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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 15.03.2007
Aktenzeichen: 2 LA 1237/06
Rechtsgebiete: NJAG, VwGO, NJAVO


Vorschriften:

NJAG § 17 a.F.
NJAG § 17 Abs. 2 Satz 1 a.F.
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2
NJAVO § 7 a. F.
Zur krankheitsbedingten Prüfungswiederholung während transsexueller Entwicklung
NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG

BESCHLUSS

Aktenz.: 2 LA 1237/06

Datum: 15.03.2007

Gründe:

Der Antrag der Klägerin, die sich in einer transsexuellen Entwicklung von einer Frau zu einem Mann vor Migrationshintergrund befindet, auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die von ihr geltend gemachten Zulassungsgründe nicht gegeben sind.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Prüfungsentscheidung des Beklagten vom 30. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 14. Juni 2005, mit der das endgültige Nichtbestehen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung der Klägerin nach Absolvierung eines - wegen der Transsexualität als einer außergewöhnlichen Beeinträchtigung im Sinne des § 17 NJAG a.F. bewilligten - dritten Prüfungsversuchs ausgesprochen wurde, bestätigt. Das Verwaltungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf die Wiederholung der mündlichen Prüfung des Zweiten Juristischen Staatsexamens verneint. Das Verwaltungsgericht hat hierzu unter anderem dargelegt, dass aufgrund der von der Klägerin eingereichten Atteste nicht zur Überzeugung des Gerichts feststellbar sei, dass die Klägerin am Tag der mündlichen Prüfung - dem 30. November 2004 - prüfungsunfähig erkrankt gewesen sei. Ein ärztliches Attest vom 1. Dezember 2004 bescheinige nur in allgemeiner Form das Vorliegen einer Erkrankung, ohne Befund oder Diagnose erkennen zu lassen. Die Klägerin habe ferner anhand einer gutachtlichen psychiatrischen Stellungnahme vom 2. Dezember 2004, ergänzt durch Stellungnahme vom 2. März 2005, geltend gemacht, ein fiebriger Infekt sowie das unerwartete Wiedereinsetzten ihrer Menstruation am Prüfungstag hätten zu einer extremen psychischen Belastung geführt; eine solche sei jedoch weder aus den vorgelegten medizinischen Stellungnahmen zweifelsfrei ableitbar noch sei auszuschließen, dass die Prüfungsergebnisse am Tag der mündlichen Prüfung durch die allgemeine transsexuelle Entwicklung der Klägerin und ihre besondere Persönlichkeitsstruktur beeinflusst worden seien; die transsexuelle Entwicklung und die besondere Persönlichkeitsstruktur hätten indes schon zur ausnahmsweisen Zulassung eines dritten Prüfungsversuchs wegen einer außergewöhnlichen Beeinträchtigung im Sinne des § 17 NJAG a.F. geführt. Ein Umstand, der bereits als außergewöhnliche Belastung anerkannt worden sei, könne nicht später zur Begründung einer krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit und dem erneuten Absolvieren eines weiteren Prüfungsversuchs herangezogen werden. Die Einzelleistungen litten nicht an Bewertungsfehlern.

Mit ihrem Zulassungsantrag macht die Klägerin geltend, dass die Rechtssache tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweise (2.), da es sich bei der Krankheit der Klägerin um ein sehr seltenes Krankheitsbild handele, dessen tatsächliche psychische Auswirkungen auf den konkreten Prüfungstag weder von dem Beklagten noch vom Verwaltungsgericht tatsächlich nachvollzogen werden könnten. Die Klägerin rügt ferner sinngemäß den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.), da das Verwaltungsgericht fehlerhaft davon ausgehe, dass ein Umstand, der bereits zuvor zur Begründung einer außergewöhnlichen Beeinträchtigung herangezogen worden sei, nicht mehr zur Begründung einer späteren - krankheitsbedingten - Prüfungsunfähigkeit herangezogen werden könne. Die Klägerin sei bei Absolvierung der mündlichen Prüfung auch materiell prüfungsunfähig gewesen. Es sei der Klägerin unzumutbar gewesen, ihr Krankheitsbild einem gänzlich unbekannten Amtsarzt zu offenbaren; dass sie prüfungsunfähig gewesen sei, habe ihr Privatarzt ihr bestätigt. Ihre krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit in der mündlichen Prüfung habe aus der hierdurch bedingten Konfrontation und dem Gefühl, beobachtet zu werden, mit der Folge eines Vertrauensmangels und einer Verunsicherung resultiert. Die Klägerin habe den krankheitsbedingten Rücktritt auch rechtzeitig erklärt.

Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung.

1. Die Voraussetzungen des - allerdings nur sinngemäß geltend gemachten - Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor.

