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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 22.06.2009
Aktenzeichen: 1 KN 127/06
Rechtsgebiete: BauGB, GG


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 7
BauGB § 214 Abs. 3
GG Art. 14
Zu den Anforderungen an die Abwägung, wenn ein seit fast 20 Jahren als Kerngebiet baulich nutzbares, bislang unbebautes Grundstück nunmehr als öffentlicher Parkraum festgesetzt werden soll (Fortführung d. Senatsurt. v. 20.4.2009 - 1 KN 9/06).
Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 3.1 "B. -Süd" - 4, Änderung - mit der Begründung, sein bis dahin als Kerngebiet baulich nutzbares Grundstück sei darin zu Unrecht als öffentliche Parkfläche festgesetzt worden.

Das Grundstück des Antragstellers (Flurstück 210/3, Flur 3 der Gemarkung B.) ist als einziges der am Nordrand der Wilhelm-Bahr-Straße gelegenen Areale noch unbebaut. Es lag bis zum Inkrafttreten der hier insgesamt angegriffenen 4. Änderung im Geltungsbereich des 1984 rechtsverbindlich gewordenen Ur-Planes Nr. 3.1. Dieser setzte hierfür Kerngebiet als Nutzungsart fest. Östlich schlossen sich Grundstücke an, die als allgemeines Wohngebiet überplant waren. Dort befinden sich auch die rückwärtigen Parkflächen der Sparkasse und der sogenannten Ratshauspassage, deren Gebäude an der Südseite der nördlichen Parallelstraße, der Lindenstraße stehen. Auf dem Grundstück der Rathauspassage sind dies 22 Plätze in einer Tiefgarage sowie 47 Plätze auf dem sog. Oberdeck. Die Sparkasse weist 24 oberirdische Plätze auf.

Die nördliche Schmalseite des Antragsteller-Grundstücks grenzt an das Flurstück 210/4 an. Darauf wird das griechische Restaurant "Athen" betrieben. Dieses nutzt Teile des westlich an beide Grundstücke angrenzenden, im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Flurstücks 211/6 (sog. Bolbecplatz) zum Zwecke der Außenbewirtschaftung. Dieses Grundstück ist mittig mit einer mittlerweile mächtigen Buche bestanden und wird im Flurkartenwerk als Grünfläche bezeichnet.

Südlich des Antragstellergrundstücks liegt das Gelände der Haupt- und Realschule, noch weiter südlich davon ist eine Grünanlage mit Minigolf und Wegen angelegt. Westlich davon und jenseits der Platanenallee, welche das Plangebiet etwa in der Mitte nordsüdlich durchmisst, finden sich das Freibad und die Kureinrichtungen der Antragsgegnerin.

Etwa ab dem Jahre 2003 ließ die Antragsgegnerin den Bereich zwischen der Lindenstraße (K 410) im Norden und dem sich südlich anschließenden Bereich zwischen der Bergstraße im Westen und dem Georgsweg im Osten überplanen. Als Planungsanlässe für die 4. Änderung, welche einer Neuaufstellung gleichkommt, wurden angegeben: Berücksichtigung sanierungsbedingter Änderungen im Planbereich, Neufassung der Baunutzungsverordnung, Begrenzung einer zu starken Nach-Verdichtung, Berücksichtigung bereits eingetretener baulicher Veränderungen, Prüfung der verkehrlichen Erschließung und der Nutzungsregelungen.

Der Planentwurf wurde das erste Mal in der Zeit vom 18. Juli bis zum 19. August 2003 öffentlich ausgelegt. Vom 1. bis 15. März 2004 legte die Antragsgegnerin den Entwurf erneut aus. Hintergrund war insbesondere/u. a., dass sich der Antragsteller im Rahmen der ersten öffentlichen Auslegung entschieden gegen die Festsetzung seines Grundstücks als öffentlicher Parkplatz ausgesprochen und dabei unter anderem geltend gemacht habe, hierfür bestehe gar kein Bedarf. Die Antragsgegnerin hatte daraufhin das "Parkraumkonzept 2004" erstellen lassen, das sie in der genannten Zeit mit eingeschränkter Äußerungsmöglichkeit öffentlich auslegte.

Am 25. März 2004 beschloss ihr Rat den Plan (sowie Gestaltungsvorschriften) als Satzung(en) und die dazugehörige Begründung. Das machte sie im Amtsblatt für den Landkreis Osnabrück Nr. 13 vom 15. Juli 2004 (Seite 168) öffentlich bekannt.

Der Plan setzt das Grundstück des Antragstellers als öffentlichen Parkplatz fest, die östlich davon vorhandenen Einstellplätze auf den Grundstücken der Sparkasse und der Rathauspassage als private Stellplätze. Öffentliche Parkplatzflächen finden sich noch weiter südlich an der Platanenallee in Höhe der Grünanlage "Spiel- und Sportanlagen". Der Bereich südlich der Lindenstraße wird als Kern-, im Übrigen wird das Plangebiet mit Ausnahme der Kureinrichtungen, Schwimmbad etc. als allgemeines Wohngebiet festgesetzt.

Die Planbegründung (Seite 7 ff.) führt zur hier angegriffenen Festsetzung insbesondere aus:

