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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 26.08.2008
Aktenzeichen: 15 MF 15/08
Rechtsgebiete: FlurbG, VwVfG
Vorschriften:
FlurbG § 65 Abs. 1 S. 1 | |
VwVfG § 49 Abs. 1 |
Gründe:
Der Antragsteller wendet sich gegen die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung in dem vereinfachten Flurbereinigungsverfahren C. -D..
Das Amt für Agrarstruktur Osnabrück ordnete durch Beschluss vom 2. Januar 2002 das vereinfachte Flurbereinigungsverfahren C. -D. an, um den zersplitterten und teilweise unwirtschaftlich geformten Grundbesitz im Verfahrensgebiet nach neuzeitlichen betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zusammenzulegen und zweckmäßig zu gestalten. Zudem soll die mit dem Verfahren bezweckte Verbesserung der Agrarstruktur durch eine Straffung und den Ausbau eines zeitgemäßen Wegenetzes ergänzt werden. Das im Landkreis Osnabrück gelegene Verfahrensgebiet umfasst eine Fläche von rd. 1.875 ha mit rd. 250 Teilnehmern. Der Antragsteller ist als Eigentümer von land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen Teilnehmer an diesem Flurbereinigungsverfahren. Die Wertermittlung der vom Verfahren betroffenen Flächen ist seit dem 15. Dezember 2002 unanfechtbar.
Die Antragsgegnerin ordnete unter dem 5. Juli 2007 mit Wirkung zum 1. September 2007 die vorläufige Einweisung der Beteiligten in den Besitz und Nutzung der neuen Flächen an. Der Antragsteller und weitere Teilnehmer wandten sich gegen die neue Feldeinteilung. Am 1. April 2008 verhandelten die Beteiligten über eine Änderung der bisherigen Feldeinteilung. Unter dem 14. April 2008 übersandte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Unterlagen über die beabsichtigte Änderung der Feldeinteilung.
Die Antragsgegnerin änderte unter dem 1. Juli 2008 die vorläufige Besitzeinweisung vom 5. Juli 2007 mit Wirkung vom 1. September 2008. Zugleich ordnete sie die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung an. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an: Im Zusammenhang mit der laufenden Aufstellung des Flurbereinigungsplans seien zwischenzeitlich Veränderungen der neuen Feldeinteilung geplant. Diese Änderungen seien zur Umsetzung in der Zwischenzeit erzielter Vereinbarungen aber auch von Amts wegen erforderlich geworden, um die Abfindungen für alle Beteiligten insgesamt wertgleich und wirtschaftlich optimal zu gestalten. Aus dem gesetzlichen Anspruch der Teilnehmer auf wertgleiche Abfindung ergebe sich die Notwendigkeit, die bisherige Feldeinteilung zu ändern und den Teilnehmern die Verbesserungen in der Bewirtschaftung unverzüglich zu verschaffen. In einem Flurbereinigungsverfahren könne der Besitz- und Nutzungsübergang in die Abfindungsflächen nur einheitlich für alle betroffenen Beteiligten erfolgen. Nur unter dieser Voraussetzung sei eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung der neuen Flächen gegeben. Eine Weiterbewirtschaftung nach der veralteten Feldeinteilung führe zu erheblichen betriebswirtschaftlichen Nachteilen der Beteiligten sowie zu landeskulturellen Nachteilen. Deshalb überwiege das öffentliche Interesse und das Interesse der betroffenen Grundstückseigentümer an einem unverzüglichen Besitzwechsel in die künftige Feldeinteilung das private Interesse etwaiger Widerspruchsführer, die bisher zugeteilten Flächen bis zur Entscheidung über ihren Rechtsbehelf weiter bewirtschaften zu können.
Der Antragsteller legte gegen die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung vom 5. August 2008 Widerspruch ein und führte aus: Die Besitzeinweisung zum 1. September 2007 sei sachgerecht gewesen. Mit der Änderung der Feldeinteilung zum 1. September 2008 sei eine wertgleiche Abfindung nicht gewährleistet. Er erhalte mit der geänderten Feldeinteilung kein Land in gleicher Qualität. Die mit der Änderung vorgesehenen Abfindungsflächen seien schlecht zu bewirtschaften und es handele sich um geringwertige Flächen. Dafür solle er auf von ihm eingebrachtes Ackerland verzichten. Das zugewiesene Grünland und die Hälfte des vorgesehenen Ackerlandes seien nass. Gegenüber der bisherigen vorläufigen Besitzeinweisung stelle die geänderte Besitzeinweisung zum 1. September 2008 eine erhebliche Verschlechterung dar. So verliere er mit der Neuplanung gutes
Ackerland im Umfang von rd. 5 ha, für das er zum einen geringwertiges und schlecht zu bewirtschaftendes Ackerland und zum anderen eine vernässte und nicht zu bewirtschaftende Fläche zurückerhalte. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, die Zuweisung hofnaher Ackerflächen nicht mehr aufrechtzuerhalten.
