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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 21.11.2007
Aktenzeichen: 13 LB 517/04
Rechtsgebiete: NWG, WHG, WVG


Vorschriften:

NWG § 4 Abs. 1 Nr. 7
NWG § 4 Abs. 2 Nr. 1
NWG § 19
NWG § 136 Abs. 1 Nr. 2
WHG § 13
WHG § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
WVG § 2
WVG § 2 Nr. 8
Ein Wasser- und Bodenverband, der nach § 136 Abs. 1 Nr. 2 NWG erlaubnis- bzw. bewilligungsfreie gewöhnliche Bodenentwässerung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke betreibt, ist nicht verpflichtet und ohne eine entsprechende wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung auch nicht berechtigt, bei einer späteren Umnutzung ehemals landwirtschaftlich genutzter Flächen Grundstücke mit Wohnbebauung weiterhin zu entwässern. Dies gilt auch dann, wenn der Grundstückseigentümer infolge der bisherigen Wahrnehmung der Entwässerung durch den Verband bei der Bebauung zunächst eine für ihn günstige Grundwassersituation vorgefunden hat.
Tatbestand:

Die Kläger verlangen vom Beklagten Maßnahmen zur Bodenentwässerung, die den Grundwasserstand in der Umgebung ihres Grundstücks dauerhaft auf mindestens 2 m unter dem Geländeniveau halten. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte im Rahmen seiner Verbandsaufgaben verpflichtet ist, durch eine weiträumige Absenkung des Grundwasserspiegels den Keller des klägerischen Wohngebäudes vor dem Eindringen von stauendem Wasser zu schützen.

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks D. (Flurstück 212/15, Flur 5, E.) zur Größe von 1.462 m². Das Grundstück ist mit einem unterkellerten Wohnhaus sowie einer Garage bebaut. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 6 "F." der damaligen Gemeinde G. aus dem Jahre 1974. Der Bebauungsplan sieht ein allgemeines Wohngebiet vor. Das Wohnhaus der Kläger wurde aufgrund einer Baugenehmigung des H. vom 19. September 1974 errichtet. Die der Baugenehmigung zugrunde liegende Baubeschreibung enthält zu den Baugrund- und Grundwasserverhältnissen die Anmerkung "Marschboden - Grundwasser unter Baugrubensohle". Diese Anmerkung ist mit einem bauaufsichtlichen Prüfvermerk ("grünes Häkchen") der Hochbauabteilung des H. versehen.

Der Beklagte ist ein Wasser- und Bodenverband, der schon vor Inkrafttreten des Niedersächsischen Wassergesetzes bestand. Bereits durch die Satzung des Beklagten vom 13. April 1913 war geregelt, dass dieser den Zweck habe, für die Verbandsländereien eine ordnungsmäßige Ent- und Bewässerung herbeizuführen. Die Entwässerung erfolgte in früheren Zeiten durch offene Gräben, die zu Schöpfwerken führten, von denen aus das Wasser letztlich in die Elbe weitergeleitet wurde. In den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden die Verbandsflächen "gepoldert"; an die Stelle der offenen Gräben trat ein Rohrleitungssystem. Das Rohrleitungssystem, das neben den Schöpfwerken und den "I. " zu den Verbandsanlagen gehört, besteht aus verrohrten Binnenvorflutern und quer dazu verlaufenden Dränsammlern. Die Binnenvorfluter führen zu mehreren Polderschöpfwerken, von denen aus das anfallende Wasser entweder in die zum Schöpfwerkskanal führenden "Hollerner Binnenwettern" oder direkt in den Schöpfwerkskanal "J." geführt wird. Aus dem Schöpfwerkskanal gelangt das Wasser schließlich über eine Pumpstation in die Elbe. Auf den landwirtschaftlichen Flächen der Verbandsmitglieder werden zusätzlich zum Rohrleitungssystem des Beklagten als "Dränsauger" bezeichnete Dränagen unterhalten, die zu den Dränsammlern führen. Das Grundstück der Kläger liegt in dem als "Polder 8" bezeichneten Teil des Verbandsgebiets des Beklagten. Ein Binnenvorfluter, der mittlerweile nicht mehr unterhalten wird, knickt vor dem südlichen Ende der "K. " ab und verläuft über die südöstliche Ecke des klägerischen Grundstücks und nach einem weiteren Knick parallel zur "K. " bzw. zum "L. " durch das allgemeine Wohngebiet, das durch den Bebauungsplan Nr. 6a "K." der Gemeinde M. ausgewiesen wurde. Dieser Bebauungsplan wurde am 8. August 1986 rechtsverbindlich. Die aufgrund des Bebauungsplans vorgenommenen Baumaßnahmen der Grundstückseigentümer führten dazu, dass die Binnenvorfluter und Dränsammler sowie die Kontrollschächte teilweise überbaut bzw. verfüllt wurden. Der Beklagte versuchte, bei der Baubehörde des H. einen Baustopp zu erreichen, war jedoch damit nicht erfolgreich. Nach einer Einstellung der Wartungsarbeiten im Wohngebiet gab der Beklagte letztlich die dort gelegenen Verbandsanlagen ganz auf; in der Sitzung seiner Verbandsversammlung vom 4. Februar 2000 wurde beschlossen:

"Für die Sammlung des Oberflächenwassers in Siedlungsgebieten ist die Gemeinde zuständig (Regenwasserkanal), nicht die Poldergemeinschaft. Aus diesem Grund werden die Dränsammler und verrohrten Vorfluter in Siedlungsgebieten nicht mehr als Verbandsanlagen des Hollener Binnenschleusenverbandes geführt, außer sie dienen der Entwässerung von landwirtschaftlichen Flächen. [...]"

