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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 05.02.2008
Aktenzeichen: 11 LA 7/07
Rechtsgebiete: AufenthG, StlÜbK, VwGO


Vorschriften:

AufenthG § 25 Abs. 5 S. 1
AufenthG § 25 Abs. 5 S. 3
AufenthG § 25 Abs. 5 S. 4
AufenthG § 82 Abs. 1 S. 1
StlÜbK Art. 1 Abs. 1
StlÜbK Art. 28
VwGO § 124 Nr. 1
VwGO § 124 Nr. 5
Zur Beschaffung von Rückreisedokumenten und Personenstandsurkunden für Kurden aus dem Libanon.
Gründe:

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und die Ausstellung eines Reiseausweises für Staatenlose.

Der Kläger wurde am 10. Oktober 1973 in B. (Libanon) geboren. Er hielt sich im Zeitraum von 1981 bis 1983 gemeinsam mit seinen Eltern und acht - zwischen 1968 und 1981 geborenen - Geschwistern in der Bundesrepublik Deutschland auf und kehrte anschließend auf dem Luftweg in den Libanon zurück. Seinen Angaben zufolge reiste er am 22. August 2002 erneut in das Bundesgebiet ein. Er gab an, staatenloser Kurde aus dem Libanon zu sein; zuletzt habe er in B. bei seiner Großmutter gelebt. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte seinen Asylantrag mit unanfechtbar gewordenem Bescheid vom 22. November 2002 als offensichtlich unbegründet ab. Es stellte zugleich fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG offensichtlich nicht vorliegen und dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Ferner drohte es ihm die Abschiebung in den Libanon an.

Die Bezirksregierung Weser-Ems lehnte einen Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis und Ausstellung eines Reiseausweises für Staatenlose mit Bescheid vom 20. Oktober 2004 ab: Die vom Kläger vorgelegte Bescheinigung des libanesischen Innenministeriums (Generaldirektion des Personenstandes) vom 7. Juli 2003 könne nicht als Nachweis für die geltend gemachte Staatenlosigkeit dienen. Zwar werde darin bestätigt, dass nach Einsicht in die Register und in den Mikrofilm kein Eintrag für den Kläger und seine Eltern vorliege und er deshalb als staatenlos gelte, doch sei ein von der Deutschen Botschaft in Beirut beauftragter Vertrauensanwalt zu dem Ergebnis gekommen, es bestehe eine starke Vermutung dafür, dass es sich bei dem Dokument um eine nach Maß angefertigte Fälschung handele. Ihm könne auch eine Aufenthaltsbefugnis nicht erteilt werden, weil einer freiwilligen Ausreise und einer Abschiebung Hindernisse entgegenstünden, die er zu vertreten habe. Er habe bislang keinerlei Dokumente über seine Identität vorgelegt und sei damit seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen.

Mit Wirkung vom 1. Januar 2005 trat an die Stelle der Bezirksregierung Weser-Ems die Zentrale Aufnahme- und Ausländerbehörde Oldenburg, deren Nachfolgerin als Beklagte des vorliegenden Verfahrens seit Ende November 2006 die Zentrale Aufnahme- und Ausländerbehörde Braunschweig ist.

Einen Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das von ihm angestrengte Klageverfahren lehnte das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 1. Juli 2005 - 5 A 521/04 - ab. Die dagegen eingelegte Beschwerde wies das erkennende Gericht durch Beschluss vom 10. Februar 2006 - 10 PA 135/05 - zurück.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage durch Urteil vom 28. März 2006 ab.

Der auf § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 5 VwGO gestützte Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil bleibt ohne Erfolg.

1. Der Vortrag des Klägers im Zulassungsverfahren ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu begründen. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis und einen Reiseausweis für Staatenlose zu erteilen.

Mit dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes am 1. Januar 2005 ist das ursprünglich auf § 30 Abs. 3 AuslG gestützte Begehren des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu beurteilen.

Der Erteilung der nunmehr begehrten Aufenthaltserlaubnis steht aber bereits entgegen, dass der Kläger nicht im Sinne des § 25 Abs. 5 Sätze 3 und 4 AufenthG unverschuldet an einer Ausreise in den Libanon gehindert ist. Denn er hat zumutbare Anforderungen zur Erlangung eines libanesischen Passes bzw. Heimreisedokumentes bislang nicht erfüllt. Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass er staatenlos sei und die libanesische Botschaft in Berlin sich bei seiner Vorsprache am 15. Mai 2006 geweigert habe, ihm ein sog. Laissez-Passer für die Einreise in den Libanon auszustellen.

Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand lässt sich nicht feststellen, dass der im Libanon geborene und dort bis zum Alter von sieben Jahren wohnhafte Kläger staatenlos im Sinne des Art. 1 Abs. 1 StlÜbk ist. Vielmehr besteht nach dem bisherigen Akteninhalt durchaus die Möglichkeit, dass er die libanesische Staatsangehörigkeit besitzt. Es ist unstreitig, dass er sich in dem Zeitraum von 1981 bis 1983 gemeinsam mit seinen Eltern und acht Geschwistern im Bundesgebiet aufgehalten hatte und anschließend mit der gesamten Familie auf dem Luftweg nach Beirut zurückgekehrt war. Bis zu seiner Wiedereinreise nach Deutschland im August 2002 lebte er seinen Angaben zufolge ebenfalls im Libanon. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte und ihr folgend das Verwaltungsgericht sowie der (damals zuständige) 10. Senat des erkennenden Gerichts (Beschl. v. 10.2.2006) aus diesen Umständen den naheliegenden Schluss gezogen haben, dass der Kläger und seine Familie wahrscheinlich die libanesische Staatsangehörigkeit besitzen. Dafür spricht bereits, dass sie seinerzeit offensichtlich ohne Probleme wieder in den Libanon einreisen konnten, während Kurden aus dem Libanon, die staatenlos waren bzw. deren Staatsangehörigkeit nicht geklärt war, eine Rückkehr grundsätzlich nicht möglich war. Auch heute kann diesem Personenkreis ein Laissez-Passer u.a. nur dann erteilt werden, wenn ein deutscher Aufenthaltstitel oder eine Bescheinigung, dass ein solcher erteilt wird, vorgelegt wird. Anderenfalls wird der Antrag unbearbeitet zurückgeschickt. Dies ergibt sich aus dem Merkblatt der libanesischen Botschaft in Berlin, das dem Kläger bei seiner Vorsprache am 15. Mai 2006 ausgehändigt worden ist. Anders verhält es sich dagegen mit libanesischen Staatsangehörigen, die sich im Ausland aufhalten und über keinen gültigen libanesischen Reisepass mehr verfügen. Wenn diese in ihre Heimat zurückkehren wollen, stellt die libanesische Botschaft in Berlin auf entsprechenden Antrag Passersatzpapiere aus. Für dieses Verfahren ist es nicht zwingend notwendig, dass die Person ihre Identität mittels Dokumenten nachweisen kann. Sie muss aber bei der Antragstellung glaubhafte Angaben machen und in der Botschaft eine Willenserklärung über die freiwillige Rückkehr abgeben. Der Libanon erkennt nur solche Reisedokumente an, die von der zuständigen Innenbehörde (Sûreté Générale) oder einer seiner diplomatischen bzw. konsularischen Vertretungen im Ausland ausgestellt sind (vgl. zum Vorstehenden Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 29.11.2006, S. 27; Zentrale Aufnahme- und Ausländerbehörde Oldenburg, Auskunft v. 12.9.2005 an VG Hannover).

Soweit der Kläger geltend macht, ihm sei es nicht möglich, sich ein libanesisches Ausweispapier bzw. ein Laissez-Passer zu beschaffen, wie seine ergebnislose Vorsprache bei der libanesischen Botschaft in Berlin gezeigt habe, führt dies zu keiner für ihn günstigeren Beurteilung. Denn er hat selbst vorgetragen, dass er sich gegenüber der Botschaft als Staatenloser bezeichnet hat. Auch das von ihm vorgelegte Merkblatt der Botschaft betrifft - wie bereits erwähnt - den Antrag auf Ausstellung eines Laissez-Passer "für ungeklärte Staatenlose".

