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Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 10.12.2008
Aktenzeichen: 13 LC 112/07
Rechtsgebiete: NWG, WVG


Vorschriften:

NWG § 91a
NWG § 115 Abs. 2
NWG § 169
WVG § 33 Abs. 2
WVG § 68
1. Bei der Ermessensentscheidung, ob eine im Rahmen von satzungsrechtlichen Bewirtschaftungsgeboten vorgesehene Ausnahmegenehmigung für bauliche Anlagen im Uferrandbereich erteilt wird, muss der Unterhaltungsverband nicht in allen Einzelheiten darlegen und beweisen, dass und warum die Unterhaltungsarbeiten bei Erteilung der Ausnahmegenehmigung erschwert werden, wenn er satzungsrechtlich einen Räumstreifen in einer bestimmten Breite vorgeschrieben hat. Es reicht vielmehr aus, dass die Erschwerung der Unterhaltungsarbeiten plausibel gemacht wird.

2. Einzelfall einer Satzungsregelung, in der dem Unterhaltungsverband die satzungsrechtliche Kompetenz zur Anordnung der Beseitigung von ohne Ausnahmegenehmigung errichteten baulichen Anlagen im Uferrandbereich fehlt.


Tatbestand:

Der Kläger, der Eigentümer eines im Verbandsgebiet der Beklagten gelegenen Grundstücks ist, wendet sich gegen die Versagung einer Ausnahmegenehmigung für die Errichtung eines Pflanzbeets im Bereich eines an das Gewässer "Reiher Tief" angrenzenden Geländestreifens und gegen die Anordnung zur Beseitigung dieses Beets.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks I. ... in J., Flur ..., Flurstück ... der Gemarkung J.. Entlang dieses Grundstücks verläuft das Gewässer zweiter Ordnung Nr. 66 "Reiher Tief". 1998 erhielt der Kläger von der Beklagten eine mündliche Ausnahmegenehmigung für die Errichtung einer bis zu acht Meter an die Böschungsoberkante des Gewässers heranreichenden Auffahrt. Dabei wurden ihm Auflagen erteilt; u.a. wurde ihm aufgegeben, dass der Räumstreifen in einer Breite von fünf Metern ab der Böschungsoberkante von jeglicher Bepflanzung und Bebauung freizuhalten sei und eine eventuelle Pflasterung im Bereich von fünf bis zehn Metern zugelassen werden könne, wenn diese auf Schwerlast ausgelegt sei.

Der Kläger errichtete ohne weitergehende Genehmigung der Beklagten zusätzlich zu der Auffahrt ein Pflanzbeet mit steinerner Einfassung und dazugehörigen Fundamenten, das nach seiner Darstellung fünf Meter, nach Darstellung der Beklagten bis zu drei Meter an die Böschungsoberkante heranreicht. Das Beet ist mit Gebüsch und Bäumchen bepflanzt. Das Gelände fällt vom Rand des Beetes bis zur Böschungsoberkante geneigt ab. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob diese Neigung schon immer vorhanden war oder ob sie erst durch Aufschüttung im Zuge der Bauarbeiten des Klägers entstand. Auf der dem Grundstück des Klägers gegenüberliegenden Seite des "Reiher Tiefs" befinden sich genehmigte Gebäude im Randstreifen; das Gelände davor ist weitgehend eben. Auf der anderen Seite der das Gewässer beim klägerischen Grundstück kreuzenden Straße befinden sich ebenfalls zwei bebaute Grundstücke entlang des Gewässers. Auf demjenigen, das am Ufer des Klägers gelegen ist, befindet sich ein mit einer Betoneinfassung versehenes Hochbeet innerhalb des Zehnmeterstreifens; das Gelände zwischen der Einfassung und der Böschungsoberkante ist dort eben. Gegenüber reicht eine gepflasterte Hoffläche bis fast an die Böschungsoberkante heran. Am Grabenlauf unterhalb des klägerischen Grundstücks befindet sich ca. fünf Meter von der Böschungsoberkante ein Maschendrahtzaun mit dahinter liegendem Gebüsch; am Zaun steht auch eine einzelne Birke. Das Gelände zwischen Zaun und Böschungsoberkante wurde dort vertieft und geebnet.

Die Beklagte fasste die Errichtung des Pflanzbeets als Antrag auf Erteilung einer weitergehenden Ausnahmegenehmigung auf und lehnte deren Erteilung mit Bescheid vom 28. November 2003 ab. In dem Bescheid wurde dem Kläger unter Fristsetzung aufgegeben, einen Streifen von zehn Metern ab der Böschungsoberkante für die schweren Einsatzfahrzeuge hindernisfrei zugänglich zu machen und dafür alle erforderlichen Arbeiten zu veranlassen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass durch die Veränderungen des Randstreifens eine ordnungsgemäße Gewässerunterhaltung nicht mehr gewährleistet sei. Dies liege u.a. daran, dass der Räumstreifen im Bereich bis ca. fünf Meter ab Böschungsoberkante ein starkes Gefälle zum Wasser habe. Ein sicheres Arbeiten für die Räumfahrzeuge sei nicht mehr möglich. Der Bescheid der Beklagten wurde dem Landkreis Wittmund als unterer Wasserbehörde zur Kenntnis gegeben. Der Vorstand der Beklagten hatte den Erlass des Bescheides in seiner Sitzung am 31. Oktober 2003 beschlossen. Zu dem entsprechenden Tagesordnungspunkt der Sitzung war ausgeführt worden, dass der Kläger trotz eindeutiger vorheriger Aufklärung über die nach der Satzung der Beklagten erforderlichen Abstände vom Gewässer bauliche Anlagen geschaffen habe; auch nach mehrfacher Beratung durch die Beklagte vor Ort und durch die untere Wasserbehörde des Landkreises Wittmund habe der Kläger auf der Nichtversetzung der befestigten Anlage beharrt.

