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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 14.02.2007
Aktenzeichen: 12 KN 399/05
Rechtsgebiete: GG, NStrG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
NStrG § 52 Abs. 2
NStrG § 52 Abs. 4
1. Die Übertragung der Straßenreinigungspflichten auf die Anlieger ist rechtswidrig, wenn die Erfüllung der Pflichten wegen der Verkehrsverhältnisse oder aus anderen Gründen mit überobligationsmäßigen, unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden und deshalb den Anliegern nicht zuzumuten ist.

2. In einer Straße, in der wegen des umfangreichen Baumbestandes mit erheblichem Laubfall zu rechnen ist, kann die Übertragung der Pflicht zur Fahrbahnreinigung während der Hauptzeit des Laubfalls die Zumutbarkeitsgrenze nach den Umständen des Einzelfalls überschreiten.


NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG URTEIL

Aktenz.: 12 KN 399/05

Datum: 14.02.2007

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich gegen die Straßenreinigungssatzung der Antragsgegnerin in Gestalt der 3. Änderungssatzung, soweit damit der F. in G. in das Straßenverzeichnis 0 aufgenommen worden ist.

Der Antragsteller ist Alleineigentümer des im nördlichen Teil des H. auf der Westseite belegenen und ca. 25 m breiten Grundstücks F. 39. Zwischen Fahrbahn und Gehweg befindet sich auf der Ostseite zumeist ein Seitenstreifen. Auf diesem, teilweise auf dem Gehweg befanden sich zum Zeitpunkt des Satzungserlasses insgesamt über 40 Rosskastanien, deren Alter auf ca. 100 Jahre geschätzt wird. Gegenüber dem Grundstück des Antragstellers standen seinerzeit vier dieser Kastanien; kürzlich sind davon zwei aus Altersgründen und wegen Schadhaftigkeit entfernt worden. In unmittelbarer Nachbarschaft des Grundstücks ist in beiden Fahrtrichtungen jeweils eine Bushaltestelle eingerichtet.

Gemäß § 2 Abs. 1 der Satzung der Antragsgegnerin über die Durchführung der Straßenreinigung in der Stadt G. (Straßenreinigungssatzung) vom 19. Februar 1997 wird die Reinigungspflicht einschließlich Winterdienst hinsichtlich der in dem anliegenden Straßenverzeichnis 0 genannten öffentlichen Straßen den Eigentümern der angrenzenden bebauten und unbebauten Grundstücke (mit Ausnahme der Bereitstellung und Leerung der Abfallbehälter) auferlegt. Zu den Straßen im Sinne des Absatzes 1 gehören nach § 2 Abs. 2 Straßenreinigungssatzung die öffentlichen Straßen, Wege und Plätze einschließlich der Fahrbahnen, Gehwege, Gossen, Radwege, Parkspuren, Grün-, Trenn-, Seiten- und Sicherheitsstreifen ohne Rücksicht darauf, ob und wie die einzelnen Straßenteile befestigt sind. Art, Maß und räumliche Ausdehnung der Straßenreinigung hat die Antragsgegnerin mit ihrer am 19. Februar 1997 erlassenen Verordnung (VO-Straßenreinigung) geregelt. Nach § 1 Abs. 1 umfasst die Reinigungspflicht insbesondere die Beseitigung von Schmutz, Laub, Gras, Moos, Papier und Unrat. Sie erstreckt sich jeweils bis zur Mittellinie der Straße (§ 2 Abs. 1 Satz 2 VO-Straßenreinigung). Der Reinigungspflicht ist bezüglich der im Straßenverzeichnis 0 aufgeführten Straßen nach Bedarf nachzukommen (§ 2 Abs. 3 Satz 2 VO-Straßenreinigung).

Mit Artikel I der 3. Änderungssatzung der Antragsgegnerin vom 8. Oktober 2003, veröffentlicht am 10. Oktober 2003 im Amtsblatt für den Landkreis I., Nr. 13/2003, und in Kraft getreten am 1. November 2003, fasste die Antragsgegnerin die Straßenverzeichnisse neu und stufte u.a. den F. nunmehr in die Reinigungsklasse 0 ein. Damit obliegt den Eigentümern der anliegenden Grundstücke seither auch die Fahrbahnreinigung, während nach der zuvor bestehenden Einstufung in die Reinigungsklasse 2 die Reinigungspflicht nur teilweise, nämlich hinsichtlich der Geh- und Radwege, Seiten- und ähnlichen Streifen sowie der Gossen, übertragen worden war.

Zur Begründung des am 7. September 2005 gestellten Normenkontrollantrags macht der Antragsteller geltend: Die aus Kostengründen beschlossene erweiterte Übertragung der Reinigungspflicht sei ihm unzumutbar und rechtswidrig. Im Herbst fielen erhebliche Mengen an Laub an, die vom Wind, aber auch von vorbeifahrenden Fahrzeugen, auf Fahrbahn und Gehweg verteilt würden und sich stellenweise 30 bis 50 cm hoch aufschichteten. Auch während der Kastanienblüte im Mai entstehe eine klebrige Schicht aus zerfahrenen Blüten. Bereits die Reinigung des Gehweges von Herbstlaub stelle die Anlieger vor Herausforderungen, die erheblich über das hinaus gingen, was den Grundstückseigentümern benachbarter Straßen ohne oder mit nur geringem Bestand großkroniger Straßenbäume abverlangt werde. Die Laubmengen seien für Privatpersonen ohne Maschinenpark und Entsorgungseinrichtungen nicht zu bewältigen. Ein erheblicher Teil des Laubs falle auf die Fahrbahn und bilde gerade bei feuchter Witterung einen Schmierfilm, der nur äußerst schwer vom Straßenbelag zu entfernen sei. Es treffe nicht zu, dass sich der größte Teil des Laubs in der Gosse oder auf dem Randstreifen ansammle. Ohne Fahrzeuge, Personal und Gerät der Antragsgegnerin sei dem Laub nicht beizukommen. Bereits die getrennte Sammlung und Entsorgung von - kompostierbarem - "Gehweglaub" und dem als Verbrennungsmüll zu behandelnden "Fahrbahnlaub" sei für einen Anlieger mit herkömmlichen Mitteln (Straßenbesen, Mülltonne und Komposthaufen) bei derartigen Mengen nicht mehr zu bewältigen. Reinigungsarbeiten dieses Umfangs seien im öffentlichen Verkehr grundsätzlich nur bei Teilsperrung der Fahrbahn und entsprechender Absicherung des Arbeitsbereiches sowie unter Anlegung von Warnkleidung zulässig, damit eine Gefährdung der mit der Reinigung befassten Personen und der anderen Verkehrsteilnehmer vermieden werde. Eine kommunale Straßenreinigungspflicht aber, die nur mit Kehrmaschine, Behältern und Fahrzeug für Zwischenlagerung und Abtransport des Kehrgutes und nur mit Absicherungsmaßnahmen im Fahrbahnbereich zu bewältigen sei, könne nicht wirksam auf die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke abgewälzt werden.