Ebenso wenig genügt zum Nachweis der vom Kläger behaupteten Staatenlosigkeit die von ihm vorgelegte Bescheinigung des libanesischen Innenministeriums vom 7. Juli 2003. Der von der Deutschen Botschaft in Beirut beauftragte Vertrauensanwalt hat dazu ausgeführt, es bestehe eine starke Vermutung dafür, dass es sich bei dem Dokument um eine "nach Maß angefertigte" Fälschung handele. Tatsächlich stelle die Leitung des Standesamtes keine negativen Bescheinigungen aus. Jedenfalls sei diese Behörde nicht berechtigt zu bescheinigen, dass Personen eine "geheime" Staatsangehörigkeit besäßen oder dass ihre Staatsangehörigkeit gerade geprüft werde. Bescheinigungen mit einem solchen Wortlaut könne nur die Sûreté Générale in dem Fall ausstellen, dass der Antragsteller in den von dieser Behörde geführten Registern registriert sei und in die "Spezialkategorien" passe. Dem Kläger ist es auch im Zulassungsverfahren nicht gelungen, die Aussagekraft dieser Bewertung des Vertrauensanwalts zu erschüttern.

Auskünfte des Auswärtigen Amtes haben nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allgemein einen hohen Beweiswert (vgl. etwa Urt. v. 22.1.1985 - 9 C 52.83 -, InfAuslR 1985, 147). Allerdings sind die Tatsachengerichte ausnahmsweise zu näherer Prüfung einer amtlichen Auskunft verpflichtet, wenn etwa gewichtige und fallbezogene Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der der Auskunft zugrunde liegenden Informationen geäußert werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31.8.2006 - 1 B 24.06 -). Daran fehlt es hier. Der anwaltlich vertretene Kläger beruft sich im Wesentlichen darauf, dass er insoweit im erstinstanzlichen Verfahren schriftsätzlich Sachverständigenbeweis angeboten habe, dem das Verwaltungsgericht jedoch nicht nachgegangen sei. Dies reicht indes nicht aus. Vielmehr hätte der Kläger näher darlegen müssen, welche konkreten Bedenken gegen die Auskunft des Auswärtigen Amtes bestehen. Darauf hat bereits der 10. Senat des erkennenden Gerichts im Beschluss vom 10. Februar 2006 (a.a.O.) hingewiesen, ohne dass der Kläger im weiteren Verlauf des Verfahrens die vermisste Substantiierung nachgeholt hat. Auch der gegenüber dem Verwaltungsgericht benannte Zeuge C. hätte dem Kläger in diesem Zusammenhang nicht weiterhelfen können. Zwar mag es zutreffen, dass Herr C. für den Kläger in den Libanon gereist ist und sich dort mit dessen Großmutter, welche die betreffende Bescheinigung vom libanesischen Innenministerium beschafft haben soll, in Verbindung gesetzt hat, doch ist nicht erkennbar, was dieser aus eigener Sachkunde zum Beweis der Echtheit der Bescheinigung beitragen soll.

Nach alledem hat der Kläger den ihm obliegenden Nachweis, dass er de jure-staatenlos im Sinne des Art. 1 Abs. 1 StlÜbK ist (vgl. dazu etwa BVerwG, Urt. v. 16.10.1990 - 1 C 15.88 -, BVerwGE 87, 11 = NVwZ 1991, 787; Nds. OVG, Beschl. v. 10.12.2007 - 2 LA 441/07 -, juris), nicht erbracht. Ihm ist es auch möglich und zumutbar, durch libanesische Behörden seine Staatsangehörigkeit klären zu lassen. Wie sich aus den dem Senat vorliegenden Erkenntnismitteln ergibt (vgl. Deutsche Botschaft in Beirut, Schreiben v. 1.3.2007 an den Abgeordneten des Niedersächsischen Landtags Voigtländer; Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 29.11.2006, S. 28; Deutsche Botschaft in Beirut, Auskunft v. 6.6.2005 an Landkreis Aurich; Merkblatt der Deutschen Botschaft in Beirut zur Beschaffung von Personenstandsurkunden aus dem Libanon, Stand: Mai 2005; Deutsche Botschaft in Beirut, Auskunft v. 28.1.2004 an VG Cottbus; Bezirksregierung Weser-Ems, Schreiben v. 7.7.2003 an Stadt Hannover), kann grundsätzlich jeder, der sich über längere Zeit legal im Libanon aufgehalten hat, von den dortigen Behörden Unterlagen erhalten, die seine Identität und seine Staatsangehörigkeit belegen. Sowohl für libanesische Staatsangehörige als auch für Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit oder Staatenlose gibt es Personenstandsregister, aus denen auch nachträglich Unterlagen beschafft werden können. Entscheidende Bedeutung kommt dabei allerdings der Mitwirkungsbereitschaft des Betreffenden zu, denn diese Register werden numerisch geführt. Es ist zur Beschaffung von Urkunden daher erforderlich, dass Angaben zu Registerort und Registernummer vorliegen. Der in der Regel schnellste und kostengünstigste Weg, Personenstandsurkunden aus dem Libanon zu beschaffen, besteht darin, dass Verwandte oder Bekannte im Libanon bevollmächtigt werden, sie bei der Beschaffung zu vertreten. Dabei ist zu beachten, dass eine notarielle Beglaubigung der Unterschrift auf der Vollmacht sowie die Legalisation der Vollmacht durch die libanesische Botschaft erforderlich ist. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, dass der Betreffende einen Rechtsanwalt seines Vertrauens im Libanon einschaltet. Mit einem solchen Registerauszug können dann von der libanesischen Botschaft in Berlin Rückreisedokumente ausgestellt werden.

