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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 21.09.2004
Aktenzeichen: 10 LC 28/04
Rechtsgebiete: AGTierSG, GOVet, NVwKostG


Vorschriften:

AGTierSG § 3a
GOVet § 1 I
GOVet § 1a
NVwKostG § 3 I 1
NVwKostG § 9
Eine rückwirkende Gebührenerhebung ist mit dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Rückwirkungsverbot nicht zu vereinbaren, wenn der Verordnungsgeber bei einer früheren Änderung der Gebührenordnung zu erkennen gegeben hat, dass eine rückwirkende Gebührenerhebung für Amtshandlungen in einem bestimmten Zeitraum nicht erfolgen soll.
Gründe:

I.

Die Klägerin, die einen Schlachthof betreibt, wendet sich gegen die Heranziehung zu Gebühren für die Tierkennzeichnung nach der Viehverkehrsordnung durch den Beklagten. Der Beklagte ist aufgrund des Erlasses des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 27. September 1999 (NdsMBl S. 592) die beauftragte Stelle des Landes Niedersachsen zur Wahrnehmung der Aufgaben der Zentralen Rinderdatenbank nach Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 820/97. Nach dieser Vorschrift ist er insbesondere zuständig, Anzeigen der Tierhalter über Veränderungen ihres Rinderbestandes nach § 24 g der Viehverkehrsverordnung (VVVO) und Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 820/97 entgegenzunehmen und zu bearbeiten.

Mit Bescheid vom 27. Dezember 2001 erhob der Beklagte von der Klägerin für das Jahr 1999 Gebühren in Höhe von 7.222,80 DM. Dem lagen 17.765 Anzeigen über Bestandsveränderungen, die die Klägerin direkt an die Zentrale Rinderdatenbank übermittelt hatte, zugrunde. Für deren Bearbeitung setzte der Beklagte jeweils einen Betrag von 0,35 DM an. Zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 8,80 DM und 16 % Mehrwertsteuer errechnet sich hieraus der festgesetzte Betrag von 7.222,80 DM.

Entsprechend der dem Gebührenbescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung erhob die Klägerin gegen den Bescheid Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2002 als unbegründet zurückwies. Zur Begründung führte der Beklagte aus: Rechtsgrundlage für die im Veranlagungsjahr 1999 erhobenen Gebühren sei die Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung. Gemäß Beleihungserlass des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 27. September 1999 sei er als beauftragte Stelle u.a. für die Anzeige von Bestandsveränderungen nach § 24 g Abs. 1 VVVO benannt und könne die ihm hieraus entstehenden Aufwendungen, die nicht von der Niedersächsischen Tierseuchenkasse übernommen würden, nach der Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung in Rechnung stellen. Danach sei für Amtshandlungen oder Dienstleistungen, die im Gebührenverzeichnis nicht näher bezeichnet seien, eine Mindestgebühr von 10,-- DM und eine Höchstgebühr von 1.000,-- DM festzusetzen. Er habe den konkreten Aufwand, der mit der Bearbeitung der Meldungen verbunden sei, kalkuliert und dabei den konkreten Verwaltungsaufwand auch nach der Art des Meldeweges differenziert. Unter Berücksichtigung des ermittelten Verwaltungsaufwandes sowie unter Beachtung des Kostendeckungsprinzips sei es im vorliegenden Fall gerechtfertigt, die in der Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung festgesetzte Mindestgebühr zu unterschreiten. Nach pflichtgemäßem Ermessen habe er Meldungen je geschlachtetes Tier direkt an die HI-Tier mit 0,35 DM und Meldungen je geschlachtetes Tier über die Regionalstelle mit 1,29 DM berechnet und für die Bescheiderstellung 8,80 DM festgesetzt.

