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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 30.04.2008
Aktenzeichen: 20 AD 7/07
Rechtsgebiete: GKG, NBG, NDiszG


Vorschriften:

GKG § 51 Abs. 1
NBG § 81 Abs. 1 S. 1
NDiszG § 7
NDiszG § 71 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Kläger teilte seiner Vorgesetzten am 17. Mai 2006 um 7.45 Uhr per E- Mail mit, dass er am 17. Mai 2006 im Rahmen eines "Bürotages im häuslichen Arbeitszimmer" sei, erschien nicht zum Dienst und arbeitete daheim an dienstlichen Aufgaben.

Er wendet sich mit seinem Zulassungsantrag gegen ein abweisendes Urteil der Vorinstanz, die es abgelehnt hat, eine von ihr als recht- und zweckmäßig erachtete Disziplinarverfügung (Bl. 3 ff. der Gerichtsakte) vom 2. November 2006 aufzuheben, durch die die Beklagte dem Kläger einen Verweis erteilte. Die Beklagte sah nämlich das Verhalten des Klägers am 17. Mai 2006 als Dienstvergehen an, und zwar in Gestalt schuldhafter Verstöße gegen die Pflichten, dem Dienst nicht ohne Genehmigung fernzubleiben (§ 81 Abs. 1 Satz 1 NBG), mit seinen Vorgesetzten vertrauensvoll zusammenzuwirken (§ 63 Satz 1 NBG) und diese in dem erforderlichen Umfang zu unterrichten (§ 63 Satz 2 NBG).

II.

Der Zulassungsantrag bleibt ohne Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund des Bestehens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§§ 59 Abs. 2 Satz 2 NDiszG, 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) teilweise bereits nicht hinreichend dargelegt ist und im Übrigen nicht vorliegt (§§ 59 Abs. 2 Satz 2 NDiszG, 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Ernstliche Zweifel im Sinne der § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn auf Grund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewichtige gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschl. v. 23. 6. 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458 [1459]). Die Richtigkeitszweifel müssen sich allerdings auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (Nds. OVG, Beschl. v. 27. 3. 1997 - 12 M 1731/97-, NVwZ 1997, 1225 [1228]; Beschl. v. 23. 8. 2007 - 5 LA 123/06 -; BVerwG, Beschl. v. 10. 3. 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838 [839]). Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substanziell mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen (Happ, in: Eyermann, VwGO, Kommentar, 12. Aufl. 2006, § 124a Rn. 63). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (vgl. Happ, a. a. O., § 124a Rn. 64, m. w. N.).

Dem Kläger, der im Wesentlichen geltend macht, die gegen ihn verhängte Disziplinarmaßnahme sei unverhältnismäßig, insbesondere weder erforderlich noch angemessen, und die Maßstäbe des § 14 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 NBG hätten bei ihrer Bemessung keine hinreichende Berücksichtigung gefunden, ist nicht zu folgen. Das Verwaltungsgericht ist in Würdigung der dienstlichen Stellungnahme der Medizinaldirektorin B. vom 13. Dezember 2006 (Bl. 70 Beiakte A), mit der sich der Zulassungsantrag nicht wie geboten auseinandersetzt, zu der Auffassung gelangt, der Kläger sei, als er die ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen beging, keinem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterlegen. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Eindeutigkeit des § 81 Abs. 1 Satz 1 NBG, der dem Kläger schon infolge des Regelungszusammenhangs mit § 81 Abs. 1 Satz 3 NBG aus seiner beruflichen Tätigkeit bekannt gewesen sein muss, ist das Geschehen vom 17. Mai 2006 durch eine gewisse Dreistigkeit der Pflichtverletzungen gekennzeichnet. Diese hätte es entgegen der von der Beklagten zunächst intern vertretenen Rechtsauffassung nur dann erlaubt, von einer disziplinarischen Ahndung gänzlich abzusehen, wenn der Kläger im Einzelnen dargelegt hätte, aufgrund welcher genauen, objektiv missverständlichen Ausführungen seiner Vorgesetzten er "Bürotage im häuslichen Arbeitszimmer" nicht nur für generell genehmigt und lediglich anzeigepflichtig, sondern sogar eine Anzeige erst am Morgen des geplanten "Bürotages" für hinreichend zeitig hätte halten können - und das selbst im Falle einer erstmaligen Ausnutzung der vermeintlichen Genehmigung. Solche Darlegungen sind indessen nicht erfolgt. Vor diesem Hintergrund erscheint die ergriffene Disziplinarmaßnahme zwar als der Schwere des Dienstvergehens noch angemessen, aber doch recht milde. Das Unverständnis, mit dem der Kläger ihr gleichwohl - und nun schon über mehrere gerichtliche Instanzen - begegnet, deutetet zudem darauf hin, dass eine Ahndung des Dienstvergehens auch vor dem Hintergrund seines Persönlichkeitsbildes erforderlich war, und zwar um ihn anzuhalten, künftig nicht noch einmal so sorglos die ihm gezogenen Grenzen zu erproben, sondern den rechtlichen Bindungen, denen er als Beamter unterliegt, schon im Vorfeld seines Handelns mehr Aufmerksamkeit zuzuwenden. Seine - soweit ersichtlich - bis zu dem Geschehen am 17. Mai 2006 untadelige Führung vermag daran nichts zu ändern. Auch liegt es auf der Hand, dass es für das Vertrauen, welches sein Dienstherr in seine Pflichttreue setzt, nicht gänzlich unerheblich ist, dass er eine Neigung zur Eigenmächtigkeit hat erkennen lassen, deren mangelnde Akzeptanz er offenkundig unterschätzt.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§§ 59 Abs. 2 Satz 2 NDiszG, 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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