Zu dem entsprechenden Tagesordnungspunkt 4 der Verbandsversammlung "Verbandsanlagen in Siedlungsflächen" wurde ausgeführt:

"Bei Bebauung von Grundstücken ist die Gemeinde zuständig. Dieses ist besonders am Beispiel K. erklärt worden. Da unsere Anlagen für landwirtschaftliche Nutzung ausgelegt sind, muss bei der Versiegelung der Baugrundstücke mit erhöhtem Wasseranfall gerechnet werden. In Teilbereichen ist unsere Polderleitung direkt überbaut worden. Somit ist eine Unterhaltung bzw. Reparatur vom Verband nicht mehr möglich. Hierüber ist der Landkreis Stade als Baugenehmigungsbehörde sowie die Altl. Sparkasse als Grundstücksvermittler informiert worden. Es wird darauf hingewiesen, dass der jeweilige Grundstückseigentümer verpflichtet ist, die Verbandsanlage in Ordnung zu halten. Das vorhandene Poldersystem ist nur für landwirtschaftliche Entwässerung geplant und gebaut worden, und nicht für Siedlungsflächen."

Im Anschluss an diesen Beschluss änderte der Beklagte am 19. Dezember 2000 seine Satzung dahingehend, dass die Polderanlagen nicht so gebaut seien, dass sie ständig einen bestimmten Wasserstand garantierten und die Eigentümer von Wohngrundstücken und gewerblich genutzten Grundstücken verpflichtet seien, ihre Grundstücke selbst gegen Wasserstau zu schützen. Zudem wurde die vormalige Verbandsaufgabe "Schutz der Grundstücke vor Hochwasser" gestrichen.

Die Kläger beobachteten im Anschluss an die Einstellung der Wartung bzw. die Aufgabe der Verbandsanlagen eine Verschlechterung der Entwässerungssituation ihres Wohngrundstückes, die nach ihrer Auffassung dazu führte, dass in den Keller des Wohngebäudes stauendes Wasser einzudringen begann. Das Wohnhaus der Kläger liegt ca. 0,5 m über NN. Das Rohrleitungssystem des Beklagten (verrohrte Binnenvorfluter mit einem Durchmesser von 25 - 40 cm und quer dazu verlaufende Dränsammler mit einem Durchmesser von 10 - 12 cm) ist ca. in einer Tiefe von 1,2 - 2 m unter der Geländeoberfläche verlegt. Die konkrete Tiefe des Rohrleitungssystems hängt dabei von der Entfernung zum Polderschöpfwerk und vom notwendigen Rohrgefälle ab. Je näher der Binnenvorfluter am Polderschöpfwerk liegt, desto tiefer ist er aufgrund des notwendigen Rohrgefälles. Im Bereich des klägerischen Grundstücks hat der Binnenvorfluter eine Tiefe von ca. 1,80 m - 2 m; in einer Entfernung von ca. 40 m vom klägerischen Grundstück beträgt die Tiefe des verrohrten Binnenvorfluters hingegen lediglich ca. 1 m. Vor dem klägerischen Grundstück befindet sich eine Anschlussmöglichkeit an den gemeindlichen Regenwasserkanal, der in einer Tiefe von 1,15 m unter dem Straßenniveau verlegt ist. Der Regenwasserkanal mündet in Anlagen des Beklagten, von denen das Regenwasser abgeführt wird.

Die Kläger haben am 18. November 2002 Klage erhoben. Der Beklagte habe die zunächst über Jahre erfüllte Entwässerungspflicht vernachlässigt und dadurch einen gestiegenen Wasserstand auf dem Grundstück der Kläger herbeigeführt. Zu seinen Aufgaben gehöre es, den Grundwasserstand im Verbandsgebiet niedrig zu halten. Für diese Aufgabenerfüllung hätten die Kläger auch Beiträge entrichtet. Die Entwässerung durch den Beklagten sei Voraussetzung für die Errichtung des Wohnhauses der Kläger gewesen. Die Lage des Grundstücks in einem Gebiet unterhalb des mittleren Elbstrompegels mache aufgrund des natürlichen hohen Grundwasserstandes eine dauerhafte Entwässerung erforderlich, was auch Verbandsaufgabe sei. Der Beklagte könne sich nicht von der selbst erzeugten Vertrauensbildung und der satzungsmäßig übernommenen Aufgabenstellung entfernen, wenn er dies für opportun halte. Das klägerische Wohnhaus sei nicht mehr bewohnbar. Zu früherer Zeit habe der Grundwasserspiegel 1,9 m unter der Erdoberfläche gestanden, nunmehr sei dieser Spiegel bis auf -0,1 m angestiegen. Die Kläger seien genötigt, mit eigenen Anlagen das Grundstück dauerhaft zu entwässern und dabei gleichzeitig auch das Oberflächenwasser der Umgebung mit aufzunehmen, weil dort keinerlei Maßnahmen zur Entwässerung getroffen worden seien. Das klägerische Grundstück fungiere gewissermaßen als Regenrückhaltebecken für die Umgebung.

