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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 18.11.2004
Aktenzeichen: 1 LB 337/03
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO
Vorschriften:
BauGB § 29 | |
BauNVO § 11 Abs. 3 |
2. Umfangreiche Erweiterungen des Sortiments eines als Holzfachmarkt genehmigten großflächigen Einzelhandels im Industriegebiet stellen eine unzulässige Nutzungsänderung dar.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt einen Vorbescheid für die Erweiterung des Sortiments eines Holzfachmarktes, für den die Beklagte am 1. September 1997 eine Baugenehmigung aufgrund einer detaillierten Betriebsbeschreibung erteilt hatte. Das Grundstück der Klägerin liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes der Beklagten Nr. 43 "Gewerbe- und Industriegebiet Nord - Teil I", der 1978 in Kraft getreten ist. Das Plangebiet liegt am Nordrand von Papenburg-Untenende westlich der B 70. Der Bebauungsplan setzt für das Grundstück der Klägerin Industriegebiet mit einer Grundflächenzahl von 0,8 und einer Baumassenzahl von 9 fest.
Mit Bauschein vom 1. September 1997 genehmigte die Beklagte eine 60 m x 50 m große Verkaufshalle mit einer Geschossfläche von ca. 3.000 qm, eine ca. 67 m x 40 m große "Großhandelshalle" und 72 Einstellplätze auf dem Grundstück G. 14 in Papenburg. Die dem Bauantrag beigefügte Betriebsbeschreibung vom 23. Mai 1997 umschreibt das Vorhaben wie folgt:
Der "Holzhandel A. GmbH" wird beantragt als Holzgroßhandel mit Freilagerflächen für Schnittholz, Systembinder, sonstige Holzprodukte, Lagerhalle mit Regalsystemen für Schnitthölzer aller Art, Zufahrt zum Großhandel für Schwerlastverkehr, davon ca. 80 % für 40 t-Lkw, für Großhandelsgelände mit Transport-Logistik für Front- und Seitenstapler mit Betriebstankstelle (gesonderter Antrag) sowie einem Holzfachmarkt mit einem umfassenden Bearbeitungssortiment mit Ablängsägen für
Bauhölzer aller Art, Holzleimbinder und Holztragwerksystemen, Holzschichtplatten und Spanplatten.
Alle Sägesysteme mit Späneabsaugung nach Vorschrift. Zuschnitt und Konfektionierung der Holzbauteile für Großabnehmer und Privatkundschaft mit industrietypischen Geräten. Be- und Entladung mit Staplern im überdachten Bereich mit spezieller Transportlogistik für zügige Bedienung.
Für den Großhandelsbereich werden zunächst vier Personen eingestellt mit Unterbringung der Sozialräume im Nordostteil des Fachmarktes mit gesondertem Büro.
Die Sozialräume für den Fachmarkt und das Büropersonal befinden sich im Verwaltungsteil mit zunächst 6 Personen.
Das Freilager für Gartenholz ist dem Fachmarkt direkt angegliedert mit Möglichkeit der sofortigen Bearbeitung im Zuschnittbereich (Ablängen, Bohren usw.).
Der Bereich " Holz im Garten" ist als reine Ausstellungsfläche ausgewiesen.
Der nördliche Grundstücksteil bis zur Stadtgrenze ist als Optionsfläche für eine spätere Betriebsvergrößerung vorgesehen; hier könnte eine weitere Holzlagerhalle errichtet werden.
Im Freiflächenplan sind Zu- und Ausfahrten mit den befestigten und gepflasterten Flächen ausgewiesen (Lkw- und Pkw-Verkehr). Der gesamte Großhandelsbereich mit dem Freilager soll eingezäunt und mit Schiebetoren erschlossen werden.
Im Jahr 2000 kam es zwischen den Beteiligten zu Meinungsverschiedenheiten, welche Sortimente die Baugenehmigung für einen Holzfachmarkt abdecke und welche nach den Festsetzungen des Bebauungsplans zulässig seien, weil die Klägerin aus Gründen der Rentabilität ihr Sortiment erweitern wollte. Die Klägerin stellte daraufhin mit Schreiben vom 15. November 2001 eine auf das Planungsrecht beschränkte Bauvoranfrage für eine Erweiterung des Sortiments ohne Änderung des Gebäudes und der Bruttogeschossfläche von 13 Warengruppen, und zwar für
Baustoffe, Fliesen, Sanitär, Heizung, Bad, Auto, Zweirad, Pflanzen aller Art, Schnittblumen, Sämereien, Zoofachbedarf.