Zudem drohe ihm - dem Antragsteller - sogar die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung wegen fahrlässiger Körperverletzung, wenn Verkehrsteilnehmer durch die glitschige Schicht zerfahrenen Laubs die Kontrolle über Fahrrad oder Pkw verlören und infolge unterlassener Reinigung der Fahrbahn einen Körperschaden erlitten, denn mit der Übertragung der Reinigungspflicht gehe auch die Verkehrssicherungspflicht auf ihn über.

Die Zuordnung des H. zur Reinigungsklasse 0 sei fehlerhaft, denn er weise deutlich mehr Verkehr auf als eine reine Wohn- und Anliegerstraße. Die am 16. September 2004 ermittelte Gesamtbelastung der Straße mit 1227 Fahrzeugen in 24 Stunden vermittle ein unzutreffendes Bild der tagsüber erreichten Verkehrsbelastung, weil in den Nachtstunden zwischen 22.00 und 6.00 Uhr an beiden Zählstellen jeweils nur 23 Fahrzeuge gezählt worden seien. Für die Tagstunden (6.00 bis 22.00 Uhr) seien 1181 Fahrzeugbewegungen festgehalten worden. Dies entspreche einer durchschnittlichen Verkehrsbelastung von 74 Fahrzeugen je Stunde; die Spitzenbelastung je Stunde habe 122 Fahrzeuge betragen. Im Übrigen halte eine Mehrheit der Verkehrsteilnehmer die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h nicht ein. Die gewählten Zählpunkte erfassten zudem nicht den an- und abfahrenden Schulverkehr zur J. -Grund- und Hauptschule. Gleiches gelte für die Anfahrten der britischen Soldaten, die sein Haus passierten, um dann an der J. -Schule vorbei die Kaserne zu erreichen, sowie für den regen An- und Abfahrtverkehr zum und vom Einkaufszentrum für die britischen Streitkräfte am F. 30. Hinzu komme der Linien- und Schulbusverkehr. Davon abgesehen seien bei der Zuordnung des H. zur Reinigungsklasse 0 allein der Ausbauzustand, die Verkehrsbelastung und die erlaubten Geschwindigkeiten entscheidend gewesen, während die besonderen örtlichen Gegebenheiten, nämlich ein ungewöhnlich ausgeprägter Bestand großkroniger Straßenbäume in unmittelbarer Nähe zur Fahrbahn, bei der Entscheidung der Antragsgegnerin, den Anliegern neben der Reinigung des Gehweges auch die Reinigung der Fahrbahn bis zur Straßenmitte aufzuerlegen, in keiner Weise berücksichtigt worden seien.

Tatsächlich erkenne die Antragsgegnerin auch an, dass die Beseitigung des Laubs von den Anwohnern nicht zu bewältigen sei und setze deshalb zahlreiche Mitarbeiter und Fahrzeuge, darunter die noch im Fuhrpark verbliebene (einzige) Kehrmaschine ein, die das von den Anliegern zusammengekehrte Laub abholten. Die Antragsgegnerin sei hingegen nicht bereit, verbindlich zuzusagen, dass das Laub auf der Fahrbahn auch künftig von ihr beseitigt werde.

Der Antragsteller beantragt,

die Anlage zur Satzung der Antragsgegnerin über die Durchführung der Straßenreinigung in der Stadt G. (Straßenreinigungssatzung vom 19. Februar 1997) in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 8. Oktober 2003, amtlich bekannt gemacht im Amtsblatt für den Landkreis I. (Nr. 13 vom 10. Oktober 2003) für unwirksam zu erklären, soweit die Gemeindestraße "F." in G. in das Straßenverzeichnis 0 aufgenommen worden ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie erwidert: Die Aufnahme der Straße "F." in das Straßenverzeichnis 0 verstoße weder gegen § 52 Abs. 4 Satz 3 des Niedersächsischen Straßengesetzes (NStrG) noch gebe es andere Gründe, die das Verdikt der (Teil-)Ungültigkeit der Satzung rechtfertigen könnten. Soweit der Antragsteller auf die Verkehrsbelastung der Straße und den auf die Herbstwochen beschränkten stärkeren Laubfall abhebe, seien diese Aspekte nicht geeignet, das Tatbestandsmerkmal unzumutbarer Verkehrsverhältnisse im Sinne dieser Vorschrift zu erfüllen. Dem Laubfall komme bei der rechtlichen Beurteilung ohnehin keine eigenständige Bedeutung zu. Ausschlaggebend dürfte im Hinblick auf die Verkehrsverhältnisse vorrangig die Verkehrsbedeutung der Straße sein. Diese liege gemessen an der Kategorisierung durch die Verkehrsplanung, der tatsächlichen Fahrzeugbelastung und der straßenverkehrsrechtlichen Einordnung, wie auch unter Berücksichtigung der den Umfang der Straßenreinigung bestimmenden Vorschriften in einem Bereich, der die Zumutbarkeitsschwelle bezogen auf die Straßenverkehrsverhältnisse nicht überschreite. Der F. sei im Hinblick auf seine Verkehrsbelastung von untergeordneter Bedeutung, es handele sich bei ihm allenfalls um eine Wohnsammelstraße, für die eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h angeordnet sei. Angesichts der ermittelten tatsächlichen Verkehrsbelastung von 1227 Fahrzeugen/24 h lasse die dort geforderte Bedarfsreinigung eine unzumutbare Gefährdung des Antragstellers bei einer Reinigung (eines Teils) der Fahrbahnfläche nicht erwarten. Daran änderten auch die auf die J. -Schule, die Kaserne und das Einkaufszentrum der britischen Streitkräfte bezogenen Verkehre nichts.

