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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 25.02.2009
Aktenzeichen: 6 Sa 399/08
Rechtsgebiete: TV-L, BAT, MTL II, ArbGG, TVÜ-L, ZPO, MTArb-O


Vorschriften:

TV-L § 19
TV-L § 19 Abs. 1
TV-L § 19 Abs. 2
TV-L § 19 Abs. 5
TV-L § 19 Abs. 5 Satz 1
TV-L § 19 Abs. 5 Satz 2
BAT § 33
BAT § 33 Abs. 1
BAT § 33 Abs. 1 a)
BAT § 33 Abs. 1 b)
BAT § 33 Abs. 1 c)
BAT § 33 Abs. 2
MTL II § 29
MTL II § 29 Abs. 4
ArbGG § 66
ArbGG § 69 Abs. 2
TVÜ-L § 2
TVÜ-L § 26
ZPO § 519
ZPO § 520
MTArb-O § 29
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 6 Sa 399/08

Verkündet am 25.02.2009

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 25.02.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 02.10.2008 - 3 Ca 692 e/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Zahlung einer monatlichen Baustellenzulage.

Der Kläger ist seit 1982 bei dem beklagten Land beschäftigt. Zuletzt arbeitete er als Technischer Angestellter.

Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung. Der mit "Erschwerniszuschläge" überschriebene § 19 TV-L lautet wie folgt:

"(1) Erschwerniszuschläge werden für Arbeiten gezahlt, die außergewöhnliche Erschwernisse beinhalten. Dies gilt nicht für Erschwernisse, die mit dem Berufsoder Tätigkeitsbild verbunden sind, das der Eingruppierung zugrunde liegt.

(2) Außergewöhnliche Erschwernisse im Sinne des Absatzes 1 ergeben sich grundsätzlich nur bei Arbeiten

a) mit besonderer Gefährdung,

b) mit extremer nicht klimabedingter Hitzeeinwirkung,

c) mit besonders starker Schmutz- oder Staubbelastung,

d) mit besonders starker Strahlenexposition oder

e) unter sonstigen vergleichbar erschwerten Umständen.

(3) Zuschläge nach Absatz 1 werden nicht gewährt, soweit der außergewöhnlichen Erschwernis durch geeignete Vorkehrungen, insbesondere zum Arbeitsschutz, ausreichend Rechnung getragen wird.

(4) Die Zuschläge betragen in der Regel 5 bis 15 v.H. - in besonderen Fällen auch abweichend - des auf eine Stunde entfallenden Anteils des monatlichen Tabellenentgelts der Stufe 2 der Entgeltgruppe 2.

(5) Die zuschlagspflichtigen Arbeiten und die Höhe der Zuschläge werden tarifvertraglich vereinbart. Bis zum Inkrafttreten eines entsprechenden Tarifvertrages gelten die bisherigen tarifvertraglichen Regelungen fort."

Das beklagte Land zahlte an den Kläger bis Oktober 2006 eine monatliche Baustellenzulage gemäß § 33 Abs. 2 BAT in Höhe von zuletzt 51,13 EUR brutto. Diese Tarifbestimmung lautete wie folgt:

"(2) (BAT) Soweit nicht bereits nach Absatz 1 eine entsprechende Zulage gewährt wird, können Angestellte, die auf Baustellen unter besonders ungünstigen Umständen arbeiten (z. B. unter ungenügenden wohnlichen Unterkunftsverhältnissen, großen mit außergewöhnlichem Zeitaufwand zu überwindenden Entfernungen der Baustelle von der Bauleitung), für die Dauer dieser Tätigkeit eine Zulage bis zu 51,13 EUR monatlich erhalten (Baustellenzulage)."

Die Zahlung der Zulage erfolgte gemäß den Richtlinien vom 25.08.1976 für die Gewährung einer Zulage an Beamte, Angestellte und Arbeiter des Landes, die auf Baustellen unter besonders ungünstigen Umständen tätig sind (Baustellenzulage). Einleitend heißt es dort:

"Auf Grund des § 19 der Verordnung über die Gewährung von Erschwerniszulagen vom 26. April 1976 (Erschwerniszulagenverordnung - EzulV -, BGBl. I S. 1101), des § 33 Abs. 2 des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) und des § 29 Abs. 4 des Manteltarifvertrages für Arbeiter der Länder (MTL II) wird für die Gewährung einer Zulage an Beamte, Angestellte und Arbeiter des Landes, die auf Baustellen unter besonders ungünstigen Umständen überwiegend im Außendienst tätig sind (Baustellenzulage), folgendes bestimmt: ..."