Der Kläger legte gegen diesen Bescheid am 16. Dezember 2003 Widerspruch ein. Er sei Eigentümer des Grabens. Es sei eine Ausnahmegenehmigung von den Abstandsvorschriften zu erteilen; eine Breite von fünf Metern sei nicht unablässig. In früheren Jahren sei ein wesentlich geringerer Abstand von nur 1,80 Metern als ausreichend angesehen worden. In Bezug auf diese Abstandsfläche erhalte der Kläger eine Entschädigung dafür, dass dort Mäharbeiten durchgeführt werden können. Vor der Errichtung des Neubaus seien in dichteren Abständen als nach der gegenwärtigen Lage sehr große Bäume vorhanden gewesen, was jahrzehntelang akzeptiert worden sei. In der Umgebung würden zudem wesentlich geringere Abstände eingehalten.

Der Widerspruch wurde mit Bescheid der Beklagten vom 3. Februar 2005 zurückgewiesen; allerdings wurde dem Kläger nur noch die Räumung eines acht Meter breiten Streifens aufgegeben. Ferner wurde eine Ersatzvornahme angedroht. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Kläger habe zusätzlich zu der im Jahre 1998 genehmigten Inanspruchnahme des Räumstreifens ein Pflanzbeet angelegt. Für Räumfahrzeuge stünden daher effektiv noch ca. 3,50 Meter von der Böschungsoberkante an gerechnet zur Verfügung, wobei dieser Streifen zum Gewässer geneigt sei. Wegen des Gefälles drohten Schmalspurfahrzeuge in den Graben zu kippen, was zum einen für die Fahrzeuge mit angebrachter Mähharkkombination gelte, die einen erhöhten Schwerpunkt hätten. Schweres Räumgerät (13-Tonnen-Bagger) könne vor dem klägerischen Grundstück überhaupt nicht benutzt werden. Dieses benötige zwingend einen Arbeitsstreifen von 7,50 bis 8 Metern Breite, weil es aus Gründen der Arbeitssicherheit 1,50 Meter von der Böschungsoberkante entfernt fahren müsse, ca. vier Meter breit sei und zusätzlich ein zwei Meter breiter Sicherheitsbereich für Arbeiter eingehalten werden müsse. Ein Ausweichen auf die gegenüberliegende Seite des Gewässers sei wegen der dort befindlichen Bebauung nicht möglich. Der Einsatz von Räumfahrzeugen zur effektiven Unterhaltung sei im Bereich des klägerischen Grundstücks zwingend erforderlich, da es sich um den unteren Bereich des Entwässerungsgebietes handele und das Gewässer von seinem Ausbauzustand ohnehin unterdimensioniert sei. Schweres Gerät müsse zumindest im Bedarfsfalle schnell herangeführt werden können. Dass es bisher aufgrund der fehlenden Befahrbarkeit noch nicht zu vernässungsbedingten Schäden gekommen sei, beruhe nur auf dem zufälligen Ausbleiben entsprechender Wetterlagen.

Der Kläger hat am 21. Februar 2005 Klage erhoben. Für Beschränkungen der Bebaubarkeit eines Randstreifens über den Bereich von fünf Metern hinaus gebe es nach § 91a NWG bereits keine rechtliche Grundlage. Der Streifen zwischen Beet und Böschung sei breit genug, um mit einem Bagger hindurchfahren zu können. Außerdem könnten Räumfahrzeuge auch vom gegenüberliegenden Grundstück aus arbeiten; dort sei 2004 auch mit einem normal schmalen Bagger gearbeitet worden. Die Beklagte habe nicht dargelegt, für welche Fälle sie schweres Räumgerät am klägerischen Grundstück einsetzen müsse. Ferner habe er der Beklagten angeboten, selbst die nötigen Unterhaltungsarbeiten durchzuführen, was diese aber abgelehnt habe, obwohl dies die angeblichen technischen Schwierigkeiten beheben könne und durch die Beklagte nur noch Aufsicht über die Arbeiten geführt werden müsste. Die angegriffenen Bescheide verletzten den Gleichheitsgrundsatz, da sich auf den umliegenden Grundstücken ebenfalls Zäune, Bäume, Mauern und Gebäude im Räumstreifen befänden und geduldet oder genehmigt seien. Auf dem gegenüberliegenden Grundstück sei mit einer Baugenehmigung des Landkreises Wittmund vom 5. Mai 1993 eine Garage in einem Abstand von vier Metern vom Gewässer errichtet worden, die Beklagte sei vor Erteilung der Baugenehmigung angehört worden. Zudem sei auf einem Grundstück auf der anderen Gewässerseite ein Hochbeet mit einer massiven Mauer errichtet worden. Schließlich sei für die Beseitigungsverfügung nicht die Beklagte zuständig, sondern die untere Wasserbehörde.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Bescheid der Beklagten vom 28. November 2003 und ihren Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2005 aufzuheben sowie