Die Gemeinde sehe nach dem Parkraumkonzept einen offensichtlich jetzt schon bestehenden, aber auch künftigen Bedarf nach öffentlichem Parkraum für etwa 20 Einstellplätze. Dieser werde verursacht durch die angrenzenden schulischen Einrichtungen, Veranstaltungen im Ortskern, Dienstleistungsbetriebe, Geschäfte und Besucher im Ortskern. Das habe ihr Parkraumkonzept 2004 ergeben. Danach sei nur auf den ersten Blick ausreichender Parkraum vorhanden. Differenziere man nach den hauptsächlichen Zielen der Besucher und Kunden und berücksichtige man die Beschränkungen, denen die teilweise auf privatem Grund angelegten vorhandenen Stellflächen unterlägen, zeigten sich punktuell deutliche Defizite. Wolle man das vorhandene Parkplatzangebot zum Vorteil des Nutzerkreises in Spitzenzeiten nur zu 80 % ausgelastet sehen und damit übermäßigen Parksuchverkehr vermeiden, bestehe ein Fehlbedarf von 20 Einstellplätzen; lasse man hingegen eine Auslastung des vorhandenen Parkraums von sogar 90 % ausreichen, seien es immer noch 10 Einstellplätze. Den Bedarf stufe sie als dringlich ein. Er sei tages- und jahreszeitlich unterschiedlich stark ausgeprägt. Unter anderem daher, aber auch wegen Sachzwängen könne der Bedarf nicht auf den Freiflächen des Freibades oder dem Schulgelände befriedigt werden. In der Tiefgarage der Rathauspassage möchten zwar einige Plätze frei sein. Es sei aber evident, dass Tiefgaragenplätze von dem hier interessierenden Besucherkreis nicht akzeptiert würden. Das Grundstück des Antragstellers biete sich zur Befriedigung dieses Bedarfs geradezu an. Es sei in idealer Entfernung zur Linden- und Wittekindstraße, aber auch zum Charlottenburgweg sowie zu den schulischen Einrichtungen gelegen und gut zu erreichen. Brauchbare Alternativen seien in der näheren Umgebung nicht vorhanden. Zudem würden dort schon einige Maßnahmen ergriffen wie namentlich planerische Festschreibung der auf privatem Grund hergestellten Stellplätze. Eine Umnutzung ihrer westlich an das Antragstellergrundstück anschließenden Grünanlage (Flurstück 211/6) zu Parkzwecken komme für die Antragsgegnerin nicht in Betracht, da dieser Platz eine wichtige innerörtliche Grünanlage sei, die in ihrer Funktion erhalten bleiben müsse, und weitere Flächen, welche diese Funktion erfüllen könnten, in der näheren Umgebung, namentlich unmittelbar an der Lindenstraße nicht vorhanden seien. Andere in der näheren Umgebung vorhandene Plätze stünden im Privateigentum und daher für den in Aussicht genommenen Zweck nicht oder nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Auf den Parkplatzbereich beim Rathaus (nördlich der Lindenstraße) könne der Antragsteller sie nicht verweisen. Dort könnten nur 15 weitere Einstellplätze angelegt werden, weil die Installation einer Bushaltebucht weitergehende Baumaßnahmen verhindere. Andere vom Antragsteller aufgezeigte Möglichkeiten zur Schaffung von Stellplätzen würden vom Kundenkreis (Kurzurlauber, Kurgäste, Besucher aus dem näheren Umfeld), der sich nur für eine Stunde dort aufhalte und daher keine weite(re)n Wege auf sich nehmen wolle, aller Voraussicht nach nicht angenommen. Vom Vorhaben, die bislang als Sackgasse vor dem Schulgelände (Norden)/Grünanlage mit Spiel- und Sporteinrichtungen (Süden) endende Ulmenstraße bis zur Platanenallee zu führen, habe sie zugunsten einer bloßen Fuß- und Radwegverbindung aufgegeben. Daher könnten in diesem Bereich auch nicht in Queraufstellung weitere Einstellplätze geschaffen werden. Die Interessen des Antragstellers hätten zurückzutreten aufgrund der Planungshoheit der Gemeinde, weil er bzw. sein Vater in den letzten 15 Jahren die Chance zur Bebauung des Grundstücks nicht genutzt habe und ihm die Antragsgegnerin eine angemessene Entschädigung zu zahlen bereit sei. Eigene, aktuelle Nutzungsinteressen habe der Antragsteller zunächst nicht, dann aber vorgetragen, dorthin seinen Buch- und Schreibwarenladen verlegen zu wollen. Das habe keine Veränderung in den Planungsabsichten der Antragsgegnerin bzw. des Sachverhalts geschaffen, so dass sie an der Planung festhalte. Letztlich werde der Antragsteller durch die Planung nicht wesentlich in der bisherigen Nutzung beeinträchtigt; denn er habe ja von dem bestehenden Baurecht mehr als sieben Jahre lang keinen Gebrauch gemacht. Die Antragsgegnerin stehe zu ihrem Angebot, das Grundstück zu einem angemessenen Preis zu übernehmen.

Zur Begründung seines am 11. Juli 2006 gestellten Normenkontrollantrages macht der Antragsteller unter Vertiefung der Einzelheiten geltend:

Der von der Antragsgegnerin behauptete Bedarf an zusätzlichen Einstellplätzen bestehe nicht; die Parkraumstudie 2004 belege das nicht. Außerdem gebe es in der näheren Umgebung eine ganze Reihe von Grundstücken, auf denen insgesamt mindestens 20 weitere Stellplätze ohne Weiteres angelegt werden könnten. Das gelte zum einen hinsichtlich des westlichen, im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Nachbarflurstückes 211/6; wenn dieses teilweise für die Außenbewirtschaftung des griechischen Restaurants "Athen" in Anspruch genommen werden könne, dann sei das auch für die Stellplätze möglich. Zum anderen gelte das insbesondere für die Stellflächen, die auf dem Gelände der Sparkasse und der Rathauspassage bereits existierten. Diese würden schon jetzt entgeltlich Dritten zur Verfügung gestellt. Das Eigentumsgrundrecht erfordere, dass die Antragsgegnerin erst alle eigenen Flächen zu mobilisieren versuche, bevor sie sein Privateigentum in dieser Weise in Anspruch nehme. Deshalb dürfe die Antragsgegnerin nicht auf dem nur unweit nordwestlich seines Grundstücks gelegenen Rathausgelände Parkflächen für ihre Bediensteten vorhalten, statt diese auf etwas weiter entfernt liegende Flächen - beispielsweise/insbesondere auf dem Gelände der Neuapostolischen Kirche zu verweisen und die freiwerdenden Flächen der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Ihm könne nicht entgegen gehalten werden, dass die von ihm benannten Alternativflächen teilweise nach dem Satzungsbeschluss vom 25. März 2004 freigeworden seien. Das möge eine zeitliche Zäsur für den Abwägungsvorgang, nicht aber für die Erforderlichkeit der Planung darstellen.

Der Antragsteller beantragt,

die vom Rat der Antragsgegnerin am 25. März 2004 als Satzung beschlossene 4. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 3.1 "B. -Süd" für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie erwidert:

Die Belange des Antragstellers seien ausreichenden Umfangs in die Abwägung eingestellt worden. Den im öffentlichen Interesse bestehenden Bedarf habe sie zutreffend ermittelt. Die vom Antragsteller aufgezeigten Alternativen litten alle daran, dass dort Einstellplätze in den hier vor allem zu betrachtenden Spitzenstunden nicht, jedenfalls nicht verlässlich zur Verfügung stünden. Nicht realisierbar sei beispielsweise die Forderung des Antragstellers, statt seines Grundstücks den Pausenhof der Realschule zum Abstellen von Fahrzeugen zu gebrauchen. Die westlich des Antragstellergrundstücks stehende Grünanlage erfülle notwendige Freiraumfunktionen im Ortskern.