Am 23. Oktober 2002 hat die Klägerin Klage erhoben und vorgetragen: Die Gebührenerhebung für das Jahr 1999 sei ohne hinreichende Rechtsgrundlage erfolgt. Die Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung enthalte erst seit Ende des Jahres 2000 spezielle Gebührentatbestände für die Meldungen an die Datenbank des Beklagten. Eine Rückwirkung für das Jahr 1999 sei nicht angeordnet worden. Soweit der Beklagte im Widerspruchsbescheid als Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung nunmehr auf den Abschnitt XIII "Allgemeines" abstelle, ergebe sich auch daraus keine Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung. Darüber hinaus bestreite sie, dass der Beklagte den konkreten Aufwand, der mit der Bearbeitung der Meldungen verbunden sei, kalkuliert habe. Sie bestreite auch die Beachtung des Kostendeckungsprinzips. Schließlich sei der Gebührenbescheid rechtswidrig, weil sich die Meldepflicht des § 24 g VVVO an Tierhalter wende. Sie befasse sich aber nicht mit der Haltung von Tieren, sondern ausschließlich mit deren Schlachtung.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 27. Dezember 2001 und dessen Widerspruchsbescheid vom 25. September 2002 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat entgegnet: Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung der im Jahre 1999 erbrachten Leistungen sei Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 820/97 i.V.m. dem Abschnitt 10 c der Viehverkehrsordnung und dem Niedersächsischen Durchführungserlass vom 27. September 1999, der auf die Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung verweise. Der konkrete Gebührentatbestand befinde sich im Abschnitt XIII des Gebührenverzeichnisses. Ob ein Gebührentatbestand hinreichend bestimmt sei, sei im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln. Hier sei zu berücksichtigen, dass Ermächtigungsgrundlage der Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung u.a. § 46 a LMBG und § 24 FlHG seien. Die Rinderdatenbank diene gleichermaßen dem Verbraucherschutz. Deshalb sei es zulässig, auf einen Auffangtatbestand zurückzugreifen, der naturgemäß eine konkrete Amtshandlung nicht bezeichne. Die Klägerin werde durch die Unterschreitung des für den Auffangtatbestand festgelegten Gebührenrahmens nicht beschwert. Wenn dieser eingehalten worden wäre, hätte er gegen das Kostendeckungs- und das Äquivalenzprinzip verstoßen.

Im Übrigen seien auch Schlachtbetriebe Tierhalter i.S. von § 24 g VVVO. Die Klägerin berücksichtige Sinn und Zweck der Bestimmungen nicht hinreichend. Die BSE-Krise habe die Schwäche der unterschiedlichen Kennzeichnungs- und Registrierungssysteme in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gezeigt. Durch die Verordnung (EG) Nr. 820/97 seien einheitliche rechtliche Vorschriften für ein System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern geschaffen worden, durch die nunmehr der gesamte "Lebensweg" eines Rindes nachvollzogen werden könne, wenn alle tatsächlichen Aufenthaltsorte bekannt seien. Den Schlachtbetrieben komme im Hinblick auf das Etikettierungssystem eine Schlüsselfunktion im Meldesystem zu, da gewährleistet werden müsse, dass zwischen der Kennzeichnung des Schlachtkörpers, der Schlachtkörperviertel oder der Fleischstücke und dem Einzeltier eine Verbindung hergestellt werden könne. Nach der Legaldefinition in Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 820/97 sei jede natürliche oder juristische Person, die vorübergehend oder ständig, auch beim Tiertransport oder auf dem Viehmarkt, für Tiere verantwortlich sei, als Tierhalter anzusehen. Im Abschnitt 10 c der VVVO werde ausdrücklich auf diese Bestimmung des Gemeinschaftsrechts Bezug genommen. Damit sei die gemeinschaftsrechtliche Legaldefinition des Tierhalters auch in das deutsche Recht übernommen worden.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 21. Januar 2004 stattgegeben. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt: Die angefochtenen Bescheide des Beklagten seien rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten. Der Gebührenerhebung fehle die erforderliche rechtliche Grundlage. Diese sei insbesondere nicht in der Gebührenordnung für das Veterinärwesen vom 22. März 1995 in der hier maßgeblichen Fassung der Änderung durch Verordnung vom 2. Dezember 1998 enthalten. Nach § 1 Abs. 1 GOVet würden Gebühren für Amtshandlungen der Veterinärverwaltung nach dem Gebührenverzeichnis in der Anlage erhoben. § 1 a Abs. 1 GOVet bestimme u.a., dass kostendeckende Gebühren für Amtshandlungen nach den aufgrund des Tierseuchengesetzes erlassenen Rechtsvorschriften - hierzu zähle auch die VVVO - erhoben werden dürften. Die Beteiligten gingen zu Recht davon aus, dass im Jahre 1999 ein Gebührenverzeichnis zur GOVet für die hier in Rede stehenden Amtshandlungen spezielle Tatbestände nicht enthalten habe. Solche Regelungen seien erst durch die Verordnung vom 19. Dezember 2000 geschaffen worden, die am 28. Dezember 2000 in Kraft getreten sei und keine Rückwirkung entfalte. Nach Abschnitt XIV Nr. 1 des Gebührenverzeichnisses zur GOVet, auf den sich der Beklagte berufe, seien für alle Amtshandlungen oder Dienstleistungen, die nicht im Einzelnen bezeichnet seien, Gebühren in Höhe von 10,-- DM bis 1.000,-- DM zu erheben. Dieser Auffangtatbestand sei jedoch wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam, denn nach § 3 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG seien die einzelnen Amtshandlungen, für die Gebühren erhoben werden sollten, und die Höhe der Gebühren in Gebührenordnungen zu bestimmen. Daraus folge, dass in der Gebührenordnung die gebührenpflichtigen Amtshandlungen im Einzelnen aufgeführt sein müssten. Ein Tatbestand, der jede beliebige Amtshandlung in einem Verwaltungsbereich erfasse, genüge den gesetzlichen Anforderungen nicht, denn der Bürger, der eine Amtshandlung veranlasse, solle ohne weiteres erkennen können, ob und ggf. in welcher Höhe dadurch eine Gebührenpflicht ausgelöst werde. Insoweit sei § 3 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG Ausdruck des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebotes.