Wegen des Vortrags der Beteiligten im einzelnen wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie die weiteren von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Eine solche Regelung hat der niedersächsische Gesetzgeber mit § 7 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung geschaffen. Der Antragsteller ist auch antragsbefugt, denn er kann geltend machen, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein. Der Antrag ist zutreffend gegen die Antragsgegnerin als diejenige Körperschaft gerichtet worden, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Er ist auch innerhalb der gesetzlich bestimmten Frist von zwei Jahren nach Bekanntmachung der 3. Änderungssatzung vom 8. Oktober 2003 gestellt worden.

II. Der auf die Wiederherstellung der früheren Rechtslage zielende Antrag des Antragstellers, die Anlage zur Satzung der Antragsgegnerin über die Durchführung der Straßenreinigung in der Stadt G. (Straßenreinigungssatzung vom 19. Februar 1997) in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 8. Oktober 2003 für unwirksam zu erklären, soweit die Gemeindestraße "F." in G. in das Straßenverzeichnis 0 aufgenommen worden ist, ist teilweise begründet.

1. Mit der durch diese Änderungssatzung erfolgten Neufassung des Straßenverzeichnisses wird dem Antragsteller gemäß § 2 i. V. m. § 4 der Straßenreinigungssatzung und der dort enthaltenen Verweisung auf die Verordnung über Art, Maß und räumliche Ausdehnung der Straßenreinigung (VO-Straßenreinigung) in der Fassung vom 19. Februar 1997 die Reinigungspflicht umfassend und nunmehr - darin liegt die Änderung gegenüber der bisherigen Sach- und Rechtslage - auch hinsichtlich der Fahrbahn bis zur Mittellinie (§ 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 VO-Straßenreinigung) übertragen. Die Antragsgegnerin hat damit von der in § 52 Abs. 4 Satz 1 NStrG enthaltenen Ermächtigung Gebrauch gemacht, wonach die Gemeinden durch Satzung, hinsichtlich derer hier Form- oder Verfahrensfehler nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich sind, die ihnen grundsätzlich obliegenden Straßenreinigungspflichten (§ 52 Abs. 2 NStrG) ganz oder zum Teil den Eigentümern der anliegenden Grundstücke auferlegen können. Gemäß § 52 Abs. 1 Satz 2 NStrG sind Art, Maß und räumliche Ausdehnung der ordnungsgemäßen Straßenreinigung von der Gemeinde durch Verordnung nach § 55 Nds. SOG zu regeln.

Den Gemeinden steht bei der Schaffung ihres Ortsrechts und damit auch bei Erlass von Satzungen ein Gestaltungsspielraum im Sinne eines normativen Ermessens zu. Dieses normative Ermessen wird beim Erlass von Straßenreinigungssatzungen in Niedersachsen durch die normative Vorgabe des Landesgesetzgebers in § 52 NStrG sowie durch die Grundrechte der Straßenanlieger (Art. 2 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG), aber auch durch das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) begrenzt. Danach ist es - wie der Senat bereits früher entschieden hat (vgl. etwa Beschluss v. 14.12.1992 - 12 K 113/92) - grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der gemeindliche Ortsgesetzgeber den Straßenanliegern die Reinigung nicht nur der vor den Grundstücken der Straßenanlieger belegenen Gehwegabschnitte, sondern auch der Fahrbahnabschnitte auferlegt. § 52 Abs. 4 Satz 1 NStrG lässt eine derart umfassende Übertragung der Reinigungspflicht im Ansatz zu. Dagegen bestehen auch aus verfassungsrechtlicher Sicht grundsätzlich keine durchgreifenden Bedenken. Die Heranziehung entspricht dem Herkommen ("jeder kehre vor seiner Tür") und ist Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG). Danach können dem Grundstückseigentümer als Straßenanlieger zum Ausgleich für die ihm durch die Straßenanbindung zuwachsenden Vorteile im öffentlichen Interesse Straßenreinigungspflichten auferlegt werden. Darin liegt auch kein Verstoß gegen das Grundrecht der persönlichen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), denn derartige Pflichten brauchen von den Betroffenen nicht persönlich erfüllt zu werden; sie können sich vielmehr Dritter bedienen (vgl. Senat, Beschl. v. 14.12.1992, a. a. O.).