Wegen der Einzelheiten von Vortrag und Sachverhalt wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Planaufstellungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag hat teilweise Erfolg. Die Festsetzung des Antragsteller-Grundstücks als öffentliche Parkfläche ist abwägungswidrig. Das führt allerdings nur zur Teilunwirksamkeit des angegriffenen Planes.

An der Normenkontrollantragsbefugnis bestehen keine Zweifel. Die vor allem angegriffene Festsetzung stellt einen erheblichen Eingriff in die Ausnutzbarkeit des Privateigentums des Antragstellers dar. Es ist seit dem Planaufstellungsverfahren unstreitig, dass er im Oktober 2003 von seinem Vater das Eigentum am Flurstück 210/3, Flur 3 der Gemarkung B. übernommen hat. Die seinerzeit noch zweijährige Antragsfrist hat der Antragsteller gewahrt.

Der Normenkontrollantrag ist begründet, soweit er sich gegen die Festsetzung eines öffentlichen Parkplatzes auf dem Antragstellerflurstück 210/3 richtet.

Der Senat lässt unentschieden, ob der Plan angesichts der Weigerung des Antragstellers, sich von seinem Flurstück 210/3 zu trennen, als erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB angesehen werden kann (vgl. dazu Senatsurteil vom 20. April 2009 - 1 KN 9/06 -, Langtext der Entscheidung bislang nur JURIS und OVG-Datenbank).

Dem Normenkontrollantrag ist jedenfalls deshalb - teilweise - stattzugeben, weil die für das Grundstück des Antragstellers getroffene Festsetzung abwägungswidrig ist.

Ein Satzungsbeschluss über einen Bebauungsplan ist wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 7 BauGB rechtswidrig, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat. Das Abwägungsgebot ist ferner verletzt, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge einzustellen war. Schließlich liegt eine Verletzung auch vor, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen diesen in einer Weise vorgenommen wurde, die zur objektiven Gewichtigkeit der Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301).

Mit welchem Gewicht die durch Art. 14 GG Abs. 1 geschützten Eigentumsbelange in der Abwägung zu berücksichtigen sind, ist in einer Vielzahl gerichtlicher Entscheidungen behandelt worden. Die dabei entwickelten Grundsätze lassen sich etwa wie folgt zusammenfassen (vgl. dazu auch die Senatsurteile v. 5.9.2007 - 1 KN 25/07 -, AUR 2008, 402 u. - 1 KN 47/07 -, AUR 2008, 407 sowie v. 13.1.2009 - 1 KN 349/07 -, n.v.):

Das Eigentum gehört in hervorgehobener Weise zu den abwägungsrechtlich erheblichen Belangen. Das Gewicht, mit dem es in die Abwägung einzustellen ist, ist nicht für alle Fälle gleich, sondern hängt von der zu regelnden städtebaulichen Situation ab (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.1.2007 - 4 B 74.06 -, BauR 2007, 667). Weil es insbesondere mit dem Ziel geschützt wird, dem Inhaber des Rechts eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung zu ermöglichen, hat die Gemeinde darauf Bedacht zu nehmen, die Privatnützigkeit des Eigentums so weit wie möglich zu erhalten. Sie hat daher in die Abwägung einzustellen, dass sich die Umgestaltung der Nutzungsmöglichkeiten für den Betroffenen wie eine Enteignung auswirken kann. Das verpflichtet sie zu einer strengen Prüfung, ob der in Rede stehende (Gemeinwohl-)Zweck wirklich so gewichtig ist und ob er nicht auch auf andere Weise oder unter weitgehender Schonung des Privateigentums erreicht werden kann (vgl. z.B. BVerfG, Beschl. der 3. Kammer des 1. Senats v. 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01 -, NVwZ 2003, 727). Dabei muss sich das Privateigentum nicht stets gegen das öffentliche Interesse an einer bestimmten Nutzung durchsetzen (BVerfG, Beschl. der 1. Kammer des 1. Senats v. 22.2.1999 - 1 BvR 565/91 -, DVBl. 1999, 704). Wegen des der Eigentumsgarantie unter anderem innewohnenden Gleichheitssatzes sowie des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit setzt eine abwägungsgerechte Entscheidung aber stets die Prüfung voraus, ob Alternativstandorte existieren, auf denen das Ziel mit geringerer Eingriffsintensität erreicht werden kann und/oder ob für diesen Zweck gleich gut geeignete Grundstücke existieren, die im Eigentum der öffentlichen Hand stehen (BVerwG Urt. v. 6.6.2002 - 4 CN 6.01 -, NVwZ 2002, 1506).

Gemessen daran lässt die hier zu würdigende Behandlung der Belange des Antragstellers durch die Antragsgegnerin nicht den Schluss zu, sie habe sich bei der Abwägungsentscheidung von einer grundsätzlich richtigen Anschauung von der Bedeutung dieses Grundrechts leiten lassen (vgl. zu diesem in einem anderen Zusammenhang formulierten Maßstab - der sog. Heck'schen Formel -: BVerfGE 18, 85, 92 f., Papier, DVBl. 2009, 473, 479).

Die von der Antragsgegnerin für die angegriffene Festsetzung angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen die angegriffene Festsetzung nicht. Das sind im Wesentlichen die Folgenden:

Es bestehe ein erhebliches Interesse daran, für die angrenzenden schulischen Einrichtungen, im Gemeindebereich durchzuführende Veranstaltungen sowie die hier vorhandenen Dienstleistungsbetriebe und Geschäfte sowie für Besucher des Gemeindekernbereichs Parkraum zu schaffen; zwei weitere Maßnahmen zur Schaffung/Verteilung von Parkraum seien im eigens erstellten Parkraumkonzept angesprochen worden. Die damit zu erzielenden Ergebnisse reichten aber nicht aus. Es bestehe nun einmal ein Bedarf, 20 weitere Einstellplätze in dieser Lage zu schaffen, insbesondere, um in Spitzenzeiten ausreichenden Parkraum vorhalten zu können. Sie sei bereit, das Grundstück zu einem marktgerechten Preis zu erwerben. Der Antragsteller bzw. sein Vater habe das (spätestens) seit Inkrafttreten des Planes Nr. 3.1 im Jahre 1984 bestehende Angebot, das Grundstück zu bebauen, nicht ausgenutzt. Daher dürfe sie das öffentliche Interesse nunmehr dem privaten voranstellen. Auf die westlich anschließende Grünanlage brauche sie nicht zuzugreifen. Das sei eine wichtige innerörtliche Grünanlage, die in ihrer Funktion erhalten bleiben müsse, weil im Umfeld weitere Flächen mit entsprechenden Funktionen nicht zur Verfügung stünden. Diese Grünfläche müsse "unbedingt" erhalten bleiben, da nur wenige Freiflächen unmittelbar an der Lindenstraße vorhanden seien.