Am 4. August 2008 hat der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruches gegen die angefochtene Verfügung der Antragsgegnerin wiederherzustellen. Er macht im Wesentlichen geltend: Die Anordnung sei nicht ausreichend begründet worden. Mit der von der Antragsgegnerin gegebenen Begründung seien Gründe für eine sofortige Vollziehung nicht dargetan worden. Auch die pauschale Darstellung von Vereinbarungen mit anderen Teilnehmern über die Änderung der Feldeinteilung sei nicht geeignet, eine sofortige Vollziehung anzuordnen. Aus dem angefochtenen Bescheid werde nicht deutlich, dass die Interessen der anderen Teilnehmer gegenüber seinen Interessen vorrangig seien. Darüber hinaus bestehe ein überwiegendes öffentliches Vollziehungsinteresse nicht. Es sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die bisherige sachgerechte Feldeinteilung geändert werden müsse. Die Antragsgegnerin habe mit der vorläufigen Besitzeinweisung vom 5. Juli 2007 einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der nicht berücksichtigt worden sei.
II.
Der nach § 138 Abs. 1 Satz 2 des Flurbereinigungsgesetzes - FlurbG - in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässige Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Anordnung der Antragsgegnerin vom 1. Juli 2008 über die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung vom 5. Juli 2007 wiederherzustellen, hat keinen Erfolg.
Die Antragsgegnerin hat die sofortige Vollziehung der Anordnung des vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens besonders angeordnet (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) und das besondere Interesse an der Vollziehung in einem ausreichenden Maße und in nachvollziehbarer Weise schriftlich begründet (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Die angeführte Begründung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, weil sie die maßgeblichen Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Bezug auf die geänderte vorläufige Besitzeinweisung angibt und damit dem Antragsteller ermöglicht, seine Rechte wahrzunehmen. Dass hier die Gründe, die die vorläufige Besitzeinweisung und ihre Änderung für geboten erscheinen lassen, mit denen, die die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertigen, im Wesentlichen übereinstimmen, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken; es dürfen an die zusätzliche Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in einem solchen Fall keine übermäßig strengen Anforderungen gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 1980 - 2 BvR 1068/80 -, RzF § 65, S. 43; Bay. VGH, Beschluss vom 28. Februar 2007 - 13 AS 07.168 -, juris).
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Anordnung des Flurbereinigungsverfahrens ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
Im Rahmen eines Antrages nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann der Senat die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen. Dabei ist zu prüfen, ob neben der Einhaltung der formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung sich ergibt, dass das Interesse des Antragstellers, von einer Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes bis zur Entscheidung über seine Rechtmäßigkeit in einem Verfahren zur Hauptsache verschont zu bleiben, das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Durchsetzung überwiegt. Bei der in diesem Rahmen zu treffenden eigenen Ermessensentscheidung des Senats kommt es maßgeblich darauf an, ob der Rechtsbehelf, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden soll, voraussichtlich Erfolg haben wird. Hat der Rechtsbehelf auf Grund der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes aller Voraussicht nach Erfolg, ist dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stattzugeben, weil der Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes nicht im öffentlichen Interesse liegen kann. Ein überwiegendes öffentliches Interesse ist in der Regel dann gegeben, wenn bereits im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu erkennen ist, dass der Rechtsbehelf des Antragstellers offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet; denn an der sofortigen Vollziehung eines offenbar zu Unrecht angefochtenen Verwaltungsaktes besteht regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse (BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Oktober 1988 - 2 BvR 1147/88 -, VBlBW 1989, 130; Beschluss vom 11. Februar 1982 - 2 BvR 77/82 -, NVwZ 1982, 241). Ist jedoch der Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache bei der im Aussetzungsverfahren grundsätzlich nur gebotenen summarischen Überprüfung offen, kommt es auf eine Abwägung der widerstreitenden Interessen an (BVerwG, Beschluss vom 29. April 1974 - BVerwG 4 C 21.74 -, DVBl. 1974, 566; st. Rspr. d. Senats, vgl. Beschluss des Senats vom 4. Juli 2008 - 15 MF 6/08 -, Entscheidungsdatenbank des OVG, m.w.N.).
