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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 09.10.2008
Aktenzeichen: 12 LC 386/06
Rechtsgebiete: FStrG, VwGO
Vorschriften:
FStrG § 4 | |
FStrG § 16a | |
VwGO § 67 | |
VwGO § 124a Abs. 3 S. 4 |
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Pflicht zur Tragung von Kosten für Sondierungsmaßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Bau eines Bundesautobahnabschnitts erforderlich wurden und der Aufsuchung von Kampfmitteln dienten.
Das Straßenneubauamt F. führte mit Schreiben vom 6. März 2000 an die Bezirksregierung G. (Dezernat 505 - Kampfmittelbeseitigung) aus, im Rahmen der Bauvorbereitung für den Neubau der A 39, Abschnitt H. (Bau-km 1+000 bis Bau-km 4+970) sei der Planungsraum auf das Vorhandensein von Kampfmitteln zu überprüfen, und bat um entsprechende Untersuchung. Der fragliche Abschnitt war bereits im Oktober 1997 planfestgestellt worden. Mit Antwortschreiben vom 20. März 2000 teilte die Bezirksregierung G. mit, die vorhandenen alliierten Luftbilder seien ausgewertet worden. Die Aufnahmen zeigten eine Bombardierung im Planungsbereich. Mithin sei davon auszugehen, dass noch Bombenblindgänger vorhanden seien, von denen eine Gefahr ausgehe. Aus Sicherheitsgründen werde eine Teilbereichssondierung empfohlen. Für eine solche Gefahrenerforschungsmaßnahme sei gemäß Runderlass des Niedersächsischen Umweltministeriums vom 8. Dezember 1995 (Nds MBl. Nr. 4/96, S. 111) die Gefahrenabwehrbehörde zuständig. Das Straßenneubauamt werde daher gebeten, mit diesen Arbeiten eine geeignete Räumfirma zu beauftragen.
Mit gleichlautenden Schreiben vom 22. Dezember 2000 wandte sich das Straßenneubauamt F. unter Beschreibung des Sachverhalts an beide Klägerinnen und bat diese als zuständige Gefahrenabwehrbehörden, die erforderlichen Sondierungsmaßnahmen zu veranlassen, um den für Frühjahr 2001 geplanten Baubeginn für die A 39 sicherstellen zu können. Mit dem beim Straßenneubauamt F. am 5. März 2001 eingegangenen (undatierten) Schreiben vertrat die Klägerin zu 1) die Auffassung, die erforderlichen Sondierungsmaßnahmen seien im Rahmen der Aufgabenfüllung durch das Land und auf dessen Kosten zu erfüllen. Sie sei aber nach Absprache mit der Klägerin zu 2) ausnahmsweise bereit, aufgrund der bereits übernommenen Vorarbeiten einen Auftrag über die notwendigen Sondierungsmaßnahmen an ihre Vertragsfirma zu erteilen, der Verpflichtung zur Kostenübernahme werde jedoch widersprochen. Die Sondierungsmaßnahmen wurden von der Firma I. (J.) nach vorheriger Abgabe von Angeboten durchgeführt. Die Firma I. stellte mit Schreiben vom 10. Oktober 2001 der Klägerin zu 1) für die Oberflächensondierung einen Betrag in Höhe von 22.070,16 DM und für das Öffnen von Verdachtspunkten einen weiteren Betrag in Höhe von 7.052,80 DM (also zusammen 29.122,95 DM = 14.890,33 EUR) in Rechnung. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2001 übersandte die Klägerin zu 1) diese Rechnungen dem Straßenneubauamt F. "zuständigkeitshalber zur weiteren Veranlassung" und nahm Bezug auf das beiliegende, eine Anfrage der Klägerin zu 2), beantwortende Schreiben des Niedersächsischen Umweltministeriums vom 28. Februar 2001, aus dem sich ergebe, dass für die Klägerinnen keine Zahlungsverpflichtung bestehe. Mit weiterem Schreiben vom 8. April 2002 wies die Klägerin zu 1) das Straßenneubauamt F. darauf hin, dass sie in Abstimmung mit dem Straßenneubauamt und der Klägerin zu 2) den Auftrag zur Sondierung als Gesamtmaßnahme erteilt habe, weil eine abschließende Klärung des Landes zur Kostenübernahmepflicht zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt gewesen sei und eine Verzögerung des Baubeginns in beiderseitigem Interesse habe vermieden werden sollen. Sie forderte das Straßenneubauamt ferner unter Fristsetzung auf, den für die Sondierungsmaßnahmen entstandenen Betrag in Höhe von 14.890,33 EUR an sie zu überweisen. Mit Schreiben vom 31. Mai 2002 lehnte das Straßenbauamt K. die Übernahme der Kosten ab, weil bei Durchführung der Sondierungsmaßnahmen Blindgänger, Kampfmittel etc. nicht gefunden worden seien. Deshalb seien die Kosten von den Gefahrenabwehrbehörden zu tragen. Die Klägerin zu 1) bestand mit Schreiben vom 16. April 2004 auf der Übernahme der Kosten, bat erneut um Überweisung des Betrages und kündigte bei Nichterfüllung Klageerhebung an. Mit Schreiben vom 30. April 2004 an die Klägerin zu 1) lehnte das Straßenbauamt K. die geforderte Kostenübernahme erneut ab.