All das reicht nicht aus.

Die Erwägung, zur "Abnahme des Grundstücks" einen fairen Preis/eine angemessne Entschädigung zu zahlen, ist weder für sich allein noch im Zusammenwirken mit anderen Gesichtspunkten tragfähig. Es geht hier darum, welche Zwecke es rechtfertigen können, dem Antragsteller die Verfügungsgewalt über sein Grundstück zu nehmen und ihm damit zugleich die Möglichkeit zu rauben, mit seiner Hilfe einen Beitrag zu einer selbstverantwortlichen Lebensführung zu erwirtschaften. Maßgeblich ist also die Substanz, nicht der Grundstückswert. "Dulde und liquidiere" gilt gerade nicht. Dass für ein Grundstück im Falle des Kaufs oder der Enteignung ein angemessener Preis zu zahlen ist, ist sozusagen eine Selbstverständlichkeit und kann eine dem Eigentümer so nachteilige Festsetzung für sich daher nicht rechtfertigen. Die Gemeinde hat nicht die freie Wahl, ob sie dem Eigentümer das Grundstück belässt oder es eben für ihre Zwecke übernimmt.

Die Abwägungsentscheidung wird auch nicht durch die Erwägung gerechtfertigt, das Nutzungsinteresse des Antragstellers sei nach etwa 14jähriger Abstinenz als deutlich gering(er) zu veranschlagen als ihr Interesse an einer Inanspruchnahme des Grundstücks. Die entsprechenden Erwägungen der Antragsgegnerin (vgl. Seite 6 der Vorlage zur Bescheidung der eingegangenen Einwendungen zu Nummer 2, Einwendungsschreiben der damaligen Bevollmächtigten des Antragstellers <Rechtsanwälte E. u. a. vom 12.3.2004>) nehmen ersichtlich Bezug auf § 42 Abs. 2 BauGB. Dieser Hinweis trägt nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 20. August 1992 (- 4 NB 3.92 -, DVBl. 1992, 1441 = NVwZ 1993, 468 = BRS 54 Nr. 21) unter anderem ausgeführt: Werde ein Bebauungsplan geändert, dürften die Planunterworfenen darauf vertrauen, dass dies nicht ohne Berücksichtigung ihrer Interessen geschehe. Das Baugesetzbuch gewähre zwar keinen Anspruch auf ungeschmälerten Fortbestand der bisherigen Planfestsetzungen. Es schließe damit eine Änderung des Planes nicht aus. Das bedeute aber nur, dass die Aufhebung oder die Änderung eines Planes, welche den/manchen Planunterworfenen nachteilig sei, zulässig sein könnten. Das enthebe die Gemeinde nicht von der Pflicht zu prüfen, ob die Änderung der bisher zulässigen Nutzung, insbesondere eine Abstufung städtebaulich geboten, d. h. wegen der konkurrierenden öffentlichen oder privaten Belange zu rechtfertigen sei. Die Entschädigungspflicht nach § 42 BauGB solle nur einen Ausgleich für die infolge der Umplanung entstehende Wertminderung bieten, könne jedoch für sich allein die Planänderung nicht städtebaulich rechtfertigen.

Daraus folgt: Es ist nicht möglich, dem Planunterworfenen die Berücksichtigung seines Interesses am Fortbestand der bisherigen Festsetzungen allein mit der Begründung zu schmälern, er habe es sieben Jahre lang verabsäumt sie auszunutzen. Entscheidend ist vielmehr wie bei jedwedem Abwägungsvorgang, welches Gewicht dem Interesse des Planunterworfenen an der Beibehaltung des bisherigen Rechtszustandes und welches dem städtebaulichen Interesse an seiner Umgestaltung zukommt. Dabei mag es sein, dass dem Interesse des Privaten tendenziell dann stärkeres Gewicht zukommt, wenn er dieses Vertrauen durch entsprechende Baumaßnahmen schon betätigt hat, und dass es dementsprechend geringer ausgeprägt ist, wenn er dies unterlassen hat. Gleichsam von vorneherein deutlich gemindert ist das Gewicht eines solchen Interesses aber nicht, wenn es nicht innerhalb sieben Jahren nach Inkrafttreten des Bebauungsplanes betätigt worden ist. Der Ablauf der Siebenjahresfrist hat lediglich zur Folge, dass Entschädigungsansprüche nicht (mehr) bestehen, wenn bisher eröffnete Nutzungsmöglichkeiten für die Zukunft beschnitten werden. Über die Abwägungsgerechtigkeit und das Gewicht der dabei einzustellenden Belange sagt das hingegen Zwingendes nicht aus.

Weitere hier zu würdigende Ausführungen in den Planaufstellungsvorgängen zeigen, dass die Antragsgegnerin die Interessen des Antragstellers an einer Beibehaltung der baulichen Nutzbarkeit seines Grundstücks zu gering veranschlagt hat. In der Vorlage zur Bescheidung seiner Einwendungen führt die Antragsgegnerin auf Seite 15 zu Nummer (8) aus:

"Die Gemeinde sieht hier weiterhin gewichtige Gründe, die eine Hervorhebung der öffentlichen und eine vertretbare Zurückstellung der privaten Belange notwendig macht.

Letztlich wird der Anlieger nicht in der bisherigen Nutzung seines Grundstücks wesentlich beeinträchtigt, das bestehende Baurecht wurde nicht beansprucht.

Die Gemeinde steht zu ihrem Angebot nach Übernahme des Grundstücks zu einem angemessenen Grundstückspreis."

Seite 9 der Planbegründung hatte es geheißen:

"Die Gemeinde verkennt dabei nicht, dass die Umsetzung bzw. zunächst Planausweisung dieses Parkplatzes auf einem privaten Grundstück in die bisherigen Nutzungsrechte des Grundstückseigentümers eingreift.

Die bestehenden Bebauungsmöglichkeiten sind hier aber seitens des Grundstückseigentümers in den letzten 15 Jahren nicht genutzt worden. Aufgrund des bestehenden Bedarf stellt die Gemeinde hier nunmehr die privaten Interessen zugunsten der öffentlichen Interessen zurück, wobei außer Frage steht, dass eine angemessene Entschädigung zu leisten ist, durch Übernahme des Grundstücks. Dieses hat die Gemeinde auch in mehreren Gesprächen mit dem Eigentümer bereits zum Ausdruck gebracht."