Ernstliche Zweifel sind erst dann zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000, - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163; Nds. OVG, Beschluss vom 17. Januar 2006, - 2 LA 1259/04 -). Es kommt nicht darauf an, ob einzelne Begründungselemente der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung unrichtig sind, sondern darauf, ob diese im Ergebnis unrichtig ist (Nds. OVG, Beschluss vom 17. Januar 2006, a. a. O.). Das ist hier nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Urteil dargelegt und begründet, warum es zu der Auffassung gelangt ist, dass die Klägerin nicht am Tage ihrer mündlichen Prüfung prüfungsunfähig erkrankt gewesen sei. Es hat zutreffend dargelegt, dass das privatärztliche Attest der Klägerin vom 1. Dezember 2004 ohne besondere Aussagekraft ist, und dass aus den psychiatrischen Attesten der die Klägerin behandelnden Ärzte keine Zuordnung der festgestellten Symptome zur psychischen Grunderkrankung der Klägerin einerseits bzw. zur angeblichen aktuellen Prüfungsunfähigkeit der Klägerin am Prüfungstage andererseits folge. In seinem Beschluss vom 22. Februar 2006 im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (- 2 ME 493/05 -) hat der Senat zu diesen Fragen ausgeführt:

"Die Antragstellerin hat nach Einschätzung des Senats auch unter Berücksichtigung der von ihr nunmehr mit Schriftsatz vom 2. Februar 2006 vorgelegten (undatierten) Versicherung an Eides statt nicht glaubhaft machen können, während der mündlichen Prüfung vom 30. November 2004 prüfungsunfähig gewesen zu sein. Das von der Antragstellerin vorgelegte Attest der Fachärztin für Innere Medizin Dr. med. B. aus C. vom 1. Dezember 2004 bescheinigt der Antragstellerin zwar eine seit dem 27. November 2004 bestehende Erkrankung, enthält aber keine konkreten Angaben zu der Art der Erkrankung und dazu, weshalb die Ärztin zu der Einschätzung gelangen konnte, die Patientin, die Antragstellerin, sei auch schon an den vier Tagen vor Ausstellung des Attestes und damit auch am 30. November 2004 erkrankt gewesen. Das Attest kann daher allenfalls auf eigenen Angaben der Antragstellerin zu ihrem Gesundheitszustand beruhen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Antragstellerin daran interessiert sein musste, dass ihr eine Prüfungsunfähigkeit auch für die vor der Ausstellung des Attestes liegenden Tage bescheinigt wurde. Aufgrund dieses Umstandes und der sich auf einen einzigen, für sich genommen nichtssagenden Satz reduzierenden Aussage des Attestes vom 1. Dezember 2004 kann dem Attest nach Einschätzung des Senats keinerlei Beweiswert zuerkannt werden.

Auch mit der Vorlage der gutachterlichen psychiatrischen Stellungnahmen des Arztes für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychotherapeutische Medizin Dr. med. D. des Zentrums für Psychosoziale Medizin des Universitätsklinikums E. vom 2. Dezember 2004 und 2. März 2005 hat die Antragstellerin nach der Überzeugung des Senats eine Prüfungsunfähigkeit am 30. November 2004 nicht glaubhaft machen können. Dr. med. D. hat die Antragstellerin nicht zeitnah zu der Prüfung, sondern nach seiner Stellungnahme vom 2. Dezember 2004 erst an jenem Tag untersuchen können. Schon dies muss den Aussagegehalt seiner Stellungnahmen erheblich relativieren. Zu Recht weist der Antragsgegner im Übrigen darauf hin, dass die Feststellung des Arztes, bei dem Vorstellungstermin am 2. Dezember 2004 habe "sich das ganze Ausmaß <des> desolaten Zustandes" der Antragstellerin gezeigt, angesichts des Umstandes, dass der Antragstellerin zwei Tage zuvor das erneute Nichtbestehen ihrer Wiederholungsprüfung eröffnet worden war, und - wie hinzuzufügen ist - angesichts der zeitlichen Entfernung zwischen der Untersuchung des Arztes und dem eigentlichen Prüfungstermin, keine Rückschlüsse auf eine auch am 30. November 2004 bei der Antragstellerin bestehende, zur Prüfungsunfähigkeit führende (psychische) Erkrankung zulässt. Hinzu kommt, dass es sich bei den gutachterlichen Stellungnahmen vom 2. Dezember 2004 und 2. März 2005 lediglich um privatärztliche Bekundungen, nicht aber um ein - wie in der hier entsprechend heranzuziehenden Bestimmung des § 7 NJAVO a. F. vorgesehen - amtärztliches Attest handelt. Einer privatärztlichen Bescheinigung kommt aber im Vergleich zu einem an sich über die Prüfungsunfähigkeit vorzulegenden amtsärztlichen Attest nur ein geringer Beweiswert zu, weil der Privatarzt schon im Interesse der langfristigen Bindung des Patienten an ihn geneigt sein kann, die gesundheitliche Situation für seinen Patienten günstiger darzustellen, als dies der - neutrale - Amtsarzt getan hätte. Wird überdies die privatärztliche Stellungnahme nicht in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Prüfung, sondern wie hier aufgrund einer erst mehrere Tage nach der Prüfung erfolgten Vorstellung der Patientin erstellt, so muss dies die Aussagekraft der privatärztlichen Bescheinigung wesentlich einschränken, mag der die Bescheinigung ausstellende Arzt auch wie hier Dr. med. D. über besondere Kenntnisse auf seinem Fachgebiet verfügen. Nach Einschätzung des Senats kann daher unter Würdigung dieser Umstände auch den Stellungnahmen des Arztes Dr. med. D. vom 2. Dezember 2004 und 2. März 2005 nicht mit der erforderlichen Gewissheit entnommen werden, dass die Antragstellerin auch am Prüfungstag, dem 30. November 2004, so erkrankt war, dass sie trotz Absolvierung der Prüfung tatsächlich prüfungsunfähig gewesen ist.