Soweit der Beklagte darauf verweise, dass die Entgegennahme und Bearbeitung der Meldungen nach § 24 g VVVO dem öffentlichen Interesse an einem effektiven Verbraucherschutz diene, rechtfertige dies keine andere Beurteilung. Die Rechtmäßigkeit einer Amtshandlung und damit auch ihre Gebührenpflicht setze stets voraus, dass sie legitime Zwecke verfolge. § 3 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG verlange aus den dargelegten Gründen jedoch zusätzlich, dass die gebührenpflichtigen Amtshandlungen in einer Gebührenordnung konkret bestimmt würden. Insoweit könnten auch dann nicht geringere Anforderungen gestellt werden, wenn die in Rede stehende Amtshandlung sich als besonders bedeutsam erweise. Zudem führe die Anwendung des Auffangtatbestandes hinsichtlich der Entgegennahme und Bearbeitung von Anzeigen nach § 24 g VVVO zu einem Verstoß gegen das aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abzuleitenden gebührenrechtlichen Äquivalenzprinzip. Danach sei eine Gebühr dann nicht mehr gerechtfertigt, wenn sie in einem groben Missverhältnis zu den verfolgten Gebührenzwecken stehe. Der Verwaltungsaufwand für die Entgegennahme und Bearbeitung der Anzeigen nach § 24 g VVVO betrage nach den Berechnungen des Beklagten lediglich jeweils 0,35 DM. Die in Abschnitt XIV Nr. 1 des Gebührenverzeichnisses der GOVet vorgesehene Mindestgebühr in Höhe von 10,-- DM übersteige diesen Betrag erheblich. In diesem Zusammenhang könne der Beklagte sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er zugunsten der Klägerin unterhalb der vorgesehenen Mindestgebühr geblieben sei. Denn bei Anwendung des hier in Rede stehenden Gebührentatbestandes wäre er nach § 1 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet gewesen, für jede Entgegennahme und Bearbeitung einer Anzeige nach § 24 g VVVO mindestens 10,-- DM festzusetzen.

Schließlich sei die streitige Gebührenerhebung auch deshalb rechtlich zu beanstanden, weil der Beklagte eine juristische Person des privaten Rechts sei und deshalb keine Befugnis habe, hoheitlich tätig zu werden. Die durch Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 27. September 1999 verfügte Beleihung des Beklagten sei unwirksam, denn die Beleihung einer Person des privaten Rechts setze voraus, dass diese sich auf eine gesetzliche Grundlage zurückführen lasse. Daran fehle es. Zwar sehe § 24 g Abs. 1 VVVO vor, dass Bestandsveränderungen auch einer von der zuständigen Behörde beauftragten Stelle angezeigt werden dürften, diese Regelung sei jedoch im Hinblick auf Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG unwirksam. Die zahlreichen im TierSG vorhandenen Verordnungsermächtigungen ermöglichten eine Beleihung nicht. Auch Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 820/97 sehe vor, dass die Mitteilung über die Umsetzung von Tieren an die zuständige "Behörde" zu richten sei. Das Niedersächsische Ausführungsgesetz zum Tierseuchengesetz ermächtige zur Beleihung einer Privatperson ebenfalls nicht.

Schließlich hat das Verwaltungsgericht in einem Obiter dictum ausgeführt, dass die Klägerin auch als Schlachthofbetreiberin Tierhalterin i.S. des § 24 g VVVO und damit verpflichtet sei, Tierbestandsveränderungen anzuzeigen.