Auch das lässt eine deutliche Fehlgewichtung der Antragsteller-Interessen erkennen. Denn in diesen Ausführungen offenbart sich die unzutreffende Einschätzung der Antragsgegnerin, wer seine Bauchancen nicht innerhalb von 7 oder 15 Jahren genutzt habe, müsse nunmehr gewärtigen, dass "die Karten neu gemischt" werden und die Gemeinde sich dann relativ frei dafür entscheiden dürfe, das Grundstück nunmehr selbst zu nutzen.

In seiner Eingabe vom 12. März 2004 hatte der Antragsteller zudem vortragen lassen, er beabsichtige, die am Kirchplatz 33 in B. (nordwestlich des Planbereichs) betriebene Buch- und Schreibwarenhandlung wegen der durch die Sperrung des Individualverkehrs (Fußgängerzone) bewirkten Schwierigkeiten aufzugeben und auf das hier interessierende Grundstück zu verlegen; dort könne er dann ausreichenden Umfangs eigene Kundenparkplätze anlegen.

Das veranlasste die Antragsgegnerin zu folgenden Ausführungen (S. 15 der Bescheidungsvorschläge):

"Dieser Aspekt ist bisher von dem Anlieger nicht vorgetragen. Festzustellen bleibt, dass grundsätzlich damit die Errichtung von Parkplätzen nicht ausgeschlossen ist. Für einen Buch- und Schreibwarenhandel dürfte, abhängig von der Größe, der Parkplatzbedarf aber bei max. 5 Einstellplätzen liegen. Hierüber ließe sich im Rahmen der gemeindlichen Konzeption eine Vereinbarung treffen.

Grundsätzlich schafft dieses keine Veränderung in den Planungsabsichten der Gemeinde bzw. des Sachverhalts, so dass an der Planung festgehalten wird."

Damit wird dieser Einwand "nicht ernst genommen". In dem Bescheidungsvorschlag klingt die Annahme der Antragsgegnerin an, der Antragsteller trage sich nur mit dem Gedanken, bei unveränderter Beibehaltung des Geschäftssitzes Kirchplatz 33 für diese Buch- und Schreibwarenhandlung auf dem Flurstück 210/3 eigene Einstellplätze schaffen zu wollen. Nur das hatte er aber gerade nicht als Nutzungsabsicht offenbart.

Bemerkenswert ist auch, dass die Antragsgegnerin die Möglichkeit des Antragstellers, ca. 220 m Fußweg von seinem Buch- und Schreibwarengeschäft entfernt Einstellplätze anzulegen, grundsätzlich als ausreichende Möglichkeit ansah. Auf Seite 12 dieser Bescheidungsvorschläge hatte sie noch ausgeführt:

"Der Kunde und Besucher, gerade im ländlichen Raum, wird sich immer bei gegebener Ortskenntnis, an einem unmittelbar dem Ziel zugeordneten Parkplatzangebot orientieren. Das liegt in der Natur der Nachfrage und des Fahrverhaltens. Eine erhebliche Veränderung der Bedarfslage wird dadurch (gemeint: Erstellung bzw. Verbesserung des vom Antragsteller angeregten Parkleitsystems), auch gerade im unmittelbaren Kernbereich, nicht eintreten. Eine Erörterung, ob dem Besucher noch 100 m, 500 m oder 1 km Fußweg zum Ziel zuzumuten sind ist gerade dann müßig, wenn es sich um Ziele handelt, die eine Aufenthaltsdauer von 1 Stunde oder weniger beinhalten, gerade aber das ist bei vielen Nachfragen im Kernbereich eines Ortes wie B. der Fall."

Unter diesen Umständen ist es nicht wenig widersprüchlich, dem Antragsteller im Wesentlichen mit Rücksicht auf die Bequemlichkeit des Menschen gleich sein ganzes Grundstück entwinden zu wollen, ihm andererseits aber anheimzustellen, auf seinem (nach der Planung: ehemaligen) Grundstück dann für die 220 m Fußwegs entfernt stehende Buch- und Schreibwarenhandlung bis zu 5 Plätze auf dem öffentlichen Parkplatz sichern zu wollen.

Es existieren keine öffentlichen Interessen eines Gewichts, welches die Beeinträchtigung der Eigentümerinteressen des Antragstellers durch die angegriffene Festsetzung zu rechtfertigen vermöchte.

Solche Interessen folgen insbesondere nicht in ausreichendem Maße aus dem Parkraumkonzept 2004, welches die "Ingenieurplanung" unter dem 25. Februar 2004 erarbeitet hatte. Es mag zwar ein tragfähiges Anliegen sein, gerade für Spitzenzeiten, hier also im Wesentlichen für den Zeitraum von 10.00 bis 10.30, an manchen Plätzen auch für die Zeit von 10.00 bis 11.00 od. 11.30 Uhr (s. Seiten 10 - 12 des Parkraumkonzepts) ausreichenden Parkraum zur Verfügung gestellt zu sehen. Es mag des Weiteren eine teilenswerte Absicht sein, zur Vermeidung anderenfalls drohenden Parksuchverkehrs für die vorhandenen Parkflächen nur eine Ausnutzung von 80% (statt von 90%) zugrunde zu legen (S. 7 des Parkraumkonzepts). Weder die Ingenieurplanung in ihrem Parkraumkonzept 2004 noch die Antragsgegnerin haben aber ausreichenden Umfangs Überlegungen dazu angestellt, ob der (aufgerundet) mit 20 Einstellplätzen ermittelte Bedarf entweder vermindert oder aber dezentral, d. h. an mehreren, den Stellen seines Entstehens bzw. anderenorts befriedigt werden kann.

Auf Seite 13 führt das Parkraumkonzept 2004 selbst aus, "an sich" seien in der hier interessierenden "Zelle 4" viele, nämlich insgesamt 74 Einstellplätze vorhanden. Diese seien verteilt auf zwei Ebenen im Parkdeck an der Rathauspassage. Diesem wird dann attestiert, dass "diese Anlage eine nutzerunfreundliche Gestaltung der Zu- und Abfahrten" hat. Die "Stellplätze in der unteren Ebene sind zudem nur für den Ortskundigen als solche erkennbar." Weiter heißt es dort: "Schwach ausgelastet waren (auch) der Parkplatz an der Sparkasse ... mit maximal 52% (vermutlich aufgrund der abschreckenden Wirkung der Schrankenanlage und der Einschränkung auf Sparkassenkunden) sowie das Parkdeck Rathauspassage ... mit nur 44%". Für letzteres heißt es, diese enthalte vermutlich Reserven "aufgrund des Kinos und der Gastronomie" für die Abendstunden (S. 13 des Parkraumkonzepts).