Der sich aus den beiden Rechnungen der Firma I. ergebende Gesamtbetrag wurde von der Klägerin zu 1) gezahlt. Die zwischen der Klägerin zu 1) und der Klägerin zu 2) vorgenommene Kostenaufteilung führte zu einem von der Klägerin zu 1) zu tragenden Kostenanteil aus beiden Rechnungen von 8.105,46 EUR (6.179,67 + 1.925,79 EUR) und zu einem Kostenanteil der Klägerin zu 2) in Höhe von 6.784,87 EUR (5.104,62 + 1.680,25 EUR). Mit Schreiben vom 24. Juni 2004 forderte die Klägerin zu 1) die Klägerin zu 2) zur Zahlung des auf sie entfallenden Kostenanteils in Höhe von 6.784,87 EUR auf. Die Forderung wurde beglichen.
Am 22. September 2004 haben die Klägerinnen - die Klägerin zu 2) vertreten durch die Klägerin zu 1) - Klage gegen das Land Niedersachsen, vertreten durch das Straßenbauamt K., erhoben und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) und die Klägerin zu 2) jeweils den auf sie entfallenden Anteil nebst Prozesszinsen zu zahlen. Sie haben zur Begründung ausgeführt: Der geltend gemachte Anspruch sei als öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch begründet, dem der Runderlass des Niedersächsischen Umweltministeriums vom 8. Dezember 1995 nicht entgegenstehe. Der Grundsatz, dass die Sondierung auf Kampfmittel eine Aufgabe der Gefahrenabwehr sei, finde keine Anwendung in den Fällen, in denen es sich bei der der Sondierung zugrunde liegenden Maßnahme um ein Vorhaben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer hoheitlichen Tätigkeit handele. Das sei bei der Aufgabe "Straßenbau" der Fall. Der zuständige Hoheitsträger sei im Rahmen seiner Tätigkeit an die Bestimmungen des Rechts der Gefahrenabwehr gebunden. In dessen Zuständigkeitsbereich könne grundsätzlich nicht mit polizeilichen Anordnungen eingegriffen werden. Die Träger der öffentlichen Verwaltung hätten damit die aus ihrer hoheitlichen Tätigkeit entstehenden Gefahren selbst zu vermeiden und Störungen zu beheben. Daran schließe sich die Kostentragungspflicht des Beklagten an.
Das Verwaltungsgericht hat zunächst das Straßenbauamt K. und nachdem dieses im Zuge der Verwaltungsreform mit Wirkung vom 1. Januar 2005 zu einer Außenstelle der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr geworden war, letztere als Klagegegnerin behandelt.
Die Klägerinnen haben beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) 8.105,46 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 2) 6.784,87 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Auffassung bekräftigt, dass die Verantwortlichkeit für die Sondierungsmaßnahmen und damit auch für die entstandenen Kosten bei der zuständigen Gefahrenabwehrbehörde liege. Hingegen könnten die Kosten dem Grundstückseigentümer oder demjenigen, der die tatsächliche Gewalt innehabe, nicht angelastet werden, wenn sich nachträglich herausstelle, dass eine Gefahr nachweislich nicht vorgelegen habe. Sofern sich Kampfmittel im Boden befänden, gehe die Gefahr vom Grundstück und nicht von Bau- oder Erdarbeiten aus. Die Sondierungen seien erfolgt, bevor der Träger der Straßenbaulast auf den betreffenden Grundstücken mit seiner hoheitlichen Tätigkeit begonnen habe. Sie stünden zudem in keinem direkten Zusammenhang mit Aufgaben des Straßenbaus oder der Straßenunterhaltung, sondern mit einer möglicherweise seit Jahrzehnten bestehenden Gefahr, die vom betroffenen Grundstück ausgehe. Die Bundesrepublik Deutschland sei zum Zeitpunkt der Sondierungen noch nicht als Eigentümerin der sondierten Flächen im Grundbuch eingetragen gewesen.
Mit Urteil vom 27. September 2006 hat das Verwaltungsgericht die als Beklagte angesehene Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr antragsgemäß zur Zahlung der begehrten Teilbeträge nebst Prozesszinsen verurteilt und zur Begründung ausgeführt: Die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, hier in Bundesauftragsverwaltung (vgl. Art. 90 Abs. 2 GG) wahrgenommen durch die Landesstraßenbauverwaltung, zur Erstattung der durch die Kampfmittelsondierung entstandenen Kosten lasse sich zwar nicht aus der Rechtsnachfolge der Bundesrepublik Deutschland für das Deutsche Reich herleiten, denn Ansprüche aus kriegsfolgenbedingten Schäden, d. h. auch Schädigungen/Gefahren durch alliierte Luftangriffe, seien durch § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes erloschen. Der Kostenerstattungsanspruch ergebe sich aber aus einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag, denn die Klägerinnen seien nicht verpflichtet gewesen, die im Streit befindlichen Gefahrerforschungsmaßnahmen durchzuführen und die damit verbundenen Kosten zu tragen, sondern hätten ein Geschäft der Beklagten besorgt. Die allgemeinen Maßstäbe für so genannte Gefahrerforschungsmaßnahmen würden hier durch die besonderen Pflichten des Trägers der Straßenbaulast und der Straßenbaubehörde überlagert. Für Gefahrerforschungsmaßnahmen sei grundsätzlich die nach dem Nds. SOG sachlich und örtlich zuständige Gefahrenabwehrbehörde