies gilt ungeachtet dessen, dass der Kläger - wie er behauptet - Mitglied des Marburger Bundes ist und der TV-L nicht von dieser Gewerkschaft abgeschlossen wurde. Denn es geht hier nicht um Fragen der Tarifbindung gemäß § 3 Abs. 1 TVG, sondern um den Inhalt der Bezugnahmeklausel des § 2 des Arbeitsvertrages. Dafür kommt es auf die Mitgliedschaft in einer bestimmten Gewerkschaft angesichts des Charakters des § 2 als Gleichstellungsabrede nicht an. Die Vertragsparteien wollten die jeweils nach dem persönlichen, fachlichen und zeitlichen Geltungsbereich einschlägigen Tarifverträge des öffentlichen Dienstes auf das Arbeitsverhältnis anwenden, unabhängig von der gemäß § 3 Abs. 1 TVG bestehenden Tarifbindung.

Der TV-L erfasst als Nachfolgetarifvertrag des BAT auf der Ebene der Länder alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied der TdL oder eines Mitgliedsverbandes der TdL ist. Dass die Beklagte eine solche Mitgliedschaft nicht aufweist ist unerheblich, auch insoweit geht es nicht um ihre Tarifbindung im Sinne von § 3 Abs. 1 TVG, sondern um die Auslegung des Arbeitsvertrags und die Frage, welches ab 1. November 2006 der durch § 2 in Bezug genommene einschlägige Tarifvertrag ist.

Aus § 1 TV-L folgt, dass damit grundsätzlich sämtliche Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfasst werden, die im öffentlichen Dienst auf Landesebene tätig sind. Dazu gehören auch die Ärzte, wie die §§ 41 und 42 TV-L deutlich machen. § 41 befasst sich mit Sonderregelungen für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken, § 42 mit Sonderregelungen für Ärztinnen und Ärzte außerhalb der Universitätskliniken. Da der Kläger außerhalb von Universitätskliniken tätig ist, ist auf ihn § 42 TV-L anwendbar. § 42 TV-L erfasst daher fachlich und persönlich sein Arbeitsverhältnis.

Dagegen ist der TV-Ärzte auf das Arbeitsverhältnis des Klägers jedenfalls nicht kraft Bezugnahme gemäß § 2 des Arbeitsvertrages anwendbar. Denn der TV-Ärzte regelt nur die Arbeitsverhältnisse der Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken. Der persönliche Anwendungsbereich der TV-Ärzte ist somit enger als jener des TV-L. Angesichts dieses eingeschränkten persönlichen Geltungsbereiches und des daneben geltenden TV-L verbietet es sich, den TV-Ärzte als von der vertraglichen Bezugnahmeklausel erfasst anzusehen.

Die Regelung in § 1 Abs. 4 TV-Ärzte führt zu keiner anderen Beurteilung. Danach ist vorgesehen, dass auf Landesebene zu verhandeln ist, ob und inwieweit Regelungen dieses Tarifvertrages auf andere Ärztinnen und Ärzte im Landesdienst (z. B. an psychiatrischen Krankenhäusern) übertragen werden. Solange ein solcher Tarifvertrag nicht besteht beziehungsweise eine solche Vereinbarung auf Landesebene nicht getroffen wurde, gilt für diese Ärzte und somit auch für den Kläger neben dem Mantelteil des TV-L die Sonderregelung in § 42 TV-L (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, TV-L Kommentar, § 1 TV-Ärzte Geltungsbereich Rn. 39). Hinzu kommt, dass auch § 41 Nr. 1 Abs. 2 TV-L die Möglichkeit vorsieht, auf Landesebene zu verhandeln, ob und inwieweit die Sonderregelungen auf andere Ärztinnen und Ärzte im Landesdienst (z. B. an psychiatrischen Krankenhäusern) übertragen werden. Das bedeutet, dass der TV-L das einschlägige Tarifwerk für die anderen Ärztinnen und Ärzte im Landesdienst bleibt, solange auf Landesebene noch nichts anderes verhandelt wurde. Dies gilt entsprechend auch für den Kläger, der zwar nicht im Landesdienst tätig ist, bei dem sich aber die Frage stellt, wie die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel zu verstehen ist.