Gegen diese Entscheidung führt der Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung, zu deren Begründung er vorträgt: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Auffangtatbestand in Abschnitt XIV Nr. 1 des Gebührenverzeichnisses zur GOVet wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam sei, da entgegen § 3 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG die einzelnen Gebührentatbestände nicht aufgeführt seien. Für den Bürger sei durchaus erkennbar, dass es sich bei der Meldung um eine gebührenpflichtige Amtshandlung handele. Dies ergebe sich bereits aus dem Beleihungserlass, der zum Zwecke der Gebührenerhebung auf die GOVet verweise. Der Bürger könne nicht erwarten, dass es sich bei der Meldung um eine gebührenfreie Amtshandlung handele. Da es sich bei dem Abschnitt XIV Nr. 1 des Gebührenverzeichnisses zur GOVet um einen Auffangtatbestand handele, seien naturgemäß keine Gebührentatbestände im Einzelnen aufgeführt. Für die ausreichende Bestimmtheit des Gebührentatbestandes sei es allerdings ausreichend, wenn dieser im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnungsermächtigung ermittelt werden könne. Ermächtigungsgrundlage für die Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung seien u.a. § 46 a des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes - LMBG - und § 24 des Fleischhygienegesetzes - FlHG -. Denselben Schutzzweck wie die beiden genannten Vorschriften verfolge das von der EU durch die Verordnung (EG) Nr. 820/97 in Verbindung mit der Viehverkehrsverordnung eingeführte Kennzeichnungs- und Registrierungssystem. Um zum Schutze des Verbrauchers den Lebenslauf eines Rindes lückenlos von der Geburt bis zum Abgang durch Tötung verfolgen zu können, seien Kennzeichnungs-, Kontroll- und Nachweispflichten normiert. Die Entgegennahme von Meldungen nach § 24 g VVVO diene dem Verbraucherschutz. Die für diese Amtshandlung berechneten Gebühren seien unter Beachtung des Kostendeckungsprinzips ermittelt und im Rahmen des ihm einzuräumenden Gestaltungsspielraums festgesetzt worden. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass der Auffangtatbestand des Abschnittes XIV Nr. 1 der Anlage zur GOVet im vorliegenden Fall nicht passend oder jedenfalls hinreichend bestimmt sei, da der Gebührentatbestand nicht für Amtshandlungen mit einem derartig geringen Kostenaufwand konzipiert sei. Dieser Auffangtatbestand gelte für Amtshandlungen, die in den vorangegangenen Abschnitten der Anlage zur GOVet nicht erfasst worden seien. Soweit das Verwaltungsgericht ausführe, § 3 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG verlange zusätzlich, dass die gebührenpflichtigen Amtshandlungen in einer Gebührenordnung konkret bestimmt seien, übersehe das Gericht, dass die Gebührenerhebung auch dann hinreichend konkret bestimmt werde, wenn die Auslegung des Gebührensystems sich unter Beachtung von Inhalt und Schutzzweck des Gebührensystems ermitteln lasse. Auch wenn die Gesetzeshistorie und die Gesetzesmaterialien dem Bürger üblicherweise verschlossen blieben, sei es ausreichend, wenn sich aus der Gesetzessystematik, ihrer Entstehungsgeschichte und dem Zweck ergebe, dass die konkrete Amtshandlung üblicherweise gegen Entgelt erfolge.

Zu Unrecht nehme das Verwaltungsgericht an, dass die Unterschreitung des Gebührenrahmens zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip führe. Abgesehen davon, dass bei der Bemessung der Gebührenhöhe ein Gestaltungsspielraum bestehe, der nur begrenzt überprüfbar sei, liege ein Verstoß gegen das gebührenrechtliche Äquivalenzprinzip dann nicht vor, wenn die erhobenen Gebühren streng nach dem Kostendeckungsprinzip unter Wahrung des Äquivalenzprinzips ermittelt worden seien. Er hätte sicherlich ermessensfehlerhaft gehandelt, wenn er die Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens festgesetzt und diesen nicht unterschritten hätte. Die Unterschreitung sei aber für den Adressaten des Gebührenbescheides nicht nachteilig, sondern entspreche den gesetzlichen Vorgaben zur Gebührenbemessung. Soweit das Verwaltungsgericht seine abweisende Entscheidung darauf gestützt habe, dass er als juristische Person des Privatrechts keine Befugnis habe, hoheitlich tätig zu werden, da die durch Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 27. September 1999 verfügte Beleihung unwirksam sei, weil sie sich nicht auf eine gesetzliche Grundlage zurückführen lasse, sei den Ausführungen des Gerichts nicht zu folgen, weil sich die gesetzliche Grundlage für die Beleihung aus § 2 a TierSG ergebe. Unabhängig davon sei zwischenzeitlich eine wesentliche Änderung der Rechtslage eingetreten. Durch das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Tierkörperbeseitigungsgesetz und des Ausführungsgesetzes zum Tierseuchengesetz vom 24. Juni 2004 sei § 3 a in das Ausführungsgesetz zum Tierseuchengesetz eingefügt worden, wonach das Fachministerium nunmehr auch rückwirkend bis zum 26. September 1999 juristischen Personen des privaten Rechts mit ihrem Einverständnis durch Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag die Befugnis verleihen könne, Aufgaben der zuständigen Behörde im Sinne der Abschnitte 10 bis 10 e der Viehverkehrsverordnung und die zugehörige Erhebung von Verwaltungskosten im eigenen Namen und in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts wahrzunehmen, wenn die Beleihung im öffentlichen Interesse liege und die Beliehene die Gewähr für eine sachgerechte Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben biete. Das zuständige Fachministerium habe zudem durch Erlass vom 2. Juli 2004 zur Durchführung der Viehverkehrsverordnung geregelt, dass seine mit vorhergehenden Erlassregelungen erfolgte Beleihung auch nach § 3 a AGTierSG im bisherigen Umfang fortgelte. Damit sei er auf der Grundlage eines wirksamen Ermächtigungsgesetzes für den hier maßgeblichen Zeitraum ordnungsgemäß beliehen und als zuständige Behörde berechtigt gewesen, den streitgegenständlichen Gebührenbescheid zu erlassen. Schließlich sei Abschnitt XIV der Anlage zur GOVet durch die Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung vom 14. September 2004 rückwirkend mit Wirkung vom 26. September 1999 in Kraft gesetzt worden.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