Für eine Übertragung der Reinigungspflicht auf die Straßenanlieger bestehen jedoch Grenzen. Gemäß § 52 Abs. 4 Satz 3 NStrG können die Reinigungspflichten nicht übertragen werden, wenn sie den Eigentümern wegen der Verkehrsverhältnisse nicht zuzumuten sind. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Straßenanlieger die Reinigungsverpflichtung wegen der Verkehrsverhältnisse nur unter Gefahren für Leib und Leben erfüllen könnten (Senat, Beschl. v. 14.12.1992, a. a. O.). Indes erschöpft sich die Frage nach der Zulässigkeit der Übertragung nicht in einer Prüfung der Verkehrsverhältnisse. Sie findet ihre Grenze (allgemein) dort, wo die Erfüllung der Reinigungspflichten mit überobligationsmäßigen, unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden und deshalb dem Anlieger nicht zuzumuten ist. Insofern ist die gesetzliche Regelung in § 52 Abs. 4 Satz 3 NStrG Ausdruck eines weitergehenden Rechtsgedankens, der allgemeine Geltung beanspruchen kann und besagt, dass die Erfüllung einer Verpflichtung dann nicht mehr verlangt werden kann, wenn der Verpflichtete dadurch zu Opfern genötigt würde, die über die seiner Verpflichtung nach ihrem Sinne innewohnende Belastungsgrenze hinausgehen (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 22.3.1962 - I OVG A 10/61 -, OVGE 18, 334, 339 f.; ferner Bauer, in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Aufl., Kap. 41 Rn. 16, S. 1372; Wendrich, NStrG, 4. Aufl., § 52 Rn 11). Will die Gemeinde ihren Bürgern als Grundstückseigentümern die Straßenreinigungspflicht auferlegen, so hat sie mithin sorgfältig zu prüfen, bei welchen Straßen dies nach den örtlichen Gegebenheiten, insbesondere nach dem auf der jeweiligen Straße üblicherweise herrschenden Straßenverkehr, und in welchem Maße zumutbar ist oder nicht.

2. Diesen Anforderungen ist die Antragsgegnerin nicht in vollem Umfang gerecht geworden. Für diese Beurteilung sind auch die Bestimmungen der StraßenreinigungsVO in den Blick zu nehmen, durch die nach § 4 der Straßenreinigungssatzung Art, Maß und räumliche Ausdehnung der übertragenen Straßenreinigungspflichten geregelt werden.

a) Die Antragsgegnerin ist bei der Einordnung der Straßen in die Reinigungsklassen von der Kategorisierung der Straßen in ihrem Verkehrsentwicklungsplan ausgegangen und hat maßgeblich auf den Ausbauzustand, die Verkehrsbelastung und die erlaubten Geschwindigkeiten abgestellt. Nach diesen Maßstäben hat sie den F., für den eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h angeordnet ist, als Anlieger- und Wohnsammelstraße eingeordnet, der eine wichtige innerörtliche Erschließungsfunktion nicht zukomme (vgl. zu den Kriterien Bl. 317 des Verwaltungsvorgangs, Bd. II = Beiakte C). Diese Beurteilung leidet als solche jedenfalls nicht an offensichtlichen Mängeln.

Bei der Rechtskontrolle ist zu berücksichtigen, dass - wie bereits ausgeführt - den Gemeinden bei der Schaffung ihres Ortsrechts und damit auch bei Erlass von Satzungen ein Gestaltungsspielraum im Sinne eines normativen Ermessens zusteht (vgl. Senat, Beschl. v. 14.12.1992, a. a. O.). Das bedeutet für den Erlass von Straßenreinigungssatzungen, dass dem Ortsgesetzgeber auch ein eigenständiger und insoweit gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, als die Rechtsetzung die Einstufung einer Straße im Straßenverzeichnis, die auch wertende Elemente enthält, betrifft. Die Antragsgegnerin ist bei der Klassifizierung der Straßen in der Weise vorgegangen, dass sie in das Straßenverzeichnis 2 alle Ortsdurchfahrten der Bundes-, Landes- und Kreisstraßen, Hauptverkehrsstraßen, verkehrswichtige innerörtliche Verkehrsstraßen sowie Zufahrten zu den Hamelner Parkhäusern/Tiefgaragen aufgenommen hat. Demgegenüber sind in das Straßenverzeichnis 0 alle Anlieger-, Erschließungs- und Zone-30-Straßen, sofern sie nicht die vorgenannten Kriterien erfüllen, Industrie- und Industriesammelstraßen, Wohn- und sonstige Sammelstraßen eingetragen worden. Dass die Antragsgegnerin damit ein von vornherein unbrauchbares Konzept verfolgt oder ungeeignete Differenzierungskriterien zugrunde gelegt hat, macht der Antragsteller nicht geltend und ist auch sonst nicht ersichtlich. Auch was die Klassifizierung des H. unter verkehrlichen Gesichtspunkten angeht, drängen sich erhebliche Mängel nicht auf. Die Einstufung dieser Straße in die Reinigungsklasse 2 wäre, da die sonstigen Straßenarten nicht ernsthaft in Betracht kommen, allenfalls dann geboten gewesen, wenn der F. eine verkehrswichtige, innerörtliche (Erschließungs-)Straße darstellte. Dafür bietet aber die am 16./17. September 2004 im F. vor den Hausnummern 5/7 durchgeführte Verkehrszählung über 24 Stunden, die eine Gesamtbelastung der Straße mit 1227 Fahrzeugen/24 h und eine Spitzenstundenbelastung in der Zeit von 12.00 bis 13.00 Uhr mit 122 Fahrzeugen ergeben hat, keinen hinreichenden Anhalt. Da der F. von verkehrlich bedeutsameren Straßen gewissermaßen eingerahmt wird, sprechen auch Lage und Funktion im innerstädtischen Verkehrsnetz nicht für eine solche Annahme. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der F. in bedeutsamem Umfang als "Schleichweg" benutzt würde.

