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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 04.10.2004
Aktenzeichen: 1 MN 225/04
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 47 VI
VwGO § 80a III
1. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrolleilantrag besteht nicht (mehr), wenn die Festsetzungen des Bebauungsplanes, dessen einstweilige Außervollzugsetzung der Antragsteller erstrebt, durch Baugenehmigungen bereits im Wesentlichen ausgenutzt worden sind. Das gilt auch dann, wenn diese Baugenehmigungen vom Antragsteller angefochten worden und daher noch nicht bestandskräftig geworden sind.

2. Zur Nachverdichtung durch die Festsetzung einer rückwärtigen, zweiten Bauzeile.


Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen den im Tenor genannten Bebauungsplan, der nur wenige Grundstücke umfasst und für deren eines bereits eine von den Antragstellern angefochtene Baugenehmigung für ein Wohnhaus erteilt worden ist.

Die Antragsteller sind Eigentümer des im Aktivrubrum genannten Grundstücks. Das liegt an der Nordwestseite der Straße und im Geltungsbereich des hier angegriffenen Planes. Dieser umfasst außerdem die beiden nördlich des Antragstellergrundstücks im Einmündungsbereich P. /D. liegenden, bebauten Grundstücke sowie südwestlich davon das Grundstück der Beigeladenen (Flurstück Q., Flur R. der Gemarkung O.) und das Grundstück S. (Flurstück T. derselben Flur). Der Plan setzt allgemeines Wohngebiet als zulässige Nutzung und die von den Antragstellern befehdete Möglichkeit fest, in zweiter Reihe mit einer Grundflächenzahl von 0,3 eingeschossige Wohngebäude mit einer Firsthöhe von höchstens 9,50m zu errichten. Mittelbarer Auslöser dieses vom Rat der Antragsgegnerin am 28. Juni 2004 beschlossenen und am 7. Juli 2004 bekannt gemachten Planes war der Antrag der Beigeladenen, auf dem genannten Grundstück straßenseitig ein 12 m tiefes und 5,70 m breites Gebäude mit 45° Satteldach zu errichten, in dem zur Straße hin eine Doppelgarage und im rückwärtigen Teil ein Abstellraum untergebracht werden sollte. In dem 3 m breiten Raum zwischen diesem Gebäude und der Grenze zum Grundstück der Antragsteller sollte ein Carport errichtet werden. Rund 30 m von der Straße zurückgesetzt sollte ein anderthalbgeschossiges Einfamilienhaus in einem Abstand von 3 m zur nördlichen Grundstücksgrenze aufgestellt werden, dessen Rückwand rund 6,50 m von der nordwestlichen Grundstücksgrenze entfernt stehen sollte. Der Landkreis Hameln-Pyrmont als untere Bauaufsichtsbehörde beteiligte die Antragsteller. Diese wandten sich daraufhin an die Bezirksregierung Hannover. Diese teilte unter dem 27. Januar 2004 der Antragstellerin mit, das Vorhaben könne auf der derzeit maßgeblichen Grundlage des § 34 BauGB nicht genehmigt werden, weil es den Rahmen der vorhandenen Bebauung überschreite. Dort sei eine rückwärtige Bebauung bislang nicht anzutreffen. Es sei geeignet, in dem von Bebauung bislang freigehaltenen Bereich bodenrechtliche Spannungen hervorzurufen. "Dem wäre nur mit einer konkreten Bauleitplanung zu begegnen." Eine Bescheidung des Baugesuchs unterblieb daraufhin. Mit Schreiben vom 4. Februar 2004 baten die Beigeladenen die Antragsgegnerin, einen Bebauungsplan aufzustellen, der die Grundlage für ihre Bauabsichten bilden könne. Am 15. März 2004 fasste der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss.

Unter dem 12. Juli 2004 erteilte der Landkreis Hameln-Pyrmont als untere Bauaufsichtsbehörde den Beigeladenen die Baugenehmigung für den Neubau eines Einfamilienwohnhauses mit Nebengebäude und Carport, der offenbar den schon zuvor eingereichten Plänen entspricht.

