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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 03.06.2009
Aktenzeichen: 6 TaBV 55/08
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG, GKG


Vorschriften:

ArbGG § 92 a
BetrVG § 37 Abs. 6
BetrVG § 37 Abs. 7
BetrVG § 40 Abs. 1
BetrVG § 87
BetrVG § 87 Abs. 1
BetrVG § 102
GKG § 2 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Beschluss

Aktenzeichen: 6 TaBV 55/08

Verkündet am 03.06.2009

Im Beschlussverfahren

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die Anhörung der Beteiligten am 03.06.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und die ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde des Antragsgegners (Arbeitgebers) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 24.09.2008 - 3 BV 17 d/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Arbeitgeber (Antragsgegner) die durch die Teilnahme des Beteiligten zu 3) (Beteiligter) an einer Schulungsveranstaltung entstandenen Kosten zu tragen hat.

Der Arbeitgeber betreibt im Kreis ... mit etwa 500 Arbeitnehmern unter anderem den Rettungsdienst, Alten- und Pflegeheime, Sozialstationen sowie Kindergärten und Kindertagesstätten. Der Antragsteller ist der bei dem Arbeitgeber gewählte 11köpfige Betriebsrat (Betriebsrat). Der Beteiligte war vom 06.05.2002 bis April 2006 ordentliches Betriebsratsmitglied. Von Mai 2006 bis zum 10.01.2007 war er Ersatzmitglied. Seit dem 11.01.2007 gehört der Beteiligte dem Betriebsrat (wieder) als ordentliches Mitglied an. Während der ersten Zeit seiner Zugehörigkeit zum Betriebsrat nahm der Beteiligte vom 08.12. bis zum 13.12.2002 an der Schulung "Betriebsverfassungsgesetz - Einführung und Überblick (Grundlagenseminar)" sowie in der Zeit vom 19.05. bis 23.05.2003 an der Schulung "Betriebsverfassungsgesetz - Personelle Angelegenheiten (Grundlagenseminar)" teil.

Vom 25.05. bis zum 30.05.2008 besuchte der Beteiligte die Schulungsveranstaltung "Betriebsräte - Grundqualifizierung: Soziale Angelegenheiten". Wegen der auf der Veranstaltung behandelten Themen wird auf Anlage Ast 3 (Blatt 7 der Akte) verwiesen. Die v.... gGmbH macht gegenüber dem Beteiligten Übernachtungs- und Verpflegungskosten in Höhe von 442,44 EUR und Seminargebühren in Höhe von 743,85 EUR geltend. Der Arbeitgeber hat die Übernahme dieser Kosten abgelehnt, weil er die Schulung für nicht erforderlich hält.

Der Betriebsrat und der Beteiligte haben die Auffassung vertreten, dass die Teilnahme schon deshalb erforderlich gewesen sei, weil die Schulung Grundwissen vermittelt habe, das jedes Betriebsratsmitglied benötige. Der Beteiligte gehöre zudem dem Betriebs- und Personalausschuss an. Während seiner bisherigen Betriebsratstätigkeit sei er nur eingeschränkt mit sozialen Angelegenheiten im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes in Berührung gekommen und benötige daher für seine Tätigkeit die in der Schulung vermittelten Kenntnisse.

Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,

dem Beteiligten zu 2) aufzugeben, den Beteiligten zu 3) von den Verbindlichkeiten in Höhe von 1.186,09 Euro gegenüber der v.... Gemeinnützige GmbH,... , freizustellen.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Der Arbeitgeber hat die Ansicht vertreten, der Beteiligte verfüge aufgrund seiner langjährigen Betriebsratszugehörigkeit über umfangreiche Vorkenntnisse gerade auch in sozialen Angelegenheiten und über ein Erfahrungswissen, das die Wissensvermittlung in einer Grundlagenschulung weit übersteige. So habe der Beteiligte als Betriebsratsmitglied am Zustandekommen von Betriebsvereinbarungen, insbesondere der zentralen Betriebsvereinbarung Arbeitszeit und Dienstplangestaltung im Rettungsdienst im Jahre 2004 mitgewirkt. Weil ein Betriebs- und Personalausschuss erstmals im Mai 2006 eingerichtet worden sei, seien damals Vorbereitungen und Verhandlungen zum Inhalt und Abschluss dieser Betriebsvereinbarung direkt mit dem Betriebsrat und somit auch mit dem Beteiligten als Betriebsratsmitglied geführt worden. Der Beteiligte könne aufgrund seiner erworbenen Kenntnisse und seines Vorwissens sowohl seinen gegenwärtigen als auch zukünftigen Aufgaben als Mitglied im Betriebsrat und im Betriebs- und Personalausschuss in vollem Umfang nachkommen.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, es handele sich um eine Grundlagenschulung. Der Beteiligte habe noch keine Schulung über soziale Angelegenheiten besucht. Es sei nicht erkennbar, dass er entsprechende Kenntnisse durch praktische Tätigkeit erworben habe.

Gegen diesen ihm am 28.11.2008 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat der Arbeitgeber am 23.12.2008 Beschwerde eingelegt und diese innerhalb der bis zum 27.02.2009 verlängerten Beschwerdebegründungsfrist am 27.02.2009 begründet.

Der Arbeitgeber meint, die Teilnahme an einem Grundlagenseminar sei nicht von vornherein als erforderlich anzusehen, wenn das betreffende Mitglied über einschlägige Vorkenntnisse verfüge. Das Arbeitsgericht habe die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 15.05.2007 - 5 TaBV 5/07 - nicht hinreichend beachtet. Aufgrund seiner bisherigen Zugehörigkeit zum Betriebsrat könne der Beteiligte nicht mit einem erstmals gewählten Betriebsratsmitglied verglichen werden. Deshalb bedürfe es hier der Darlegung eines aktuellen Anlasses für den Besuch der Schulungsveranstaltung.

Der Arbeitgeber beantragt:

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 24.09.2008, Az. 3 BV 17 d/08, wird abgeändert. Der Antrag des Betriebsrats wird zurückgewiesen.

Der Betriebsrat und der Beteiligte beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie halten die Schulung für erforderlich, weil sie Grundkenntnisse hinsichtlich sozialer Angelegenheiten vermittelt habe. Der Beteiligte sei kein langjähriges Betriebsratsmitglied, bei dem aufgrund der Gremienzugehörigkeit von den einschlägigen Kenntnissen auszugehen sei. In der vom Arbeitgeber angeführten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein hätten die Betriebsratsmitglieder dagegen mehrere Amtsperioden absolviert und arbeitsrechtliche Grundschulungen besucht.

II.

I. Die Beschwerde des Arbeitgebers ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat dem Arbeitgeber zu Recht aufgegeben, den Beteiligten von den Verbindlichkeiten gegenüber der v....gGmbH freizustellen. Der Arbeitgeber hat die Schulungskosten gemäß § 40 Abs. 1 i. V. m. § 37 Abs. 6 BetrVG zu tragen.

1. Der Betriebsrat kann im eigenen Namen Freistellungsansprüche von Betriebsratsmitgliedern geltend machen, wenn die Ansprüche nicht im Arbeitsverhältnis, sondern im Betriebsratsamt wurzeln (vgl. BAG 15.01.1992 - 7ABR 23/90 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 41). Im vorliegenden Fall streiten die Beteiligten über die Freistellung von Verbindlichkeiten, die durch die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung entstanden sind. Der Betriebsrat macht also Ansprüche aus dem Betriebsverfassungsgesetz geltend.

Der Beteiligte ist beteiligungsbefugt (§ 83 Abs. 3 ArbGG), weil das einzelne Betriebsratsmitglied, das an der Schulung teilgenommen hat, Inhaber des Freistellungs- bzw. Erstattungsanspruchs ist, jedenfalls solange wie es den Anspruch nicht abgetreten hat (vgl. BAG 15.01.1992 - 7 ABR 23/90 - aaO).

