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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 19.03.2009
Aktenzeichen: 6 Ta 24/09
Rechtsgebiete: BGB, GKG, ZPO, TzBFG


Vorschriften:

BGB § 613 a
BGB § 613 a Abs. 6
GKG § 42
GKG § 42 Abs. 3 Satz 1
GKG § 42 Abs. 4 Satz 1
GKG § 42 Abs. 4 Satz 2
ZPO § 3
TzBFG § 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 6 Ta 24/09

19.03.2009

In dem Beschwerdeverfahren

betr. Wertfestsetzung

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 19.03.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 04.12.2008 - 2 Ca 1332/08 - in der Fassung des Beschlusses vom 16.02.2009 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Klägervertreter gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts.

Der Kläger ist seit dem 29.07.1977 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. In seinem am selben Tag geschlossenen Arbeitsvertrag heißt es: "Die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der D... B... gelten in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien vereinbart." Mit Wirkung zum 01.01.1995 ging der Telekommunikationsbereich der D... B... infolge der Postreform II als identitätswahrende Gesamtrechtsnachfolge auf die D... T... AG über (§§ 1, 2 Postumwandlungsgesetz). Die D... T... AG beschloss im Frühjahr 2007 u. a., alle bisherigen Betriebe der früheren technischen Infrastrukturniederlassungen im Wege des Betriebsübergangs gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte zu übertragen. Mit Schreiben vom 17.07.2007 unterrichtete die Beklagte den Kläger über die Betriebsübergänge. Seit dem 01.07.2007 wendet die Beklagte auf das Arbeitsverhältnis des Klägers ihre Tarifverträge an. Der Kläger ist demgegenüber der Ansicht, dass auf sein Arbeitsverhältnis weiterhin die Tarifverträge der D... T... AG anwendbar sind. Er erhob am 06.05.2008 beim Arbeitsgericht Lübeck Klage mit den Anträgen:

1. festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge der D... T... AG, nämlich der Manteltarifvertrag bei der D... T... AG (MTV T...), der Entgeltrahmentarifvertrag bei der D... T... AG (ERTV T...), der Entgelttarifvertrag bei der D... T... AG (ETV T...), der Tarifvertrag über Sonderregelungen bei der D... T... AG (TV SR) und der Tarifvertrag über eine pauschalierte Außendienstentschädigung bei der D... T... AG (TV Außendienst) in der am 25.06.2007 geltenden Fassung Anwendung finden;

2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum vom 25.06.2007 bis zum 30.04.2008 insgesamt 144,8 Arbeitsstunden auf dem bei ihr geführten Arbeitszeitkonto des Klägers gutzuschreiben,

hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger den Gegenwert für 144,8 geleistete Arbeitsstunden gemäß der Entgeltgruppe T 5 des Entgeltrahmentarifvertrages T... (ERTV) im Gesamtwert von 3.071,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit jeweiliger Fälligkeit zu erstatten;

3. festzustellen, dass die Frist zur Erklärung des Widerspruchs gem. § 613 a Abs. 6 BGB gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers von der D... T... AG auf die Beklagte vom 25.06.2007 durch das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 17.07.2007 nicht aufgelöst worden ist.

Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag des Klägers entsprochen und die Beklagte zur Gutschrift von insgesamt 144,8 Arbeitsstunden auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Im Urteil setzte das Arbeitsgericht den Streitwert auf 10.188,75 EUR fest.

Auf Antrag des Beschwerdeführers setzte das Arbeitsgericht den für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren maßgebenden Wert des Verfahrens auf 13.295,75 EUR fest. Dabei bewertete das Arbeitsgericht den Antrag zu 1. mit dem dreifachen Bruttomonatsgehalt des Klägers (3 x 3.135,-- EUR = 9.405,-- EUR), den Antrag auf Gutschrift der Arbeitsstunden (Antrag zu 2.) mit 3.071,-- EUR und den Antrag zu 3. mit 25 % eines Bruttomonatsgehalts.

Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer am 12.12.2008 Beschwerde eingelegt, mit der er Festsetzung eines höheren Verfahrenswerts anstrebt.