Allerdings macht der Antragsteller geltend, dass die Ergebnisse der Verkehrszählung für die Verhältnisse im nördlichen Teil der H. und damit im Bereich seines Grundeigentums nicht hinreichend aussagekräftig seien. An den gewählten Zählpunkten sei der an- und abfahrende Verkehr zur J. -Grund- und Hauptschule, der morgens ab etwa 7.15 Uhr und auch zur Mittagszeit besonders im nördlichen Teil der Straße zum Tragen komme, nicht erfasst worden; gleiches gelte für die An- und Abfahrten der britischen Soldaten, die sein Haus passierten, um dann an der J. -Schule vorbei die Kaserne zu erreichen, und die von dem Einkaufszentrum für britische Streitkräfte am F. 30 (Ecke K. straße) angezogenen Verkehre. Der Antragsteller verweist damit auf Umstände, die als gewichtige Anzeichen dafür verstanden werden können, dass in dem hier in Rede stehenden nördlichen Teil des L. mit einer eher höheren Verkehrsbelastung gerechnet werden muss. Jedenfalls ist die Antragsgegnerin dieser grundsätzlich plausiblen Annahme nicht mit konkreten, in diesem Bereich ermittelten Verkehrszahlen entgegengetreten, die geeignet wären, diese Annahme zu widerlegen. Dass die vom Antragsteller genannten Nutzungen einen gewissen Ziel- und Quellverkehr auszulösen vermögen, hat im Übrigen auch die Antragsgegnerin nicht bestritten, auch wenn sie dessen Bedeutung als geringer einzuschätzen geneigt ist als der Antragsteller. Muss somit zum einen davon ausgegangen werden, dass zumindest das in der Nachbarschaft des Grundstücks des Antragstellers gelegene Einkaufszentrum der britischen Streitkräfte geeignet ist, im besonderen Maße motorisierten Kundenverkehr anzuziehen, so ist zum anderen festzustellen, dass nicht nur vereinzelt Schulbusse den F. befahren, sondern dort auch ein Linienbusverkehr mit im Allgemeinen zwei Verbindungen je Stunde und Richtung anzutreffen ist, wobei sich eine Haltestelle für jede Richtung in unmittelbarer Nachbarschaft des Grundstücks des Antragstellers befindet.

Gleichwohl mag auch unter diesen Umständen die auch auf den Zuschnitt, Ausbauzustand und die vorhandene Geschwindigkeitsbeschränkung gestützte Einschätzung der Antragsgegnerin, dass der F. nicht als wichtige innerörtliche Verkehrsstraße einzuordnen sei, noch als vertretbar erscheinen. Zugleich ist aber nicht zu übersehen, dass es sich bei dem F. nicht um eine (besonders) ruhige, reine Anliegerstraße mit geringem Fahrzeugverkehr handelt, die allein der Erschließung der an sie oder an die Nachbarstraßen angrenzenden Wohnhausgrundstücke dient. Unter Würdigung aller die örtliche Verkehrslage prägenden Umstände bringt die Fahrbahnreinigung somit durchaus gesteigerte Risiken mit sich und erfordert eine erhöhte Wachsamkeit, wenn nicht besondere Sicherungsmaßnahmen (vgl. dazu auch die Regelung in § 35 Abs. 6 Satz 4 StVO für Sonderrechte in Anspruch nehmende Dienste).

b) Hier kommen aber noch weitere örtliche Besonderheiten hinzu. Wie ausgeführt, scheidet eine Übertragung der Reinigungspflicht nicht nur dort aus, wo sie allein wegen der Verkehrsverhältnisse, worauf § 52 Abs. 4 Satz 3 NStrG ausdrücklich verweist, unzumutbar ist. So verhält es sich auch, wenn die Erfüllung der Reinigungspflichten aus anderen Gründen mit überobligationsmäßigen, unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden und deshalb dem Anlieger nicht zuzumuten ist. In diesem Zusammenhang wird etwa vertreten, dass die Abwälzung der Reinigungspflicht auch dann unzumutbar sein kann, wenn die Reinigung nicht mit einfachen Hilfsmitteln zu bewältigen ist, sondern es eines besonderen, auch technischen Aufwandes bedarf (vgl. Wendrich, NStrG, 4. Aufl., § 52 Rn. 11). Eine Unzumutbarkeit kann auch dann gegeben sein, wenn der Umfang der Reinigungspflicht maßgeblich durch Umstände geprägt wird, die mit der "normalen" Erschließungsfunktion der Straße und dem aufgenommenen Verkehr nichts zu tun haben. In diesem Fall ist die Durchführung der Straßenreinigung eine vorwiegend im Allgemeininteresse liegende Aufgabe, hinter der die grundstücksbezogenen Interessen der Anliegen zurücktreten (so auch OVG Münster, Urt. v. 18.11.1996 - 9 A 5984/94 -, Gemeindehaushalt 2000, 136). Denn die Rechtfertigung für die Belastung der Anlieger mit der Reinigungspflicht liegt darin, dass den Anliegern der Weg zu ihrem Grundstück in aller Regel in besonderer Weise, vor allem durch gesteigerte Benutzung, zugute kommt (vgl. Bauer, a.a.O., R. 20, S. 1374). Die besondere Erwähnung der Zumutbarkeit unter verkehrlichen Gesichtspunkten als Begrenzung der Übertragungsmöglichkeit der Straßenreinigung auf die Anlieger in § 52 Abs. 4 Satz 3 NStrG lässt erkennen, dass der Gesetzgeber die Belastungsgrenze jedenfalls dort als überschritten ansieht, wo die gewöhnlichen Vorteile, die die Straße dem Anlieger auf Grund ihrer Erschließungsfunktion bietet, durch andere belastende Elemente überlagert werden (vgl. OVG Münster, Urt. v. 18.11.1996 a.a.O).

