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Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 26.05.2008
Aktenzeichen: 1 ME 112/08
Rechtsgebiete: VwVfG


Vorschriften:

VwVfG § 57
Auch wenn man für das Schriftformerfordernis des § 57 VwVfG unter Verzicht auf den Grundsatz der "Urkundeneinheit" das Vorliegen eines Schriftwechsels genügen lassen sollte, muss in diesem selbst das Angebot und die Annahme des Vertrages liegen; es reicht nicht, wenn die Beteiligten in dem Schriftwechsel (teilweise) nur bestätigen, es sei ein mündlicher Vertrag geschlossen worden.
Gründe:

Der Antragsteller nimmt den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aus einem von ihm als öffentlich-rechtlich qualifizierten Vertrag in Anspruch, der Einzelheiten des Verkaufs von Schnittblumen auf einem seinem Wohnhaus benachbarten Feld regeln soll.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt, weil es nicht nur an einer einheitlichen Vertragsurkunde fehle, sondern vor allem an einer handschriftlichen Unterzeichnung durch den Antragsgegner.

Mit seiner dagegen gerichteten Beschwerde macht der Antragsteller geltend, dass das Schriftformerfordernis nach heutiger Auffassung eine einheitliche Vertragsurkunde nicht voraussetze. Es genüge, wenn die Vereinbarung von einer Seite schriftlich fixiert und von der anderen Seite schriftlich bestätigt werde. Das sei hier geschehen. Er habe die am 1. Oktober 2007 im Beisein von Vertretern der Bauaufsichtsbehörde vor Ort erzielte mündliche Vereinbarung mit anwaltlichem Schreiben vom 2. Oktober 2007 an den Landkreis E. schriftlich fixiert. Der Antragsgegner, dem der Landkreis E. das genannte Schreiben zugeleitet habe, habe das Zustandekommen der Vereinbarung mit Schreiben vom 30. Dezember 2007 bestätigt. Dieses trage zwar keine Unterschrift, aber der Antragsgegner habe dieses Schreiben mit seinem handschriftlich unterzeichneten Schriftsatz vom 15. April 2008 überreicht und hierauf Bezug genommen. Die Unterschrift auf dem Schriftsatz vom 15. April 2004 wirke damit auch für das Schreiben vom 30. Dezember 2007, so dass der Vertrag dem Schriftformerfordernis genüge.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Dabei kann offen bleiben, ob ein unterstellter Vertrag als öffentlich-rechtlich im Sinne der §§ 54 ff VwVfG zu qualifizieren wäre, denn dann wäre er jedenfalls nach § 57 VwVfG nicht formwirksam zustande gekommen.

Der Senat hat mit Urteil vom 25. Juli 1997 - 1 L 5856/95 - (NJW 1998, 2921) ausführlich die Gründe dargelegt, die bei § 57 VwVfG für das Festhalten am Erfordernis der Urkundeneinheit sprechen. Inzwischen hat die Rechtsprechung dieses Erfordernis zum Teil gelockert, so z.B. das Bundesverwaltungsgericht für Verwaltungsvereinbarungen zwischen den Ländern (Urt. v. 19.5.2005 - 3 A 3.04 -, NVwZ 2005, 1083). Auch wenn man sich dem anschließt - wozu sich der Senat hier nicht äußern muss -, müssten die ausgetauschten Erklärungen nicht nur zweifelsfrei zusammengehören, sondern müssten auch unmissverständlich als Vertragsangebot auf der einen Seite und als Annahme auf der anderen Seite zu verstehen sein. Insoweit kommt in Betracht, dass ein zunächst nach § 57 VwVfG formunwirksam mündlich geschlossener Vertrag nachträglich durch einen schriftlichen Vertrag ersetzt wird, wenn der eine Vertragspartner die mündlichen Vereinbarungen später schriftlich fixiert, dem anderen Vertragspartner in der Art eines "kaufmännischen Bestätigungsschreibens" vorlegt und dieser darauf ebenfalls schriftlich seine Annahme der nachträglichen schriftlichen Festlegungen erklärt. Das war hier jedoch nicht der Fall. Der Antragsgegner hat lediglich den Umstand bestätigt, dass eine mündliche Vereinbarung getroffen worden sei, an die er sich zu halten gedenke; er hat nicht die Annahme des im Schreiben vom 2. Oktober 2007 zu sehenden Vertragsangebotes erklärt. Damit fehlt es unabhängig von der Unterschrift an einem gemeinsam gewollten Vertragstext. Das gilt umso mehr, als auch der Landkreis E. als dritter Beteiligter in seinem Schreiben vom 15. Januar 2008 ebenfalls nicht etwa die Annahme des "Bestätigungsschreibens" erklärt, sondern nur bestätigt hat, dass dieses das im Ortstermin Vereinbarte richtig zusammengefasst habe, gleichwohl aber eine eigenständige Schilderung des mündlich Vereinbarten angeschlossen hat.

Das Fehlen einer schriftlichen Festlegung eines Vertragstextes, auf den sich die drei Beteiligten unmissverständlich geeinigt haben, kann auch nicht mit dem Grundsatz von Treu und Glauben überspielt werden, der allerdings in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen grundsätzlich anzuwenden ist. Dieser Grundsatz kann jedoch nicht dafür herhalten, die Norm des § 57 VwVfG praktisch leer laufen zu lassen.

Ob der Antragsteller bessere Erfolgsaussichten hätte, wenn man die mündlich geschlossene Vereinbarung nicht als öffentlich-rechtlich qualifizieren würde, kann offen bleiben, weil es dann jedenfalls am Rechtsweg zur Verwaltungsgerichtsbarkeit fehlen würde. Für eine Verweisung nach § 17 a Abs. 2 GVG wäre insoweit nach § 17 a Abs. 5 GVG kein Raum, weil die Zulässigkeit des Rechtswegs in erster Instanz nicht im Sinne des § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG gerügt war.

Ende der Entscheidung

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