Mit Verfügung vom 11. Dezember 2001 lehnte die Beklagte die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids ab, weil die Erweiterung des Sortiments zu einem großflächigen Einzelhandel führe, der im Industriegebiet nicht zulässig sei.
Bereits am 9. Juli 2002 hat die Klägerin den Rechtsweg beschritten. Sie hat vorgetragen, die Baugenehmigung vom 1. September 1997 umfasse Einzelhandel auf 2.255 qm ohne Sortimentsbeschränkung, denn die maschinengebundenen Dienstleistungen, Holz- und Plattenbearbeitung verschiedenster Art seien dem Einzelhandel untergeordnet. Jedenfalls aber halte sich die Sortimentserweiterung innerhalb der Variationsbreite eines Holzfachmarktes. Der Begriff des Holzfachmarktes sei wenig griffig und exklusiv und müsse im Sinne eines Holz- und Baumarktes gedeutet werden. Die Erweiterung des Sortiments stelle daher keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar. Gehe man von einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung aus, habe sie, die Klägerin, einen Anspruch auf Erteilung des Vorbescheids, weil mit der Baugenehmigung von 1997 bereits ein großflächiger Einzelhandel zugelassen worden sei. Die Erweiterung des Sortiments führe nicht zu Auswirkungen im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO, weil Baumärkte nicht in Kerngebiete gehörten. Die Beklagte habe bereits mit der Baugenehmigung von 1997 die Weichen für einen großflächigen Einzelhandel mit den entsprechenden Auswirkungen gestellt.
Die Klägerin hat beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 11. Dezember 2001 und des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 29. Juli 2002 festzustellen, dass das von ihr mit der Bauvoranfrage vom 15. November 2001 zur Diskussion gestellte Sortiment von der Baugenehmigung aus dem Jahr 1997 umfasst werde,
hilfsweise,
unter Aufhebung der genannten Bescheide festzustellen, dass jedenfalls die Sortimente Baustoffe, Fliesen, Sanitär, Heizung, Bad, Pflanzen aller Art, Schnittblumen und Sämereien von der Baugenehmigung aus dem Jahre 1997 umfasst werden.
Weiter hilfsweise,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11. Dezember 2001 und des Widerspruchsbescheids der Bezirksregierung Weser-Ems vom 29. Juli 2002 zu verpflichten, ihr den begehrten Bauvorbescheid zu erteilen,
hilfsweise,
unter Aufhebung der genannten Bescheide die Beklagte zu verpflichten, ihr einen positiven Bauvorbescheid zu erteilen bezüglich der Sortimente Baustoffe, Fliesen, Sanitär, Heizung, Bad, Pflanzen aller Art, Schnittblumen, Sämereien.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat entgegnet, die Baugenehmigung für einen Holzfachmarkt decke nicht die von der Klägerin gewünschten Sortimente, denn es sei nicht ein "Bau- und Gartenfachmarkt", sondern ein Holzfachmarkt genehmigt worden. Mit der Verkaufsfläche von 2.255 qm werde die in § 11 Abs. 3 BauNVO 1977 genannte Grenze von 1.500 qm weit überschritten, so dass eine Vermutung für negative Auswirkungen bestehe. Die Klägerin habe keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen, die die Vermutung des § 11 Abs. 3 BauNVO widerlegen könne. Das inzwischen eingeholte Gutachten zum Einzelhandel bestätige die Gefährdung des Hauptgeschäftsbereichs durch die dezentrale Ansiedelung großflächiger Einzelhandelsbetriebe.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 25. April 2003, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 17. Dezember 2003 - 1 LA 203/03 - die Berufung wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten zugelassen.