II.

Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 27. Dezember 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2002 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig. Dabei kann für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits offen bleiben, ob der Beklagte als juristische Person des privaten Rechts im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides zur Gebührenerhebung und damit zu hoheitlicher Tätigkeit ermächtigt war. Zwar ist die Beleihung des Beklagten durch den Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 27. September 1999 - 105/107.1-42140 - (NdsMBl 1999, S. 592), die der Senat in seinem Beschluss vom 5. Mai 2004 - 10 ME 27/04 - als nicht wirksam angesehen hatte, mittlerweile durch § 3 a des Ausführungsgesetzes zum Tierseuchengesetz - AGTierSG - i.d.F. vom 1. August 1994 (NdsGVBl S. 411), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 24.6.2004 (NdsGVBl S. 230), geregelt. Nach dieser Vorschrift kann das Fachministerium auch rückwirkend bis zum 26. September 1999 juristischen Personen des privaten Rechts mit ihrem Einverständnis durch Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag die Befugnis verleihen, Aufgaben der zuständigen Behörde im Sinne der Abschnitte 10 bis 10 e der Viehverkehrsverordnung und die dazugehörige Erhebung von Verwaltungskosten im eigenen Namen und in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts wahrzunehmen, wenn die Beleihung im öffentlichen Interesse liegt und die Beliehene die Gewähr für eine sachgerechte Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben bietet. In Ergänzung hierzu ist durch den Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 2. Juli 2004 (NdsMBl S. 470) die Fortgeltung der aufgrund vorhergehender Erlasse erfolgten Beleihung des Beklagten geregelt. Ob die mit Rückwirkung versehene Beleihung des Beklagten rechtmäßig ist, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage allein darauf abzustellen ist, wie der Bürger als Empfänger eines mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Gebührenbescheides diesen verstehen durfte. Der Empfänger eines Gebührenbescheides braucht, was die weitere Rechtsverfolgung angeht, nicht "klüger" zu sein, als die den Bescheid oder den Widerspruchsbescheid erlassende Stelle (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.6.1987 - BVerwG 8 C 21.86 -, BVerwGE 78, 3 ff). Hiernach ist für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage unerheblich, ob der Beklagte bei Erlass der angefochtenen Bescheide wirksam beliehen war und hoheitlich handeln konnte, oder ob ihm diese Befugnis als juristische Person des Privatrechts rückwirkend nicht übertragen werden konnte.

Der an die Klägerin gerichtete Jahresgebührenbescheid 1999 ist rechtswidrig, weil es an der für eine Gebührenerhebung erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt. Die Inanspruchnahme der öffentlichen Verwaltung löst nicht automatisch eine Gebührenpflicht aus, Gebühren dürfen vielmehr nur erhoben werden, wenn die gebührenpflichtigen Tatbestände und Art und Umfang der Gebühr entweder im Niedersächsischen Verwaltungskostengesetz - NVwKostG - vom 7. Mai 1962 (NdsGVBl S. 43), zuletzt geändert durch Art. 20 des Gesetzes vom 20. November 2001 (NdsGVBl S. 701), oder in Gebührenordnungen festgelegt sind. Daran fehlt es hier.

Auf die im Gebührenbescheid vom 27. Dezember 2001 genannte Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung - GOVet - vom 19. Dezember 2000 (NdsGVBl S. 335) lässt sich die Gebührenerhebung nicht stützen, weil diese erst am 28. Dezember 2000 (Art. 2 Satz 1 der Verordnung vom 19. Dezember 2000) in Kraft getreten ist und Abschnitt XIV der Anlage, der die Kennzeichnung und Registrierung von Rindern nach der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 und der Viehverkehrsverordnung betrifft, eine Rückwirkung zunächst nicht beigemessen worden ist.