2. die Beklagte zu verpflichten, seinen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für ein Pflanzbeet unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend zu den Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden hat sie ausgeführt: § 91a NWG habe mit dem Räumstreifen zur Durchführung von Unterhaltungsarbeiten nichts zu tun, sondern regele einen Gewässerrandstreifen zur ökologischen Sicherung von Gewässern vor äußeren Einflüssen. Die Beklagte habe von der wasserhaushaltsrechtlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, in ihrer Satzung weitergehende Beschränkungen im Interesse der Unterhaltung vorzunehmen und grundsätzlich die Freihaltung eines Räumstreifens von zehn Metern ab der Böschungsoberkante festgelegt. Grund dafür sei, dass das Befahren entlang der Gewässer mit den zur wirtschaftlichen und effektiven Beseitigung von Abflusshindernissen notwendigen Räumgeräten ermöglicht werde. Die regelmäßig eingesetzten Schmalspurfahrzeuge könnten zwar zwischen dem Beetrand und der Böschungsoberkante hindurchfahren, dort aber wegen der Neigung nicht effektiv und sicher arbeiten. Die Hindernisfreiheit des Räumstreifens werde nur bei konkreter Notwendigkeit durchgesetzt. Im Bereich des klägerischen Grundstücks sei dies der Fall, weil Böschungsrutschungen vorhanden seien. Zudem liege es am unteren Ende des Einzugsgebiets von ca. 690 ha Größe, welches vom "Reiher Tief" entwässert werde. Anders verhalte es sich bei anderen Grundstücken. Hier seien die Böschungen niedriger und damit die Rutschgefahr geringer. Mit dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich ein mit Beton eingefasstes Hochbeet befindet, sei vereinbart worden, dass das Hindernis im Bedarfsfalle kurzfristig zurückgebaut werde. Auf das gegenüberliegende Grundstück könne der Kläger schon deswegen nicht verweisen, weil selbst dann, wenn von dort aus die nötigen Unterhaltungsarbeiten möglich wären - was bestritten werde - aus Gründen der Gleichbehandlung beide Grundstücke im wechselnden Jahresrhythmus herangezogen werden müssten. Eine Übertragung der Arbeiten auf Private - wie vom Kläger vorgeschlagen - könne und wolle die Beklagte nicht vornehmen, da sie auch im Falle einer Übertragung öffentlich-rechtlich für den Zustand des Gewässers verantwortlich bleibe. Die Einwendungen des Klägers hinsichtlich der Zuständigkeit für die Beseitigungsanordnung gingen fehl; aus der Satzung der Beklagten ergebe sich eine Anordnungsbefugnis. Nicht die Wasserbehörde, sondern die Beklagte sei zur Durchsetzung der eigenen Satzungsbestimmungen berufen.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 17. April 2007 den Bescheid des Beklagten vom 28. November 2003 und den Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2005 insoweit aufgehoben, als dem Kläger die Beseitigung des von ihm errichteten Pflanzbeetes aufgegeben wird und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Für das klägerische Pflanzbeet sei nach § 6 Nr. 7 der Satzung der Beklagten eine Ausnahmegenehmigung von Verbot der Errichtung baulicher Anlagen im Bereich von zehn Metern ab Böschungsoberkante erforderlich; diese Ausnahmegenehmigung sei dem Kläger rechts- und ermessensfehlerfrei verweigert worden. Zweck des § 6 Nr. 7 der Satzung der Beklagten sei es, eine unbeeinträchtigte Gewässerunterhaltung zu gewährleisten und dadurch die Aufgabenerfüllung der Beklagten zu erleichtern. Hinsichtlich der Ermessensentscheidung der Beklagten sei zu berücksichtigen, dass in § 6 Nr. 7 ihrer Satzung die normative Vermutung aufgestellt sei, dass bauliche Anlagen in einem Abstand von weniger als zehn Metern von der Böschungsoberkante im Regelfall die Gewässerunterhaltung beeinträchtigen. Diese Regelung sei nicht zu beanstanden. Der Kläger müsse für eine Ausnahmegenehmigung daher nachvollziehbar darlegen, dass die von ihm errichtete Anlage einen Ausnahmefall darstellt. Gründe für einen Ausnahmefall könnten darin bestehen, dass besonders schwerwiegende Interessen des Klägers das Allgemeininteresse an leichter und effektiver Gewässerunterhaltung ausnahmsweise überwiegen oder dass eine Erschwerung der Unterhaltungsarbeiten aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles als ausgeschlossen erscheine. Dass die Unterhaltungsarbeiten auch nach der Errichtung der Anlage bei einem besonders langsamen und vorsichtigen Vorgehen der Mitarbeiter der Beklagten und unter Inkaufnahme einer erhöhten Gefährdung von Mensch und Material noch möglich bleibe, reiche nicht aus. § 33 Abs. 2 WVG und der auf seiner Grundlage erlassene § 6 der Satzung der Beklagten sprächen von der Gewährleistung der "leichteren" Durchführung der Verbandsaufgaben bzw. von nicht "beeinträchtigter" Gewässerunterhaltung. Diese Bestimmungen griffen nicht erst ein, wenn die Unterhaltungsarbeiten vollkommen unmöglich seien, sondern schon bei einer nennenswerten Erschwerung. Ein Ausnahmefall sei in Bezug auf das Pflanzbeet zu verneinen. Dass die von der Beklagten regelmäßig eingesetzten Schmalspurfahrzeuge und der schwere Bagger noch zwischen dem Beet und der Böschungsoberkante hindurchfahren könnten und Unterhaltungsarbeiten auch tatsächlich durchgeführt worden seien, reiche nicht aus. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Schräge zwischen dem Beet und der Böschungsoberkante natürlich vorgefunden oder vom Kläger künstlich geschaffen worden sei. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege nicht vor; soweit die Beklagte auf anderen Grundstücken der Umgebung Hindernisse im Räumstreifen zumindest geduldet habe, gebe es hierfür jeweils sachliche Gründe. Die Ablehnung des Angebots des Klägers, selbst die nötigen Unterhaltungsarbeiten durchzuführen, sei nicht ermessensfehlerhaft, da die Beklagte in jedem Falle der unteren Wasserbehörde gegenüber für die ordnungsgemäße Unterhaltung verantwortlich bleibe.

Die Anordnung der Beseitigung des Pflanzbeets sei hingegen rechtswidrig, weil es bereits an einer Rechtsgrundlage für die Beklagte fehle. Zwar sei es grundsätzlich möglich, einen Wasserverband satzungsrechtlich zu Anordnungen gegenüber einzelnen Mitgliedern zu ermächtigen. Eine solche Ermächtigung für den Fall eines Verstoßes gegen § 6 Nr. 7 der Satzung der Beklagten sei aber nicht vorgesehen, weil sich § 6 Nr. 6 der Satzung der Beklagten gerade nicht auf die Beseitigung baulicher Anlagen beziehe. Eine solche Selbstbeschränkung der Beklagten stelle nicht zwingend ein Redaktionsversehen dar, sondern könne darauf beruhen, dass sie sich als Selbstverwaltungskörperschaft einen solch schweren Eingriff wie die Verfügung zur Beseitigung von - im Grundsatz baurechtlich genehmigungspflichtigen - baulichen Anlagen bei Erlass der Satzung möglicherweise nicht selbst zugetraut habe, sondern staatlichen Ordnungsbehörden wie der unteren Wasserbehörde bzw. Bauaufsichtsbehörde habe überlassen wollen. Auch § 35 Abs. 1 der Satzung der Beklagten könne nicht als Ermächtigungsgrundlage angesehen werden. Ebenso wie § 68 Abs. 1 WVG beziehe sich § 35 Abs. 1 der Satzung der Beklagten nach seinem Wortlaut auf Anordnungen, die ihre Rechtsgrundlage an anderer Stelle fänden. Eine Durchsetzung des § 6 Nr. 7 der Satzung der Beklagten komme über § 169 NWG oder § 89 Abs. 1 NBauO in Betracht; offen bleiben könne das Verhältnis dieser beiden Rechtsgrundlagen und der Zuständigkeiten der unteren Bauaufsichtsbehörde und der unteren Wasserbehörde, da jedenfalls die Beklagte nicht die erforderliche Anordnungsbefugnis habe.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zugelassen.