4. Auch der vom Kläger angeführte Grundsatz der Tarifeinheit führt nicht zur Begründetheit der Klage. Richtig ist, dass es anders als zu Zeiten der Geltung des BAT für Ärzte nunmehr Tarifverträge mit zum Teil unterschiedlichen Inhalten gibt, die auf Arbeitnehmerseite von unterschiedlichen Gewerkschaften abgeschlossen wurden. Diese Tarifverträge sind an die Stelle des BAT getreten. Ist ein Arbeitgeber an zwei oder mehr Tarifverträge gebunden ist, die mit unterschiedlichen Gewerkschaften vereinbart wurden, liegt sogenannte Tarifpluralität vor. Sind die Regelungsgegenstände identisch, stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis die Tarifverträge zueinander stehen und ob ein Tarifvertrag (welcher) Vorrang genießt. Bei einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel eines nicht tarifgebundenen Arztes an einer Universitätsklinik könnte sich daher die Frage stellen, ob der TV-L oder der TV-Ärzte von der Bezugnahmeklausel erfasst wird. Diese Frage stellt sich hier aber nicht, weil bezogen auf das Arbeitsverhältnis des Klägers als Arzt außerhalb von Universitätskrankenhäusern nur § 42 TV-L einschlägig sein kann. Wenngleich auch die vertragliche Vereinbarung der Tarifgeltung später zur Entstehung von Tarifpluralität führen kann, so ist doch hier entscheidend, dass Tarifpluralität für den Kläger nicht eintreten konnte, weil er nicht vom persönlichen Geltungsbereich beider Tarifverträge erfasst wurde, nämlich nicht vom TV-Ärzte. Unabhängig davon ist auch nicht erkennbar, inwieweit die Grundsätze der Tarifeinheit oder der Auflösung der Tarifpluralität zur Anwendung von zum 31. Oktober 2006 aufgehobenen Tarifverträgen, hier des BAT und der TV-Zuwendung, führen könnte.

5. Auch die Argumentation des Klägers zur Gleichstellungsabrede überzeugt nicht. Unzweifelhaft liegt eine Gleichstellungsabrede vor. Damit allein lässt sich aber nicht begründen, dass der TV-Zuwendung auch am 1. November 2006 noch anwendbar war. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass es hier nicht um einen Fall des Tarifwechsels geht (Betriebsübergang, Änderung des Betriebszwecks o.ä.), sondern vielmehr um die Ablösung eines alten Tarifvertrages durch einen neuen Tarifvertrag ("Tarifsukzession"). Deshalb unterscheiden sich die vom Kläger herangezogenen Fälle in einem wesentlichen Punkt von dem hier zu beurteilenden Fall.

6. Unerheblich ist, dass die Beklagte in Abstimmung mit dem Marburger Bund den bei ihr beschäftigten Ärzten angeboten hat, ab 1. Januar 2007 den TV-Ärzte anzuwenden. Daraus folgt nicht im Umkehrschluss, dass bis zum 31. Dezember 2006 der BAT und der TV-Zuwendung galt. Vielmehr handelt es sich bei der in Abstimmung mit dem Marburger Bund von der Arbeitgeberin angebotenen Anwendung des TV-Ärzte ab dem 1. Januar 2007 um eine einzelvertragliche Änderung des § 2 des Arbeitsvertrages. Die Vertragsfreiheit ermöglicht es den Arbeitsvertragsparteien, ihr Arbeitsverhältnis einzelvertraglich unter einen anderen Tarifvertrag zu stellen, falls sie das als sinnvoll erachten.

7. Auch die Sicherungsvereinbarung zwischen dem Land Schleswig-Holstein und dem Gesamtpersonalrat begründet für das Jahr 2006 keine Ansprüche nach dem TV-Zuwendung. Gemäß § 2 der Sicherungsvereinbarung sollten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so gestellt werden, wie sie stünden, wenn die zu diesem Zeitpunkt geltenden Tarifverträge BAT/MTArb einschließlich ihrer Fortentwicklung auch auf sie unmittelbar Anwendung fänden, auch wenn die neue durch Umwandlung entstehende GmbH nicht Mitglied in einem Arbeitgeberverband bzw. anders tarifgebunden ist. Festgeschrieben ist dort also gerade der Schutz der bisher geltenden Arbeitsverträge, Regelungen und Vereinbarungen und des BAT einschließlich seiner Fortentwicklung. Genau dies wird gewährleistet, wenn der TV-L als ersetzender Tarifvertrag von der Bezugnahmeklausel des § 2 erfasst wird.

C. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen, § 97 ZPO.

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, § 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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