Die Kläger haben beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, zum Schutz genehmigter baulicher Anlagen auf dem Flurstück 212/15, Flur 5 der Gemarkung G. gegen Wasserstau den Grundwasserspiegel durch geeignete Maßnahmen im Rahmen der Verbandsaufgaben auf mindestens 2 m unter dem Geländeniveau zu halten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat geltend gemacht: Er sei nicht verpflichtet, das Wohngrundstück der Kläger von stauendem Grundwasser freizuhalten. Der Beklagte sei als Verband gegründet worden, um landwirtschaftliche Flächen zu entwässern; zu diesem Zweck seien die Verbandsanlagen auch im Bereich des klägerischen Grundstücks ursprünglich errichtet worden. Auch die Verlegung des Rohrleitungssystems habe ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken gedient. Die Überbauung einzelner Verbandsanlagen habe Inspektion, Wartung und Instandhaltung nach und nach unmöglich gemacht. Die Entwässerung von Baugrundstücken sei keine Verbandsaufgabe, insbesondere bestehe bei den Grundstückseigentümern und den Nutzungsberechtigten kein berechtigtes Vertrauen darauf, dass der Beklagte auf Dauer die Flächen entwässere. Der erhobene Verbandsbeitrag entspreche dem Nutzen der Abführung des Regenwassers, das die Gemeinde sammle und den Verbandsanlagen zuleite.

Der Beklagte hat zudem Erklärungen der Samtgemeinde N. und des Landkreises O. vorgelegt. Nach der Erklärung der Samtgemeinde N. vom 2. Januar 2003 sei für das Oberflächenentwässerungssystem die Gemeinde zuständig; die Eigentümer hätten sich an die Entwässerungsleitung der Gemeinde anzuschließen. Sofern sich in dem Bereich noch alte Polderleitungen des Beklagten befänden, hätten diese nichts mit der gemeindlichen Entwässerungsanlage zu tun. Nach der Erklärung des Landkreises Stade vom 29. Januar 2003 sei es nicht Aufgabe des Beklagten, das Niederschlagswasser innerhalb seines gesamten Verbandsgebietes abzuführen; der Schutz der Wohngebäude gegen Überflutungen und gegen Rückstau sei nicht Verbandsaufgabe. Die vom Beklagten ausgebaute Polderentwässerung diene der Verbesserung der landwirtschaftlichen Nutzung; sie sei nicht darauf ausgerichtet, den durch nachträglich erstellte Wohnbebauung veränderten Oberflächenwasseranfall jederzeit schadlos abzuführen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. April 2004 abgewiesen. Ein Anspruch auf Maßnahmen zur dauerhaften Gewährleistung eines bestimmten Grundwasserspiegels stehe den Klägern gegen den Beklagten nicht zu. Nach der Änderungssatzung des Beklagten vom 19. Dezember 2000 seien Eigentümer von Wohngrundstücken und gewerblich genutzten Grundstücken selbst verpflichtet, ihre Grundstücke gegen Wasserstau zu schützen. Aus allgemeinem Wasserverbandsrecht könnten die Kläger einen Anspruch ebenfalls nicht ableiten. Zwar sei die Bewirtschaftung von Grundwasser eine zulässige Aufgabe eines Wasser- und Bodenverbandes. Allein aus der Benennung von zulässigen Aufgaben im Wasserverbandgesetz folge allerdings keine bestimmte Handlungspflicht des Beklagten. Eine solche müsse zunächst satzungsrechtlich übernommen werden. Soweit sich Verbandsanlagen noch auf dem Grundstück der Kläger und in dessen näherer Umgebung befänden, seien diese durch den Beschluss der Verbandsversammlung vom 4. Februar 2000 aus dem Kreis der Verbandsanlagen ausgeschieden. Die Einschränkung des Aufgabenumfangs sei auch satzungsrechtlich verfestigt worden. Gegen die entsprechende Satzungsänderung seien keine Einwände erhoben oder Rechtsbehelfe eingelegt worden. Abgesehen davon hätten die Kläger den geltend gemachten Anspruch auch nicht zu Zeiten gehabt, als die ursprüngliche Verbandssatzung noch unverändert gegolten habe. Im Wasserverbandsrecht wie im allgemeinen Planungsrecht sei ein Anspruch auf Planbefolgung oder Plangewährleistung grundsätzlich nicht anerkannt. Einen unter Umständen möglichen öffentlich-rechtlichen Beseitigungsanspruch gegen den Beklagten wegen Verletzung einer Unterhaltungspflicht hätten die Kläger im Klageverfahren nicht verfolgt. Auf die Frage, ob die behauptete Durchfeuchtung der Kellerwände auf einem zu hohen Grundwasserstand oder allein oder mitwirkend auf einer mangelhaften Isolierung des Mauerwerks beruhe, komme es für die Beurteilung der Klage nicht an. Es deute indessen alles darauf hin, dass bei der Aufstellung und Inkraftsetzung der Bebauungspläne Nr. 6 und Nr. 6a die öffentlichen Belange der vom Beklagten seinerzeit wahrgenommenen Entwässerungsaufgabe gar nicht oder allenfalls unzureichend berücksichtigt worden seien. Wegen der Planungsmängel hafte der Beklagte den Klägern aber nicht.

Auf den Berufungszulassungsantrag der Kläger vom 13. Juli 2004 hat der Senat mit Beschluss vom 9. November 2004 - 13 LA 346/04 - die Berufung wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zugelassen.