Der Kläger hat am 15. Juni 2007 Berufung eingelegt, soweit das Verwaltungsgericht die Klage hinsichtlich der begehrten Erteilung einer Ausnahmegenehmigung abgewiesen hat.

Zur Begründung seiner Berufung ergänzt er sein bisheriges Vorbringen wie folgt: Zweifelhaft sei bereits, ob es sich bei dem Pflanzbeet um eine bauliche Anlage handele. Der Begriff der baulichen Anlage im Sinne der Bauordnung sei mit dem entsprechenden satzungsrechtlichen Begriff nicht identisch, was die explizite Aufzählung in § 6 Nr. 7 Satzung der Beklagten nahe lege, die sich im Wesentlichen auf Anlagen beziehe, die nicht schnell entfernt werden könnten. Die Beklagte gehe von unrichtigen tatsächlichen Annahmen aus. Eine Räumstreifenaufschrägung habe der Kläger nicht vorgenommen; die vorhandene Uferschräge bestehe seit Jahrzehnten. Die Beseitigung des Pflanzbeets würde weder eine Entfernung der Uferschräge zur Folge haben noch die Arbeiten der Beklagten erleichtern. Es sei nicht einleuchtend, dass die Fahrzeuge der Beklagten in dem Bereich der steinernen Einfassung fahren müssten, weil diese dann sehr weit vom Graben entfernt seien. Auch sei nicht ersichtlich, warum die Fahrzeuge nicht auf der Einfassung fahren könnten. Eine Kipp- oder Abrutschgefahr werde durch das Beet weder hervorgerufen noch verstärkt. Gefährdete Pflanzen könne der Kläger nach vorheriger Benachrichtigung entfernen. Die vom Beklagten angenommene Unterdimensionierung des Grabens sei nicht belegt. Die Ermessensausübung sei gleichheitswidrig, da in der Nachbarschaft die Unterhaltungsarbeiten durch vorhandene Bebauung und Bepflanzung ungleich schwerer seien. Soweit die Beklagte darauf verweise, dass bei den Nachbargrundstücken eventuell auftretende Probleme durch die jeweiligen Hauseigentümer gelöst würden, sei eine Ungleichbehandlung des Klägers nicht gerechtfertigt, weil dieser mehrfach angeboten habe, bei den Unterhaltungsarbeiten behilflich zu sein bzw. diese selbst durchzuführen. Der Räumstreifen sei zudem einer der breitesten in der gesamten Gegend; vor Errichtung der Wohnhäuser sei er nur zwei Meter breit gewesen.

Im Hinblick auf die Beseitigungsverfügung trägt der Kläger vor: Eine Durchsetzungsmacht habe nicht allgemein jede Fachbehörde. Auch bei keinen Aufschub duldenden Maßnahmen sei der Gesetzgeber berufen, Befugnisse zu Grundrechtseingriffen zu schaffen. Eine solche Rechtsgrundlage liege nicht vor.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 17. April 2007 teilweise zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für das bestehende Pflanzbeet mit Einfassung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. November 2003 und ihren Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2005 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht;

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte, die sich am 27. Juli 2007 der Berufung des Klägers angeschlossen hat, beantragt ferner,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 17. April 2007 teilweise zu ändern und die Klage auch insoweit abzuweisen, als das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 28. November 2003 und ihren Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2005 aufgehoben hat;

Der Kläger beantragt,

die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt hinsichtlich der streitigen Ausnahmegenehmigung vor: Die Ausnahmegenehmigung sei aufgrund der wasserwirtschaftlichen Situation am Grundstück des Klägers zu Recht abgelehnt worden. Eine bauliche Anlage liege vor. Der Kläger habe Erdaufschüttungen vorgenommen und habe Baumaterialien fest mit dem Erdboden verbunden. Die Beseitigung des Pflanzbeets müsse zwangsläufig auch die Entfernung der Räumstreifenaufschrägung nach sich ziehen. Das Pflanzbeet behindere sowohl die laufende, normale Unterhaltung als auch die nur bei Bedarf notwendigen Erdarbeiten zur Ufersicherung. Die Einfassung des Pflanzbeets könne nicht überfahren werden, ohne dass Schäden an ihr entstünden. Zudem werde die Standsicherheit des Baggers beim Auffahren auf die Kante des Beets geringfügig und diejenige der Schmalspurfahrzeuge infolge der Räumstreifenaufschrägung erheblich beeinträchtigt; dies sei aus Gründen der Arbeitssicherheit nicht hinnehmbar. Besonders wirke sich dies bei infolge längerer Vernässung weichen Bodens aus.

Im Hinblick auf die Beseitigungsverfügung trägt die Beklagte vor: Nach § 68 Abs. 1 WVG hätten die Mitglieder die auf Gesetz oder Satzung beruhenden Anordnungen des Vorstands zu befolgen. Als Spiegelbild der Vorteilsgewährung durch einen Wasser- und Bodenverband habe der Gesetzgeber diesem auch die Möglichkeit gegeben, gegenüber den Bevorteilten Belastungen auszusprechen. Kein Wasser- und Bodenverband könne auf die Möglichkeit, die teilweise sehr speziellen Ge- und Verbote seiner Satzung selbst durchzusetzen, verzichten. Das Angewiesensein auf das Tätigwerden anderer Behörden sei überaus negativ, weil ein gewisser Zeitverzug dabei nicht vermeidbar wäre und die regulierenden Maßnahmen der Beklagten häufiger keinen Aufschub duldeten. Die Beklagte habe in § 35 Abs. 1 ihrer Satzung eine Generalermächtigung zur Durchsetzung der Satzungsbestimmungen aufgenommen. Die Beklagte sei auf eine eine solche allgemeine Rechtsgrundlage zwingend angewiesen. Die jeweilige Bestimmung ausdrücklicher Einzelermächtigungen in den einzelnen Ge- oder Verbotsvorschriften wäre kaum möglich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers (dazu I.) und Anschlussberufung der Beklagten (dazu II.) haben keinen Erfolg.