Wegen des weiteren Inhalts der Richtlinien wird auf die Anlage K 1 = Bl. 17 ff. d. A. verwiesen. Seit November 2006 gewährt das beklagte Land dem Kläger die Baustellenzulage nicht mehr.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Richtlinie vom 25.08.1976 nach wie vor maßgebend sei und ihm deshalb die Baustellenzulage auch für die Zeit ab dem 01.11.2006 zustehe. Der BAT gelte neben dem TVöD und dem TV-L weiter, soweit er nicht durch anderweitige Regelungen ersetzt worden sei. Nicht alle in § 33 BAT enthaltenen Fallgruppen seien neu geregelt worden. Die Zulage gemäß § 33 Abs. 2 BAT sei in den neuen Tarifwerken weder ausdrücklich ausgeschlossen noch neu geregelt worden. Deshalb gelte die Vorschrift nach wie vor und bilde weiter die tarifliche Grundlage für die Richtlinie vom 25.08.1976.

Das beklagte Land hat gemeint, es fehle eine Anspruchsgrundlage für die Zahlung der Baustellenzulage. Mit Einführung des TV-L seien die Rechtsgrundlagen im BAT für die Gewährung der Baustellenzulage weggefallen. Der TV-Ü-Länder sehe nicht vor, dass die hier maßgebenden Bestimmungen des BAT - § 33 Abs. 1 a) und Abs. 2 - fortgelten.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien und ihrer Anträge im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der BAT sei gemäß § 2 TVÜ-Länder außer Kraft gesetzt worden. Die Weitergeltung des § 33 Abs. 2 BAT sei nicht vorgesehen.

Gegen das ihm am 13.10.2008 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger am 12.11.2008 Berufung eingelegt und diese am 08.12.2008 begründet.

Der Kläger ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe sich mit der Frage der Weitergeltung früherer tarifvertraglicher Regelungen nicht ausreichend befasst. Es habe insbesondere § 19 TV-L außer Acht gelassen. Die Baustellenzulage zähle zu den dort geregelten Erschwerniszuschlägen. Weil bislang noch kein Tarifvertrag im Sinne von § 19 Abs. 5 Satz 1 TV-L geschlossen worden sei, gelte die alte Regelung, hier: § 33 Abs. 2 BAT, weiter.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Elmshorn vom 02.10.2008, Az.: 3 Ca 692 e/08, im Wege der Berufung abzuändern und entsprechend den erstinstanzlichen Klageanträgen das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger Vergütungsdifferenzen für den Zeitraum 01.11.2006 bis 31.03.2008 in Höhe von insgesamt 869,21 EUR brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab Rechtshängigkeit zu zahlen sowie das beklagte Land im Weiteren zu verurteilen, an den Kläger ab dem 01.04.2008 für die Zukunft monatlich eine Baustellenzulage in Höhe von monatlich 51,13 EUR brutto zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es meint, § 19 TV-L lege die Bezahlung von Erschwerniszuschlägen fest und greife damit allein die vormals in § 33 Abs.1 BAT geregelten Tatbestände auf. Deshalb beziehe sich § 19 Abs. 5 TV-L nur auf Abs. 1 des § 33 BAT und die dazu ergangenen Tarifverträge, nicht aber auf Abs. 2. Weil § 33 Abs. 2 BAT eine eigenständige Anspruchsgrundlage gewesen sei, nehme die Baustellenzulage an der Fortgeltung gemäß § 19 Abs. 5 Satz 2 TV-L nicht teil.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft (§ 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG) und form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 ArbGG, 519, 520 ZPO.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat seit dem 01.11.2006 keinen Anspruch (mehr) auf Zahlung der Baustellenzulage.