Die Klägerin trägt vor, sie verkaufe neben Hölzern aller Art die Sortimente Innenausbau, Bauelemente, Bauchemie, Holz und Kunststoffe, Kleinmöbel, Werkzeuge und Maschinen, Baugeräte und Zubehör, Eisenwaren, Beschläge/Sicherheit, Deko und Bodenbelag (Holz- und Holzersatz), Anstrichmittel, Basteln und Werken, Elektro und Lampen, Gartenmöbel, Spiel- und Sportgeräte und Gartenbedarf, ohne dass die Beklagte dies beanstandet habe. Unter dem Blickwinkel einer typisierenden Betrachtungsweise schließe die Genehmigung eines Holzfachmarktes auch die beantragten 13 weiteren Sortimente ein, weil sie in einem Zusammenhang mit Holz und damit mit Bauvorhaben und Wohnen stünden. Die im Baugenehmigungsverfahren vorgelegte Betriebsbeschreibung ändere daran nichts, weil damit die typisierende Betrachtungsweise nicht ausgeschlossen werden sollte. Die von ihr, der Klägerin, gewünschten weiteren Sortimente lägen aber auch innerhalb der Variationsbreite der Baugenehmigung, weil die Bezeichnung des Vorhabens als Holzfachmarkt wenig griffig sei. Der Begriff des Fachmarktes lasse Sortimentswechsel zu, der Zusatz "Holz" gebe nur die Richtung an. Darüber hinaus sei aber auch offen, welche zusätzlichen Anforderungen das öffentliche Baurecht an den Fachmarkt mit der zusätzlichen Sortimentserweiterung stelle. Die Sortimentserweiterung lasse unberührt, dass die Beklagte bereits 1997 einen großflächigen Einzelhandel genehmigt habe. Die abgestufte Fassung der Haupt- und Hilfsanträge beruhe darauf, dass sie der Ansicht sei, für die Sortimentserweiterung keiner Baugenehmigung zu bedürfen und dies nicht nur für die gewünschten 13 Warengruppen, sondern für jedes einzelne Sortiment zu prüfen sei.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils sowie unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 11. Dezember 2001 und des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 29. Juli 2002 festzustellen, dass die in der Bauvoranfrage vom 15. November 2001 genannten Sortimente nicht zusätzlich zur Baugenehmigung vom 1. September 1997 einer Baugenehmigung bedürfen;
hilfsweise,
unter Aufhebung der Bescheide festzustellen, dass die Sortimente Baustoffe, Fliesen, Sanitär, Heizung, Bad, Pflanzen aller Art, Schnittblumen und Sämereien von der Baugenehmigung vom 1. September 1997 erfasst seien.
Weiter hilfsweise,
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide zu verpflichten, ihr den beantragten positiven Bauvorbescheid zu erteilen;
ganz hilfsweise,
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide zu verpflichten, ihr einen positiven Bauvorbescheid bezüglich der Sortimente Baustoffe, Fliesen, Sanitär, Heizung, Bad, Pflanzen aller Art, Schnittblumen und Sämereien zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält die Feststellungsanträge wegen ihrer Subsidiarität gegenüber Leistungsanträgen für unzulässig. Da die Baugenehmigung von 1. September 1997 auf der Betriebsbeschreibung der Klägerin fuße, präge die Ausrichtung auf das Material Holz den genehmigten Betrieb in allen seinen Facetten. Auch die Betonung des Fachmarktes könne nicht die einschränkende Branchenbezeichnung "Holz-" eliminieren. Die von der Klägerin bereits geführten Sortimente gingen weit über das zulässige Sortiment eines Holzfachmarktes hinaus und stellten das klassische Sortimente von Bau- und Gartenmärkten dar. Die Veränderung des Sortiments werfe die Genehmigungsfrage neu auf. Die Festsetzung Industriegebiet für das Grundstück der Klägerin schließe einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb aus, der mit der Erweiterung des Sortiments des Holzfachmarktes entstehe. Neben der Innenstadtrelevanz würde ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb auch ein erheblich höheres Verkehrsaufkommen anziehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
1. Die Anträge festzustellen, dass die in der Bauvoranfrage genannten zusätzlichen Sortimente keiner Baugenehmigung bedürfen bzw. von der erteilten Baugenehmigung erfasst sind, sind zulässig, aber nicht begründet.