Zur Begründung der Berufung tragen die Kläger vertiefend vor: Der Beklagte sei satzungsrechtlich verpflichtet, zugunsten des klägerischen Wohngrundstücks Entwässerungsmaßnahmen im Sinne einer Grundwasserabsenkung weiterhin durchzuführen. Zu den Verbandsaufgaben gehöre es, Anlagen zur Entwässerung herzustellen, zu betreiben und zu unterhalten. Die satzungsrechtliche Neuregelung, dass Eigentümer von Wohngrundstücken selbst verpflichtet seien, ihre Grundstücke gegen Wasserstau zu schützen, mache nur Sinn, wenn der Beklagte nach eigener Auffassung zuvor verpflichtet gewesen sei, auch Wohngrundstücke zu schützen. Das Vorhalten von Anlagen zur Entwässerung sei umfassend zu verstehen, so dass auch die Ableitung übermäßigen Sickerwassers umfasst sei. Das Sickerwasser reichere das Grundwasser an und müsse ab einem bestimmten Grundwasserspiegel abgeführt werden. An die satzungsmäßig verankerte und ursprünglich auch durchgeführte Aufgabe sei der Beklagte weiterhin gebunden, weil die Satzungsänderung vom 19. Dezember 2000 auf die Situation der Kläger nicht anwendbar sei. Die Satzungsänderung beziehe sich nur auf witterungs- und betriebsbedingte geringfügige Schwankungen. Das Problem für die Kläger bestehe hingegen darin, dass der Beklagte seine Entwässerungstätigkeit großflächig eingestellt habe. Die Satzungsänderung umfasse nicht den Fall, dass der Beklagte in einem bestimmten Gebiet großflächig die ihm vormals obliegende und ordnungsgemäß übernommene Verbandsaufgabe gänzlich einstellt. Die Satzungsregelung könne sich zudem nur auf Grundstücke beziehen, in denen eine Wohn- oder gewerbliche Nutzung nach Inkrafttreten der Änderungssatzung aufgenommen wurde. Eine Anwendung der Vorschrift auch für die Kläger bedeute eine unzulässige echte Rückwirkung, da das Wohnhaus der Kläger aufgrund einer Baugenehmigung im erkennbaren Vertrauen darauf errichtet worden sei, dass der damals vom Beklagten herbeigeführte und aufrechterhaltene Grundwasserstand gehalten werde. Andernfalls hätten die Kläger ihr Wohnhaus nicht mit einem Kellergeschoss gebaut. Die Kläger hätten auch nicht die Möglichkeit, sich durch eigene Vorkehrungen gegen die Vernässung des Kellers ihres Wohnhauses zu schützen. Dadurch, dass das Gebiet vom Höhenniveau her unterhalb des üblichen Strompegels der Elbe liege, drücke ständig Grundwasser durch das Mauerwerk in den Keller des Wohnhauses. Durch die fortdauernde Vernässung des Kellergeschosses werde das Wohnhaus in seinem Bestand gefährdet. Diese Situation sei nur dadurch zu ändern, dass im gesamten umliegenden Gebiet der Grundwasserpegel wieder auf einen Stand von ca. 1,9 m/2 m unter Erdoberfläche abgesenkt werde. Es sei rechtlich nicht haltbar, davon auszugehen, dass durch den Beschluss der Verbandsversammlung vom 4. Februar 2000 Teile des Rohrleitungssystems aus dem Kreis der Verbandsanlagen ausgeschieden worden seien. Es hätten berechtigte Vertrauensschutz- und Bestandsschutzrechte der Kläger berücksichtigt werden müssen. Dem Beklagten sei es verwehrt, das Vertrauen zu einem späteren Zeitpunkt dadurch zu enttäuschen, dass er seine entsprechende Entwässerungstätigkeit einfach einstelle. Der Beschluss der Verbandsversammlung des Beklagten vom 4. Februar 2000 sei auch deswegen nicht wirksam, weil in der Einladung zur Verbandsversammlung nicht offengelegt worden sei, dass es um eine Entwidmung von Verbandsanlagen gehe. Wäre dies ersichtlich gewesen, wären mehr als 17 letztlich anwesende Verbandsmitglieder anwesend gewesen, so dass das Abstimmungsergebnis möglicherweise völlig anders ausgefallen wäre. Auch sei der Beschluss über die Entwidmung weder veröffentlicht noch den nachteilig betroffenen Mitgliedern zur Kenntnis gebracht worden. Darüber hinaus sei es unzutreffend, dass ein öffentlich-rechtlicher Beseitigungsanspruch von den Klägern nicht verfolgt worden sei. Ihr Begehren sei auch nicht auf etwas Unmögliches gerichtet. Eine Inspektion der Kontrollschächte im August 2004 durch die Kläger habe ergeben, dass das Grundwasser durch den Sammler in Richtung des Vorfluters abziehe. Damit werde das Argument der Beklagten widerlegt, durch Überbauungen im Neubaugebiet sei eine ordnungsgemäße Entwässerung nicht mehr möglich. Aus den Verbandsaufgaben resultiere auch die Verpflichtung, gegebenenfalls zerstörte oder verfüllte Dränsammler wiederherzustellen. Dieser Verpflichtung müsse er sich insbesondere deshalb stellen, weil er es zuvor entgegen seiner satzungsgemäßen Verpflichtung unterlassen habe, effektiv gegen eine Überbauung oder gar Zerstörung von Verbandsanlagen vorzugehen.