1. Ein Anspruch auf Zahlung der Baustellenzulage ergibt sich nicht aus § 33 Abs. 2 BAT in Verbindung mit den Richtlinien vom 25.08.1976. Denn § 33 Abs. 2 BAT ist zum 01.11.2006 außer Kraft getreten.

a) Der § 33 Abs. 2 BAT ist wie weite Teile dieses Tarifvertrags mit Wirkung zum 01.11.2006 außer Kraft getreten. Der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder (TV-Ü-Länder) vom 12.10.2006 bestimmt in § 2:

"Der TV-L ersetzt in Verbindung mit diesem Tarifvertrag für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) die in Anlage 1 TVÜ-Länder Teil A und B aufgeführten Tarifverträge (einschließlich deren Anlagen) bzw. Tarifvertragsregelungen, soweit im TV-L, in diesem Tarifvertrag oder in den Anlagen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Die Ersetzung erfolgt mit Wirkung vom 01.11.2006, soweit kein abweichender Termin bestimmt ist ..."

In der Anlage 1 TVÜ-Länder Teil A ist unter Ziffer 1 der BAT aufgeführt. Die ersetzende Wirkung des TV-L erstreckt sich auch auf § 33 Abs. 2 BAT, denn insoweit ist in den genannten Tarifverträgen und ihren Anlagen nichts anderes bestimmt. Die Ziffer 11 der Anlage 1 Teil B nennt den Tarifvertrag über die Gewährung von Zulagen gemäß § 33 Abs. 1. c) BAT und regelt dessen Fortgeltung bis zum In-Kraft-Treten einer tariflichen Neuregelung der Erschwerniszulage gem. § 19 TV-L. Unter den Ziffern 12 und 13 werden der Tarifvertrag über die Lohnzuschläge gemäß § 29 MTL II (TVZ zum MTL) und der Tarifvertrag über die Lohnzuschläge gemäß § 29 MTArb-O für Arbeiter der Länder (TVZ zum MTArb-O-TdL) genannt. Weder an dieser Stelle noch in der Anlage 1 TVÜ-Länder Teil C, in der die fortgeltenden Tarifverträge aufgelistet sind, ist § 33 Abs. 2 BAT ausdrücklich angesprochen.

b) Entgegen der Auffassung des Klägers gilt § 33 Abs. 2 BAT nicht gemäß § 19 Abs. 5 Satz 2 TV-L "bis zum Inkrafttreten eines entsprechenden Tarifvertrags" fort. Richtig ist, dass nach § 19 Abs. 5 Satz 1 TV-L die zuschlagspflichtigen Arbeiten und die Höhe der Zuschläge tarifvertraglich vereinbart werden sollen und nach Satz 2 dieser Vorschrift die bisherigen tarifvertraglichen Regelungen fortgelten, bis ein entsprechender Tarifvertrag in Kraft tritt. Die Auslegung von § 19 TV-L ergibt aber, dass die Baustellenzulage gemäß § 33 Abs. 2 BAT von dieser Bestimmung nicht erfasst wird.

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG 30.05.2001 - 4 AZR 269/00 -, BAGE 98, 35; BAG 07.07.2004 - 4 AZR 433/03 -, BAGE 111, 204, 209; BAG Urt. v. 18.04.2007 - 4 AZR 661/05 -, zit. nach JURIS).