Die Einwände der Beklagten gegen die Zulässigkeit der Feststellungsanträge greifen nicht durch. Die Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber einer Verpflichtungsklage gilt nur, wenn es um den gleichen Zweck geht (vgl. v. Albedyll, in: Bader, VwGO, 2. Aufl. 2002, § 43 Rdn. 23; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 43 Rdn. 26). Mit den Feststellungsanträgen, dass die in der Bauvoranfrage vom 15. November 2001 genannten Sortimente nicht zusätzlich zur Baugenehmigung vom 1. September 1999 einer Baugenehmigung bedürften bzw. von dieser Baugenehmigung erfasst würden, vertritt die Klägerin die Auffassung, dass sie für die umstrittene Ausweitung der Sortimente keiner Baugenehmigung bedürfe. Die Verpflichtungsanträge sind dagegen darauf gerichtet, die Beklagte zur Erteilung von Bauvorbescheiden für die neuen Sortimente zu verpflichten. Bei den Feststellungsanträgen und den Verpflichtungsanträgen geht es um unterschiedliche Ziele: "Wer eine Tätigkeit für genehmigungsfrei hält, klagt auf Feststellung der Genehmigungsfreiheit und allenfalls hilfsweise auf Erteilung einer Genehmigung (BVerwGE 14, 202)" (vgl. Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: September 2003, § 43 Rdn. 51).
Die Feststellungsanträge der Klägerin sind unbegründet. Mit der Baugenehmigung vom 1. September 1997 ist neben der Lagerhalle mit den Freiflächen für den Holzgroßhandel ein "Holzfachmarkt" mit maschinengebundenen Dienstleistungen genehmigt worden. Das Freilager für Gartenholz ist nach der Betriebsbeschreibung dem Fachmarkt direkt angegliedert mit der Möglichkeit der sofortigen Bearbeitung im Zuschnittbereich. Der im Lageplan vorgesehene Bereich "Holz im Garten" im Freien wird als Ausstellungsfläche beschrieben. Damit deckt die Genehmigung des Holzfachmarktes weder alle von der Klägerin bereits vorgehaltenen Sortimente noch die umstrittene Aufnahme neuer Sortimente.
Der Begriff des Fachmarktes wird als Betriebsform des Einzelhandels definiert, bei der das Prinzip des Fachgeschäftes - also mit einem branchenmäßig, nach Bedarfsgesichtspunkten oder auf andere Art in sich geschlossenen Sortiment in möglichst großer Breite und Tiefe - durch ein abgesenktes Beratungs- und Serviceniveau, geringeren Bedienungsgrad, gut gegliederte und meist großflächige Warenpräsentation sowie niedrigeres Preisniveau und häufige Sonderangebote abgewandelt wird (vgl. Brockhaus, 19. Auflage 1988). Geht man von dieser Begriffsbestimmung aus, dann schließt der Holzfachmarkt Holz in all seinen Erscheinungsformen als Gegenstand des Einzelhandels ein. Andere Waren gehören in einen Holzfachmarkt als Randsortiment nur, soweit sie einen Bezug zum Holz aufweisen. Unter diesem Blickwinkel dürften Werkzeuge zur Bearbeitung von Holz, Beschläge, Holzschutzmittel und Holzfarben, Bastel- und Werkbedarf mit Bezug zum Werkstoff Holz zu dem mitgenehmigten Sortiment gehören.
Die Betriebsbeschreibung, die Bestandteil der Baugenehmigung ist, bestätigt dieses Ergebnis der Auslegung des Begriffs Holzfachmarkt. Die Betriebsbeschreibung erwähnt allein den Verkauf von Hölzern aller Art einschließlich des Zuschnitts. Auch wenn die Betriebsbeschreibung keine weiteren Warengruppen nennt und der Holzfachmarkt mit dem Holzgroßhandel im Zusammenhang steht, wird man gegen die bereits erwähnten ergänzenden Randsortimente keine Bedenken erheben können. Allerdings können - entgegen der Ansicht der Klägerin - die Randsortimente nicht soweit ausgedehnt werden, dass alles, was mit "Bauen und Wohnen" zu tun hat, zulässiges Sortiment des Holzfachmarktes darstellt. Der Zusatz "Holz" zum Fachmarkt schränkt das genehmigte Sortiment dahin ein, dass die verkauften Waren mindestens einen Zusammenhang mit Holz aufweisen müssen. Unter diesem Blickwinkel dürften die von der Klägerin bereits verkauften Sortimente Innenausbau, Bauelemente, Bauchemie, Kunststoffe, Werkzeuge und Maschinen, Baugeräte und Zubehör, Eisenwaren, Gartenmöbel und Deko mindestens teilweise das genehmigte Sortiment eines Holzfachmarktes überschreiten und die Sortimente Bodenbelag, Elektro und Lampen, Spiel- und Sportgeräte sowie Gartenbedarf einen Zusammenhang mit einem Holzfachmarkt nicht erkennen lassen. Diese Sortimente gehören in Bau- und Heimwerkermärkte. Dies gilt erst recht für die neu aufzunehmenden Sortimente Baustoffe, Fliesen, Sanitär, Heizung, Bad, Pflanzen aller Art, Schnittblumen und Sämereien.