Hieraus werden aber keine Konsequenzen gezogen, welche dem Antragsteller günstig hätten sein können. Ehe die planende Gemeinde einem Grundstückseigentümer den Gebrauch seines Grundstücks zu privatnützigen Zwecken zum Vorteil öffentlichen Parkraums vollständig entwindet, muss sie versucht haben, vorhandene Parkmöglichkeiten jedenfalls so weit zu ertüchtigen, dass zumindest ein erträgliches Verhältnis Parkbedarf- und -befriedigung erreicht werden kann. Wenn es möglich ist/sein soll, das Grundstück des Antragstellers insgesamt als öffentliche Parkfläche festzusetzen, reicht es nicht aus, die Sparkasse und die Rathauspassage im Wesentlichen zu verschonen und dort lediglich private Stellflächen festzusetzen. Das gilt gerade deshalb, weil auch nach der Einschätzung der Antragsgegnerin die dort vorhandene Anzahl von Stellplätzen über den Bedarf hinausgeht, den die Gebäude auf den Grundstücksnordseiten hervorrufen. Das hätte zumindest die Prüfung nahelegen müssen, die "überschüssigen" als öffentliche Einstellplätze festzusetzen. Eine solche Prüfung wird aber nicht angestellt. In dem Parkraumkonzept 2004 (Seite 24 f.) wird zwar bemerkt, auf der Parkpalette der Rathauspassage und dem Sparkassengelände seien noch Parkraumreserven vorhanden. Es werden indes keine Maßnahmen empfohlen, deren Benutzung attraktiver zu gestalten. Die vorstehend wörtlich wiedergegebenen Defizite werden vielmehr als vermeintlich unabänderlich hingenommen und der weiteren Begutachtung und Empfehlung zugrunde gelegt. Das ist um so mehr zu beanstanden, als diese in dem Parkraumkonzept 2004 mit den Nummern 43 und 44 bezeichneten Abstellmöglichkeiten viel näher an den "Auslösern" des zusätzlichen Parkraumbedarfs (im Parkraumkonzept mit den Nummern 45 und 47 bezeichnet) liegen als das Grundstück des Antragstellers.

Es wäre auch in Betracht gekommen, zumindest aber zu erwägen gewesen, ob man den Bedarf an den zusätzlichen Einstellplätzen nicht eindämmt. Dieser wird (s. S. 17 des Parkraumkonzepts 2004) unter anderem durch die bauliche Erweiterung Ecke Charlottenburgweg/Lindenstraße (10 Einstellplätze) und die Bebauung Lindenstraße Südseite zwischen Charlottenburgweg und Platanenallee (weitere 10 Einstellplätze) hervorgerufen. Ehe einem Eigentümer der privatnützige Gebrauch seines zentral, sogar als Kerngebiet überplanten und dementsprechend intensiv zu nutzenden Grundstücks vollständig entzogen wird, wäre daher zu überlegen gewesen, ob man diese baulichen Erweiterungsmöglichkeiten entweder unterlässt, geringer ausfallen lässt, an die Notwendigkeit einer Tiefgarage, oder aber an die Bedingung knüpft, etwa unter Inanspruchnahme privatrechtlicher Möglichkeiten die dazu erforderlichen Einstellmöglichkeiten auf den Rückseiten der Sparkasse und der Rathauspassage zu schaffen. Das muss nicht unbedingt in einer Daueranmietung von Einstellplätzen geschehen. Das kann etwa auch dadurch bewerkstelligt werden, dass bestimmte Geschäfte versprechen, im Falle eines Einkaufs einen Teil der von der Sparkasse/der Rathauspassage geforderten Parkgebühr zu übernehmen.

Schüler und Lehrer der nahen Haupt- und Realschule, welche den in Rede stehenden Bedarf an Einstellplätzen ebenfalls hervorrufen (+ 10 Einstellplätze nach den Ausführungen auf Seite 18 des Parkraumkonzepts 2004 wegen Erweiterung der Schule) könnten sehr wohl verpflichtet werden, ihre Fahrzeuge in der "an sich" möglicherweise durchaus unattraktiven Tiefgarage der Rathauspassage (22 Einstellplätze) unterzustellen. Bei Veranstaltungen im Innerortsbereich, deren Parkbedarf die Antragsgegnerin ebenfalls zur Begründung des Parkraumbedarfs angeführt hat, bietet es sich an, Parkflächen, wie dies anderenorts verbreitet geschieht, "vor der Innenstadt" konzentriert anzubieten.

Selbst wenn ein anerkennenswertes Interesse existierte, in diesem Bereich 20 öffentliche Einstellplätze zu schaffen und dies nicht dezentral, d. h. auf mehreren innenstadtnah gelegenen Plätzen zu tun, überwöge es das Interesse des Antragstellers nicht, sein Flurstück 210/3 weiterhin in seinem Eigentum und seiner uneingeschränkten Verfügungsmacht zu halten. Die Abwägungsentscheidung ist nämlich außerdem deshalb zu beanstanden, weil die Antragsgegnerin eine Nutzung des westlichen Nachbargrundstücks zu Parkzwecken ohne einen vor dem Eigentumsschutz zureichenden Grund verneint hat. Es ist unverhältnismäßig und mit dem Gedanken des Gleichheitssatzes nicht zu vereinbaren, einerseits dem Antragsteller die Verfügungsmacht über sein Flurstück 210/3 vollständig für öffentliche Zwecke zu entziehen, andererseits auf der Beibehaltung der öffentlichen Grünfläche auf dem westlich benachbarten Grundstück "Bolbecplatz" (Flurstück 211/6) zu bestehen. Durchgreifende Bedenken bestehen in zweierlei Richtung: Zum einen wird das Interesse an der Beibehaltung dieser Grünanlage nicht richtig belegt und findet auch in der städtebaulichen Situation, in die die Grundstücke gestellt sind, keine ausreichende Grundlage. Zum anderen wird das Interesse des Antragstellers am Erhalt des Grundstücks ohne zureichenden Grund gering(er) bewertet und auf diese Weise hintangestellt.