Er meint, der Antrag zu 1. sei in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 4 Satz 2 GKG zu bewerten, was einen Betrag in Höhe von 50.177,56 EUR ergebe. Denn es gehe auch hier um die Frage, ob die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit bestimmter Tarifnormen bzw. eines bestimmten Tarifwerks auf das Arbeitsverhältnis des Klägers erfüllt seien. Dies entspreche der Situation bei Eingruppierungsstreitigkeiten. Der Antrag zu 3. sei mit einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde des Beschwerdeführers nur teilweise abgeholfen, und zwar soweit es um die Festsetzung des Werts für den Antrag zu 3. ging, den es nunmehr antragsgemäß mit einem Bruttomonatsgehalt bewertet hat. Im Übrigen hat es der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Nachdem das Arbeitsgericht die Gegenstandswerte für die Anträge zu 2. und 3. nach dem Antrag des Beschwerdeführers festgesetzt hat, besteht nur noch über die Bewertung des Antrags zu 1. Streit.

2. Das Arbeitsgericht hat für den Antrag zu 1. den Vierteljahresverdienst des Klägers (3 x 3.135,-- EUR = 9.405,-- EUR) festgesetzt. Das ist nicht zu beanstanden. Die Festsetzung hält sich im Rahmen des dem Arbeitsgericht zustehenden Ermessens.

Der Wert des Interesses des Klägers an der Geltung bestimmter Tarifverträge ist gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzen. Im Rahmen des Ermessens durfte berücksichtigt werden, dass der Beibehaltung der bisherigen Arbeitsbedingungen kein höherer Wert zukommen kann, als der Beendigung der bisherigen Arbeitsbedingungen. Dieser Wert ist durch § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG beschränkt. Wäre aufgrund einer Änderungskündigung die Änderung des Vertragsinhalts durch den Arbeitgeber Streitgegenstand gewesen, so hätte sich nach überwiegender Ansicht unabhängig von dem Maß, mit dem die Änderungskündigung in die bisherigen Vertragsbedingungen eingreift, eine Höchstbegrenzung aus § 42 GKG schon deshalb ergeben, weil dieser Wert den maximalen Streitwert für das Interesse am Fortbestand eines unveränderten Arbeitsverhältnisses begrenzt (BAG 23.08.1989 - 7 AZR 527/85 (B) -; LAG Schleswig-Holstein 25.01.2005 - 2 Ta 251/04 -). Der Streit über die Änderung oder Beibehaltung des Vertragsinhalts als Folge eines Betriebsübergangs betrifft eine vergleichbare Interessenlage wie bei der Änderungskündigungsschutzklage. Hier wie dort will der klagende Arbeitnehmer die bisherigen Vertragsbedingungen beibehalten, während der Arbeitgeber deren Änderung anstrebt. Auch in anderen Fällen, in denen es um den Vertragsinhalt geht, wird § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG eine Streitwertgrenze entnommen. So beläuft sich zwar bei einer Klage des Arbeitnehmers auf Teilzeitbeschäftigung nach § 8 TzBFG der Streitwert nach § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG auf das 36fache der Vergütungsdifferenz. Der Streitwert ist jedoch begrenzt auf das Vierteljahreseinkommen nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG (LAG Schleswig-Holstein, 23.01.2003 - 4 Ta 190/02 -). Entsprechendes gilt für den Streit über den Abschluss eines Vertrages zur Altersteilzeit im Blockmodell (vgl. LAG Berlin 26.09.2005 - 17 Ta 6059/05).

Dagegen ist § 42 Abs. 4 Satz 2 GKG im vorliegenden Fall weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Nach dieser Vorschrift ist bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Mit dem Antrag zu 1. geht es dem Kläger jedoch nicht um die Zuordnung zu einer bestimmten Vergütungsgruppe, sondern um die Bestimmung der für das Arbeitsverhältnis maßgebenden Tarifbestimmungen, mithin des tariflichen Rahmens. Innerhalb dieses Rahmens kann sich die Frage der Zuordnung zu einer Vergütungsgruppe stellen. Erst das wäre im Streitfall eine Eingruppierungsangelegenheit im Sinne von § 42 Abs. 4 Satz 2 GKG.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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