Die von der Klägerin ins Feld geführten Argumente der "Typisierung" und der "Variationsbreite der genehmigten Nutzung" rechtfertigen es nicht, davon auszugehen, dass ein Holzfachmarkt die von der Klägerin gewünschten Sortimente einschließt. Die bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Vorhaben in den Baugebieten entwickelte - eingeschränkte - Typisierungslehre des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 24.9.1992 - 7 C 7.92 -, DVBl. 1993, 111, 112; Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl. 2002, Vorbemerkung §§ 2 bis 9 Rdn. 9) lässt sich auch bei der Auslegung einer Baugenehmigung in gewissem Umfang nutzbar machen. So wie bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Vorhaben in einem Baugebiet von den bei funktionsgerechter Nutzung ausgehenden Störungen oder Belästigungen auszugehen ist, muss auch bei der Frage nach der Abgrenzung des genehmigten Vorhabens von dem typischen Erscheinungsbild ausgegangen werden, soweit die Betriebsbeschreibung keine Abweichungen nahe legt oder sogar erfordert. Die dargelegte Auslegung des Begriffs Holzfachmarkt berücksichtigt diese Typisierung. Soweit die Klägerin davon ausgeht, dass der Begriff des Holzfachmarktes wenig griffig und exklusiv sei, kann dies gerade nicht zu einer Erweiterung des Sortiments führen, die mit dem Werkstoff Holz nichts mehr zu tun hat. Bei einem unscharfen Begriff kommt der Bau- und Betriebsbeschreibung - im Gegenteil - besonderes Gewicht zu. Die Betriebsbeschreibung konzentriert sich auf den Holzhandel und gibt damit für eine Einbeziehung anderer Sortimente nichts her.
Auch die Überlegungen der Klägerin zur Variationsbreite der Nutzung geben keinen Anlass, den Gegenstand der Baugenehmigung vom 1. September 1997 zu erweitern und den genehmigten Holzfachmarkt auf weitere Sortimente auszudehnen. Die zur Abgrenzung der Nutzungsänderung vom Bundesverwaltungsgericht geprägte Variationsbreite der genehmigten Nutzung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.4.2000 - 4 B 28.00 -, BRS 63 Nr. 173; Urt. v. 18.5.1990 - 4 C 49.89 -, BRS 50 Nr. 166, Urt. v. 11.11.1988 - 4 C 50.87 -, BRS 48 Nr. 58) würde mit der Aufnahme der neuen Sortimente überschritten, weil der neuen Nutzung unter städtebaulichen Gesichtspunkten eine andere Qualität zukommt. Die Zulassung eines großflächigen Fachmarktes mit eng begrenztem Sortiment auf einem als Industriegebiet festgesetzten Grundstück stellt unter bodenrechtlichen Gesichtspunkten etwas anderes dar als die Zulassung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes mit einem umfangreichen Sortiment (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.2.1984 - 4 C 54.80 - BRS 42 Nr. 50), denn die Auswirkungen der in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 BauNVO bezeichneten Art sind typischerweise unterschiedlich.
Auch das von der Klägerin in Bezug genommene Urteil des OVG Greifswald vom 29.7.1998 (3 L 193/97 - NordÖR 1999, 463) besagt nichts anderes. Es definiert die Nutzungsänderung als Aufnahme einer neuen Nutzung, die gegenüber der bisherigen neue Probleme aufwirft, die für jene noch nicht bewältigt zu werden brauchten, und bestimmt die Variationsbreite einer genehmigten Nutzung korrespondierend dazu "maßgeblich nach dem Charakter des Gebiets, in dem das Grundstück liegt, zum Zeitpunkt jener Baugenehmigung". Entgegen den Ausführungen der Klägerin kann daher auch nach Ansicht des OVG Greifswald die Variationsbreite einer genehmigten Nutzung nicht abstrakt bestimmt werden, sondern nur nach der konkreten städtebaulichen Situation, in die das Vorhaben gestellt ist.