2. Der Betriebsrat hat die Teilnahme des Beteiligten an der streitgegenständlichen Schulung am 09.04.2008 beschlossen (vgl. Anlage Ast 1 = Bl. 46 der Akte). Ebenfalls ist unstreitig, dass der Bildungsträger den Beteiligten in Höhe des im Antrag genannten Betrags in Anspruch nimmt. Das Bestehen des geltend gemachten Freistellungsanspruchs hängt somit entscheidend davon ab, ob der Betriebsrat die Teilnahme des Beteiligten an der Schulung "Betriebsräte-Grundqualifizierung Soziale Angelegenheiten" bei seiner Beschlussfassung am 09.04.2008 für erforderlich halten durfte. Das hat das Arbeitsgericht im Ergebnis zu Recht bejaht.

a) Nach § 40 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen. Dazu gehören auch die Kosten, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG entstanden sind, sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist (std. Rspr., vgl. BAG 28.03.2007 - 7 ABR 33/06 - zit. nach JURIS; 04.06.2003 - 7 ABR 42/02 - BAGE 106, 233; 08.03.2000 - 7 ABR 11/98 - BAGE 94, 42). Zu den vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten gehören neben den eigentlichen Seminargebühren auch die notwendigen Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten des Betriebsratsmitglieds (BAG 28.03.2007 - 7 ABR 33/06 - aaO; 4. Juni 2003 - 7 ABR 42/02 - aaO).

b) Der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts unterscheidet zwischen der Vermittlung von sog. Grundkenntnissen, durch die das Betriebsratsmitglied erst in die Lage versetzt werden soll, seine sich aus der Amtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen, und anderen Schulungsveranstaltungen, bei denen ein aktueller, betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen muss, dass die auf der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann. Hingegen ist bei Schulungsveranstaltungen, auf denen das für die Ausübung des Betriebsratsamts unverzichtbare Grundwissen vermittelt wird, wegen der mit der Betriebsratsarbeit typischerweise verbundenen Aufgabenstellung auch ohne besondere Darlegung davon auszugehen, dass sie vom Betriebsratsmitglied entweder alsbald oder zumindest demnächst benötigt werden, um seine Betriebsratsaufgaben sachgerecht wahrnehmen zu können. Zu diesen Grundschulungen zählen Schulungsveranstaltungen, bei denen Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung vermittelt werden (BAG 19.07.1995 - 7 ABR 49/94 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 110; 04.06.2003 - 7 ABR 42/02 - BAGE 106, 233).

Daraus folgt allerdings nicht ohne weiteres die Erforderlichkeit des Besuchs einer Veranstaltung im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit oder Unfallverhütung für jedes Betriebsratsmitglied. Die Vermittlung derartiger Grundkenntnisse ist nur dann erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 BetrVG, wenn das betreffende Betriebsratsmitglied über diese Kenntnisse nicht verfügt. Die Entsendung zu einer Veranstaltung im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung im Rahmen des § 37 Abs. 6 BetrVG scheidet deshalb aus, wenn das ausgewählte Betriebsratsmitglied die erforderlichen Kenntnisse bereits besitzt. Dabei muss es sich allerdings um persönliche Kenntnisse des Betriebsratsmitglieds handeln, nicht um Kenntnisse des Gremiums "Betriebsrat" oder anderer Betriebsratsmitglieder (BAG 16.10.1986 - 6 ABR 14/84 - BAGE 53, 186). Der Betriebsrat kann nicht auf Dauer darauf verwiesen werden, ein Betriebsratsmitglied könne sich die erforderlichen Kenntnisse auf andere Weise, etwa durch Selbststudium oder durch Befragung der übrigen, besser informierten Betriebsratsmitglieder verschaffen (BAG 19.09.2001 - 7 ABR 32/00 - BAGE 99, 103; 16.10.1986 - 6 ABR 14/84 - aaO).