Die Antragsteller haben am 18. August 2004 den Bebauungsplan zur Normenkontrolle gestellt und am gleichen Tage um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung ihres Eilantrages machen sie geltend: Dieser sei entgegen der bisherigen Senatsrechtsprechung trotz der zuvor erteilten Baugenehmigung zulässig. Denn die einstweilige Außervollzugsetzung des Planes würde die Chancen ihres Nachbarwiderspruches erhöhen. Ohne jede bauplanungsrechtliche Grundlage widerspreche das Vorhaben offensichtlich § 34 BauGB und verletze zugleich ihren Anspruch auf Wohnruhe. Der Antrag sei auch begründet. Der Bebauungsplan stelle eine § 1 Abs. 3 BauGB verletzende Gefälligkeitsplanung dar, verstoße gegen das Abwägungsgebot, weil er ihre Interessen an Wohnruhe im rückwärtigen Grundstücksbereich nicht einmal in den Blick nehme, zumindest aber nicht in der gebotenen Weise in der Abwägung bewältigt habe, und zerstöre ohne städtebaulich zureichenden Grund sowie ohne den gebotenen Ausgleich die im rückwärtigen Bereich anzutreffende Gartenlandschaft.

Die Antragsteller beantragen,

den vom Rat der Antragsgegnerin am 28. Juni 2004 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 69 "D." - OT O. - bis zur Entscheidung über ihren Normenkontrollantrag einstweilen außer Vollzug zu setzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie erwidert:

Die Rechtsprechung des Senats, wonach das Rechtsschutzbedürfnis für diesen Eilantrag nach Erteilung von Baugenehmigungen fehle/fehlen könne, sei zwar "zu optimieren". Auch das führe hier zum Misserfolg des Antrages. Denn selbst wenn das Rechtsschutzbedürfnis für den Eilantrag wegen der fehlenden Bestandskraft der erteilten Baugenehmigung - ebenso wie für den Normenkontrollantrag - fortbestehe, sei der Normenkontrolleilantrag nunmehr nur unter den engeren Voraussetzungen des § 42 Abs. 2 VwGO zulässig. Diese seien hier nicht erfüllt. Der angegriffene Plan schaffe keine zweite Baureihe, sondern vertiefe lediglich die Bebauungsmöglichkeiten. Die damit einhergehenden Einschränkungen hinsichtlich der freien Aussicht in die westlich davon liegenden unbebauten Flächen und Möglichkeiten, nun auch von dort Einsicht in das Grundstück der Antragsteller zu nehmen, beträfen nicht deren Rechte. Zudem sei die streitige Bebauung schon auf der Grundlage von § 34 BauGB zulässig gewesen. Aus diesem Grunde sei die getroffene Planungsentscheidung weder abwägungsfehlerhaft noch habe sie das Bedürfnis nach Ausgleichsmaßnahmen ausgelöst.

Die Beigeladenen unterstützen das Vorbringen der Antragsgegnerin, ohne einen eigenen Antrag zu stellen. Auch sie meinen, dass entgegen der Rechtsprechung des Senats das Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Denn so würden sie alsbald eine verbindliche Entscheidung darüber erhalten, dass ihr Wohnbauvorhaben zulässig sei. Es sei daher prozessökonomisch, über diesen Eilantrag zur Sache zu entscheiden. Dieser sei unbegründet. Der Umstand, dass sie sich zur Tragung der Planungskosten verpflichtet hätten, stehe der Wirksamkeit des Planes nicht entgegen; das sei eine nach § 11 BauGB zulässige und gerade nicht missbilligte Maßnahme. Die Abwägungsentscheidung sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie beruhe auf der zutreffenden Erwägung, mit Grund und Boden sparsam umzugehen und dort, wo dies - wie hier - städtebaulich vertretbar sei, nachzuverdichten. Die entgegenstehenden Interessen der Antragsteller seien ordnungsgemäß "abgearbeitet" worden. Einen ausgleichsbedürftigen Eingriff stelle die Planung nicht dar.