Die Kläger beantragen,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, zum Schutz genehmigter baulicher Anlagen auf dem Flurstück 212/15, Flur 5 der Gemarkung G. gegen Wasserstau den Grundwasserspiegel durch geeignete Maßnahmen im Rahmen der Verbandsaufgaben auf mindestens 2 m unter dem Geländeniveau zu halten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Kläger hätten keinen Wiederherstellungs- bzw. Beseitigungsanspruch. Die Verpflichtung zur Unterhaltung der Verbandsanlagen bestehe nur für Zwecke der landwirtschaftlichen Entwässerung. Das Rohrleitungssystem des Verbandes sei von der Tiefenlage her so angeordnet, dass in den tiefsten Bereichen des Verbandsgebietes noch eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung ermöglicht werde. Es sei nach technischen Regeln gebaut, die für die landwirtschaftliche Entwässerung Gültigkeit besäßen. Die Verbandsanlagen vor dem Grundstück der Kläger seien nach Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 6 zunächst weiter unterhalten worden, da über diese Anlage auch noch landwirtschaftliche Flächen jenseits des Baugebiets entwässert worden seien. Für die Entwässerung dieser landwirtschaftlichen Flächen sei jedoch mittlerweile Ersatz geschaffen worden, so dass die Unterhaltung der Anlagen im Bereich des klägerischen Grundstücks für den Beklagten nicht mehr erforderlich gewesen und daher aufgegeben worden sei. Der Beklagte sei nicht verpflichtet, sämtliche funktionslos gewordenen Verbandsanlagen dauerhaft zu unterhalten. Es habe zu keinem Zeitpunkt zu den Aufgaben des Beklagten gehört, den Grundwasserstand im Siedlungsgebiet durch Verbandsanlagen zu regulieren. Die Änderung der Verbandssatzung stelle keine inzidente Anerkennung dar, für die Regulierung des Grundwasserstandes zuständig gewesen zu sein. Es handele sich lediglich um eine Präzisierung der bestehenden Verbandsaufgaben, die zur Vermeidung von Missverständnissen erfolgt sei. Das Begehren der Kläger sei zudem auf etwas Unmögliches gerichtet. Bei Unterhaltung und Spülung der vorhandenen Dränsammler durch den Beklagten habe der Grundwasserstand nicht dauerhaft auf 1,9/2 m unter der Geländeoberfläche gehalten werden können. Selbst bei einer fortgesetzten Instandhaltung und Unterhaltung des Dränsammlers in der Nähe des Hauses der Kläger sei eine wirksame dauerhafte Grundwasserabsenkung daher gar nicht möglich. Für eine dauerhafte Reduzierung des Grundwasserstandes in der von den Klägern begehrten Höhe müsse der Beklagte ein engmaschiges Netz von Dränagesystemen errichten, was unverhältnismäßig hohe Kosten zur Folge hätte. Die Anmerkung in der Baubeschreibung zum Wohnhaus der Kläger - "Marschboden - Grundwasser unter Baugrubensohle" - bedeute allein, dass das Fundament nicht gegen drückendes Wasser habe geschützt werden sollen. Dies sei eine Entscheidung des Bauherrn und seines bauleitenden Architekten und werde behördlicherseits nicht geprüft. Die Kläger hätten kein berechtigtes schützenwertes Vertrauen auf die Aufrechterhaltung der Widmung bestehender Verbandsanlagen. Für den Beklagten habe keine Verpflichtung bestanden, durch Ergreifen von Rechtsbehelfen die Überbauung von Verbandsanlagen abzuwehren. Er habe davon ausgehen können, dass in Siedlungsgebieten die Oberflächenentwässerung durch die Gemeinde ordnungsgemäß und gesetzeskonform vorgenommen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, der Samtgemeinde N. und des Landkreises O. Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht einen Anspruch der Kläger gegen den Beklagten auf eine dauerhafte Absenkung des Grundwasserstandes auf 2 m unterhalb der Geländeoberfläche in der Umgebung des klägerischen Grundstücks verneint.

Es besteht bereits keine objektiv-rechtliche Verpflichtung des Beklagten zur Regulierung des Grundwasserstandes in nicht zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzten Wohngebieten. Eine solche Verpflichtung folgt weder aus dem aktuellen Satzungsrecht der Beklagten noch ergab sie sich aus der Satzung des Beklagten nach dem Stand der Erstfassung vom 8. April 1992 (dazu unten 1. a)). Auch aus höherrangigem Recht ergibt sich eine entsprechende objektiv-rechtliche Verpflichtung des Beklagten nicht (dazu unten 1. b)). Mangels einer objektiv-rechtlichen Verpflichtung des Beklagten können die Kläger subjektiv-rechtlich keinen Anspruch auf Regulierung des Grundwasserstandes aus satzungsrechtlichen oder wasserverbandsrechtlichen Regelungen oder aus einem öffentlich-rechtlichen (Folgen-)Beseitigungsanspruch infolge einer Unterlassung oder mangelhaften Erfüllung der Wahrnehmung von Verbandsaufgaben geltend machen (dazu unten 2.).

1.

a) Eine objektiv-rechtliche Verpflichtung des Beklagten zur Grundwasserregulierung in Wohngebieten lässt sich weder aus dem derzeit geltenden Satzungsrecht der Beklagten noch aus dessen Satzung vom 8. April 1992 ableiten. Das Satzungsrecht stellt sich wie folgt dar:

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 und 4 der Verbandssatzung - VS - des Beklagten vom 8. April 1992 (ABl. für den Landkreis Stade v. 23.04.1992). gehörte zum einen der "Schutz von Grundstücken" vor Hochwasser sowie zum anderen die "Herstellung, Beschaffung, Betrieb, Unterhaltung und Beseitigung von Anlagen zur Entwässerung" zu den Verbandsaufgaben. Nach dem Satzungswortlaut war der Begriff der "Entwässerung" nicht ausdrücklich auf einen bestimmten Entwässerungszweck beschränkt.