Die Grünanlage wird schon jetzt nur teilweise als solche genutzt. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Antragstellers, der seine Entsprechung in den vorhandenen Luftbildern sowie den zahlreichen in der mündlichen Verhandlung betrachteten Fotografien findet, steht mittig des Grundstücks eine Buche. Diese ist auch im angegriffenen Plan - neben einer Reihe anderer Bäume westlich der Platanenallee - als zu erhaltender Einzelbaum festgesetzt. Nördlich davon liegt der Bereich, den das griechische Restaurant "Athen" für seine Außenbewirtschaftung nutzen darf. Es mag zwar sein, dass sich diese Nutzung der Grünanlage, wie der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung betont hat, auf den Bereich "unter der Buche" beschränkt. Desto eher wird es möglich sein, unter Beachtung des Sichtdreiecks Platanenallee/Lindenstraße schon nördlich der Schwarzbuche außerhalb des Bereichs der Außenbewirtschaftung etwa 4 bis 5 Einstellplätze anzulegen. Südlich davon ließen sich nach dem sich aus den Lichtbildern und dem vorliegenden Kartenwerk ergebenden Eindruck unter Beachtung eines Schutzabstandes zum Wurzelwerk der mächtigen Buche und Einräumung ihres weiteren Wachstums sowie unter Beachtung des Sichtdreiecks Platanenallee/Wilhelm-Bahr-Straße etwa/mindestens weitere 6 Einstellplätze unterbringen. Mit (mindestens) 10 Einstellplätzen kann daher (knapp) der Mittelwert an Einstellplätzen untergebracht werden, der nach dem Parkraumkonzept 2004 der Antragsgegnerin im fraglichen Bereich fehlt: Bei einer Auslastung der vorhandenen Parkmöglichkeiten von nur 80% werden 15 Einstellplätze benötigt, im Falle, dass eine Auslastung von 90% zugrunde gelegt wird, sind es deren 6 (vgl. S. 20 des Parkraumkonzepts 2004).

Den hohen Erhaltungsanspruch, den die Antragsgegnerin dieser Grünanlage beimisst, hat diese nicht "ins rechte", d. h. in ein Verhältnis zum Interesse des Antragstellers zu setzen vermocht, sich die Eigentumssubstanz am Flurstück 210/3 zu erhalten, welches die angegriffene Festsetzung städtebaulich rechtfertigen könnte. Die von der Antragstellerseite vorgelegten Lichtbilder zeigten zwar, dass die Grünfläche nördlich und südlich gärtnerisch sehr ansprechend gestaltet ist. Als Aufenthaltsraum für die Allgemeinheit ist sie allerdings geringeren Umfangs ausgestaltet. Zudem ist sie in dieser Qualität durch den nicht unerheblichen Umfang, in dem sie mit Billigung der Antragsgegnerin vom Restaurant "Athen" genutzt werden kann, bereits beeinträchtigt. Außerdem hat die Antragsgegnerin keinen angesichts der Eigentumsgewährleistung für das Flurstück 210/3 ausreichenden Grund zu benennen vermocht, weshalb an dieser Schnittstelle zum Kerngebiet, welches - bislang - ja immerhin auch das Grundstück des Antragstellers umfasste, und der westlich davon stehenden zahlreichen Platanen ein derart ausgeprägtes öffentliches Interesse an ihrem Erhalt bestehen soll. Die in der mündlichen Verhandlung betrachteten Luftbilder zeigen eine ganz beträchtliche Durchgrünung dieses Bereiches. Außerdem und vor allem ist nur unwesentlich weiter südlich, gegenüber dem Freibad östlich an die Platanenallee angrenzend eine umfangreiche Grünanlage angelegt. Diese soll nach den Planfestsetzungen zwar auch sportlichen Zwecken dienen. Einen ausreichenden Grund, weshalb es mit der Eigentumsgarantie zu vereinbaren sein soll, dem Antragsteller die Eigentumssubstanz zu nehmen statt den Aufenthaltszweck auf dieser nahe gelegnen umfangreichen Grünanlage zu verwirklichen, hat die Antragsgegnerin nicht zu unterbreiten vermocht.

Dass Grünanlagen nicht schlechthin sakrosankt sind, zeigt sich an den Ausführungen auf Seite 5 der Planbegründung. Danach existierte im westlichen Planbereich bei der Straße An der Riehe Kreuzung mit dem Fußweg Kußallee eine Grünanlage. Diese hat die Antragsgegnerin verkauft und dem allgemeinen Wohngebiet zugeschlagen.

Dass in der näheren Umgebung kein echter Mangel an Grünanlagen existiert, zeigen auch die Ausführungen zu Nummer 7 der Planbegründung (S. 22). Dort heißt es:

"Insgesamt übernimmt der Bebauungsplan ansonsten in wesentlichen Grundzügen die Festsetzungen des Ursprungsplanes, wobei das Gebiet durch die umfassenden Freianlagen im Bereich der Kurgebietsnutzungen geprägt ist und eine für die Lage am Rand eines Ortskerns überdurchschnittliche Durchgrünung und Begrünung aufweist. .... Der vorhandene erhaltenswerte Baumbestand ist eingemessen und entsprechend nach § 9 (1) Nr. 25b BauGB festgesetzt."

Die Eignung der Grünanlage wird zudem durch die Lindenstraße, die Kreisstraße 410, eingeschränkt. Unter 9.1 der Planbegründung (Seite 24) wird ausgeführt:

"Die Kerngebietszone entlang der Lindenstraße wird, um den Immissionsschutz in den südlich angrenzenden Wohngebieten zu gewährleisten, in einen Bereich 1 und Bereich 2 unterteilt. Die Abgrenzung ist in der Planzeichnung kenntlich gemacht. Im Kerngebietsbereich 2 (Übergangsbereich zum Wohngebiet) darf gem. § 1 der textlichen Festsetzungen der Schalleistungspegel pro qm 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts nicht überschreiten. Insofern sind hier die Belange des Immissionsschutzes auf der Grundlage der Ursprungsplanung planerisch bewältigt."

Eine besondere Aufenthaltsqualität kommt dieser Grünfläche daher nicht zu.

Nach § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB sind die angeführten Mängel erheblich, weil sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Die Offensichtlichkeit der Verkennung des Schutzanspruchs privaten Grundeigentums ergibt sich hier schon aus den beschriebenen Defiziten der Begründung zum Bebauungsplan und der als Grundlage für die Abwägung angefertigten Stellungnahme zu den Einwendungen des Antragstellers.