Wegen der Einzelheiten von Vortrag und Sachverhalt wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Planaufstellungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Der Eilantrag ist unzulässig. Das für seine Stellung und Aufrechterhaltung erforderliche Rechtsschutzbedürfnis bestand von Anfang an nicht. Denn zum Zeitpunkt der Antragstellung war den Beigeladenen die Baugenehmigung für das Vorhaben, welches vor allem/allein die Antragsteller mit ihrem Antrag abwehren wollen, bereits erteilt worden. Ungeachtet des Umstandes, dass die Antragsteller diese Baugenehmigung des Landkreises Hameln-Pyrmont vom 12. Juli 2004 angefochten haben, können sie durch eine antragsgemäße Bescheidung ihres Eilantrages ihre Rechtsposition nicht verbessern, weil eine stattgebende Entscheidung lediglich in die Zukunft zu wirken vermag. Im Einzelnen sind folgende Ausführungen veranlasst:

Zur Frage, wie es sich auswirkt, wenn vor Stellung des Normenkontrollantrags in Ausnutzung des angegriffenen Bebauungsplanes schon Baugenehmigungen erteilt worden waren, hat der Senat in seinem Beschluss vom 4. Mai 2004 - 1 MN 50/04 (Vnb.) das Folgende ausgeführt:

"Der Eilantrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO setzt für seine Zulässigkeit - wie der Normenkontrollantrag - das Vorliegen eines allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses voraus. Darunter ist das normativ anerkannte Interesse des Antragstellers zu verstehen, zur Erreichung seines (Rechtsschutz-)Zieles ein Gericht in Anspruch zu nehmen. Erweist sich die Inanspruchnahme des Gerichts als nutzlos, weil der Antragsteller seine Rechtsstellung bei einem Erfolg seines Antrages nicht verbessern kann, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis (BVerwG, Urt. v. 28.4.1999 - 4 CN 5.99 -, BRS 62 Nr. 47). Bei einem Eilantrag gegen einen Bebauungsplan ist die vorläufige Außervollzugsetzung des Bebauungsplanes nicht mehr geeignet, zugunsten des Antragstellers etwas zu bewirken, wenn die Festsetzungen des Bebauungsplanes durch Verwaltungsakte bereits (nahezu vollständig) umgesetzt sind (Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Kommentar zur VwGO, Loseblattsammlung, Stand: September 2003, § 47 Rdn. 151). Die einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO verbietet lediglich die künftige Anwendung der Norm, erklärt sie jedoch weder rückwirkend oder vorläufig für nichtig, noch greift sie - wie auch die Entscheidung in der Hauptsache - in den Bestand der auf ihrer Grundlage etwa bereits ergangenen Verwaltungsakte ein oder verbietet deren Ausnutzung durch den Begünstigten (OVG Münster, Beschl. v. 9.12.1996 - 11 a B 1710/96.NE -, NVwZ 1997, 1006; OVG Koblenz, Beschl. v. 10.4.1983 - 10 D 1/83 -, NVwZ 1984, 43; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl. 1998, Rdn. 631). Daran gemessen können die Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag ihre Rechtsstellung nicht mehr verbessern.

Der Bebauungsplan Nr. 15 schafft in der durch den Flächennutzungsplan - 2. Änderung - der Samtgemeinde H. dargestellten Konzentrationszone für die Windenergienutzung im Wege der Feinsteuerung die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung von sechs Windenergieanlagen mit einer Nennleistung von 2 MW. Auf der Grundlage dieser Festsetzungen hat der Landkreis I. der Beigeladenen mit Bescheid vom 25. Februar 2004 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung von fünf Windenergieanlagen erteilt. Damit könnten die Nachteile, zu deren Abwendung die Antragsteller das vorliegende Verfahren betreiben, nicht mehr vermieden werden. Mit der Erteilung der genannten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist die Beigeladene berechtigt, auch die beiden zu dem Flurstück der Antragsteller nächst gelegenen Windenergieanlagen Nr. 3 und Nr. 4 zu errichten. Das Vorbringen der Antragsteller zielt ausschließlich darauf ab, etwaige negative Auswirkungen des Betriebes dieser beiden, in der Nachbarschaft geplanten Anlagen auf ihr landwirtschaftlich genutztes Grundstück abzuwenden. Dieses Rechtsschutzziel können die Antragsteller nur noch im Widerspruchsverfahren bzw. in einem Eilrechtsschutzverfahren gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung verfolgen. Die Unzulässigkeit des vorliegenden Antrages wird deshalb auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass bisher für die letzte Windenergieanlage eine Genehmigung noch nicht erteilt und insoweit der Bebauungsplan noch nicht vollständig vollzogen wurde.

......................