Derartige, die Unzumutbarkeit begründende besondere Umstände sind im Fall des L. gegeben. Die Lage dort ist dadurch gekennzeichnet, dass in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Änderungssatzung die Ostseite der Straße mit insgesamt über 40 großkronigen Kastanien (ca. 100 Jahre alt) bestanden war und nach Angaben der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung auch gegenwärtig noch mit 39 Kastanien bestanden ist. Davon befanden sich seinerzeit vier und befinden sich gegenwärtig noch zwei gegenüber dem Grundstück des Antragstellers. Zwar mag einerseits das Vorhandensein dieser Kastanien - jedenfalls außerhalb der Laubfallzeit - als ein Lagevorteil empfunden werden, andererseits fällt im Herbst angesichts der Größe und Zahl der Bäume naturgemäß und unstreitig in erheblichem Umfang Laub an, und tragen die auf städtischem Grundstück stehenden Bäume zu der Hauptzeit des Laubfalls in einem Maße zur Verschmutzung des H. bei, die mit der eigentlichen Funktion des Weges als Anlieger- und Erschließungsstraße nicht im Zusammenhang steht und auch bei weitem den Laubfall übersteigt, wie er üblicherweise durch in Straßennähe stehende Bäume in Privatgärten oder durch einzelne Straßenbäume verursacht wird und der als solcher ohne weiteres hinzunehmen ist. Die Belastung der Anlieger durch die Übertragung der Reinigungspflichten in Gestalt der 3. Änderungssatzung der Antragsgegnerin besteht bei Laubfall nicht nur darin, dass das auf der Straße liegengebliebene Laub von dort, von den jeweiligen Anliegern jeweils bis zur Straßenmitte, entfernt werden muss, sondern auch darin, dass es anschließend entsorgt werden muss. Sowohl die Entfernung des Laubs von der Straße als auch die Entsorgung sind indes mit besonderem Aufwand verbunden. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar und auch durch Lichtbilder belegt, dass das Laub durch Fahrzeuge, insbesondere bei Feuchtigkeit, festgefahren wird und vom Straßenbelag jedenfalls mit einfachen Hilfsmitteln, wie Besen oder Schaufel, wenn überhaupt nur schwer und mit besonderem Aufwand lösbar ist. Das bedeutet auch eine verlängerte Aufenthaltsdauer der die Reinigung vornehmenden Personen auf der Straße und zusätzliche Risiken durch den dort stattfindenden Verkehr, auch wenn es naheliegt, dass für derartige Arbeiten nach Möglichkeit die eher verkehrsarmen Zeiten gewählt werden. § 2 Abs. 3 Satz 1 VO-Straßenreinigung, der eine Reinigung nach Bedarf vorschreibt, eröffnet den Anliegern insoweit einen gewissen Spielraum. Indes kann für die Hauptzeiten des Laubfalls nicht unterstellt werden, dass einem dringenden Reinigungsbedarf gegebenenfalls nicht auch während der verkehrsstärkeren Zeiten entsprochen werden muss. Zwar hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung erkennen lassen, dass sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf Anforderung auch zu verkehrssichernden Hilfsmaßnahmen bereit wäre. Es kann aber nicht ernsthaft angenommen werden, dass derartige Hilfeleistungen im Bedarfsfall, wann immer sie benötigt werden, unverzüglich bereitgestellt werden könnten, zumal es in der Natur des Laubfalls zu den kritischen Zeiten liegt, dass dieser Bedarf dann im Wesentlichen gleichzeitig nicht nur im F., sondern auch in mehreren anderen Straßen - die Antragsgegnerin geht nach ihrem Aktenvermerk vom 24. Februar 2005 von 15 namentlich benannten vergleichbaren Straßen aus - entsteht. Damit unterscheidet sich die Reinigungstätigkeit auf der Fahrbahn erheblich von der schon bisher gebotenen Laubbeseitigung auf Gehweg und Seitenstreifen sowie Gosse, wo mit vergleichbaren Erschwernissen und Gefährdungen nicht zu rechnen ist.

Was darüber hinaus die Entsorgung des Laubs angeht, so liegt es nahe, dass derartige Mengen, wie sie in den Hauptzeiträumen des Laubfalls anfallen, weder auf einem Privatgrundstück kompostiert noch von einer Biotonne aufgenommen werden können. Eine solche Behandlung des auf der Straße oder in der Gosse liegenden und deshalb vom Verkehr verschmutzten Laubs wäre nach Auffassung der Antragsgegnerin, wie sie jedenfalls in den auch in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Presseveröffentlichungen zum Ausdruck gekommen ist, im Übrigen auch gar nicht zulässig. Dieses Blattwerk müsste vielmehr über die Restmülltonne entsorgt werden, die derartige Mengen jedoch ebenfalls nicht aufzunehmen vermag. Nicht anders verhielte es sich aber im Ergebnis, wenn das Laub über die Biotonne entsorgt werden dürfte. Dass angesichts dieser Umstände von den Anliegern, wenn nicht Unmögliches, so doch eine unverhältnismäßige Leistung verlangt wird, hat auch die Antragsgegnerin erkannt. Wie ebenfalls verschiedenen in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Presseberichten zu entnehmen ist, hat etwa der Pressesprecher der Antragsgegnerin bereits Ende Oktober 2003, also nach Beschlussfassung, aber noch vor Inkrafttreten der Änderungssatzung, erklärt, in 25 bis 30 besonders betroffenen Bereichen, darunter dem F., wo Dutzende von Bäumen ihre Blätter millionenfach zu Boden fallen ließen, würden die Bediensteten des städtischen Betriebshofs und die Kehrmaschine eingesetzt. Der Pressesprecher der Antragsgegnerin wird ferner mit den Worten zitiert: "Das ist für die Anwohner natürlich nicht zu bewältigen". Aus dem bereits erwähnten Aktenvermerk vom 24. Februar 2005 ergibt sich, dass die Antragsgegnerin im Wesentlichen in 15 namentlich benannten Straßen mit umfangreichem Baumbestand die Laubbeseitigung insbesondere durch Einsatz der städtischen Kehrmaschine unterstützt (Bl. 559 des Verwaltungsvorgangs, Bd. II, Beiakte C). Tatsächlich ist die Antragsgegnerin in den vergangenen Jahren in den mit zahlreichen Bäumen bestandenen Straßen, darunter dem F., auch so verfahren und hat - wie die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für den F. bestätigt haben - neben städtischem Personal auch die Kehrmaschine zur Abholung des von den Anliegern zusammengekehrten Laubs eingesetzt. Der Antragsteller muss sich jedoch nicht bei gegenteiliger Satzungslage mit dem guten Willen der Antragsgegnerin zufriedengeben. Diese könnte die Handhabung der Laubentfernung in diesen Straßen jederzeit ändern und hat den Anliegern insoweit auch keine verbindliche Zusage gemacht. Außerdem bleibt von dieser Praxis unberührt, dass die Anlieger die Reinigung (auch) der Fahrbahn selbst vornehmen sollen. Schließlich ist mit der Übertragung der städtischen Reinigungspflicht auf die Anlieger auch die Haftung für Pflichtversäumnisse verbunden, denn mit der Übertragung geht auch die Verkehrssicherungspflicht auf die Anlieger über.