zuständig. Hiernach bleibe es bei der Kostentragungspflicht der zuständigen Gefahrenabwehrbehörde, wenn sich im Rahmen der Gefahrenerforschung herausstelle, dass eine erweisliche Gefahr nicht bestehe und damit ein Störer nicht vorhanden sei. Dieses System sei auch in dem hier allerdings nicht einschlägigen Bundesbodenschutzgesetz nachvollzogen worden. Auf dieser allgemein geltenden Rechtslage beruhe auch der Runderlass des Niedersächsischen Umweltministeriums vom 8. Dezember 1995, wobei sich dieser Erlass allgemein auf die Kampfmittelbeseitigung als Aufgabe der Gefahrenabwehr beziehe und nicht konkret auf die rechtlichen Gegebenheiten bei der Durchführung öffentlicher Bauvorhaben, hier speziell des Straßenbaues, eingehe. Die Regelungen in diesem Runderlass würden durch den Erlass des Niedersächsischen Landesamtes für Straßenbau vom 25. Juni 1997 in rechtlich nicht vertretbarer Weise auf die Tätigkeit der Straßenbauverwaltung übertragen. Die allgemeinen gefahrenabwehrrechtlichen Regelungen fänden für Gefahrerforschungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Bau einer Bundesautobahn keine Anwendung, weil dabei ein Hoheitsträger im Rahmen seiner hoheitlichen Aufgabenzuweisung tätig werde. Hoheitsträger seien an die allgemeinen Gesetze gebunden und unterlägen daher der allgemeinen polizei- und ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit, wenn auch die Polizei- und Ordnungsbehörden nicht befugt seien, das Polizei- und Ordnungsrecht gegenüber anderen Hoheitsträgern durch Verwaltungsakte und erst recht nicht durch deren zwangsweisen Vollzug durchzusetzen, sofern die Anordnungen in die hoheitliche Tätigkeit der anderen Behörden eingriffen. Die hoheitliche Verpflichtung werde im Bereich des Bundesfernstraßenwesens durch § 4 FStrG konkretisiert. Danach hätten die Träger der Straßenbaulast dafür einzustehen, dass ihre Bauten allen Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügten. Diese Verpflichtung beziehe sich nicht nur auf die Bauausführung und Unterhaltung, sondern auch auf die Planungsphase. Das ergebe sich schon aus § 16 a Abs. 1 Satz 1 FStrG, wonach die Eigentümer und sonstigen Nutzungsberechtigten zur Vorbereitung der Planung die notwendigen Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen einschließlich der vorübergehenden Anbringung von Markierungszeichen und sonstige Vorarbeiten durch die Straßenbaubehörde oder von ihr Beauftragte zu dulden hätten. Daraus ergebe sich, dass die Straßenbaubehörde verpflichtet sei, die notwendigen Vorarbeiten für den Bau einer Bundesfernstraße selbst durchzuführen, und nicht befugt sei, auf eine Zuständigkeit der örtlichen Gefahrenabwehrbehörde zu verweisen. Aus dieser Vorschrift werde auch deutlich, dass es auf die Eigentumsverhältnisse der für die Trassenführung benötigten Grundstücke zum Zeitpunkt der Durchführung dieser Vorarbeiten nicht ankomme, denn gemäß § 19 FStrG sei erst der festgestellte oder genehmigte Plan Grundlage eines eventuell notwendigen Enteignungsverfahrens. Zu den unerlässlichen Planunterlagen gehörten Bodenuntersuchungen, weil nur dann die Standsicherheit der geplanten Straße beurteilt werden könne. Wenn - wie hier - aufgrund der Auswertung alliierter Luftbildaufnahmen der konkrete Verdacht bestehe, dass im geplanten Trassenbereich Bombenblindgänger vorhanden sein könnten, gehöre zu den zur Vorbereitung der Planung notwendigen Bodenuntersuchungen auch eine spezifische Kampfmittelsondierung. Der Verpflichtung der Beklagten, die hier durchgeführten notwendigen Sondierungsaufgaben selbst wahrzunehmen, stehe auch nicht entgegen, dass eventuell § 16 a FStrG, der für Vorarbeiten gelte, im Zeitpunkt der Durchführung der Sondierungsmaßnahmen nicht mehr anwendbar gewesen sein könnte, weil zu diesem Zeitpunkt der Planfeststellungsbeschluss bereits erlassen worden war. Dieser stelle grundsätzlich die Grundlage für die Duldung von Vermessungen und Untersuchungen dar; eines Rückgriffs auf § 16 a FStrG bedürfe es dann nicht mehr. Selbst wenn diese Situation vorgelegen haben sollte, wäre die Beklagte ihrer Verpflichtung, selbst die notwendigen Sondierungsmaßnahmen durchzuführen bzw. durchführen zu lassen, nicht enthoben. Im Übrigen habe es das Bundesverwaltungsgericht bewusst offengelassen, ob die Ausführungsphase stets mit dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses beginne und damit der Anwendungsbereich des § 16 a FStrG ende, und ausgeführt, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch diejenigen Erkundungsmaßnahmen von § 16 a FStrG gedeckt sein könnten, die für die Erstellung ordnungsgemäßer Ausschreibungsunterlagen erforderlich seien. Bei dieser Rechtslage entspreche die Übernahme der Geschäftsführung durch die Klägerinnen dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen der Beklagten. Ein entgegenstehender Wille sei unbeachtlich, wenn ohne die Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liege, nicht rechtzeitig erfüllt worden wäre.