Hat das vom Betriebsrat ausgewählte Betriebsratsmitglied selbst Vorkenntnisse, etwa durch den Besuch anderer Veranstaltungen nach § 37 Abs. 6 BetrVG, durch die Teilnahme an einer Veranstaltung nach § 37 Abs. 7 BetrVG oder einer sonstigen Veranstaltung, durch Eigenstudium oder eine frühere Tätigkeit bei einer Gewerkschaft, im Betriebsrat oder in anderen Gremien, kann es an der Erforderlichkeit einer (weiteren) Information über die Grundbegriffe des Arbeitsrechts oder auch des Betriebsverfassungsrechts fehlen. Zu den persönlichen Vorkenntnissen gehört das durch langjährige Tätigkeit im Betriebsrat erworbene Erfahrungswissen. Der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts bildet beispielhaft den Fall, dass ein Betriebsratsmitglied im Laufe der Jahre in einer Vielzahl von Fällen mit Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG befasst worden ist. Hier sei davon auszugehen, dass der Betreffende durch die ständige Beschäftigung mit den materiellen Kündigungsgründen so viel an Kenntnissen auf dem Gebiet des Kündigungsschutzrechts erlangt hat, dass von einem für die zukünftige tägliche Arbeit erforderlichen Wissensstand ausgegangen werden kann. Entsprechendes gelte für Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Begründung von Arbeitsverhältnissen, dem Inhalt und der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen sowie Rechten und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien. Daher sei die Entsendung eines Betriebsratsmitglieds, das dem Betriebsrat bereits längere Zeit angehört hat, zu einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG, die Grundkenntnisse im allgemeinen Arbeitsrecht vermittelt, regelmäßig nicht erforderlich. Der Senat betont aber auch, dass dies in Einzelfällen anders zu beurteilen sei, etwa dann, wenn in einem kleineren Betrieb jahrelang nur in geringem Umfang Betriebsratstätigkeiten angefallen sind, so dass die Betriebsratsmitglieder keine Erfahrungen sammeln konnten, oder wenn ein Betriebsratsmitglied durch längere Krankheit oder Urlaub gehindert war, Erfahrungswissen zu erwerben. In diesen Fällen könne auch der Besuch einer die Grundkenntnisse des Arbeitsrechts vermittelnden Schulung erforderlich sein. Dies bedürfe jedoch einer konkreten Darlegung der die Erforderlichkeit begründenden Umstände (BAG 19.03.2008 - 7 ABR 2/07 - zit. nach JURIS; 16.10.1986 - 6 ABR 14/84 - aaO.). Maßgebend sind somit die im Einzelfall bei dem ausgewählten Betriebsratsmitglied vorhandenen Vorkenntnisse bezogen auf das auf der Schulung zu vermittelnde Thema.

Der Betriebsrat hat zu entscheiden, ob ein Betriebsratsmitglied zu einer Schulungsveranstaltung entsandt werden soll. Dabei hat er unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zu prüfen, ob die Teilnahme erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 BetrVG ist oder nicht (BAG 08.03.2000 - 7 ABR 11/98 - BAGE 94, 42).

3. Gemessen an diesen Grundsätzen durfte der Betriebsrat die Teilnahme des Beteiligten an der Schulungsveranstaltung für erforderlich halten.

a) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass es auf der streitgegenständlichen Schulung um Vermittlung von Grundkenntnissen im Betriebsverfassungsrecht ging. Dafür spricht im Übrigen der Themenplan (vgl. Anlage ASt 3).