Soweit im Widerspruchsbescheid als Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung die GOVet vom 31. (richtig: 22.) März 1995 i.d.F. der Verordnung vom 2. Dezember 1998 (NdsGVBl S. 705) genannt ist, kommt diese als Rechtsgrundlage ebenfalls nicht in Betracht. Nach § 1 Abs. 1 GOVet werden für Amtshandlungen und Leistungen der Veterinärverwaltung einschließlich der Lebensmittelüberwachung Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis (Anlage) erhoben. § 1 a GOVet bestimmt u.a., dass kostendeckende Gebühren für Amtshandlungen nach den aufgrund des Tierseuchengesetzes erlassenen Rechtsvorschriften - hierzu zählt auch die VVVO - erhoben werden dürfen. In dem Widerspruchsbescheid vom 25. September 2002 stützt der Beklagte seine Gebührenforderung auf Abschnitt XIV Nr. 1 des Gebührenverzeichnisses zur GOVet, wonach für Amtshandlungen oder Dienstleistungen, die sonst nicht im Einzelnen bezeichnet sind, Gebühren in Höhe von 10,-- DM bis 1.000,-- DM zu erheben sind. Dieser Auffangtatbestand ist jedoch wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG, wonach die einzelnen Amtshandlungen, für die Gebühren erhoben werden sollen, und die Höhe der Gebühren in Gebührenordnungen zu bestimmen sind, unwirksam. Ein generalklauselartiger Auffangtatbestand, in dem ein sehr weiter Gebührenrahmen für nicht näher konkretisierte Amtshandlungen vorgesehen ist, genügt nicht dem Rechtsstaatsprinzip. Gesetzliche Grundlagen decken den Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes nur dann, wenn sie - in Parallele zu dem, was Art. 80 Abs. 1 GG bei Verordnungsermächtigungen fordert - nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.8.1990 - BVerwG 8 C 73.88 -, BVerwGE 85, 300, 303). Unterbleibt die rechtssatzmäßige Festlegung der Gebühr, so ist die Ausfüllung des Rahmens letztlich dem Ermessen der Verwaltung überlassen. Damit fehlt es jedenfalls bei einem so weit gesteckten Gebührenrahmen wie in Abschnitt XIV Nr. 1 des Gebührenverzeichnisses zur GOVet auch unter Berücksichtigung von § 9 NVwKostG an der Vorhersehbarkeit für den Bürger, ob und ggf. in welcher Höhe eine von ihm veranlasste Amtshandlung eine Gebührenpflicht auslöst. Selbst wenn mit dem Beklagten davon auszugehen wäre, dass der die konkrete Amtshandlung veranlassende Bürger ohne weiteres erkennen könne, dass die Amtshandlung üblicherweise gegen Entgelt erfolge, würde dies an der Unwirksamkeit des Auffangtatbestandes nichts ändern, da auch dann die in Abschnitt XIV Nr. 1 des Gebührenverzeichnisses zur GOVet vorgesehene Rahmengebühr von 10,-- DM bis 1.000,-- DM keine zuverlässige Feststellung der für die Amtshandlung festzusetzenden Gebühr ermöglichen würde. Zu Recht führt deshalb das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts (Urt. v. 18.12.1991 - 13 L 7679/91 - OVGE 42, 441, 443; Urt. v. 22.4.1981 - 9 OVG A 12/80 - OVGE 36, 382, 384 f) aus, ein Tatbestand, der jede beliebige Amtshandlung in einem Verwaltungsbereich erfasst, genüge den gesetzlichen Anforderungen nicht.

Zudem räumt der Beklagte selbst ein, dass die Anwendung des o.g. Auffangtatbestandes auf die Entgegennahme und Bearbeitung von Anzeigen nach § 24 g VVVO letztlich nicht passt und zu einem Verstoß gegen das aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abzuleitende Äquivalenzprinzip führen würde. Danach ist eine Gebühr dann nicht sachlich gerechtfertigt, wenn sie in einem groben Missverhältnis zu den verfolgten legitimen Gebührenzwecken steht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.5.2003 - BVerwG 9 BN 3.03 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühr Nr. 98, S. 21 = DVBl 2004, 200). Die Erhebung der in Abschnitt XIV Nr. 1 des Gebührenverzeichnisses der GOVet vorgesehenen Mindestgebühr von 10,-- DM würde den nach den Berechnungen des Beklagten mit 0,35 DM ermittelten Verwaltungsaufwand für die Entgegennahme und Bearbeitung der Anzeigen nach § 24 g VVVO um ein Vielfaches übersteigen. Dem kann der Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Klägerin sei zu einem weit unterhalb der Mindestgebühr liegenden Betrag veranlagt worden, denn diese Praxis widerspricht der aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung folgenden und in § 1 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG niedergelegten Kostenerhebungspflicht, von der nur in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen abgewichen werden kann.