Gegen dieses Urteil hat die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung fristgerecht eingelegt und zur Begründung geltend gemacht: Die ordnungsrechtlichen Vorschriften über die Zustandsverantwortlichkeit knüpften an die aus der tatsächlichen und rechtlichen Sachherrschaft des Grundeigentümers hergeleitete Rechtspflicht an, dafür Sorge zu tragen, dass von seinem Grundstück keine Störungen oder Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgingen. Bestünden aufgrund der Auswertung von Luftbildern konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich auf einem Grundstück Bombenblindgänger befänden, so gehe eine Gefahr von dem Grundstück selbst aus, für die der Eigentümer des Grundstücks ordnungsrechtlich als Zustandsstörer verantwortlich sei. Wenn bei geplanten Erd- oder sonstigen Arbeiten auf einem Grundstück vorhandene Kampfmittel explodieren könnten, so sei die Gefahrenquelle dem Grundstück immanent und nicht den Bauarbeiten. Das mache in Fällen begründeten Verdachts stets eine Sondierung und Bergung erforderlich. Seien Bauarbeiten geplant, könne das nur bedeuten, dass eine Sondierung nicht länger aufgeschoben werden könne, da bei der Durchführung von Erdarbeiten auf dem Grundstück, auf dem sich Kampfmittel befänden, eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben bestehe. Die Aufgaben, die der Straßenbauverwaltung durch § 4 FStrG oder § 16 a FStrG zugewiesen seien, umfassten nicht die Suche nach Kampfmitteln. Die Eigenverantwortlichkeit des Trägers der Straßenbaulast könne sich nur auf solche Anforderungen der Sicherheit und Ordnung beziehen, die einen unmittelbaren Bezug zu einer baulichen Maßnahme an einer Bundesfernstraße hätten. Bezüglich der Sondierungsmaßnahmen auf einem Grundstück, von dem seit Jahrzehnten eine Gefahr ausgegangen sein könnte, lasse sich ein unmittelbarer Bezug zu einer geplanten Baumaßnahme nicht herstellen. Eine Kostenpflicht der Straßenbauverwaltung für Kampfmittelsondierungen könne nur bestehen, wenn sie Eigentümerin bzw. sonstige Berechtigte gewesen sei und bei der Sondierung Kampfmittel gefunden worden wären. Auch zu den nach § 16 a FStrG zur Vorbereitung der Planung notwendigen Bodenuntersuchungen gehörten Gefahrerforschungsmaßnahmen nicht, denn sie bezögen sich auf Gefahren, die von einem Grundstück ausgingen und beseitigt werden müssten, unabhängig davon, ob in das Grundstück eingegriffen werden solle oder nicht. Während der Vorarbeiten bestehe auch weder Eigentum noch Sachherrschaft des Straßenbaulastträgers an dem Grundstück, so dass ein Auftrag zur Sondierung zu diesem Zeitpunkt von der Straßenbaubehörde nicht erteilt werden könnte.
Der Senat hat nach Anhörung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung das Passivrubrum berichtigt und das Land Niedersachsen, für das die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr tätig geworden ist, als Klagegegner bezeichnet.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 27. September 2006 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerinnen beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das Urteil des Verwaltungsgerichts.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf deren Schriftsätze und wegen des Sachverhalts im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beteiligten (Beiakten A bis C), die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig (A), aber unbegründet (B).
A) I. Es bestand Anlass, das Rubrum auf Seiten des Beklagten und Berufungsführers von Amts wegen zu berichtigen. Als Berufungsführerin trat zunächst die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr auf, die mit dem angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts zur Erstattung der Kosten für Sondierungsmaßnahmen verurteilt worden ist. Ihre Klage hatten die Klägerinnen indes mit Schriftsatz vom 16. September 2004 gegen das Land Niedersachsen, (damals) vertreten durch das Straßenbauamt Wolfenbüttel, gerichtet. Dagegen war nichts zu erinnern, denn richtiger Beklagter ist bei einer Leistungsklage der nach materiellem Recht verpflichtete Rechtsträger. Im Bereich der Bundesauftragsverwaltung - hier gemäß Art. 85, 90 Abs. 2 GG - ist richtiger Beklagter das Land, für das die zuständige Behörde handelt, nicht der Bund (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 78 Rdnr. 3). Entgegen der damit in der Klageschrift enthaltenen zutreffenden Bezeichnung des richtigen Klagegegners hat das Verwaltungsgericht (ursprünglich) das Straßenbauamt und nach Neuorganisation der Straßenbauverwaltung zum 1. Januar 2005 die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (an den bisherigen Standorten der Straßenbauämter befinden sich nunmehr Außenstellen der neuen Landesbehörde) als Beklagte bezeichnet. Mithin war das Passivrubrum von Amts wegen zu berichtigen. Dass die Landesbehörde von der Vorinstanz fälschlich als Beklagte behandelt worden ist, stellt insoweit ein Hindernis nicht dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.3.1989 - 8 C 98.85 -, NVwZ-RR 1990, 44 für den Fall einer fälschlichen Änderung des Passivrubrums in der zweiten Instanz und die berichtigende Rückänderung durch das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung des § 78 VwGO).
II. Die Berufung ist nicht deshalb unzulässig, weil das durch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr vertretene Land innerhalb der gesetzlichen Frist keinen ausdrücklichen Berufungsantrag gestellt hat. Nach § 124 a Abs. 3 Satz 1 VwGO ist die Berufung im Fall ihrer Zulassung durch das Verwaltungsgericht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Berufungsbegründung muss nach § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Hier ist die Berufung mit Schriftsatz vom 2. November 2006 fristgerecht eingelegt und mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2006 auch fristgerecht begründet worden; es fehlt indes an einem ausdrücklichen Berufungsantrag. Daraus folgt aber nicht die Unzulässigkeit der Berufung. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO verlangt nicht, dass ein ausdrücklicher Antrag gestellt wird. Dem Antragserfordernis wird vielmehr regelmäßig entsprochen, wenn in dem einzureichenden Schriftsatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, dass, in welchem Umfang und weshalb der Berufungsführer an der Durchführung der zugelassenen und fristgerecht eingelegten Berufung festhalten will. Insoweit genügt es, wenn das Ziel des Rechtsmittels aus der Tatsache seiner Einlegung allein oder in Verbindung mit den während der Rechtsmittelfrist abgegebenen Erklärungen erkennbar ist (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 9.3.2005 - 6 C 8.04 -, NVwZ 2005, 821 m. w. N.). Das ist hier der Fall. Die Berufung ist mit Schriftsatz vom 2. November 2006 zunächst ohne Begründung eingelegt worden. Aus der Berufungsbegründung mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2006 ergibt sich eindeutig, dass das Berufungsverfahren durchgeführt werden soll, weil der Berufungsführer entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts den von den Klägerinnen geltend gemachten Anspruch für unberechtigt hält und deshalb insgesamt eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt. Dem entsprach der Klageabweisungsantrag in erster Instanz. Zweifel an dem Inhalt und der Zielrichtung der eingelegten Berufung bestanden mithin nicht.
B. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, denn die Klage ist zulässig (I) und begründet (II).
I. Der Umstand, dass die Klägerin zu 2) durch die Klägerin zu 1) vertreten wird, begegnet im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken. Die besonderen Anforderungen an den Vertretungszwang gemäß § 67 Abs. 1 VwGO in der bis zum 30. Juni 2008 in Kraft gewesenen Fassung galten für das Verfahren in erster Instanz nicht. Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO a. F. konnte sich vor dem Verwaltungsgericht ein Beteiligter in jeder Lage des Verfahrens aber durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Allerdings bestimmte § 67 Abs. 2 Satz 3 VwGO a. F., dass vor dem Verwaltungsgericht nur eine Person als Bevollmächtigter (und Beistand) auftreten kann, die zum sachgemäßen Vortrag fähig ist. Aus dieser Vorschrift wie auch aus § 79 ZPO a. F. i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO war zu entnehmen, dass eine Prozessvollmacht nur natürlichen Personen, nicht aber einer juristischen Person, einer Gebietskörperschaft oder einer Behörde erteilt werden konnte. Indes konnte die hier in Rede stehende, auf die Nutzung der personellen Ressourcen und der besonderen Sachkunde der Klägerin zu 1) abzielende Vollmacht ihrem Zweck entsprechend dahin ausgelegt werden, dass der Samtgemeindebürgermeister der Klägerin zu 2) die nach der behördeninternen Geschäftsverteilung jeweils zuständigen Bediensteten der Klägerin zu 1) gemäß § 62 Abs. 3 VwGO mit der Vertretung der Klägerin zu 2) vor Gericht beauftragt hat. Da § 62 Abs. 3 VwGO keine namentliche Beauftragung voraussetzt, werden die Erklärungen der zuständigen Bediensteten der Klägerin zu 1) von der erteilten Vollmacht gedeckt, zumal diese Erklärung an das Rechtsamt der Klägerin zu 1) und zu Händen des Bediensteten abgegeben worden ist, der sodann die Klageschrift unterzeichnet hat. Dass dieser die Vertretung der Klägerin zu 2) wahrnahm, steht nach dem Inhalt des Schriftsatzes außer Frage (vgl. zum Ganzen nur BVerwG, Urteil vom 16.7.1998 - 7 C 36.97 -, BVerwGE 107, 156 = DVBl. 1999, 99). Seit der Neufassung des § 67 VwGO mit Wirkung vom 1. Juli 2008 ist im Übrigen die Einschränkung, dass die Vollmacht nur natürlichen Personen erteilt werden konnte, entfallen (vgl. § 67 Abs. 2 Satz 3 VwGO, siehe auch § 79 Abs. 2 Satz 3 ZPO n. F.).
Ob die Klägerin zu 2) vor diesem Hintergrund im Berufungsverfahren und gemessen an den besonderen Anforderungen des § 67 Abs. 1 VwGO a. F. einen förmlichen und wirksamen Berufungsantrag stellen konnte, ist allerdings nicht ganz zweifelsfrei, im Ergebnis aber zu bejahen. Nach § 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO a. F. konnten sich juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. Das bedeutete, dass sich Behörden grundsätzlich nur von ihnen angehörigen Beamten oder Angestellten mit der Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften darüber hinaus auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde vertreten lassen konnten. Die Klägerin zu 1) ist nicht die Aufsichtsbehörde der Klägerin zu 2). Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelung in § 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO a.F. entspräche es nicht der Zielsetzung des Behördenprivilegs, wenn es Behörden oder Körperschaften des öffentlichen Rechts generell gestattet wäre, Bedienstete einer beliebigen anderen Behörde oder Körperschaft des öffentlichen Rechts mit der Prozessvertretung zu betrauen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.12.1994 - 4 C 19.93 -, NVwZ-RR 1995, 548). Anders liegt es jedoch beispielsweise, wenn eine Fachbehörde im Rahmen der Auftragsverwaltung einen Bediensteten einer anderen Fachbehörde mit demselben sachlichen Aufgabenkreis bittet, für sie die Prozessvertretung wahrzunehmen, wenn dieser Bedienstete nach Lage des Falles die gleiche Sachnähe zu den Fragen hat, die Gegenstand des anhängigen Verfahrens bilden (BVerwG, Urteil vom 28.6.1995 - 11 C 25.94 -, NVwZ-RR 1996, 121). Es erscheint vertretbar, diesen Gedanken auch in der vorliegenden Konstellation fruchtbar zu machen, denn die Klägerin zu 1) hat das Verfahren von Anfang an in Abstimmung mit der Klägerin zu 2) betrieben und dabei insbesondere ihre personelle Kompetenz auch der Klägerin zu 2) zur Verfügung gestellt. Letztlich kommt es aber auf die Zulässigkeit der Vertretung unter diesem Gesichtspunkt nicht an, weil es im Berufungsverfahren eines förmlichen Antrags des Rechtsmittelgegners nicht bedarf. Gemäß § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO n.F. ist die Vertretung durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts nach aktuell geltender Rechtslage im Übrigen unproblematisch möglich.