Auch die Zentrale Aufnahme- und Ausländerbehörde Oldenburg hat den Kläger in der Vergangenheit wiederholt auf die Möglichkeit der Beschaffung eines Laissez-Passer für die Ausreise in den Libanon hingewiesen. Als Ansprechpartner für weitere Auskünfte hat sie Herrn Lübeck als zuständigen Sachbearbeiter benannt. Gleichwohl hat der Kläger von den aufgezeigten Möglichkeiten keinen Gebrauch gemacht. Stattdessen hat er sich im Wesentlichen darauf zurückgezogen, dass er staatenlos sei. Liegt aber das Ausreisehindernis in der Passlosigkeit des Ausländers bzw. im Fehlen des erforderlichen Heimreisedokuments und steht fest, dass die zuständigen Behörden des Heimatlandes derartige Papiere grundsätzlich ausstellen, so trifft den Ausländer die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er die erforderlichen und zumutbaren Anstrengungen, ein solches Papier zu erhalten, unternommen hat (vgl. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.6.2007 - 3 B 34.05 -, juris; OVG NRW, Beschl. v. 14.3.2006 - 18 E 924/04 -, InfAuslR 2006, 332). Allerdings dürfen von vornherein erkennbar aussichtslose Handlungen dem Ausländer nicht abverlangt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.6.2006 - 1 B 132.05 -, Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 3 unter Hinweis auf seinen Beschl. v. 16.12.1998 - 1 B 105.98 -, Buchholz 402.240 § 30 AuslG 1990 Nr. 10 zur vergleichbaren Vorgängerregelung des § 30 Abs. 4 AuslG). Ein derartiger Fall liegt hier aber nicht vor.

Für jeden libanesischen Staatsangehörigen besteht ein Grundregister, wobei es sich um das Register seines Vaters handelt (vgl. Deutsche Botschaft in Beirut, Auskunft v. 28.1.2004 an VG Cottbus). Dem Kläger sind - wie aus den Akten hervorgeht - der Familienname und Vorname seines Vaters sowie dessen Geburtsdatum und Geburtsort im Libanon bekannt. Er hätte deshalb unter Verwendung dieser Daten einen im Libanon lebenden Verwandten oder einen Rechtsanwalt seines Vertrauens bevollmächtigen und beauftragen können, die erforderlichen Nachforschungen anzustellen. Dies hat er aber bisher unter Verstoß gegen seine Mitwirkungspflichten (vgl. auch § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) versäumt. Der Einwand des Klägers, er wisse nicht, wo sich seine Eltern im Libanon aufhielten, da er sich mit seinem Vater zerstritten habe, greift nicht durch. Der Senat hat erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Behauptung, da er noch bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 30. August 2002 angegeben hatte, dass seine Eltern in B. lebten. Aber selbst wenn er keinen Kontakt mehr zu ihnen haben sollte, müsste er sich darauf verweisen lassen, dass er sich stattdessen an seine Geschwister wenden könnte. Der Kläger hat bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt nämlich erklärt, dass im Libanon noch neun Geschwister von ihm lebten. Der Senat hält es für unwahrscheinlich, dass auch der Kontakt zu allen neun Geschwistern abgebrochen ist. Dies wäre auch vor dem Hintergrund des - wie dem Senat aus zahlreichen Verfahren bekannt ist - in kurdischen Bevölkerungskreisen traditionell besonders stark ausgeprägten familiären Zusammenhalts lebensfremd. Dass der Kläger heute noch über persönliche Verbindungen zum Libanon verfügt, wird auch daran deutlich, dass er erfahren haben will, dass seine Großmutter zwischenzeitlich verstorben ist. Aber selbst wenn der Kläger nicht wüsste, wo sich seine Geschwister oder andere im Libanon lebende Verwandte/Bekannte aufhalten, wäre es ihm jedenfalls zuzumuten, einen Vertrauensanwalt einzuschalten. An den Kosten dürfte dies nicht scheitern, da die Bezirksregierung Weser-Ems auch im Jahr 2004 die Gebühren für die Tätigkeit des Vertrauensanwalts bei der Überprüfung der Bescheinigung vom 7. Juli 2003 übernommen hatte.

Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand ist deshalb davon auszugehen, dass der Kläger bislang zumutbare und ihm mögliche Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses nicht erfüllt hat. Damit kann ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht erteilt werden.

Eine Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger einen Reiseausweis für Staatenlose gemäß § 28 StlÜbK auszustellen, besteht ebenfalls nicht. Dies scheitert schon daran, dass - wie dargelegt - von einer de jure-Staatenlosigkeit des Klägers nicht ausgegangen werden kann.

Sollte es dem Kläger aber nachweisbar und aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht gelingen, die erforderlichen Personenstandsdokumente aus dem Libanon zu erhalten, hätte er alles in seiner Kraft Stehende und ihm Zumutbare getan, um das Abschiebungshindernis zu beseitigen. In einem solchen Fall hätte er die Möglichkeit, einen neuen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und Ausstellung eines Reiseausweises für Staatenlose zu stellen.

2. Auch die Verfahrensrüge des Klägers (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) führt nicht zur Zulassung der Berufung.

Der Senat hat bereits Zweifel, ob der Kläger diesen Zulassungsgrund rechtzeitig geltend gemacht hat. Nach § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Das angefochtene Urteil wurde dem Kläger am 26. April 2006 zugestellt, so dass die Begründungsfrist am 26. Juni 2006 ablief. Während der Kläger den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO fristgerecht geltend gemacht hat, ist der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO erst im Schriftsatz vom 19. Januar 2007 und damit weit verspätet benannt worden. Allerdings hatte der Kläger sich bereits im Schriftsatz vom 26. Juni 2006 - per Fax am selben Tag eingegangen - im Rahmen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darauf berufen, dass er Sachverständigenbeweis zur Echtheit der von ihm vorgelegten libanesischen Bescheinigung angeboten habe, dem das Gericht jedoch nicht nachgegangen sei. Außerdem hatte er in diesem Schriftsatz vorgetragen, dass das Verwaltungsgericht dazu den von ihm benannten Zeugen Bilal hätte vernehmen müssen. Ob diese im Rahmen eines anderen Zulassungsgrundes erhobenen Einwände ausreichen, die Zweifel an der fristgerechten Geltendmachung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO auszuräumen, kann aber letztlich dahinstehen. Denn die Voraussetzungen dieses Zulassungsgrundes sind jedenfalls nicht erfüllt.

Zwar ist es richtig, dass der Kläger entsprechende Beweisanträge schriftsätzlich gestellt hat, doch ist er darauf in der mündlichen Verhandlung vom 28. März 2006 ausweislich der Sitzungsniederschrift nicht zurückgekommen. Beweisangebote in vorbereitenden Schriftsätzen sind, wenn sie - wie hier - nicht in der mündlichen Verhandlung formell als Beweisantrag gestellt werden, aber nur als Anregung zur Beweiserhebung durch das Gericht von Amts wegen zu werten; es liegt im Ermessen des Gerichts, ob es derartigen Anregungen nachgeht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 86 Rn. 19 m. Nachw. a. d. Rspr.). Dass hier ein Ermessensfehler des Verwaltungsgerichts vorgelegen haben könnte, ist nicht ersichtlich. Der Senat hat unter 1. vielmehr ausgeführt, dass das Verwaltungsgericht nicht gehalten war, den Beweisanregungen des Klägers zu entsprechen. Da sich dem Verwaltungsgericht die nunmehr vom Kläger vermisste Beweiserhebung nicht hätte aufdrängen müssen, liegt ebenfalls kein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht des § 86 Abs 1 VwGO vor.

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass dem Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg nicht stattgegeben werden konnte (vgl. § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

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