I. Berufung des Klägers

1.

Die Berufung des Klägers ist statthaft, da sie vom Verwaltungsgericht uneingeschränkt zugelassen worden ist und das Oberverwaltungsgericht nach § 124a Abs. 1 Satz 2 VwGO an diese Zulassung gebunden ist. Zwar spricht vieles dafür, dass das Verwaltungsgericht bei der Zulassungsentscheidung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht die Frage eines Anspruchs des Klägers auf Neubescheidung seines Antrags auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung im Blick hatte, sondern die Problematik, ob und inwieweit die Beklagte ihre satzungsrechtlichen Regelungen durch die Anordnung der Beseitigung baulicher Anlagen eigenständig durchsetzen kann. Auch ist anerkannt, dass eine Beschränkung der Zulassung der Berufung, die sich nicht unmittelbar aus dem Urteilstenor ergibt, aus der Begründung der Zulassungsentscheidung abgeleitet werden kann (vgl. etwa Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll: VwGO, 4. Aufl., § 124a Rdnr. 9; Kopp/Schenke: VwGO, 15. Aufl., § 124 a Rdnrn. 8, 10). Erforderlich ist dafür aber, dass die entsprechende Beschränkung mit hinreichender Deutlichkeit in den Entscheidungsgründen des verwaltungsgerichtlichen Urteils zum Ausdruck kommt. Das ist hier nicht der Fall. Die im Tenor unbeschränkt ausgesprochene Zulassung der Berufung ist in den Entscheidungsgründen lediglich mit einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet worden, ohne darauf hinzuweisen, worin diese grundsätzliche Bedeutung gesehen wird. Dies reicht für die Annahme einer beschränkten Zulassung der Berufung nicht aus.

2.

Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit der Kläger die Neubescheidung seines Antrags auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für die Errichtung des Pflanzbeets im Räumstreifen des Gewässers "Reiher Tief" begehrt. Mit Bescheid der Beklagten vom 28. November 2003 und ihrem Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2005 wurde der Antrag des Klägers nämlich rechtsfehlerfrei - insbesondere auch frei von Ermessensfehlern - abgelehnt, so dass der Kläger keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten hat, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).

a) Die Erforderlichkeit einer Ausnahmegenehmigung für die Errichtung des Pflanzbeets im Räumstreifen ergibt sich aus § 6 Nr. 7 der Satzung der Beklagten. § 6 der Satzung der Beklagten hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"Ufergrundstücke dürfen nur so bewirtschaftet werden, dass die Unterhaltung des Gewässers nicht beeinträchtigt wird. Dabei gilt insbesondere:

1. Die Eigentümer und Besitzer der zum Verband gehörenden und an einem Gewässer des Verbandes liegenden Weidegrundstücke sind verpflichtet, die Grünländereien entlang des Gewässers einzuzäunen; der Zaun muss einen Abstand von mindestens 80 cm von der oberen Böschungskante haben oder, soweit ein Mähpfad vorhanden ist, am Rande dieses Mähpfades stehen. Die Zäune müssen, auch an den Übergängen, leicht zu öffnen sein. Die Anlieger müssen bei außergewöhnlichen Unterhaltungsarbeiten, z. B. bei Grundräumungen usw. die Einzäunungen erforderlicherweise auf ihre Kosten beseitigen und wiederherstellen. [...]

2. An den Gewässern des Verbandes dürfen Hecken und Büsche erst auf eine Entfernung von 5 m, Bäume und Freileitungsmasten in einer Entfernung von 10 m von der oberen Böschungskante gepflanzt bzw. gesetzt werden. Schriftliche, widerrufliche Ausnahmegenehmigungen kann im Einzelfall der Verband erteilen. [...]

6. Der Verband ist berechtigt, die sofortige Entfernung oder Abänderung solcher Einrichtungen (Zäune, Hecken, Bäume, Leitungsmasten, Viehtränken usw.) die den vorgenannten Erfordernissen nicht entsprechen, zu verlangen oder nach Ablauf der schriftlich zu setzenden Frist auf Kosten der Säumigen durchführen zu lassen.

7. Gebäude und sonstige bauliche Anlagen jeglicher Art wie z. B. Freileitungsmasten, Kleinkläranlagen, Leitungen aller Art, Wege und Plätze usw. einschließlich Abgrabungen oder Aufschüttungen dürfen an den Verbandsgewässern nicht näher als 10 m von der oberen Böschungskante ab gesehen errichtet werden. Die untere Wasserbehörde kann im Bereich des Gewässerrandstreifens (5 m ab Böschungsoberkante) Ausnahmen vom Verbot des Satzes 1 mit Zustimmung des Verbandes zulassen. Die Voraussetzungen des § 91a NWG müssen hierbei gegeben sein.

Ausnahmegenehmigungen vom Verbot des Satzes 1 im Bereich von 5 bis 10 m erteilt der Verband.

Baugenehmigungen oder nach anderen Vorschriften notwendige Genehmigungen dürfen nur erteilt werden, wenn eine Ausnahmegenehmigung von den Verboten des Satzes 1 durch die untere Wasserbehörde bzw. den Verband erteilt wurde.

[..]