Nach Maßgabe dessen liegen die Voraussetzungen für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragsstellers gegen die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung in dem Flurbereinigungsverfahren C. -D. nicht vor. Der Widerspruch des Antragstellers gegen die angefochtene Verfügung der Antragsgegnerin, die vorläufige Besitzeinweisung vom 5. Juli 2007 zu ändern, wird aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben. Nach der in dem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass die angefochtene Verfügung der Antragsgegnerin rechtmäßig ist.
Die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung findet ihre rechtliche Grundlage in §§ 1 Abs. 1 NVwVfG, 49 Abs. 1 VwVfG in Verbindung mit § 65 Abs. 1 Satz 1 FlurbG. Sie ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat als zuständige Flurbereinigungsbehörde (§§ 65 Abs. 2 Satz 1, 2 Abs. 2 Satz 2, 3 Abs. 1 Satz 1 FlurbG) gehandelt. Sie hat sowohl entsprechend den Anforderungen des § 65 Abs. 1 Satz 2 FlurbG den Beteiligten die geänderte Neueinteilung der Flächen bekannt gegen als auch die vorläufige Besitzeinteilung nach § 65 Abs. 2 Satz 3 FlurbG öffentlich bekannt gegeben. Ferner hat sie dem Antragsteller Gelegenheit gegeben, sich zu der Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung zu äußern.
Die Änderung der vorläufige Besitzeinweisung genügt auch materiell-rechtlich den Anforderungen der §§ 49 Abs. 1 VwVfG, 65 Abs. 1 Satz 1 FlurbG. Nach § 49 Abs. 1 VwVfG kann ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste. Dabei umfasst der Widerruf eines Verwaltungsaktes nicht nur seine nachträgliche (vollständige oder teilweise) Aufhebung, sondern zugleich auch seine Änderung ohne Rücksicht auf seine Rechtswidrigkeit durch eine Behörde außerhalb eines Rechtsbehelfsverfahrens (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG - Kommentar 10. Auflage, 2008 -, § 49 Rdnr. 5).
Diese Voraussetzungen für die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung liegen hier vor: Bei einer vorläufigen Besitzeinweisung nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FlurbG handelt es sich um einen nicht begünstigenden Verwaltungsakt im Sinne des § 49 Abs. 1 VwVfG. Ein begünstigender Verwaltungsakt in diesem Sinne liegt unter Rückgriff auf die Regelung in § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nur dann vor, wenn er ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat. Hingegen greift die vorläufige Besitzeinweisung in den bisherigen Besitz und damit in die Nutzung der Flächen durch eine Trennung von Nutzungs- und Verfügungsrecht über das Grundstück ein und trifft vorläufig eine (in Teilen abweichende) Regelung über den Besitz an den Flächen im Verfahrensgebiet. Die vorläufige Besitzeinweisung ist darauf gerichtet, durch die faktische Vorwegnahme der geplanten Abfindung vor Eintritt der rechtlichen Wirkungen des Flurbereinigungsplanes das Flurbereinigungsverfahren im Interesse der Teilnehmer zu beschleunigen und nach Möglichkeit Entschädigungszahlungen nach § 51 FlurbG zu vermeiden (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 26. September 2002 - 8 D 30/99.G -, RdL 2004, 326; Schwantag, in: Seehusen/Schwede, Flurbereinigungsgesetz - Kommentar - 8. Auflage 2008, § 65 Rdnr. 1; Haselhoff, RdL 1987, 1). Dass sich durch die vorläufige Besitzeinweisung die mit der Flurbereinigung beabsichtigten Verbesserungen für die Teilnehmer vorab einstellen, begründet aber weder ein Recht noch einen rechtlichen erheblichen Vorteil. Insoweit handelt es sich nicht um gezielte Rechtswirkungen der vorläufigen Besitzeinweisung, sondern lediglich um ihre Folgen im Tatsächlichen (Reflexwirkungen). Dies folgt auch daraus, dass lediglich eine vorläufige (Besitz-)Regelung getroffen wird, der mit Blick auf die endgültige Abfindung nach dem Flurbereinigungsplan (§ 58 FlurbG) eine verbindliche Wirkung nicht zukommt. Vielmehr werden durch die vorläufige Besitzeinweisung regelmäßig keine Tatsachen geschaffen, die im weiteren Verlauf des Flurbereinigungsverfahrens nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Durch sie wird der Flurbereinigungsplan zwar in gewisser Weise vorgeprägt, nicht aber in rechtlicher Hinsicht vorweggenommen oder vorverwirklicht (std. Rechtsprechung des BVerwG, vgl. Urteil vom 19. Oktober 1994 - BVerwG 11 C 7.93 -, Buchholz 424.01 § 87 FlurbG Nr. 15; Urteil vom 6. Juli 1989 - BVerwG 5 C 13.86 -, Buchholz 424.01 § 65 FlurBG Nr. 7; Urteil vom 23. Juni 1988 - BVerwG 5 C 1.86 -, Buchholz 424.01 § 65 FlurbG Nr. 4). Deshalb greift auch der Einwand des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe durch die vorläufige Besitzeinweisung in 2007 einen Vertrauenstatbestand geschaffen, nicht durch.