Durch die zweite Änderungssatzung des Beklagten vom 19. Dezember 2000 wurde in § 2 VS folgender neuer Absatz 2 angefügt:

"Die Polderanlagen sind nicht so gebaut, dass sie ständig einen bestimmten Wasserstand garantieren. Die Eigentümer von Wohngrundstücken und gewerblich genutzten Grundstücken sind verpflichtet, ihre Grundstücke selbst gegen Wasserstau zu schützen."

Zudem wurde in § 2 Abs. 1 VS die bisher unter Nr. 3 bezeichnete Verbandsaufgabe "Schutz von Grundstücken vor Hochwasser" ersatzlos gestrichen.

Durch die 4. Änderungssatzung vom 8. Mai 2004 wurde u.a. § 6 VS um folgenden Absatz 6 ergänzt:

"Verbandsanlagen sowie einen Bereich im Abstand von 3 m zu den Verbandsanlagen dürfen nur mit Zustimmung des Verbandes überbaut werden. Entstehen durch eine überbaute Verbandsanlage höhere Kosten für die Unterhaltung der Anlage, sind diese vom Verursacher an den Verband zu erstatten."

Inzwischen ist bei einer auf einer Verbandsversammlung vom 23. Juni 2005 in einer außerordentlichen Verbandsversammlung ein neuer Plan der Verbandsanlagen beschlossen, wonach der verrohrte Binnenvorfluter in Höhe des südlichen Endes der "K. " endet.

aa) Bereits § 2 Abs. 1 Nr. 4 VS in der Fassung vom 8. April 1992 ist ungeachtet des uneingeschränkten Wortlauts "Entwässerung" dahingehend auszulegen, dass die Entwässerungsaufgaben des Beklagten ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken zu dienen bestimmt waren. Nur in diesem Rahmen bewegen sich die Entwässerungsaufgaben des Beklagten. Die in § 4 Abs. 2 VS vorgesehenen Verbandsanlagen dienen allein landwirtschaftlichen Zwecken. Die Beschränkung des Zwecks der vom Beklagten wahrgenommenen Entwässerungsaufgabe auf die landwirtschaftliche Nutzung folgt bereits daraus, dass er für eine andere als die übliche Entwässerung zu landwirtschaftlichen Zwecken eine wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung benötigen würde, die er niemals hatte. Die in der Satzung des Beklagten übernommenen Aufgaben können sich aber nur im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen bewegen.

Bei der von den Klägern begehrten (weiträumigen) Absenkung bzw. Regulierung des Grundwasserstandes in einem Wohngebiet, die sie auch als satzungsrechtlich in § 2 Abs. 1 Nr. 4 VS verankerte Aufgabe des Beklagten ansehen, läge eine solche - ohne weitergehende Erlaubnis oder Bewilligung - unzulässige Gewässerbenutzung vor:

Nach der § 13 Satz 1 Wasserhaushaltsgesetz - WHG - entsprechenden Regelung des § 19 Satz 1 Niedersächsisches Wassergesetz - NWG - bedürfen Wasser- und Bodenverbände sowie gemeindliche Zweckverbände auch dann einer Erlaubnis oder einer Bewilligung, wenn sie ein Gewässer im Rahmen ihrer satzungsmäßigen Aufgaben über die nach dem NWG erlaubnisfreie Benutzung hinaus benutzen wollen. Nach Satz 2 dieser Bestimmung, die § 13 Satz 2 WHG entspricht, gilt dies nur dann nicht, soweit ein altes Recht oder eine alte Befugnis besteht oder soweit beim Inkrafttreten des NWG für Einzelvorhaben durch besondere gesetzliche Vorschriften Abweichendes bestimmt ist.

Bei einer Grundwasserabsenkung handelt es sich nach § 4 Abs. 2 NWG um eine Gewässerbenutzung im Sinne des § 19 Satz 1 NWG. Nach § 4 Abs. 2 NWG gilt das Aufstauen, Absenken und Umleiten von Grundwasser durch Anlagen, die hierzu bestimmt oder hierfür geeignet sind, als Gewässerbenutzung. Auch beim Ableiten von Grundwasser handelt es sich nach § 4 Abs. 1 Nr. 7 NWG um eine Gewässerbenutzung. Erlaubnis- und bewilligungsfrei ist nach § 136 Abs. 1 Nr. 2 NWG lediglich das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder - hier maßgeblich - das Ableiten von Grundwasser zum Zweck der gewöhnlichen Bodenentwässerung landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzter Grundstücke. Ohne Erlaubnis bzw. Bewilligung war der Beklagte mithin nach Inkrafttreten des NWG lediglich zur Ableitung von Grundwasser zum Zwecke der gewöhnlichen Bodenentwässerung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke befugt. Der Zusammenhang von §§ 19 und 136 Abs. 1 Nr. 2 NWG (entspricht §§ 13 und 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG) ist auch der Grund dafür, dass Dränverbände für ihre Tätigkeit im Allgemeinen eine Erlaubnis oder Bewilligung nicht benötigen (vgl. Czychowski, Wasserhaushaltsgesetz, 8. Aufl., § 13 Rdnr. 2).