11. Ausnahmen von den Beschränkungen dieser Vorschrift kann der Verband in begründeten Fällen zulassen."

aa) Bei dem Pflanzbeet, das mit fundamentierten Steinkanten versehen ist, handelt es sich um eine bauliche Anlage im Sinne des § 6 Nr. 7 der Satzung der Beklagten. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht zur Definition des Begriffs der bauliche Anlage auf § 2 Abs. 1 Satz 1 NBauO zurückgegriffen und bejaht, dass eine mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlage gegeben ist, weil jedenfalls die Einfassung aus Beton und Steinen hergestellt und mit Fundamenten versehen ist. Für die vom Kläger vertretene Ansicht, dass der satzungsrechtliche Begriff der baulichen Anlage nicht identisch mit dem bauordnungsrechtlichen Begriff sei und dass es in Anbetracht des Satzungszwecks darauf ankomme, ob eine räumliche Ausdehnung vorhanden sei - die dem Pflanzbeet fehle - gibt es keine überzeugenden Anhaltspunkte. Vielmehr liegt auf der Hand, dass auch Anlagen, die nicht aus dem Erdreich herausragen, zu Beeinträchtigungen bei der Gewässerunterhaltung führen können, was etwa schon bei einer ebenerdigen Pflasterung der Fall sein kann, wenn diese Pflasterung nicht darauf ausgelegt ist, von schweren Fahrzeugen befahren werden zu können.

bb) Soweit sich die mit Fundamenten versehene steinerne Einfassung des Pflanzbeets nach der aktuellen zeichnerischen Darstellung der Beklagten (Bl. 163 d.A.) im Bereich des Gewässerrandstreifens nach § 91a NWG liegt, der bei Gewässern zweiter Ordnung eine Breite von fünf Metern ab der Böschungsoberkante aufweist, scheidet die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung durch die Beklagte von vornherein aus. Die Beklagte ist nämlich nach § 6 Nr. 7 Satz 4 der Satzung der Beklagten nur für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen vom Verbot des § 6 Nr. 7 Satz 1 der Satzung zuständig; § 6 Nr. 7 Satz 2 und 3 der Satzung behält Ausnahmegenehmigungen im Bereich des Gewässerrandstreifens der unteren Wasserbehörde vor und statuiert ein Zustimmungserfordernis der Beklagten. Diese satzungsrechtliche Zuständigkeitsabgrenzung beruht offenbar auf dem Umstand, dass die schmalere oder breitere Festsetzung von Gewässerrandstreifen nach § 91a Abs. 1 Sätze 3 und 4 NWG in den Aufgabenbereich der Wasserbehörde fällt und Zuständigkeitsüberschneidungen bzw. widersprüchliche Entscheidungen verschiedener Aufgabenträger ausgeschlossen werden sollen. Dabei ist nach der satzungsrechtlichen Abgrenzung die Zuständigkeit der Beklagten schon dann nicht mehr gegeben, wenn eine einheitliche bauliche Anlage teilweise innerhalb und teilweise außerhalb des Gewässerrandstreifens liegt, weil sie sich dann bereits "im Bereich" des Gewässerrandstreifens befindet.

cc) Selbst wenn man - wie der Kläger geltend macht und was den rechtlichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zugrunde liegt - davon ausgeht, dass das Pflanzbeet nur bis auf fünf Meter an die Böschungsoberkante heranreicht und damit außerhalb des Gewässerrandstreifens liegt, hat der Kläger keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags, denn dieser wurde ermessensfehlerfrei abgelehnt.

(1) Das Verwaltungsgericht hat zu den Maßstäben der Ermessensentscheidung zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte in § 6 Nr. 7 der Satzung in Ausübung der ihr durch § 33 Abs. 2 WVG eingeräumten Satzungsbefugnis die normative Vermutung aufgestellt hat, dass bauliche Anlagen in einem Abstand von weniger als zehn Metern von der Böschungsoberkante im Regelfall die Gewässerunterhaltung beeinträchtigen. Eine Ausnahmegenehmigung erfordert demnach das Vorliegen eines Ausnahmefalls, in dem entweder eine Beeinträchtigung der Gewässerunterhaltung ausgeschlossen werden kann oder aber besonders schwerwiegende Interessen des Anliegers das Allgemeininteresse an leichter und effektiver Gewässerunterhaltung ausnahmsweise überwiegen. Dabei ist - wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat - in Rechnung zu stellen, dass § 33 Abs. 2 WVG und der auf seiner Grundlage erlassene § 6 der Satzung der Beklagten von der Gewährleistung der "leichteren" Durchführung der Verbandsaufgaben bzw. von nicht "beeinträchtigter" Gewässerunterhaltung sprechen.

Gemessen an diesen Maßstäben ist die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung nicht zu beanstanden. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass Unterhaltungsarbeiten auch nach der Errichtung der Anlage bei einem langsamen und vorsichtigen Vorgehen der Mitarbeiter der Beklagten und unter Inkaufnahme von Einschränkungen bei der Arbeitssicherheit tatsächlich noch durchgeführt werden konnten. Diese Möglichkeit führt nicht zur Annahme eines Ausnahmefalls. Dabei muss die Beklagte nach Auffassung des Senats auch nicht - wie vom Kläger gefordert - in allen Einzelheiten darlegen, warum genau sie Schwierigkeiten bei der Arbeitssicherheit und Beeinträchtigungen der Unterhaltungsarbeiten sieht. Es reicht insoweit vielmehr ein plausibler Vortrag, da für die Ablehnung einer Ausnahmegenehmigung - wie ausgeführt - bereits die nicht zu beanstandende satzungsrechtliche Grundregel der Freihaltung eines Bereichs von zehn Metern ab der Böschungsoberkante streitet. Die Darstellung der Beklagten ist insoweit plausibel. Ihr geht es nach dem Verständnis des Senats im Kern um das Problem, dass der von ihr bei schwierigeren Unterhaltungsarbeiten eingesetzte Bagger nicht ohne Schaden für die Einfassung über dieselbe fahren kann und die im Rahmen der normalen Unterhaltung eingesetzten Schmalspurfahrzeuge zwar nicht über Einfassung fahren müssen, sie aber Probleme mit der Geländeneigung haben. Dass möglicherweise private Unternehmer, die Unterhaltungsarbeiten durchführen könnten, diese Probleme nicht sehen oder nicht haben, ist letztlich nicht entscheidend. Der Beklagten ist insoweit im Rahmen ihres Ermessens ein Spielraum zuzubilligen, der nicht zur Annahme eines Ermessensfehlers führt, wenn er - wie hier - in plausibler Weise ausgeschöpft wird. Auf die Frage, ob die Räumstreifenaufschrägung vom Kläger natürlich vorgefunden oder künstlich geschaffen wurde, kommt es nicht an. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass auch für den Fall, dass die Aufschrägung schon immer vorhanden war, die Beklagte dies zum Anlass nehmen darf, eine Ausnahmegenehmigung für das Pflanzbeet zu verweigern.