II. Die Klage ist auch begründet.
Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen, unter denen ein Erstattungsanspruch wegen einer Geschäftsführung ohne Auftrag im öffentlichen Recht gegeben ist, hier vorliegen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt (vgl. Urteile vom 9.6.1975 - 6 C 163.73 -, BVerwGE 48, 279 und vom 28.8.2003 - 4 C 9.02 -, NVwZ-RR 2004, 84), dass die Grundsätze über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) auch im öffentlichen Recht anzuwenden sind, ein Aufwendungsersatzanspruch auf § 683 BGB gestützt werden kann und der Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag u. a. davon abhängt, dass der Geschäftsführer ein zumindest auch fremdes Geschäft wahrgenommen hat. Die Beteiligten streiten allein darüber, ob die Klägerinnen ein Geschäft des Beklagten geführt haben. Das ist der Fall.
Im Ausgangspunkt besteht - wie vom Verwaltungsgericht ausgeführt - jedenfalls im Ergebnis Einigkeit darüber, dass die Polizei- und Ordnungsbehörden auf einen Gefahrverdacht hin durch Gefahrerforschung und Anordnung der notwendigen Aufklärungs- und Sicherungsmaßnahmen reagieren können und erforderlichenfalls müssen. Diese Maßnahmen verlieren nicht nachträglich ihre Rechtmäßigkeit, wenn sich herausstellt, dass eine Gefahr nicht erweislich vorlag. In diesem Falle steht aber fest, dass ein Verantwortlicher nicht herangezogen werden kann und es bei der Kostentragungspflicht der zuständigen Gefahrenabwehrbehörde verbleibt. Diesen rechtlichen Zusammenhang berücksichtigt auch der Runderlass des Niedersächsischen Umweltministeriums vom 8. Dezember 1995 (Nds.MBl. Nr. 4/1996, S. 111) zur Kampfmittelbeseitigung, in dem bestimmt wird, dass die Kampfmittelbeseitigung eine Aufgabe der Gefahrabwehr ist, für die grundsätzlich die Gemeinden zuständig sind. Ferner heißt es dort: "Sind Sondierungsmaßnahmen aufgrund von Hinweisen auf das Vorhandensein von Kampfmitteln geboten, führt die Gefahrenabwehrbehörde die notwendigen Gefahrenerforschungsmaßnahmen durch. Wird dabei das Vorhandensein eines Kampfmittels bestätigt, bestimmt sich die Verantwortlichkeit für alle durchgeführten und noch erforderlichen Maßnahmen für den Zustand von Sachen allein nach § 7 NGefAG."
Diese allgemein im Verhältnis zu Privaten geltenden Rechtsgrundsätze finden aber bei der Wahrnehmung besonderer hoheitlicher Zuständigkeiten anderer Träger öffentlicher Verwaltung nicht ohne weiteres Anwendung. Die jeweils tätig werdende Hoheitsverwaltung ist selbst zuständig und verantwortlich für die Beachtung der von ihrem Tätigkeitsbereich berührten gesetzlichen Bestimmungen und unterliegt damit auch dem rechtsstaatlichen Gebot, Gefährdungen und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu vermeiden sowie in gefahrverdächtigen Lagen die notwendigen Aufklärungs- und Sicherungsmaßnahmen zu veranlassen und eingetretene Störungen selbst zu beheben (vgl. dazu bereits BVerwG, Urteil vom 16.1.1968 - I A 1.67 -, BVerwGE 29, 52; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht III, 4. Aufl., § 127 Rdnr. 30). Das bedeutet für den Bereich des Straßenbaus, dass der jeweilige Träger der Straßenbaulast Verantwortung für den Zustand der baulichen Anlage als solche, ihre Herstellung und Unterhaltung sowie den bestimmungsgemäßen Gebrauch trägt. Das schließt insbesondere die sichere Gestaltung und Unterhaltung der Straße in verkehrstechnischer Hinsicht ein. Damit steht im Zusammenhang der - allerdings mit Einschränkungen versehene - Rechtsgrundsatz, dass eine Hoheitsverwaltung nicht mit Anordnungen oder gar mit Zwang in die hoheitliche Tätigkeit einer anderen Hoheitsverwaltung eingreifen darf. Davon unberührt ist das Recht der allgemeinen Polizei- und Ordnungsbehörden, bei Gefahr in Verzug anstelle der zuständigen Behörde tätig zu werden. Eine derartige Situation liegt etwa vor, wenn bei Erdarbeiten Kampfmittel aufgefunden werden (vgl. dazu Grote, in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Aufl. 1999, Kapitel 39 Rdnr. 1.1 bis 1.4). Um eine solche Sachlage handelt es sich im vorliegenden Fall jedoch nicht. Die hier durchgeführten Sondierungsmaßnahmen dienten der Sachverhaltsklärung im Hinblick auf das potenzielle Vorhandensein von Kampfmitteln (Bombenblindgängern) im geplanten Trassenbereich des Autobahnabschnitts und damit der Feststellung, dass die Ausführung der Straßenbauarbeiten gefahrlos möglich war. Diese Feststellung ist von dem Träger der Straßenbaulast und der für ihn handelnden Straßenbaubehörde in eigener Verantwortung und Zuständigkeit zu treffen.