Ein Abwägungsmangel ist erst dann ohne Einfluss auf das Abwägungsergebnis, wenn absehbar ist, dass die Gemeinde ohne den Mangel nicht anders geplant hätte (vgl. Senatsbeschl. v. 30.11.2004 - 1 ME 190/04 -, BauR 2005, 679). Diese vereinfachende Formel darf nicht dahin missverstanden werden und ist nicht gleichbedeutend mit der Frage, ob die Gemeinde das Planungsvorhaben auf jeden Fall "durchgezogen" hätte. Für ein unterstelltes Festhalten an dem Abwägungsergebnis müssen vielmehr Gründe streiten, die ihrerseits rechtliche Anerkennung finden können. Ist eine Gemeinde - wie hier - bei dem zentralen Element ihrer Abwägung zunächst von einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung eines nachteilig berührten Grundrechts ausgegangen, lassen sich solche Gründe im Regelfall schwerlich finden. Es besteht vielmehr eine (kaum zu widerlegende) Vermutung dafür, dass diese Fehlgewichtung von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen ist. So liegt die Sache auch hier. Wie eine Abwägung bei zutreffender Gewichtung der Belange des Antragstellers ausgehen würde, kann nur als offen angesehen werden.

Der uneingeschränkt auf die "Ungültigkeitserklärung" (Bl. 2 GA) bzw. "Aufhebung" (Bl. 5 GA) des Gesamtplans gerichtete Normenkontrollantrag geht allerdings zu weit. Der Antragsteller wendet sich ausschließlich gegen die Festsetzung, die sein eigenes Grundstück betrifft. Er greift noch nicht einmal hilfsweise andere Festsetzungen mit dem Ziel an, jedenfalls auf diese Weise eine Gesamt-Unwirksamkeitserklärung des Planes zu erreichen. Der Plan ist insoweit ohne weiteres teilbar. Bei der Frage, ob das der Fall ist, hat das Normenkontrollgericht den Willen der planenden Gemeinde zu respektieren. Es darf nicht durch die Erklärung einer Teilnichtigkeit zu einer Verfälschung des kommunalen Planungskonzepts beitragen. Geht dieses dahin, die allein zu beanstandende Festsetzung mit anderen untrennbar zu verquicken, hat das Normenkontrollgericht durch seine "kassatorische Entscheidung" der Gemeinde die Möglichkeit zu eröffnen, eine neue planerische Gesamtentscheidung zu treffen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.8.1991 - 4 NB 3.91 -, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 59).

Die Unwirksamkeit der hier allein in Rede stehenden Festsetzung (öffentlicher Parkplatz für das Flurstück 210/3) zieht danach nicht die Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans nach sich. Dieser steht und fällt nicht mit dieser Festsetzung. Die oben wiedergegebenen allgemeinen Planungsziele mögen mit der Erwähnung der "Prüfung der verkehrlichen Erschließung" zwar auch das Ziel einschließen, im Planbereich "Zone 4" 20 Einstellplätzen zu schaffen. Selbst wenn die Schaffung dieses öffentlichen Parkplatzes auf dem Flurstück 210/3, Flur 3 der Gemarkung B. Teil des planerischen Konzepts wäre, stünde das der Annahme nicht entgegen, der Bebauungsplan sei teilbar. Das BVerwG hat in seinem Urteil vom 3. April 2008 (- 4 CN 3.07 -, ZfBR 2008, 478 = DVBl. 2008, 981 = BauR 2008, 1273 = NVwZ 2008, 902) ausgeführt, sogar ein alle Planbereiche erfassendes, einheitlich regierendes Prinzip hindere die Annahme teilbarer Planfestsetzungen nicht, wenn jede Festsetzung für sich betrachtet geeignet sei, eine sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken. Denn dann trage jede dieser Festsetzungen jeweils für sich genommen zu einer sinnvollen städtebaulichen Ordnung bei und ist anzunehmen, die Gemeinde würde dann zumindest die verbleibenden Festsetzungen erhalten sehen wollen.

Danach kann die in Rede stehende Festsetzung ohne Weiteres für unwirksam erklärt werden, ohne dass damit der restliche Plan fiele. Fällt die angegriffene Festsetzung weg, bleibt nichts zurück, was vom Willen des Rats der Antragsgegnerin nicht (mehr) umfasst wäre. Die Ermittlung des hypothetischen Willens führt zu dem Ergebnis, der Rat der Antragsgegnerin hätte bei Fortfall der streitigen Festsetzung den Restplan in jedem Fall aufrechterhalten sehen wollen. Ein "Essentiale", sozusagen den "Schlussstein" der zu Grunde gelegten Planungskonzeption stellt diese Festsetzung nicht dar. Das gilt ungeachtete des Umstandes, dass die Antragsgegnerin anderenorts vielleicht nicht so weitgehende Baurechte begründet hätte, hätte sie gewusst, dass auf dem Grundstück des Antragstellers eben doch nicht 20 öffentliche Parkplätze geschaffen werden können. Schon die auf den benachbarten Flächen der Sparkasse und der Rathauspassage möglichen Unterstellmöglichkeiten und der Puffer, der sich aus einer Auslastung der schon vorhandenen Parkmöglichkeiten in Spitzenzeiten zu 90% ergeben, schließen die Annahme aus, bei Kenntnis der Teilunwirksamkeit hätte die Antragsgegnerin vom Erlass des "Rumpfplanes" abgesehen.

Das hat kostenrechtliche Konsequenzen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der oben zitierten Entscheidung vom 3. April 2008 in Abgrenzung zu BVerwGE 88, 268 ausgeführt, erkläre das Normenkontrollgericht einen vom Antragsteller umfassend angegriffenen Bebauungsplan für teilweise unwirksam, so sei der Antrag im Übrigen mit der Kostenfolge aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO abzulehnen, wenn der Antragsteller mit der Anfechtung des ihn beschwerenden Teils des Plans erfolglos bleibt. Dasselbe muss auch dann gelten, wenn ersichtlich ist, mit Fortfall der den Antragsteller allein beschwerenden Festsetzung werde der Planinhalt im Übrigen nicht durchgreifend in Zweifel gezogen.

Der Senat bemisst dabei das Gewicht der übrigen Festsetzungen in etwa gleich hoch wie das der "eigentlich" und mit Erfolg angegriffenen Festsetzung. Da beide Verfahrensbeteiligten anwaltlich vertreten sind, rechtfertigt dies, die Kosten gegeneinander aufzuheben (§ 155 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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