Schließlich hat der angefochtene Jahresgebührenbescheid 1999 auch durch den gemäß Art. 2 der Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung vom 14. September 2004 (NdsGVBl S. 322) rückwirkend zum 26. September 1999 in Kraft getretenen Abschnitt XIV der Anlage eine ausreichende Rechtsgrundlage nicht erhalten, denn diese Regelung ist mit dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Rückwirkungsverbot nicht zu vereinbaren.

Zu den wesentlichen Elementen des Rechtsstaatsprinzips gehört die Rechtssicherheit. Für den Bürger bedeutet Rechtssicherheit in erster Linie Vertrauensschutz. Der Staatsbürger soll sich grundsätzlich darauf verlassen können, dass der Gesetzgeber an abgeschlossene Tatbestände keine ungünstigeren Folgen knüpft, als im Zeitpunkt der Vollendung dieser Tatbestände voraussehbar war (echte Rückwirkung); demgemäß sind belastende Gesetze, die in schon abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreifen, wegen Verstoßes gegen das im Rechtsstaatsprinzip enthaltene Gebot der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes in aller Regel verfassungswidrig (st. Rspr. d. BVerfG, vgl. BVerfGE 11, 139, 145 f; 13, 261, 271; 22, 241, 248, 31, 222, 225). Das Vertrauen des Bürgers kann ferner unter Umständen Schutz dagegen beanspruchen, dass seine Rechtsposition nachträglich durch Vorschriften im Ganzen entwertet wird, die lediglich auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirken (unechte Rückwirkung). Auch bei unechter Rückwirkung kann der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes je nach der Lage des Einzelfalls der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers Schranken setzen (BVerfGE 1, 264, 280; 13, 274, 278; 21, 117, 132; 24, 220, 230; 25, 371, 406; 27, 231, 238).

Art. 2 der Verordnung zur Änderung der GOVet vom 14. September 2004 hat, soweit Abschnitt XIV der Anlage rückwirkend zum 26. September 1999 in Kraft tritt, eine echte Rückwirkung zur Folge, denn die Bestimmung greift nachträglich ändernd in vor ihrem Inkrafttreten bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände ein und knüpft an diese nunmehr eine andere Rechtsfolge. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Mit der Einführung eines differenzierten Gebührensystems für die Kennzeichnung und Registrierung von Rindern nach der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 und der Viehverkehrsverordnung durch die Verordnung zur Änderung der GOVet vom 19. Dezember 2000 hat der Verordnungsgeber darauf verzichtet, Abschnitt XIV rückwirkend in Kraft zu setzen und damit davon abgesehen, die vom 26. September 1999 bis zum 27. Dezember 2000 verwirklichten Amtshandlungen einer Gebührenpflicht zu unterwerfen. Dem lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, hierbei habe es sich um ein bloßes Versehen des Verordnungsgebers gehandelt. Gegen diese Annahme spricht, dass der Verordnungsgeber die Möglichkeit eines rückwirkenden Inkraftsetzens der Norm durchaus gesehen und in Art. 2 der Verordnung für andere Abschnitte davon mit Wirkung vom 6. Dezember 2000 Gebrauch gemacht hat. Zudem war dem Verordnungsgeber aufgrund seines Beleihungserlasses vom 27. September 1999 bekannt, dass der Beklagte seine Tätigkeit mit Wirkung vom 26. September 1999 aufgenommen hatte. Es kann deshalb nicht zweifelhaft sein, dass der Verordnungsgeber mit der Einführung des differenzierten Gebührentatbestands in Abschnitt XIV der Anlage zur GOVet und der in Art. 2 der Verordnung zur Änderung der GOVet vom 19. Dezember 2000 getroffenen Entscheidung hinsichtlich des Inkrafttretens der Verordnung am Tage nach ihrer Verkündung zugleich die Entscheidung getroffen hat, die nach Abschnitt XIV verwirklichten Gebührentatbestände für den Zeitraum vom 26. September 1999 bis zum 27. Dezember 2000 einer Gebührenpflicht nicht zu unterwerfen. Diese Entscheidung hat der Verordnungsgeber durch die Verordnung zur Änderung der GOVet vom 14. September 2004 revidiert, indem er in der Vergangenheit liegende, abgeschlossen geregelte Sachverhalte nunmehr einer anderen Regelung zuführt und die unter Abschnitt XIV fallenden Amtshandlungen, die den Zeitraum vom 26. September 1999 bis zum 27. Dezember 2000 betreffen, einer Gebührenpflicht unterwirft. Gegenüber diesem Wegfall der Begünstigung verdient der Bürger in seinem Vertrauen auf die bestehende Rechtsordnung den gleichen Schutz wie gegen die rückwirkende Belastung mit einem neu begründeten Gebührentatbestand (vgl. BVerfGE 30, 272, 286).