Der Einwand der Antragsteller, nur eine unanfechtbare Genehmigung führe zum Fortfall des Rechtsschutzbedürfnisses im vorliegenden Rechtsschutzverfahren, greift nicht durch. Für das Rechtsschutzinteresse an der begehrten vorläufigen Außervollzugsetzung kommt es nicht darauf an, ob die erteilte Genehmigung bereits unanfechtbar ist. Ob eine Genehmigung noch anfechtbar oder inzwischen bestandskräftig ist, lässt den allein maßgeblichen Umstand, dass sie schon erteilt worden ist, unberührt (OVG Münster, Beschl. v. 22.4.1994 - 10 a B 3422/93.NE -, BRS 56 Nr. 38). Die Rüge der Antragsteller, sie seien vor Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht angehört worden, verhindert nicht, dass die Beigeladene von der unter dem 25. Februar 2004 erteilten Genehmigung Gebrauch machen darf. Es ist bereits fraglich, ob die Nichtbeteiligung der Antragsteller verfahrensrechtlich fehlerhaft ist. Im Übrigen führte ein solcher denkbarer Mangel im Regelfall nicht zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts, weil die Voraussetzungen eines besonders schwerwiegenden Fehlers und der Offenkundigkeit dieses Fehlers im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG im Falle des Unterbleibens einer Anhörung nicht gegeben sind. Dass hier eine Ausnahme vorliegen könnte, machen die Antragsteller nicht geltend."

An dieser Auffassung ist entgegen der Annahme aller Beteiligten uneingeschränkt festzuhalten. Weder die in den Vordergrund gerückten Fragen effizienten Rechtsschutzes noch der Prozessökonomie können darüber hinwegtäuschen, dass die Antragsteller durch eine antragsgemäße Bescheidung ihre Rechtsstellung im Verfahren des (einstweiligen und endgültigen) Rechtsschutzes gegen die o.g. Baugenehmigung des Landkreises Hameln-Pyrmont nicht verbessern können. Das liegt an den Rechtswirkungen, welche eine antragsgemäße Entscheidung entfaltet. Diese beschränken sich darauf, in Zukunft dürften keine den Antragstellern nachteilige Rechtswirkungen aus dem angegriffenen Bebauungsplan abgeleitet werden. Auf Sachverhalte, welche bereits durch Bescheid geregelt worden sind, wirkt sich der Beschluss hingegen nicht aus (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Komm., § 47 Rdnr. 151; Kopp/Schenke, VwGO, Komm. 13. Aufl. 2003, § 47 Rdnr. 149). Der Justizgewährleistungsanspruch ändert daran nichts; denn er ist keine Grundlage dafür, sich über geltendes, hier in der Form des Rechtsschutzbedürfnisses zu beachtendes Prozessrecht hinwegzusetzen (vgl. OVG Münster, B. v. 22.2.1994 - 10a B 3422/93.NE -, ZfBR 1994, 195 = BRS 56 Nr. 38). Er setzt vielmehr eine Rechtsposition voraus, welche in zulässiger Weise verteidigt werden kann, begründet eine solche aber nicht. Dasselbe gilt für die von den Beigeladenen favorisierten Effizienzgesichtspunkte. Deren Bestreben mag verständlich sein, schon jetzt eine Entscheidung des Senates zu erhalten. Einen Anspruch darauf, dass prozessrechtliche Voraussetzungen beiseite geschoben werden, haben sie aber nicht. Das Rechtsschutzbedürfnis kann auch nicht durch allseitigen Verzicht auf die Einhaltung dieser Verfahrensvoraussetzung geschaffen werden.