(2) Auch einen zu einem Ermessensfehler führenden Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint. Auch im Hinblick auf die Einschätzung der Situation im Bereich anderer Grundstücke ist der Beklagte im Rahmen der Ermessensentscheidung ein Spielraum zuzubilligen, der erst dann verlassen wird, wenn für eine unterschiedliche Behandlung keine sachlichen Gründe sprechen. Auch soweit sich auf umgebenden Grundstücken bauliche Anlagen befinden, die zum Teil nah an das Gewässer heranragen, führt dies entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu einer Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung in seinem Fall. Vielmehr kann sich die Beklagte insofern zu Recht auf Absprachen mit den betroffenen Grundstückseigentümern, die jeweils unterschiedliche konkrete Situation vor Ort und auf Gesichtspunkte des Bestandsschutzes - etwa im Hinblick auf die in den Räumstreifen hineinragende Garage - berufen. Insoweit kann auf die umfangreichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu den einzelnen Vergleichsfällen Bezug genommen werden. Selbst, wenn in einem der Vergleichsfälle zu Unrecht eine Beeinträchtigung der Gewässerunterhaltung durch die Beklagte geduldet würde, hätte dies keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Folge, da sich der Kläger nicht mit Erfolg auf etwaige unrechtmäßige Zustände in der Umgebung berufen kann.

(3) Dass die Beklagte das Angebot des Klägers, selbst die nötigen Unterhaltungsarbeiten durchzuführen oder dabei behilflich zu sein, nicht angenommen hat, war ebenfalls nicht ermessensfehlerhaft. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Unterhaltung eines Gewässers zweiter Ordnung nach § 100 NWG nicht dem Eigentümer, sondern der Beklagten obliegt und auch bei einer - im NWG nicht vorgesehenen - Übertragung der Unterhaltungspflicht auf den Eigentümer letztlich die Beklagte in jedem Falle der unteren Wasserbehörde gegenüber für die ordnungsgemäße Unterhaltung verantwortlich bliebe.

II. Anschlussberufung der Beklagten

Die nach § 127 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 28. November 2003 und ihren Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2005 zu Recht aufgehoben, soweit dem Kläger die Beseitigung des von ihm errichteten Pflanzbeets aufgegeben wurde. Insoweit sind die angegriffenen Bescheide rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Dahinstehen kann, ob - was zwischen den Beteiligten streitig ist - die Bescheide der Beklagten inhaltlich dahingehend zu verstehen sind, dass sie neben der Entfernung des Pflanzbeets als solchem auch die Nivellierung der vorhandenen Böschungsaufschrägung verlangen bzw. sich die Nivellierung gleichsam als notwendige Folge der Beseitigung des Pflanzbeets ergibt. Die Beklagte kann ihre Beseitigungsverfügung nämlich bereits nicht auf eine hinreichende gesetzliche oder satzungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage stützen.

1.

Eine spezielle satzungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage zur Anordnung der Beseitigung von ungenehmigten Gebäuden und baulichen Anlagen im Sinne des § 6 Nr. 7 der Satzung der Beklagten existiert nicht. Eine spezifische Ermächtigung, die Beseitigung von bestimmten Einrichtungen zu verlangen, enthält die Satzung der Beklagten vielmehr ausdrücklich nur in deren § 6 Nr. 7. Diese Ermächtigung bezieht sich aber - wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat - nur auf Verstöße gegen § 6 Nr. 1 - 5 der Satzung der Beklagten und ist keine Rechtsgrundlage für die Anordnung der Beseitigung einer entgegen § 6 Nr. 7 der Satzung errichteten baulichen Anlage.

2.

Die Beklagte betrachtet die auf § 68 WVG beruhende Regelung des § 35 Abs. 1 ihrer Satzung als für die Beseitigungsanordnung einschlägige satzungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage. Mit dieser Argumentation kann sie im Ergebnis nicht durchdringen:

a) Die mit der Überschrift "Anordnungsbefugnis" versehene Bestimmung des § 68 WVG hat folgenden Wortlaut:

"(1) Die Verbandsmitglieder, die Eigentümer des Deichvorlands und die auf Grund eines vom Eigentümer abgeleiteten Rechts Nutzungsberechtigten haben die auf Gesetz oder Satzung beruhenden Anordnungen des Vorstands zu befolgen.

(2) In der Satzung kann bestimmt werden, dass Anordnungsbefugnisse auch von einzelnen Vorstandsmitgliedern, Vorstandsmitgliedern eines Unterverbands und Dienstkräften des Verbands oder eines Unterverbands wahrgenommen werden können."

§ 35 der Satzung der Beklagten lautet wie folgt:

"(1) Die Verbandsmitglieder, die Eigentümer des Deichvorlandes und die aufgrund eines vom Eigentümer abgeleiteten Rechts Nutzungsberechtigten, haben die auf Gesetz oder Satzung beruhenden Anordnungen des Vorstands zu befolgen. (WVG § 68)

(2) Der Vollzug der Anordnungen des Verbandes richtet sich nach den Vorschriften des vorläufigen Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Niedersachsen vom 3. Dezember 1976 i.V.m. § 70 des Nieders. Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (NVwVG) vom 2. Juni 1982. (WVG § 68)"

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten kann diesen Regelungen jedenfalls keine Ermächtigung für die Anordnung der Beseitigung von nach § 6 Nr. 7 der Satzung der Beklagten nicht genehmigten Gebäuden und baulichen Anlagen entnommen werden. Fraglich ist bereits, ob § 35 der Satzung der Beklagten überhaupt als eigenständige generelle Ermächtigungsgrundlage angesehen werden kann, oder ob sie nicht lediglich eine Befolgungspflicht für die auf anderweitiger gesetzlicher oder satzungsrechtlicher Regelung beruhenden Anordnungen bei gleichzeitiger interner Zuständigkeitszuweisung der anderweitig begründeten Anordnungsbefugnisse zum Vorstand der Beklagten beinhaltet. Der Abgleich mit § 68 WVG lässt ein solches Verständnis nicht fernliegend erscheinen, da es auch in dieser Bestimmung dem Wortlaut nach einerseits um eine (bloße) Befolgungspflicht und eine grundsätzliche Zuordnung der Anordnungsbefugnis zum Vorstand des Verbandes (Absatz 1) bei Ermöglichung einer Zuordnung derselben zu einzelnen Vorstandsmitgliedern, Vorstandsmitgliedern eines Unterverbands und Dienstkräften des Verbands oder eines Unterverbands (Absatz 2) geht.