Der Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung vom 5. Juli 2007 kann nicht entgegengehalten werden, dass diese Regelung erneut erlassen werden müsste (§ 49 Abs. 1 VwVfG). Die Antragsgegnerin ist gesetzlich nicht verpflichtet, die bisherige vorläufige Besitzeinweisung nach § 65 Abs. 1 FlurbG erneut unverändert anzuordnen.
Die angefochtene Verfügung der Antragsgegnerin genügt den Anforderungen des § 65 Abs. 1 FlurbG. Nach dieser Bestimmung können die Beteiligten in den Besitz der neuen Grundstücke eingewiesen werden, wenn deren Grenzen in die Örtlichkeit übertragen worden sind und die endgültigen Nachweise für Flächen und Werte der neuen Grundstücke vorliegen sowie das Verhältnis der Abfindung zu dem von jedem Beteiligten Eingebrachten feststeht. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Der Antragsteller wendet gegen die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung im Wesentlichen ein: Mit der geänderten Feldeinteilung werde eine wertgleiche Abfindung nicht gewährleistet und er erhalte kein Land in gleicher Qualität. Die mit der Änderung vorgesehenen Abfindungsflächen seien schlecht zu bewirtschaften und es handele sich um geringwertige Flächen. Gegenüber der bisherigen vorläufigen Besitzeinweisung stelle die geänderte Besitzeinweisung eine erhebliche Verschlechterung dar. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, die Zuweisung hofnaher Ackerflächen nicht mehr aufrechtzuerhalten.
Diese Einwände greifen nicht durch. Sie betreffen den Gesichtspunkt der wertgleichen Abfindung im Sinne des § 44 FlurbG, der aber allein Gegenstand der Prüfung der Rechtmäßigkeit des betreffenden Flurbereinigungsplanes ist. Dabei kann grundsätzlich niemand verlangen, mit Grundstücken in bestimmter Lage - auch nicht in der Lage seiner alten Grundstücke - abgefunden zu werden (BVerwG, Beschluss vom 19. November 1998 - BVerwG 11 B 53.98 -, RdL 1999, 65; Bay. VGH, Beschluss vom 7. Februar 2003 - 13 AS 02.3217 -, juris). Das Recht der Teilnehmer an der Flurbereinigung, gegen die ihnen im Flurbereinigungsplan zugewiesene Abfindung mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen vorzugehen, wird durch vorläufige Maßnahmen im Sinne der §§ 65 und 66 FlurbG nicht berührt (BVerwG, Urteil vom 4. Juli 1985 - BVerwG 5 C 7.82 -, BVerwGE 71, 369 [371]). Deshalb wird bei der Prüfung der besonderen Voraussetzungen für die im Ermessen der Flurbereinigungsbehörde liegende vorläufige Besitzeinweisung im Regelfall nicht näher untersucht, ob die zugedachte Abfindung wertgleich ist, weil insoweit dem Verfahren über Planwidersprüche nicht vorgegriffen werden darf (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Oktober 1966 - BVerwG IV B 2.66 -, RdL 1967, 219; Beschluss vom 30. August 1968 - BVerwG IV B 78.68 -, Buchholz 424.01 § 65 FlurbG Nr. 2; Urteil vom 30. Oktober 1979 - BVerwG 5 C 40.79 -, BVerwGE 59, 79 [85]; Bay. VGH, Beschluss vom 12. Oktober 2004 - 13 AS 04.2750 -, juris; Beschluss vom 7. Februar 2003, a.a.O.; Urteil des Senats vom 27. Juni 2007 - 15 KF 14/06 -, Entscheidungsdatenbank OVG, mit weiteren Nachweisen; Schwantag, a.a.O., § 65 Rdnr. 20). Die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Besitzeinweisung wird nur durch ein offensichtliches grobes Missverhältnis zwischen Alt- und Neubesitz oder einen offensichtlich unzumutbaren Eingriff in die bisherige Struktur des Betriebes eines Teilnehmers in Frage gestellt (BVerwG, Beschluss vom 31. Oktober 1966, a.a.O.; Beschluss vom 30. August 1968, a.a.O.; Urteil vom 17. August 1988 - 5 C 78.84 -, Buchholz 424.01 § 65 FlurbG Nr. 5; Urteil vom 4. Juli 1985, a.a.O., BVerwGE 71, 369 [372]; Urteil des Senats vom 27. Juni 2007, a.a.O. mit weiteren Nachweisen; Schwantag, a.a.O, § 65 Rdnr. 20).