b) Der Betriebsrat musste nicht davon ausgehen, dass der Beteiligte schon auf Grund der Dauer seiner Zugehörigkeit zum Betriebsrat über ausreichende Kenntnisse hinsichtlich der sozialen Angelegenheiten im Sinne von § 87 BetrVG verfügt. Der Beteiligte war im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Betriebsrats (09.04.2008) nicht langjähriges Betriebsratsmitglied, sondern befand sich erst im sechsten Jahr seiner zudem unterbrochenen Amtszeit. Er war gerade ein gutes Jahr vor Beschlussfassung in den Betriebsrat nachgerückt. Diese Zeitspanne reicht für sich genommen nicht aus, um aus der während dieser Zeit ausgeübten Betriebsratstätigkeit auf den Erwerb des erforderlichen Grundwissens auf dem Gebiet der sozialen Angelegenheiten schließen zu können. Dagegen spricht schon der Umfang des Katalogs der mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG. Diese Angelegenheiten sind am zweiten Schulungstag behandelt worden. Die Ausübung und Durchsetzung dieser Mitbestimmungsrechte war Thema des dritten und vierten Schulungstages. Die Arbeitgeberin hat nicht behauptet und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass der Beteiligte vor Teilnahme an der Schulung an einer Vielzahl von Angelegenheiten im Sinne von § 87 Abs. 1 in der Praxis befasst war. Dabei kann als richtig unterstellt werden, dass er als Betriebsratsmitglied mit Fragen der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten zu tun hatte. Während seiner Zugehörigkeit zum Gremium ist auch eine Betriebsvereinbarung zu Fragen der Arbeitszeit und Dienstplangestaltung zustande gekommen. Diese praktische Befassung ersetzt aber nicht einen systematischen Überblick über die vielfältigen Angelegenheiten, in denen der Betriebsrat nach § 87 BetrVG mitzubestimmen hat. Sinn und Zweck einer darauf bezogenen Grundlagenschulung ist es, gerade diese Vielfalt den Betriebsratsmitgliedern nahe zu bringen, damit sie sich über ihre diesbezüglichen Rechte und Pflichten klar werden. Von besonderer Bedeutung ist hier, dass dem Betriebsrat im Hinblick auf die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten vielfach Initiativrechte zustehen. Die Beschwerdekammer ist weiter der Ansicht, dass auch die durchaus komplexen Fragen, die § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG aufwirft, eine Schulung erfordern. Diese Kenntnisse lassen sich über die Praxis schwer vermitteln. Es ist zudem nicht erkennbar, dass sich hier entsprechende Fragen in der Vergangenheit gestellt hätten, aus denen der Beteiligte die erforderlichen Kenntnisse erwerben konnte. Dieser Problemkreis war Gegenstand des ersten Schulungstages. Die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten unterscheidet sich hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer Komplexität auch erheblich von der Beteiligung des Betriebsrats im Rahmen des § 102 BetrVG. Hat sich ein Betriebsratsgremium regelmäßig mit Kündigungen zu befassen, kann sich für Betriebsratsmitglieder, die dem Gremium länger angehören, eine Schulung erübrigen. Bei den vielfältigeren und komplexeren Angelegenheiten gem. § 87 BetrVG bedarf es dagegen eines längeren "learning by doing" um die an-sonsten auf der Schulung vermittelten Kenntnisse zu erlangen. Hier unterscheidet sich der vorliegende Fall auch entscheidend von dem von der 5. Kammer des erkennenden Gerichts am 15.05.2007 (5 TaBV 5/07) entschiedenen Fall, wo es allein um die Durchsetzung von Mitbestimmungsrechten (vor Gericht und Einigungsstelle) ging.

c) Auf den Schulungen, die der Beteiligte zuvor besucht hatte, ging es um Personelle Angelegenheiten sowie um die Grundzüge der Geschäftsführung des Betriebsrats. Die sozialen Angelegenheiten im Sinne von § 87 BetrVG sind erstmals auf der streitgegenständlichen Schulung angesprochen worden. Die Gegenstände der drei Schulungen haben sich nicht überschnitten.

d) Die Erforderlichkeit der Teilnahme des Beteiligten an der Schulungsveranstaltung kann nicht deshalb verneint werden, weil die Schulung erst zu Beginn des sechsten Jahres seiner Amtszeit als Betriebsratsmitglied erfolgt ist. Die Amtszeit des Beteiligten dauerte nach der Schulung noch mindestens zwei Jahre an, so dass der Betriebsrat bei seiner Beschlussfassung davon ausgehen konnte, dass der Beteiligte die auf der Schulung erworbenen Kenntnisse bei seiner Betriebsratstätigkeit noch würde verwerten können.

III. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 2 Abs. 2 GKG.

Die Rechtsbeschwerde war gemäß §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen, weil die Entscheidung auf den Umständen des Einzelfalls beruht und keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung betrifft.

Ende der Entscheidung

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