Als spezielle Ausprägung und Bestätigung dieses allgemeinen Grundsatzes kann § 4 FStrG verstanden werden. Danach haben die Träger der Straßenbaulast dafür einzustehen, dass ihre Bauten allen Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen (§ 4 Satz 1 FStrG). Damit wird dem Träger der Straßenbaulast überlassen, die Anforderungen von Sicherheit und Ordnung selbst zu konkretisieren und eigenverantwortlich zu beachten. Insofern ist § 4 Ausdruck des anerkannten Rechtsgrundsatzes, dass die jeweils tätig werdende Hoheitsverwaltung selbst zuständig und verantwortlich für die Beachtung der von ihrem Tätigkeitsbereich berührten gesetzlichen Bestimmungen ist und dass eine Hoheitsverwaltung nicht mit Anordnungen in die hoheitliche Tätigkeit einer anderen Hoheitsverwaltung eingreifen darf (vgl. Marschall/Schroeter/Kastner, Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl., § 4 Rdnr. 1). Bei Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes trifft die Verpflichtung des § 4 auch die zuständigen Straßenbaubehörden der Länder, welche die Bundesfernstraßen gemäß Art. 90 Abs. 2 GG im Auftrag des Bundes verwalten (vgl. Marschall/Schroeter/Kastner, a. a. O., § 4 Rdnr. 1 ff., 8, 11). Allerdings kann sich die Eigenverantwortlichkeit des Trägers der Straßenbaulast und der Straßenbaubehörden nur auf solche Anforderungen der Sicherheit und Ordnung beziehen, die einen unmittelbaren Bezug zu den ihnen obliegenden, mit dem Bau und der Unterhaltung der öffentlichen Straßen zusammenhängenden Aufgaben haben. An einem solchen unmittelbaren Bezug zu einer baulichen Maßnahme an einer Bundesfernstraße fehlt es hier - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht. Der erforderliche enge Zusammenhang zwischen den den Kostenerstattungsanspruch auslösenden Sondierungsmaßnahmen und dem Bau des Autobahnabschnitts besteht darin, dass die Baumaßnahme nur auf einem geeigneten und sicheren Untergrund ausgeführt werden darf und auch der Verkehr, den die Bundesfernstraße aufzunehmen hat, auf einen solchen der Sicherheit und Ordnung in jeder Hinsicht genügenden Untergrund angewiesen ist.
Entgegen der Auffassung des Beklagten trifft es nicht zu, dass eine Gefahr (allein) von dem Grundstück selbst ausgeht und unabhängig davon anzunehmen ist, ob Erd- oder Bauarbeiten geplant sind, wenn aufgrund der Auswertung von Luftbildern konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein von Bombenblindgängern bestehen. Es ist bereits zweifelhaft, ob allein das Vorliegen von Erkenntnissen über eine Bombardierung bestimmter Flächen die Feststellung erlaubt, es bestehe zumindest ein Gefahrverdacht. Kennzeichen des Gefahrverdachts ist, dass die Behörde bei Anlegung des Maßstabs verständiger Würdigung und hinreichender - soweit schon möglicher - Sachverhaltsaufklärung Anhaltspunkte für das Vorhandensein eines Sachverhalts hat, der, wenn er gegeben wäre, eine Gefahr darstellt. Allein das Vorhandensein von Kampfmitteln auf einem unbebauten und zur Bebauung nicht vorgesehenen Grundstück erfüllt für sich genommen nicht schlechthin den Gefahrenbegriff, denn dabei handelt es sich nicht um "eine Sachlage, bei der im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird (§ 2 Nr. 1 Buchst. a Nds. SOG). Läge es anders, wäre es regelmäßig geboten, schon das Wissen um bestimmte Bombardierungsbereiche zum Anlass für vorsorgliche Maßnahmen in Gestalt von Nachforschungen und Erkundungen zu nehmen. In dieser Weise sind die zuständigen Behörden in den vergangenen Jahrzehnten jedoch erkennbar nicht vorgegangen. Von einer landesweiten, systematischen Suche etwa nach Bombenblindgängern anhand vorhandenen Luftbildmaterials auf allen dafür in Betracht kommenden Grundstücken ist nichts bekannt. Vielmehr belegt auch das Vorgehen der Behörden im vorliegenden Fall, dass eine konkrete Überprüfung bestimmter Grundstücksflächen erst im Rahmen der Bauvorbereitung - hier für den Neubau des Autobahnabschnitts - eingeleitet wird. Aus dem Vorbringen des Beklagten und dem beigefügten Pressebericht über die Entschärfung von Blindgängern im Bereich von Grünflächen und dem Garten eines Privathauses ergibt sich nichts anderes. Dass Blindgänger in Wohngebieten nach ihrer Entdeckung aus Gründen der Gefahrenabwehr so schnell wie möglich beseitigt werden müssen, ist selbstverständlich, besagt aber nichts über die Beurteilung der hier bestehenden Sachlage. Nach ganz herrschender Auffassung ist grundsätzlich nur die unmittelbare Verursachung der Gefahr oder Störung polizei- und ordnungsrechtlich relevant. Nur derjenige, dessen Verhalten oder dessen Sache die Gefahr unmittelbar verursacht, ist der dafür Verantwortliche. In diesem Sinne wäre hier die unmittelbare Ursache für das Bestehen einer (potentiellen) Gefahrenlage erst mit Beginn der Erdbewegungen im Zuge der Straßenbauarbeiten, also durch den Bau und geplanten Betrieb des Autobahnabschnitts, gesetzt worden. Erst damit aktualisierte sich die gewissermaßen latent vorhandene Gefahr in einem die Notwendigkeit von Maßnahmen begründenden Ausmaß (vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 9.6.1999 - 18 K 5731/97 -, NVwZ-RR 1999, 743 sowie VG Oldenburg, Urteil vom 20.9.2007 - 2 A 16/05 -, juris). Zwar hat das OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 3.6.1997 - 5 A 4/96 -, NWVBl 1998, 64) entschieden, dass eine Gefahr, zumindest aber ein Gefahrverdacht, vorliege, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte bestünden, dass sich auf einem Grundstück bislang verborgene Kampfmittel befänden, und diese Gefahr von dem Grundstück selbst ausgehe, für die der Eigentümer ordnungsrechtlich als Zustandsstörer verantwortlich sei. Auch in diesem Fall handelte es sich indes darum, dass ein Bauvorhaben (von dem Eigentümer) beabsichtigt war. Demzufolge sieht das Gericht die konkrete Gefahr darin, dass die (auf dem Grundstück tatsachlich vorhandenen) Kampfmittel bei den Bauarbeiten hätten explodieren können. Selbst wenn man im Übrigen zu einer anderen Beurteilung kommen und bereits zuvor und unabhängig von den Straßenbauarbeiten das Vorhandensein einer Gefahr oder wohl richtigerweise eines Gefahrverdachts annehmen wollte, bliebe davon - neben der Verantwortlichkeit des Zustandsstörers - die Verantwortlichkeit des Trägers der Straßenbaulast und der für ihn handelnden Straßenbauverwaltung für die Wahrung der Sicherheit und Ordnung im Rahmen ihrer Zuständigkeit und der konkreten Aufgabenerfüllung unberührt.