Im Hinblick auf die Frage, ob ein offensichtliches grobes Missverhältnis zwischen Alt- und Neubesitz oder ein unzumutbarer Eingriff in die bisherige Struktur des Betriebes des Teilnehmers vorliegt, ist die bisherige vorläufige Besitzeinweisung nicht von Belang. Eine sich gegenüber der bisherigen vorläufigen Besitzeinweisung ergebende Verschlechterung vermag deshalb ein offensichtliches grobes Missverhältnis zwischen Alt- und Neubesitz oder einen unzumutbaren Eingriff in die Betriebsstruktur nicht zu begründen.
Von einem offensichtlichen groben Missverhältnis kann auf Grund der Gegenüberstellung des vom Antragsteller eingebrachten Altbesitzes und des künftigen Neubesitzes sowie der Lage der Flächen im Flurbereinigungsgebiet jedoch nicht ausgegangen werden. Unter Berücksichtigung des allgemeinen Landabzugs nach § 47 Abs. 1 FlurbG ergibt sich für den Antragsteller sogar eine Mehrabfindung in Land im Umfang von einem Wertverhältnis von 6,47 WV. Die Größen und die Bonitäten der eingebrachten Acker- und Grünlandflächen einerseits und der eingewiesenen Flächen andererseits weisen keine derart erheblichen Abweichungen auf, die auf ein grobes Missverhältnis hindeuten. Die vorgesehene Zuteilung an Ackerflächen liegt im Wertverhältnis um 20 WV geringer als die Einlage des Antragstellers; dies entspricht einer Verringerung von rd. 1,8 % (unter Berücksichtigung des allgemeinen Landabzugs). Die durchschnittliche Bonität der Ackerflächen wird sich von 48,34 Punkten geringfügig um 0,3 Punkte verringern. Demgegenüber sind dem Antragsteller im Durchschnitt geringfügig besser bonierte und um 0,34 ha größere Grünlandflächen zugewiesen worden; bezogen auf das Wertverhältnis ergibt sich eine Verbesserung von rd. 2,3 WV (unter Berücksichtigung des allgemeinen Landabzugs); dies entspricht einer Steigerung von rd. 8,2 %.
Weiter kann ein offensichtlicher unzumutbarer Eingriff in die Struktur des Betriebs des Antragstellers durch die geänderte vorläufige Besitzeinweisung nicht festgestellt werden. Zunächst besteht der wesentliche Teil die Abfindungsflächen aus den Einlageflächen des Antragstellers. Das Verhältnis zwischen Ackerland- und Grünland und deren durchschnittliche Bonität hat sich nicht erheblich verändert. Gegenüber der Situation zu Beginn des Flurbereinigungsverfahrens hat sich durch die künftige Feldeinteilung der Zusammenlegungsgrad der Betriebsflächen erheblich verbessert. Weiter werden sich die Entfernungen des Hofes zu den landwirtschaftlichen Nutzflächen auf Grund der Zusammenlegung in Hofnähe im Vergleich zu den eingebrachten und verstreut liegenden Flächen erheblich verringern.
Schließlich lässt die Entscheidung der Antragsgegnerin, die vorläufige Besitzeinweisung vom 5. Juli 2007 mit Blick auf die nunmehr beabsichtigte Abfindung im künftigen Flurbereinigungsplan anzupassen und entsprechend zu ändern, um eine wertgleiche Abfindung aller Teilnehmer zu gewährleisten, Ermessensfehler nicht erkennen.
Ende der Entscheidung
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