Aus der Entscheidung des Bay. Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juli 1999 (- 1 NE 99.813 -, BauR 1999, 1275 = BRS 62 Nr. 58 = NVwZ-RR 2000, 416) können diese Antragsteller keine positiven Rechtsfolgen ableiten. Darin hatte der Bay. Verwaltungsgerichtshof das Fortbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses daraus hergeleitet, dass die Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplanes noch nicht vollständig umgesetzt worden waren und zu befürchten stand, das werde ohne Baugenehmigungsverfahren im Wege des Baufreistellungsrechts geschehen. Zudem stünden beide Formen des einstweiligen Rechtsschutzes - nach § 47 Abs. 6 VwGO und nach §§ 80, 80a VwGO - gleichrangig nebeneinander. Letzteres entspricht auch der Auffassung des Senates, ändert aber nichts daran, dass die Antragsteller geltend machen müssen, aus der angegriffenen Norm könnten noch weitere ihnen nachteilige Rechtsfolgen gezogen werden. Das ist gerade nach ihrem eigenen Vortrag nicht der Fall. Außer dem Vorhaben der Beigeladenen stehen (derzeit) keine weiteren Vorhaben zu erwarten. auf dieses würde sich eine Antragsstattgabe in diesem Verfahren nicht (mehr) auswirken (können). Es ist insbesondere nicht anzunehmen, dass die Beigeladenen die Vorteile ausnutzen werden, welche ihnen § 69a NBauO geboten haben würde. Sie haben - möglicherweise zur eigenen "Planungssicherheit" - den darin (Absatz 8) eröffneten Weg gewählt, statt genehmigungsfrei zu bauen ein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen. Nachdem sie dem unstreitigen Vortrag zufolge mit der Verwirklichung des Vorhabens schon begonnen haben (vgl. S. 4 oben der Antragsschrift), können die Beigeladenen wegen § 69a Abs. 5 NBauO nach Lage der Dinge auch nicht mehr zum genehmigungsfreien Bauen zurückkehren.

Außer für das Grundstück der Beigeladenen eröffnet der angegriffene Bebauungsplan nur noch für das Grundstück der Antragsteller selbst sowie für das Grundstück D. 26 (Flurstück T.) im rückwärtigen Bereich Bebauungsmöglichkeiten. Auf Seite 3 der Antragsschrift vom 18.8.2004 tragen die Antragsteller selbst vor, der Eigentümer dieses Grundstücks lehne eine Ausnutzung der Planfestsetzungen "strikt" ab. Angesichts dessen bestehen jedenfalls derzeit keine ausreichenden Anhaltspunkte für die zur Annahme des Rechtsschutzbedürfnisses allein ausreichenden Annahme, eine nur in die Zukunft wirkende Aussetzung des angegriffenen Bebauungsplanes werde den Antragstellern in irgendeiner Weise von Nutzen sein.

Nur ergänzend ist kurz auszuführen, dass der Eilantrag voraussichtlich zumindest im wesentlichen ohne Erfolg geblieben wäre.

Abwägungswidrig ist das von der Antragsgegnerin gefundene Ergebnis voraussichtlich nicht. Unbestreitbar tragen die drei neuen Bauflächen Unruhe in den rückwärtigen Bereich dieser drei Grundstücke hinein. Das dürfte es zwar ausgeschlossen haben, das Vorhaben der Beigeladenen auf der Grundlage des § 34 BauGB zu genehmigen. Das schließt indes eine entsprechende Planungsentscheidung der Gemeinde nicht aus. Denn für die Anwendung des § 34 BauGB ist allein ausschlaggebend, welcher Rahmen sich aus der schon vorhandenen Bebauung ableiten lässt. Der planenden Gemeinde ist es gerade nicht verwehrt, diesen Rahmen zu verändern. Dabei darf sie auch Vorteile beseitigen, welche die nunmehrigen Planununterworfenen ohne die Bauleitplanung- sei es als eigenes wehrfähiges Recht, sei es als bloßen Rechtsreflex - bislang genossen haben , sofern hierfür ausreichende städtebauliche Gründe bestehen. Das dürfte hier zum Nachteil der Antragsteller der Fall sein. Städtebauliche Gründe können auch aufgrund der Initiative Privater entstehen. Auch wenn der Anstoß zu dem hier angegriffenen Plan von den Beigeladenen ausging, bedeutet dies nicht, dass es dem Plan an der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB fehlt oder das Abwägungsgebot schon aus diesem Grunde verletzt wäre.