Soweit das OVG Greifswals davon ausgeht, dass ein Branchenwechsel keine neuen, noch nicht bewältigten bodenrechtlichen Probleme aufwirft, beruht dies auf den Besonderheiten des konkreten Falles, der dadurch gekennzeichnet war, dass sich die nähere Umgebung als faktisches Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel darstellte. In Leitsatz 2 wird der unbedenkliche Branchenwechsel eingeschränkt, "solange nicht im Einzelfall das neue Angebot geeignet ist, stärkere Auswirkungen der in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Art zu entfalten". So liegt es hier. Der Holzfachmarkt als großflächiger Einzelhandel mit einem sehr schmalen Sortiment des mittel- bis langfristigen Bedarfs und einem großen Flächenbedarf weicht vom Typ des großflächigen Einzelhandels, den § 11 Abs. 3 BauNVO vor Augen hat, so deutlich ab, dass Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO ausgeschlossen erscheinen (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.2.1984, aaO). Eine Verbreiterung des Sortiments, die geeignet ist, stärkere Auswirkungen der in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Art zu entfalten, überschreitet die zulässige Variationsbreite der genehmigten Nutzung "Holzfachmarkt". Schon mit den von der Klägerin bereits aufgenommenen Sortimenten weicht der Einzelhandelsbetrieb der Klägerin nicht mehr wesentlich vom Typ des großflächigen Einzelhandels ab, dessen Regelung § 11 Abs. 3 BauNVO dient.
§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO 1977 schließt großflächige Einzelhandelsbetriebe im Industriegebiet aus, soweit sie sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können. Auswirkungen in diesem Sinne sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 BImSchG sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satz 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nr. 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1.500 qm überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1.500 qm Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1.500 qm Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 3.2.1984 a.a.O.), der sich der Senat anschließt, liegt der Regelung des § 11 Abs. 3 BauNVO als Betriebstyp der großflächige Betrieb mit einem breiten Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit zugrunde. "In Bezug auf die städtebauliche Situation liegt der Vorschrift, soweit sie solche großflächigen Einzelhandelsbetriebe außerhalb von Kerngebieten und für sie festgesetzten Sondergebieten ausschließt, die Vorstellung von Standorten zugrunde, die innerhalb des städtebaulichen Gesamtgefüges nicht auf das Einkaufen für die Allgemeinheit ausgerichtet sind, die für die Wohnbevölkerung verkehrlich schlecht oder nur mit dem Kraftfahrzeug zu erreichen sind und die vorhandene oder geplante städtebaulich eingebundene Einzelhandelsstandorte gefährden. Dies schlägt sich in der beispielhaften Aufzählung der städtebaulichen Auswirkung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO nieder".
Abweichungen auf der betrieblichen Seite können darin bestehen, dass der Betrieb auf ein schmales Warensortiment beschränkt ist und deshalb trotz einer Überschreitung der Geschossfläche von 1.500 qm nicht mit negativen Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO 1977 zu rechnen ist (vgl. BVerwG, aaO). Wie bereits erwähnt ist bei einem auf den Verkauf von Hölzern aller Art beschränkten Fachmarkt die Annahme gerechtfertigt, dass mit Auswirkungen auf die Ziele der Raumordnung und die städtebauliche Ordnung nicht zu rechnen ist, weil es sich beim Holzhandel um ein Warenangebot des mittel- bis langfristigen Bedarfs mit verhältnismäßig großem Flächenbedarf handelt und dieses Sortiment üblicherweise nicht im Zentrum bzw. in unmittelbarer Nachbarschaft der Wohnstandorte angeboten wird. Je umfangreicher freilich die Sortimente sind, die neben dem Holz als Kern des Fachmarkts angeboten werden, desto weniger weicht der Betrieb vom Typ des in § 11 Abs. 3 zugrunde gelegten Einzelhandelsbetrieb ab. Das von der Klägerin bereits heute angebotene Sortiment
Innenausbau, Bauelemente, Bauchemie, Holz und Kunststoffe, Kleinmöbel, Werkzeuge und Maschinen, Baugeräte und Zubehör, Eisenwaren, Beschläge, Sicherheit, Deko und Bodenbelag, Anstrichmittel, Basteln und Werken, Elektro und Lampen, Gartenmöbel, Spiel- und Sportgeräte und Gartenbedarf
stellt kein schmales Warensortiment mehr dar und nähert sich dem Sortiment eines typischen Bau- und Hobbymarktes (vgl. auch OVG NW, Urt. v. 1.3.1995 - 7 A 1895/91 - NWVBl. 1998, 151). Mit den Sortimenten Elektro und Lampen, Eisenwaren, Basteln und Werken schließt das Warenangebot darüber hinaus auch Sortimente ein, die zu den zentren- und nahversorgungsrelevanten Warenbereichen gehören.