c) Unter den hier gegebenen Umständen stellt sich die einschränkungslose Übertragung der Reinigungspflicht ohne Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten auch als gleichheitswidrig dar. Der Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG ist berührt, wenn es sich um Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht handelt, dass der Satzungs- und Verordnungsgeber dem zur Vermeidung einer gleichheitswidrigen Ungleichbelastung deswegen Rechnung zu tragen hat, weil aus den tatsächlich vorgefundenen Unterschieden ein Differenzierungsgebot folgt. Denn auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Gleichheitssatz, der von der Antragsgegnerin bei Erlass von Satzung und Verordnung zu beachten ist, nur dann verletzt ist, wenn die gleiche oder ungleiche Behandlung von Sachverhalten nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wenn also ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre. Dabei ist es grundsätzlich Sache des Normgebers, darüber zu entscheiden, welche in einen Vergleich einzustellenden Elemente er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht; auch insoweit ist ihm ein gerichtlich daraufhin zu überprüfender Gestaltungsspielraum einzuräumen, ob er die (verfassungs)rechtlichen Grenzen dieses Gestaltungsspielraumes überschritten hat. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen, wie sie auch in der Übertragung der Reinigungspflicht für ein Gemeindegebiet zu sehen ist, darf er eine generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelung verwenden, ohne allein schon wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Die Typisierung setzt allerdings voraus, dass die durch sie eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Wesentlich ist ferner, ob die Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären; hierfür sind auch praktische Erfordernisse der Verwaltung von Gewicht (s. BVerfG, Beschl, v. 8. Oktober 1991 - 1 BvL 50/86 -, BVerfGE 84, 348, 359 m.w.N.).

Eine besondere Regelung für einen über das übliche Maß hinausgehenden Laubfall enthalten Straßenreinigungssatzung und -verordnung nicht. Zwar behandelt § 1 Abs. 2 StraßenreinigungsVO Fälle besonderer Verunreinigungen, "wie zum Beispiel durch Bauarbeiten, durch An- oder Abfuhr von festen Brennstoffen oder Abfällen, durch Unfälle oder Tiere", und bestimmt, dass, sofern die Reinigungspflicht nach anderen Vorschriften des öffentlichen Rechts (zum Beispiel § 17 NStrG oder § 32 StVO) einen Dritten trifft, dessen Pflicht zur Reinigung vorgeht (§ 1 Abs. 2 Satz 2 StraßenreinigungsVO). Diese Regelung ist indes - wie ein Vergleich mit § 1 Abs. 1 StraßenreinigungsVO zeigt - für den Fall einer über das übliche Maß hinausgehenden Verunreinigung der Straße durch Laub nicht gedacht und darauf nicht übertragbar. Davon abgesehen könnte sich bei gegenteiliger Auffassung nur die Frage stellen, ob der Antragsteller nach § 1 Abs. 2 Satz 2 StraßenreinigungsVO wegen einer vorrangig bestehenden Reinigungspflicht der Gemeinde nach § 17 NStrG im Einzelfall nicht zur Beseitigung des angefallenen Laubes verpflichtet wäre, während davon die Übertragung der Pflicht als solcher unberührt bliebe.

Der Verzicht auf jegliche differenzierende Regelung zur Bewältigung der erheblichen Belastungsunterschiede angesichts der Zahl und Größe der vorhandenen Laubbäume und des damit verbundenen außergewöhnlichen Umfangs des diesen Bäumen nun einmal eigenen Laubfalls stellt sich im vorliegenden Fall als willkürliche Gleichbehandlung dar, denn die Antragsgegnerin hat damit trotz Vorliegens sachlicher Gründe Differenzierungen unterlassen, die sich ihr nach Art und Gewicht der vorgefundenen tatsächlichen Unterschiede hätten aufdrängen müssen und ihr im Übrigen auch hinreichenden Anlass für eine differenzierende Verwaltungspraxis bieten.

d) Der Senat hat allerdings in einer früheren Entscheidung die Auffassung vertreten, eine Straßenverschmutzung durch Laubfall sei unabhängig davon, ob dieser von Laubbäumen herrühre, welche auf Anliegergrundstücken oder im öffentlichen Straßenraum gepflanzt seien, grundsätzlich und normativ nicht geeignet, eine das "ortsübliche Maß" überschreitende, von der Reinigungspflicht (zumutbar) nicht mehr umfasste Verschmutzung des öffentlichen Straßenraumes zu bewirken. Deshalb sei die Gemeinde zur Vermeidung eines Gleichheitsverstoßes auch nicht verpflichtet, solche Grundstücke, an deren Grenze im öffentlichen Straßenraum gemeindeeigene Laubbäume stehen, von der Übertragung der Straßenreinigungspflicht insgesamt auszunehmen oder doch zumindest Regelungen dahin zu treffen, dass die durch die gemeindeeigenen Laubbäume bewirkten "Verschmutzungen" nicht von den Anliegern im Rahmen ihrer generellen Straßenreinigungspflicht, sondern von der Gemeinde selbst zu beseitigen sind (Urteil vom 27.5.1998 - 12 K 5583/96 -, V. n. b.). Der Senat hat diese Ansicht damit begründet, dass es bei einer die Gesamtheit der Rechtsordnung berücksichtigenden Auslegung etwa mit Blick auf § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB, nach dem für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern oder sonstigen Bepflanzungen festgesetzt werden kann, ausgeschlossen sei, diese Bepflanzungen dann straßen(reinigungs)rechtlich als Quellen einer das (orts)übliche Maß überschreitenden Verschmutzung des öffentlichen Straßenraumes zu werten. Auch § 52 (Abs. 1) des Niedersächsischen Nachbarrechtgesetzes (NNachbG) setze, soweit für Anpflanzungen an den Grenzen zu öffentlichen Straßen und Gewässern sowie für Anpflanzungen auf öffentlichen Straßen und auf Uferböschungen die Geltung des § 50 NNachbG (Grenzabstände für Bäume und Sträucher) ausgeschlossen werde, normativ das Vorhandensein von Anpflanzungen (Bäumen und Sträucher) an und im öffentlichen Straßenraum voraus. Dem Umstand, dass das Nachbarrecht im Verhältnis zu den Anliegern "Straßenbäume" abstandsrechtlich) privilegiere, und zwar unabhängig von der Größe, der Zahl und der besonderen Beschaffenheit (Art und Umfang des Laubfalles), sei die übergreifende, auch für die Auslegung des Straßenrechts beachtliche normative Wertung des Landesgesetzgebers zu entnehmen, dass im öffentlichen Interesse die Anlieger Straßenbäume unabhängig davon hinzunehmen hätten, ob ihnen diese Bäume erwünscht seien oder nicht.