Ob sich - wie das Verwaltungsgericht meint - aus § 16 a FStrG ebenfalls die Zuständigkeit der Straßenbaubehörde und nicht der allgemeinen Gefahrenabwehrbehörde für die hier streitigen Maßnahmen ergibt, erscheint demgegenüber zweifelhaft, ist aber letztlich unerheblich. § 16 a Abs. 1 Satz 1 FStrG räumt der Straßenbaubehörde oder den von ihr Beauftragten die Befugnis ein, zur Vorbereitung der Planung notwendige Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen einschließlich der vorübergehenden Anbringung von Markierungszeichen und sonstige Vorarbeiten durchzuführen. Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte haben derartige Maßnahmen zu dulden. Die Vorschrift betrifft nach ihrem sachlichen Gegenstand die Vorbereitung der Planung, also die Aufstellung der Planunterlagen und Bauentwürfe, die Grundlage für die Planfeststellung sind. Darunter fallen hingegen nicht Arbeiten, die bereits Teil der Ausführung des Straßenbauvorhabens selbst sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7.8.2002 - 4 VR 9.02 und 4 A 16.02 -, NVwZ-RR 2003, 66; Beschluss vom 17.9.2002 - 9 VR 17.02 -, juris; Aust, in: Kodal/Krämer, a. a. O., Kapitel 37 Rdnr. 42; Marschall/Schroeter/Kastner, a. a. O., § 16 a Rdnr. 5). Sobald der Planfeststellungsbeschluss erlassen ist, stellt er die Grundlage für die Duldung von Vermessungen und Untersuchungen dar; eines Rückgriffs auf § 16 a FStrG bedarf es dann nicht mehr (BVerwG, Beschluss vom 7.8.2002, a. a. O.). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings rechtlich nicht abschließend geklärt, ob die Phase der Ausführung des Straßenbauvorhabens stets mit dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses beginnt. Dafür mögen einerseits die systematische Stellung der Vorschrift des § 16 a FStrG im Verhältnis zur Regelung in § 17 FStrG sowie der Umstand sprechen, dass zu diesem Zeitpunkt das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen ist. Andererseits kommen auch nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses noch Maßnahmen in Betracht, die noch nicht der Bauausführung selbst, sondern ihrer Planung und Vorbereitung dienen. So hat es das Bundesverwaltungsgericht für möglich gehalten, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch diejenigen Erkundungsmaßnahmen von § 16 a FStrG gedeckt sein können, die für die Erstellung ordnungsgemäßer Ausschreibungsunterlagen erforderlich sind, weil mit der Ausschreibung späterer Baumaßnahmen noch nicht das Vorhaben selbst ausgeführt werde (Beschluss vom 7.8.2002, a. a. O.). Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem oben zitierten Beschluss vom 17. September 2002 es zwar einerseits nicht ausgeschlossen, die Wertung des § 16 a FStrG auch auf die Phase der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen und der Ausführungsplanung zu erstrecken, andererseits aber die Frage aufgeworfen, ob solche Maßnahmen ihre Rechtsgrundlage nicht möglicherweise unmittelbar im bereits erlassenen Planfeststellungsbeschluss selbst und nicht in § 16 a FStrG fänden. Die genannten Überlegungen könnten dafür sprechen, auch die hier in Rede stehenden Maßnahmen der Sondierung auf Kampfmittel noch nicht der Ausführungsphase des Vorhabens zuzurechnen, sondern als Teil ihrer Vorbereitung anzusehen. Unabhängig davon, ob § 16 a FStrG oder der Planfeststellungsbeschluss selbst die dafür taugliche Rechtsgrundlage darstellt, liegt es jedenfalls in der Zuständigkeit und Verantwortung der für den Träger der Straßenbaulast handelnden Straßenbaubehörde, die notwendigen Maßnahmen und Vorkehrungen dafür zu treffen, dass das Vorhaben der Planung entsprechend und allen Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügend ausgeführt werden kann.
Ende der Entscheidung
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