Eine Erlaubnis- bzw. Bewilligungsfreiheit kann auch nicht aus der Ausnahmeregelung des § 19 Satz 2 NWG folgen. Dem Beklagten stand bei Inkrafttreten des NWG am 15. Juli 1960 kein altes Recht im Sinne des § 19 Satz 2 Alt. 1 NWG für die Vornahme einer Entwässerung durch verrohrte Binnenvorfluter und verrohrte Dränsammler zu, das sich nicht an den Vorschriften des NWG messen lassen müsste. Unstreitig wurde das Rohrleitungssystem erst in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts geschaffen ("Polderung") und somit erst nach Inkrafttreten des NWG, so dass die infolge dieses Systems vorgenommene Entwässerung umfänglich den Vorschriften des NWG unterfällt. Auch beruhte die Tätigkeit des Beklagten nicht auf einer abweichenden besonderen gesetzlichen Bestimmung für Einzelvorhaben im Sinne des § 19 Satz 2 Alt. 2 NWG. Diese - § 13 Satz 2 WHG entsprechende - Ausnahme hat vielmehr für Niedersachsen keine Bedeutung. § 13 Satz 2 WHG bezieht sich nur auf einige spezialgesetzlich geregelte wasserwirtschaftliche Großverbände in Nordrhein-Westfalen (vgl. Haupt/Reffken/Rhode: Niedersächsisches Wassergesetz (NWG) - Kommentar, Loseblatt, Stand: August 2006; Czychowski, Wasserhaushaltsgesetz, 8. Aufl., § 13 Rdnr. 4).

Da sich demnach eine Entwässerungsaufgabe des Beklagten nur auf die gewöhnliche Bodenentwässerung zu landwirtschaftlichen Zwecken durch Ableiten von Grundwasser im Sinne des § 136 Abs. 1 Nr. 2 NWG beziehen kann, bestand niemals eine Verpflichtung des Beklagten aufgrund dessen satzungsrechtlicher Regelungen zur Absenkung bzw. Regulierung des Grundwassers in Wohngebieten. Eine Grundwasserabsenkung stellt nach § 4 Abs. 2 NWG vielmehr eine eigenständige Form der Gewässerbenutzung dar, zu welcher der Beklagte mangels Erlaubnis oder Bewilligung nicht befugt war und ist. Ein umfassenderes Verständnis des Satzungsrechts der Beklagten - wie die Kläger es auslegen - scheidet demgegenüber nach Auffassung des Senats aus. Es würde dazu führen, dass das Aufgabenspektrum des Beklagten nur nach Erteilung einer entsprechenden wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung im Einklang mit geltendem Wasserrecht stehen würde. Dafür, dass der Beklagte sich satzungsrechtlich neben der nach § 136 Abs. 1 Nr. 2 NWG erlaubnis- bzw. bewilligungsfreien Gewässerbenutzung auch zu einer weitergehenden Gewässerbenutzung verpflichten wollte, für die er zunächst eine Erlaubnis oder Bewilligung hätte beantragen müssen, sprechen weder tatsächliche noch rechtliche Anhaltspunkte.

bb) An dieser Beurteilung ändert nichts, dass die Kläger und mögliche andere Grundstückseigentümer durch die zu landwirtschaftlichen Nutzungszwecken vorgenommene Entwässerung in der Vergangenheit faktisch begünstigt worden sind. Die bei der Errichtung des klägerischen Wohnhauses vorgefundene Grundwassersituation kann vielmehr nur als für die Kläger günstiger Nebeneffekt einer ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken dienenden Bodenentwässerung angesehen werden. Diesen Nebeneffekt musste der Beklagte indes bei Wegfall der landwirtschaftlichen Nutzung in Teilen seines Verbandsgebietes nicht aufrecht erhalten.

cc) Auf die von den Beteiligten diskutierten und nach 1992 vorgenommenen Satzungs- und Planänderungen im Sinne des § 4 VS - die sich ohnehin nicht zu Gunsten der Kläger auswirken können, da sie hinsichtlich der entstandenen Wohngebiete (klarstellende) Einschränkungen enthalten - kommt es demgegenüber nicht entscheidungserheblich an. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob der Beschluss der Verbandsversammlung des Beklagten vom 4. Februar 2000 zu einer wirksamen Einschränkung der vom Beklagten unterhaltenen Verbandsanlagen geführt hat. Ebenso wenig stellt sich die von den Klägern aufgeworfene Problematik einer unzulässigen Rückwirkung durch die Satzungsänderung sowie die damit verbundene Frage eines Vertrauensschutzes der Kläger. Die Änderungen der Verbandssatzung und des Plans im Sinne des § 4 VS haben im Hinblick auf eine Bodenentwässerung in Wohngebieten - also auch in Bezug auf das Wohngrundstück der Kläger - nämlich keinen konstitutiven Gehalt dergestalt, dass von einer ursprünglich dem Verband auch insoweit zukommenden Aufgabe der Entwässerung später Abstand genommen wurde. Auch auf die Frage, ob sich der Beklagte gegen die Überbauung von Verbandsanlagen frühzeitig hätte wehren müssen - so wie es etwa mit der 4. Änderungssatzung vom 8. Mai 2004 geschehen ist - kommt es nicht an. Mit der tatsächlichen Umwandlung ehemals landwirtschaftlich genutzter Flächen in Wohngebiete ist auch die Verpflichtung des Beklagten zur Vornahme der gewöhnlichen landwirtschaftlichen Bodenentwässerung entfallen.