Es fehlen aber auch Anhaltspunkte dafür, dass das Vorhaben der Klägerin an einem Standort liegt, der von der typischen städtebaulichen Situation abweicht, die § 11 Abs. 3 BauNVO voraussetzt. Derartige Abweichungen können darin bestehen, dass der Einzugsbereich des Betriebes im Warenangebot bisher unterversorgt ist, dass zentrale Versorgungsbereiche an einem anderen Standort des Einzugsgebietes nicht geplant sind oder dass der Betrieb in zentraler und für die Wohnbevölkerung allgemein gut erreichbarer Lage errichtet werden soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.2.1984 - 4 C 54.80 - aaO). Eine Unterversorgung des Einzugsbereichs mit den von der Klägerin zur Prüfung gestellten Sortimenten ist nach dem Markt- und Standortgutachten der GMA nicht festzustellen (vgl. GMA-Gutachten S. 43, 111 ff.). Im Gegenteil beruht die Einkaufsorientierung mit 95 % beim Handwerkerbedarf offensichtlich auf einem optimalen Angebot (GMA-Gutachten S. 68 ff.). Schutzbedürftige zentrale Versorgungsbereiche sind in allen drei Ortsteilen von Papenburg vorhanden (GMA-Gutachten S. 133 - 147). Schließlich liegt der Fachmarkt der Klägerin auch deutlich abgesetzt vom Versorgungszentrum des Stadtteils Papenburg-Untenende, das sich im Wesentlichen zu beiden Seiten des Hauptkanals erstreckt.
Wegen der unterschiedlichen Auswirkungen eines auf Holz ausgerichteten Fachmarktes und des Betriebes der Klägerin mit dem bereits heute erweiterten Sortiment auf die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Belange überschreitet der Betrieb der Klägerin mit diesem Sortiment - und erst recht mit dem von der Klägerin zur Prüfung gestellten Sortiment - die Variationsbreite der genehmigten Nutzung.
2. Bei der Beurteilung der Verpflichtungsanträge ist zunächst davon auszugehen, dass bereits mit der Baugenehmigung vom 1. September 1997 ein großflächiger Einzelhandel genehmigt worden ist. Die Baugenehmigung betrifft eine Verkaufshalle mit einer Geschossfläche von 3.000 qm und damit einen Einzelhandelsbetrieb, der die Schwelle der Großflächigkeit, die bei ca. 700 qm angesiedelt wird (vgl. zu Bemühungen, diese Schwelle im Lebensmitteleinzelhandel auf ca. 900 qm anzuheben, Bericht der Arbeitsgruppe "Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO" ZfBR 2002, 598) weit überschritten hat.
Die Erweiterung des Sortiments des Holzfachmarktes ist nach § 11 Abs. 3 BauNVO 1977 im Industriegebiet unzulässig. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Vorhaben der Klägerin von dem in § 11 Abs. 3 BauNVO zugrunde gelegten Betriebstyp und die städtebauliche Situation des Vorhabens der Klägerin von der von § 11 Abs. 3 vorausgesetzten Situation abweicht und damit die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO genannten Auswirkungen nicht eintreten.
Wie bereits dargelegt hat der Holzfachmarkt mit der Aufnahme der heute angebotenen Sortimente das genehmigte schmale Sortiment weit überschritten und damit jede Rechtfertigung für eine vom Typ des großflächigen Einzelhandels nach § 11 Abs. 3 BauNVO abweichende Behandlung verloren. Das gilt erst recht für die mit der Bauvoranfrage zur Prüfung gestellten weiteren Sortimente.
Weil die Klägerin bereits mit den aufgenommenen Sortimenten nicht mehr wesentlich von dem in § 11 Abs. 3 BauNVO zugrunde gelegten Typ des großflächigen Einzelhandels abweicht, erübrigt sich auch die Prüfung jedes einzelnen Sortiments, das die Klägerin mit der Bauvoranfrage zur Prüfung gestellt hat. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin anstelle der bereits heute angebotenen Sortimente sich auf Holz ausgerichtete Sortimente beschränken will und dazu einzelne Sortimente hinzutreten sollen, die in der Bauvoranfrage genannt werden.
Ende der Entscheidung
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