c) Für das Verständnis der Beklagten kann zwar angeführt werden, dass § 35 Abs. 2 ihrer Satzung gegenüber § 68 WVG abweichend ausgestaltet ist, weil in § 35 Abs. 2 der Satzung Bestimmungen zur Vollstreckung von Anordnungen getroffen werden und dadurch klargestellt wird, dass dem Verband auch Zwangsbefugnisse zustehen sollen. Dies kann aber nach Auffassung des Senats nicht entkräften, dass - wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen ausgeführt hat - der systematische Zusammenhang von § 6 Nr. 6 und Nr. 7 der Satzung ein anderes Verständnis gebietet - nämlich dass bei Verstößen im Sinne des § 6 Nr. 6 der Satzung der Beklagten eine ausdrückliche Ermächtigung vorgesehen ist, die einen Rückgriff auf § 35 Abs. 1 der Satzung der Beklagten unnötig werden lässt bzw. sperrt. Gerade daraus ist nach Auffassung des Senats abzuleiten, dass der Satzungsgeber eine Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Beseitigung von Gebäuden und baulichen Anlagen nicht schaffen wollte. Wäre dies der Fall gewesen, hätte es nahe gelegen, die in § 6 Nr. 6 der Satzung der Beklagten verankerte Ermächtigung auf § 6 Nr. 7 zu erstrecken. Das ist aber gerade nicht geschehen.

d) Hinzu kommt Folgendes: In § 6 Nr. 7 der Satzung der Beklagten wird - wie bereits dargestellt - eine Kompetenzabgrenzung bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen danach vorgenommen, ob sich die zu errichtende bauliche Anlage innerhalb oder außerhalb des Gewässerrandstreifens nach § 91a NWG (fünf Meter ab Böschungsoberkante bei Gewässern zweiter Ordnung wie dem "Reiher Tief") befindet. Wird vom Beklagten bereits eine Kompetenz zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für den Bereich des Gewässerrandstreifens nach § 91a NWG nicht in Anspruch genommen, sondern der unteren Wasserbehörde überlassen, folgt daraus nach Auffassung des Senats, dass jedenfalls in Bezug auf den Gewässerrandstreifen auch eine Kompetenz zur Anordnung der Beseitigung von ungenehmigten baulichen Anlagen nicht aus der Satzung abgeleitet werden kann. Die Kompetenz zur Erteilung von Ausnahmegenehmigungen der unteren Wasserbehörde zuzuordnen, gleichzeitig aber eine Kompetenz zur Anordnung von Beseitigungsverfügungen satzungsrechtlich zu beanspruchen, wäre widersprüchlich. Die Beklagte selbst geht von einer in den Gewässerrandstreifen jedenfalls hineinragenden baulichen Anlage aus; der geringste Abstand von der Böschungsoberkante beträgt nach ihrer zeichnerischen Darstellung lediglich drei Meter (Bl. 163 d.A.), so dass es nach vorstehenden Ausführungen auch aus diesem Grunde an einer Beseitigungsanordnungskompetenz der Beklagten mangelt.

Für den Gewässerrandstreifen stellt dann § 169 Satz 2 NWG die einschlägige Eingriffsgrundlage dar, für deren Anwendung nach § 169 Satz 1 NWG die Wasserbehörde zuständig ist und nicht die Beklagte. Nach § 169 Satz 1 NWG obliegt es - soweit nichts anderes bestimmt ist - den Wasserbehörden, das WHG, das NWG und die aufgrund dieser Gesetze erlassenen Verordnungen sowie die Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Bewirtschaftung der Gewässer und die hierzu erlassenen Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes zu vollziehen und Gefahren für die Gewässer abzuwehren. Zwar handelt es sich bei der Satzung der Beklagten weder um ein Gesetz noch um eine Verordnung im Sinne des § 169 Abs. 1 Satz 1 NWG. Dies führt aber nicht dazu, dass Maßnahmen der Wasserbehörde bei Satzungsverstößen nicht ergriffen werden könnten: § 6 der Satzung der Beklagten enthält der Sache nach lediglich Regelbeispiele für das Gebot, Ufergrundstücke nur so zu bewirtschaften, dass die Unterhaltung des Gewässers nicht beeinträchtigt wird. Dieses Gebot ist - ohne explizite Regelbeispiele zu nennen - bereits in § 115 Abs. 2 Satz 2 NWG enthalten. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"Die Anlieger haben zu dulden, dass der zur Unterhaltung Verpflichtete die Ufer bepflanzt, soweit es für die Unterhaltung erforderlich ist. Sie können verpflichtet werden, die Ufergrundstücke in erforderlicher Breite so zu bewirtschaften, dass die Unterhaltung nicht beeinträchtigt wird; sie haben bei der Nutzung die Erfordernisse des Uferschutzes zu beachten."

Liegt eine konkretisierte Verpflichtung der Anlieger vor - die hier in § 6 der Satzung der Beklagten unter Inanspruchnahme der entsprechenden Satzungskompetenz nach § 33 Abs. 2 WVG zu sehen ist - führt ein Verstoß gegen die konkretisierte Verpflichtung auch zu einem Verstoß gegen § 115 Satz 2 NWG, dem nach § 169 Satz 2 NWG wasserbehördlich begegnet werden kann.

3.

Es bedarf anlässlich des vorliegenden Falles keiner Entscheidung, ob und inwieweit die Beklagte eine eigene spezifische Anordnungskompetenz zur Beseitigung von Gebäuden und baulichen Anlagen satzungsrechtlich verankern könnte. Nach dem gegenwärtigen Satzungsrecht ist eine solche Anordnungskompetenz aufgrund der vorstehenden Überlegungen mit dem Verwaltungsgericht zu verneinen.

Ende der Entscheidung

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