In Auseinandersetzung mit den Interessen der Antragsteller hat die Antragsgegnerin ausweislich der Planbegründung (Nr. 8, S. 10 f.) vor allem Gründe des Gebots, mit Grund und Boden sparsam umzugehen, und dem dadurch gerechtfertigten Bestreben, in städtebaulich vertretbarem Umfang nachzuverdichten, angeführt. Das sind grundsätzlich tragfähige Überlegungen (vgl. zu einer vergleichbaren Sachlage Senatsb. v. 18.7.2003 - 1 ME 170/03 -, NdsVBl. 2003. 325). Der Hinweis auf das Gebäude P. 3 dürfte zwar nicht sonderlich überzeugen, weil dies keine Bebauung darstellt, welche in den rückwärtigen Bereich der Grundstücke an der Straße D. hineinreicht, sondern an der namensgebenden Straße aufgereiht ist. Zutreffend dürfte aber der Hinweis auf die massive rückwärtige Bebauung D. 20 und 20A sein. Berücksichtigt man zudem, wie weit das Gebäude D. 24A in den straßenabgewandten Bereich vordringt, dann sprechen durchaus städtebauliche Gründe für das Bestreben, diesen ohnedies vorbelasteten (wenngleich vielleicht noch nicht im Sinne des § 34 BauGB für eine rückwärtige Bebauung vollständig vorgeprägten) Bereich baulich nachzuverdichten. Dass damit zu Lasten der Antragsteller und des Grundstücks D. 26 Einbußen an Wohnruhe verbunden sind, liegt auf der Hand, muss aber nicht in der Weise zwingend zu einem Abwägungsfehler führen, dass dies die erstrebte einstweilige Anordnung gerechtfertigt haben würde. Diese Nachteile werden unter anderem dadurch kompensiert, dass den Antragstellern und dem Eigentümer des Grundstücks D. 26 mit je einem weiteren Bauplatz die Möglichkeit zuwächst, die rückwärtigen Flächen nunmehr baulich und damit in rentierlicher Weise nutzen zu können. Es kommt hinzu, dass das Maß der rückwärtigen Bebauung gegenüber der straßenseitigen Bebauung um ein Geschoss gekürzt und zugleich durch die textliche Festsetzung des § 1 in allgemeinen Wohngebieten ausnahmsweise zulässige, störendere Nutzungen ausgeschlossen worden sind.

Gewissen Zweifeln hätte allerdings unterlegen, ob die Eingriffsproblematik (§ 1a BauGB) wirklich einwandfrei bewältigt worden ist. Gerade die von der Antragsgegnerin zitierte Senatsentscheidung vom 27. August 1997 (- 1 K 7061/95 -, NST-N 1997, 317 = NVwZ-RR 1998, 301 = NuR 1998, 497) könnte eher ein gegenteiliges Ergebnis nahe legen. Die Besonderheit des seinerzeit entschiedenen Falles bestand darin, dass die von der Planänderung erfassten Grundstücksbereiche nach den zuvor geltenden Planfestsetzungen in noch weitergehendem Maße hätten bebaut werden können. Dies dürfte hier gerade nicht so liegen. Denn es sprechen die besseren Gründe für die Annahme, die Bezirksregierung Hannover habe in ihrer Verfügung vom 27.1.2004 die Sachlage zutreffend erfasst und mit Recht angenommen, der für die Anwendung des § 34 BauGB maßgebliche Rahmen sei durch die Bebauung auf den Grundstücken D. 24A und 20/20A noch nicht in einer Weise vorgeprägt, welche dem Vorhaben der Beigeladenen zur Baurechtmäßigkeit verhelfen könnte.

Ob dieser möglicherweise vorliegende, in einem ergänzenden Verfahren heilbare Fehler dem Eilantrag zum Erfolg hätte verhelfen können, richtet sich nach der Senatsentscheidung vom 15.11.2000 (- 1 M 3238/00 -, Vnb.) danach, ob dieser Fehler alsbald behoben werden kann und ob dies Gesichtspunkte betrifft, welche die Antragsteller als Verletzung eigener Rechte rügen können. Nach der zitierten Senatsentscheidung kommt es dabei ganz wesentlich darauf an, ob die planende Gemeinde gewillt ist, das ergänzende Verfahren auch zu betreiben. Die Ausführungen im Schriftsatz vom 10.9.2004, mit denen die Rechtmäßigkeit des gewählten Verfahrens behauptet wird, könnte auf das Gegenteil hindeuten.

All dies braucht indes nicht abschließend behandelt zu werden, weil der Eilantrag aus den oben genannten Gründen (fehlendes Rechtsschutzbedürfnis) keinen Erfolg haben kann.

Ende der Entscheidung

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