Ein Grund, das Vertrauen des Bürgers auf den ungeschmälerten Fortbestand der Regelung nicht zu schützen, besteht nicht.

Weder war das geltende Recht bis zum Erlass der Verordnung zur Änderung der GOVet vom 14. September 2004 unklar und verworren, denn gerade durch die Verordnung zur Änderung der GOVet vom 19. Dezember 2000 ist die bis zu diesem Zeitpunkt möglicherweise bestehende Unklarheit über die anzuwendenden Gebührentatbestände beseitigt worden, noch musste der Bürger im Hinblick auf die im Dezember 2000 mit ex-nunc-Wirkung erfolgte Einführung eines differenzierten Gebührensystems mit der Neuregelung rechnen (vgl. BVerfG, 1, 264, 280; 2, 237, 264 ff; 7, 129, 151 f; 8, 274, 304 f; 13, 261, 272 f; 27, 167, 173 f).

Schließlich rechtfertigen auch zwingende, dem Gebot der Rechtssicherheit übergeordnete Gründe des gemeinen Wohls die Rückwirkung im vorliegenden Fall nicht. Die vom Beklagten hervorgehobene besondere Bedeutung des Verbraucherschutzes rechtfertigt das rückwirkende Inkraftsetzen der Änderungsverordnung zur GOVet nicht, denn der Verbraucherschutz wird gewährleistet durch das durch die Verordnung (EG) Nr. 820/97 in Verbindung mit der Viehverkehrsverordnung eingeführte Kennzeichnungs- und Registrierungssystem und wird durch die Frage der Zulässigkeit einer rückwirkenden Gebührenerhebung nicht berührt. Da weitere Gründe des Gemeinwohls weder vom Beklagten vorgetragen noch sonst ersichtlich sind, verdient der Bürger in seinem Vertrauen auf die bestehende Rechtsordnung gegenüber dem rückwirkenden Wegfall eines ihn begünstigenden Gebührentatbestandes Schutz.

Selbst wenn mit dem Beklagten davon auszugehen wäre, dass es sich bei der Regelung in Art. 2 der Verordnung zur Änderung der GOVet vom 14. September 2004 um den Fall einer unechten Rückwirkung handeln sollte, wäre für das Berufungsbegehren des Beklagten nichts gewonnen. In einem solchen Fall wäre das Vertrauen des Einzelnen auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung mit der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit abzuwägen und nur wenn eine solche Abwägung ergäbe, dass das Vertrauen auf die Sicherheit der bestehenden Lage den Vorrang verdiente, erwiese sich die Rückwirkung als unzulässig (vgl. BVerfGE 25, 142, 154; 31,222, 227). Ein solcher Fall liegt hier vor.

Die von der Gebührenerhebung betroffenen Tierhalter mussten nach der Einführung eines differenzierten Gebührensystems durch die Verordnung zur Änderung der GOVet vom 19. Dezember 2000 nicht mit einer rückwirkenden Inkraftsetzung des die Kennzeichnung und Registrierung von Rindern nach der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 und der Viehverkehrsverordnung betreffenden Abschnitts XIV rechnen, nachdem der Verordnungsgeber in Art. 2 der Verordnung bestimmte andere Abschnitte rückwirkend in Kraft gesetzt hatte, für den Abschnitt XIV indes davon abgesehen hatte, obwohl ihm bekannt war, dass der Beklagte seine Tätigkeit bereits im September 1999 aufgenommen hatte. Vor diesem Hintergrund mussten sie davon ausgehen, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers eine Veranlagung zu Gebühren auf der Grundlage des neuen differenzierten Gebührentatbestandes nur in den Fällen erfolgen sollte, die nach Inkrafttreten der Änderungsverordnung vom 19. Dezember 2000 verwirklicht wurden. Mit einem rückwirkenden Inkraftsetzen nahezu vier Jahre nach Inkrafttreten der Änderungsverordnung mussten sie nicht mehr rechnen, so dass ihr Vertrauen in den Bestand des geltenden Rechts auch bei Annahme einer unechten Rückwirkung geschützt ist.

Ende der Entscheidung

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