dd) Abgesehen von der - ohne Beantragung einer weitergehenden wasserrechtlichen Erlaubnis bzw. Bewilligung - fehlenden Berechtigung des Beklagten zur dauerhaften Regulierung des Grundwasserstandes in Wohngebieten ergibt sich eine Beschränkung der Verbandsaufgaben des Beklagten auf die gewöhnliche Bodenentwässerung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke nach Auffassung des Senats auch aus der tatsächlichen Lage und Dimensionierung der Verbandsanlagen sowie aus der historischen Entwicklung. Der Beklagte hat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass die verrohrten Binnenvorfluter und Dränsammler in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts lediglich zur Entwässerung von Obstbauwiesen angelegt worden und an die Stelle von offenen Gräben getreten seien. Auch unter tatsächlichen Gesichtspunkten stellt die Grundwassersituation, die die Kläger beim Bau ihres Wohnhauses vorgefunden haben, daher lediglich einen für sie positiven Nebeneffekt der landwirtschaftlichen Zwecken dienenden Bodenentwässerung dar. Hätte sich das Wohnhaus der Kläger an geringfügig anderer Stelle im Verbandsgebiet des Beklagten befunden, wäre auch keineswegs ein Grundwasserspiegel in Höhe von 1,90 m/2 m unterhalb der Geländeoberfläche erreicht worden, da die Verbandsanlagen bereits in einer Entfernung von 40 m vom Grundstück der Kläger nur eine Tiefe von etwa einem Meter aufweisen. Die Tiefe der Verbandsanlagen beruht nach der nachvollziehbaren Darstellung des Beklagten auf dem Mindestmaß, das für eine landwirtschaftliche Nutzung erforderlich ist. Eine zunehmende Tiefe in Richtung der Polderschöpfwerke ergibt sich aus dem notwendigen Gefälle der verrohrten Anlagen. Aus der mithin eher "zufällig" vorgefundenen Grundwassersituation im Bereich des klägerischen Grundstücks konnte jedoch der eigentliche Entwässerungszweck der landwirtschaftlichen Bodenentwässerung nicht dahin umschlagen, dass fortan der Schutz von (unterkellerten) Wohngebäuden zur Aufgabe des Beklagten wurde.

b) Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass über die satzungsrechtlichen Bestimmungen des Beklagten hinaus eine Verpflichtung zur Regulierung des Grundwasserstandes auch nicht aus wasserverbandsrechtlichen Bestimmungen abgeleitet werden kann. Zwar können nach § 2 Nr. 8 Wasserverbandsgesetz - WVG - u.a. technische Maßnahmen zur Bewirtschaftung des Grundwassers zu den Aufgaben eines Wasser- und Bodenverbandes gehören. Unmittelbare Verpflichtungen folgen jedoch aus dieser Regelung nicht. Eine Verpflichtung erwächst für einen Wasser- und Bodenverband vielmehr erst durch satzungsrechtliche Übernahme einer nach § 2 WVG zulässigen Verbandsaufgabe. Eine solche satzungsrechtliche Übernahme durch den Beklagten beschränkt sich indes - wie dargelegt - auf die allein landwirtschaftlichen Zwecken dienende gewöhnliche Bodenentwässerung.

2.

Mangels einer objektiv-rechtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Absenkung des Grundwasserstandes kann ein dahingehender subjektiv-rechtlicher Anspruch der Kläger weder aufgrund von Satzungsrecht des Beklagten noch aus einem gegen diesen gerichteten öffentlich-rechtlichen Beseitigungsanspruch bestehen.

Ein öffentlich-rechtlicher (Folgen-)Beseitigungsanspruch ist in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 12.10.1971, BVerwGE 38, 336; Urt. v. 19.07.1984, BVerwGE 69, 366). Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass durch hoheitliches Handeln in ein Freiheitsgrundrecht - wie etwa das nach Art. 14 GG geschützte Eigentum - eingegriffen wird und dieser Eingriff zu einem fortdauernden rechtswidrigen Zustand führt. Er ist grundsätzlich auf Wiederherstellung des vor dem Eingriff bestehenden Zustands gerichtet. Zwar kommt ein öffentlich-rechtlicher (Folgen-)Beseitigungsanspruch nicht nur infolge eines aktiven (hoheitlichen) Handelns in Betracht, sondern auch in Fällen des Unterlassens. Dies setzt aber voraus, dass für den Hoheitsträger eine Rechtspflicht zum Handeln besteht (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 19.07.1984 - 3 C 81/82 -, BVerwGE 69, 366; VGH Mannheim, Urt. v. 27.10.1995 - 5 S 1023/95 -, NVwZ-RR 1996, 381). Dies kann namentlich bei der Verletzung einer Gewässerunterhaltungspflicht bei oberirdischen Gewässern der Fall sein. (vgl. Hess. VGH, Urt. v. 26.02.1997 - 7 UE 2907/94 -, NVwZ-RR 1997, 612).

Eine Rechtspflicht des Beklagten zum Handeln zu Gunsten des klägerischen Wohngrundstücks bestand und besteht vorliegend gerade nicht. Für den Beklagten hat eine objektiv-rechtliche Verpflichtung zur Grundwasserabsenkung bzw. -regulierung in Wohngebieten - wie unter 1. dargelegt - vielmehr niemals bestanden. Die verschlechterte Entwässerungssituation auf dem klägerischen Grundstück könnte zwar als Folge der Einstellung der landwirtschaftlichen Bodenentwässerung anzusehen sein. Rechtsansprüche im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen (Folgen-)Beseitigungsanspruchs können die Kläger daraus aber mangels einer ihnen gegenüber bestehenden Rechtspflicht des Beklagten nicht herleiten. Allein ein für die Kläger günstiger Nebeneffekt der ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken dienenden Bodenentwässerung konnte eine Rechtspflicht des Beklagten zur Entwässerung ihres Wohngrundstücks nicht entstehen lassen.

Ende der Entscheidung

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