An diesen Erwägungen hält der Senat nicht fest, soweit sie dahin verstanden werden können, dass die Übertragung der Reinigungspflicht unter den beschriebenen Umständen einschränkungslos möglich sei. Dass die Anlieger in diesen Fällen und auch im F. die vorhandenen Bäume hinzunehmen haben, ist nicht zweifelhaft und auch nicht Gegenstand des Verfahrens. Die Frage ist vielmehr, ob die genannten Bestimmungen auch die Schlussfolgerung erlauben, dass die Pflicht, die mit den Bäumen naturgemäß verbundenen Verunreinigungen aus dem öffentlichen Straßenraum zu entfernen, zwingend die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke trifft. Das ist nicht der Fall, denn der Umstand, dass Bäume auf Straßenflächen und in unmittelbarer Nachbarschaft derselben ohne Einhaltung der sonst im Nachbarschaftsverhältnis geltenden Bestimmungen stehen dürfen, besagt nichts darüber, wer straßenreinigungsrechtlich zur Beseitigung der Verunreinigungen verpflichtet ist. Auch insoweit gilt vielmehr im Grundsatz, dass die Gemeinde nach § 52 Abs. 2 NStrG reinigungspflichtig ist. Die Übertragung dieser Pflicht muss die gesetzlichen Voraussetzungen beachten und mit höherrangigem Recht vereinbar sein. Auch wenn ein Ortsgesetzgeber - wie die Antragsgegnerin - mit der erweiterten Übertragung von Reinigungspflichten grundsätzlich legitime Ziele, insbesondere der Kostenbegrenzung, verfolgt, überschreitet er dort den ihm zustehenden Handlungsspielraum, wenn er - noch dazu offenbar im Bewusstsein, von den betroffenen Anliegern eigentlich Unmögliches oder zumindest Unverhältnismäßiges zu fordern - die Reinigungspflichten, ohne die örtlichen Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen, in einem Maße überträgt, dass die Abwälzung nicht mehr als zumutbar angesehen werden kann. So verhält es sich - wie ausgeführt - hier, soweit die Übertragung die Hauptzeit des Laubfalls erfasst. Da sich diese Zeit nicht für jedes Jahr taggenau und gleichmäßig bestimmen lässt, hat der Senat zur Gewährleistung der hinreichenden Bestimmtheit seiner Entscheidung einen Zeitkorridor bezeichnet, der den wechselnden natürlichen Gegebenheiten Rechnung trägt und für die Beteiligten die notwendige Klarheit über die sie treffenden Pflichten schafft. Dabei wird von diesem Zeitraum auch die Verunreinigung durch herabfallende Früchte umfasst sein.

3. Demgegenüber greifen Einwände gegen die Übertragung der Reinigungspflicht im Übrigen, also abgesehen von der Hauptzeit des Laubfalls, nicht durch. Selbst wenn die Verkehrsbelastung im nördlichen Teil des {H. (etwas) höher liegen sollte, als an den Zählstellen vor Haus Nr. 5/7 ermittelt, hielte sich die "normale" Fahrbahnreinigung nach Bedarf noch in einem Rahmen, in dem sie einem Anlieger in einer Straße dieser Art zuzumuten ist. Die Antragsgegnerin hat insoweit überzeugend darauf hingewiesen, dass sich im Normalfall ein bedeutsamer Reinigungsbedarf im Sinne der Straßenreinigungsvorschriften nicht einstellen werde, weil die zu beseitigenden Stoffe erfahrungsgemäß nicht auf der Fahrbahn liegenblieben, sondern sich in der Gosse oder auf dem Randstreifen ansammelten. Die zur Zeit der Blüte auftretenden Verunreinigungen sind erfahrungsgemäß ebenfalls nicht mit jenen vergleichbar, die während des Laubfalls entstehen und eine vom Normalfall abweichende Betrachtung erfordern. Auch der Antragsteller hat die Unzumutbarkeit der Straßenreinigungspflicht nur mit Bezug auf die Wirkungen des Laubfalls begründet.

4. Bedenken, in dem tenorierten Umfang die Teilunwirksamkeit der 3. Änderungssatzung auszusprechen, bestehen nicht, denn die Regelungen betreffend den Umfang der Reinigungspflichten sind insoweit gegenständlich und zeitlich teilbar, so dass die mit der Rechtsordnung zu vereinbarenden Vorschriften auch für sich bestehen können und anzunehmen ist, dass sie von der Antragsgegnerin auch ohne die rechtswidrigen Teile erlassen worden wären.

Ende der Entscheidung

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