bb) Der Wortlaut des § 19 Abs. 5 Satz 2 TV-L erfasst mit den Worten "die bisherigen tarifvertraglichen Regelungen" den gesamten § 33 BAT und damit auch dessen Abs. 2. Allerdings bezieht sich der § 19 Abs. 5 Satz 2 TV-L durch die Formulierung "bis zum Inkrafttreten eines entsprechenden Tarifvertrags" erkennbar auf Satz 1 der Vorschrift. Dort ist vorgesehen, dass zuschlagspflichtige Arbeiten und die Höhe der Zuschläge tarifvertraglich vereinbart werden. Weiter anwendbar sollen demnach solche Tarifverträge sein, die bislang zuschlagspflichtige Arbeiten und die Zuschlagshöhe geregelt haben, und zwar bis zum Inkrafttreten eines Tarifvertrags, der sich dieser Thematik annimmt. Aus dem tariflichen Zusammenhang folgt wiederum, dass mit den "zuschlagspflichtigen Arbeiten" im Sinne von § 19 Abs. 5 Satz 1 TV-L solche Arbeiten gemeint sind, für die nach § 19 Abs. 1 TV-L Erschwerniszuschläge zu zahlen sind. Denn der Abs. 5 schließt die mit "Erschwerniszuschläge" überschriebene Vorschrift ab. Erschwerniszuschläge werden für Arbeiten gezahlt, die außergewöhnliche Erschwernisse beinhalten. Wann sich außergewöhnliche Erschwernisse bei der Arbeit ergeben und damit eine zuschlagspflichtige Arbeit vorliegt, bestimmt § 19 Abs. 2 TV-L. Zur Konkretisierung des Begriffs der außergewöhnlichen Erschwernisse nennt § 19 Abs. 2 TV-L u.a. Arbeiten mit besonderer Gefährdung, mit extremer nicht klimabedingter Hitzeentwicklung, mit besonders starker Schmutz- und Staubbelastung sowie mit besonders starker Strahlenexposition. Dieser - nicht abschließende - Katalog stellt eine deutliche Beziehung zu den in der Anlage 1 Teil B zum TVÜ-Länder unter Ziffern 11 bis 13 genannten Tarifverträgen her. In diesen Tarifverträgen sind Zuschläge für entsprechende Erschwernisse geregelt. Folgerichtig werden diese Tarifverträge in der arbeitsrechtlichen Literatur als "die bisherigen tarifvertraglichen Re-gelungen" im Sinne von § 19 Abs. 5 Satz 2 TV-L angesehen (Clemens/Scheuring/ Steingen/Wiese, TV-L § 19 RNr. 31; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen, TV-L § 19 Erl. 2 ff.; Sponer/Steinherr, TV-L § 19 Rz. 27 ff.).

Dass § 33 Abs. 2 BAT nicht weiter gelten soll, verdeutlicht auch der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien - anders als für die in § 33 Abs. 1 b) BAT geregelte Vollstreckungszulage - für die Baustellenzulage die Fortgeltung nicht ausdrücklich vereinbart haben. Gemäß § 26 TVÜ-L gilt § 33 Abs. 1 b) BAT über den 01.11.2006 hinaus fort, mit der Folge, dass Angestellte im Vollstreckungsdienst weiterhin eine Zulage (Vollstreckungsvergütung) verlangen können, wenn den entsprechenden Beamten des Arbeitgebers im Vollstreckungsdienst eine Entschädigung zusteht. Wenn die Tarifvertragsparteien eine Fortgeltung der Baustellenzulage beabsichtigt hätten, wäre es naheliegend gewesen, die Fortgeltung des § 33 Abs. 2 BAT in entsprechender Form vorzusehen.

Schließlich spricht die Entstehungsgeschichte der in Rede stehenden Tarifvorschriften für das hier gewonnene Auslegungsergebnis. Clemens/Scheuring/Steingen/ Wiese (TV-L § 19 RNr. 105) weisen darauf hin, dass es die TdL in den Redaktionsverhandlungen zum TVÜ-Länder abgelehnt hat, neben der Fortgeltung des § 33 Abs. 1 b) BAT/BAT-O auch die Fortgeltung des § 33 Abs. 2 BAT/BAT-O zu vereinbaren. Es handelt sich danach nicht um ein "Redaktionsversehen", sondern eine bewusste Entscheidung, die Baustellenzulage nicht fortzuschreiben.

2. Ein Anspruch auf Zahlung der Baustellenzulage folgt auch nicht aus den Richtlinien vom 25.08.1976. Die Richtlinien haben keinen anspruchsbegründenden Charakter. Das macht bereits ihre einleitende Formulierung deutlich, die lautet

"Auf Grund des § 19 der Verordnung über die Gewährung von Erschwerniszulagen vom 26. April 1976 (Erschwerniszulagenverordnung - EzulV -, BGBl. I S. 1101), des § 33 Abs. 2 des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) und des § 29 Abs. 4 des Manteltarifvertrages für Arbeiter der Länder (MTL II) wird für die Gewährung einer Zulage an Beamte, Angestellte und Arbeiter des Landes, die auf Baustellen unter besonders ungünstigen Umständen überwiegend im Außendienst tätig sind (Baustellenzulage), folgendes bestimmt: ..."

Die Richtlinien gestalten die anderweitig begründeten Ansprüche lediglich aus.

3. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob § 33 Abs. 2 BAT über § 19 Abs. 5 Satz 2 TV-L weiterhin gilt, zugelassen worden. Allein beim hiesigen Landesarbeitsgericht sind zwei weitere Verfahren anhängig, in denen die Parteien um diese Frage streiten.

Ende der Entscheidung

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