Die Antragstellerin kann auch nicht damit gehört werden, es sei ihr nicht zuzumuten gewesen, sich hinsichtlich der von ihr für den 30. November 2004 geltend gemachten Prüfungsunfähigkeit zeitnah durch einen Amtsarzt untersuchen zu lassen. Abgesehen davon, dass die Antragstellerin für eine Prüfungsunfähigkeit auch das Bestehen eines mit Fieber verbundenen grippalen Infektes behauptet, dessen Vorliegen durch eine amtsärztliche Untersuchung rasch hätte nachgewiesen werden können, muss es zu Lasten der Antragstellerin gehen, wenn sie meinte, ein Amtsarzt hätte die bei ihr bezüglich ihrer Transsexualität bestehenden Probleme nicht hinreichend erfassen und zutreffend würdigen können. Vielmehr hätte von der Antragstellerin zum Nachweis einer am 30. November 2004 tatsächlich bestandenen Prüfungsunfähigkeit die unverzügliche Vorstellung bei einem Amtsarzt, wie dies in § 7 NJAVO a. F. auch gefordert wird, verlangt werden können, wobei sich der Amtsarzt des fachkundigen Rats des die Antragstellerin behandeln Arztes Dr. med. D. - ggf. telephonisch - hätte versichern können, um die gesundheitliche Situation der Antragstellerin angemessen erfassen und würdigen zu können."

Hieran hält der Senat auch für das Berufungszulassungsverfahren nach nochmaliger Überprüfung fest. Die Einwände der Klägerin hiergegen greifen nicht durch. Insbesondere hat das Verwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung des von der Klägerin geltend gemachten Krankheitsbildes die Anforderungen an die Darlegungen der Prüfungsunfähigkeit nicht überspannt. Die Würdigung ärztlicher Atteste ist eine sich in der verwaltungsgerichtlichen Praxis immer wieder stellende Aufgabe. Aufgrund der dadurch gewonnenen Erfahrungen ist ein Richter/eine Richterin regelmäßig befähigt, ein ärztliches Attest jedenfalls insoweit zu würdigen, als es um die Differenzierung zwischen Symptomen und Diagnosen und die ihm insoweit zukommende Aussagekraft geht (BVerwG, Beschluss vom 12. März 2004, - BVerwG 6 B 2. 04 -, Juris). Dass abweichend davon hier spezielle medizinische Fachkenntnisse erforderlich gewesen wären, ist nicht ersichtlich. Ein solches Erfordernis folgt auch nicht etwa daraus, dass die Klägerin eine eher seltene Erkrankung hat. Die Art der Erkrankung ist nicht primär Gegenstand der Entscheidung des Verwaltungsgerichts über deren Prüfungsunfähigkeit.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit folgen auch nicht unter dem von der Klägerin geltend gemachten Gesichtspunkt der Auslegung des § 17 Abs. 2 Satz 1 NJAG a.F. dahingehend, dass die Klägerin ihre Erkrankung nicht zur Begründung einer Prüfungsunfähigkeit anführen könne, da sie diese bereits zur Begründung eines nochmaligen - dritten - Prüfungsversuchs im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 NJAG a.F. geltend gemacht habe. Der Klägerin ist durch Schreiben des Niedersächsischen Justizministeriums vom 15. April 2004 die nochmalige Wiederholung der Zweiten Juristischen Staatsprüfung gestattet worden. In dem Schreiben heißt es wie folgt:

"Abschließend weise ich in Abstimmung mit dem Landesjustizprüfungsamt auf folgendes hin: Aus der psychiatrischen Stellungnahme ergibt sich, dass "nur ein Rollenwechsel von Mann zu Frau die psychische Dauerlast" von ihrer Mandantin nehmen könnte. Da ihre Mandantin aber entschlossen ist, die nochmalige Wiederholung der zweiten Prüfung vor dem erwähnten Rollenwechsel durchzuführen, ist schon jetzt absehbar, dass die Beeinträchtigung, die Anlass zur Gestattung der nochmaligen Wiederholung sein wird, auch für die weitere Prüfung gelten wird. Sollte sich ihre Mandantin im Blick auf den ärztlichen Rat (doch noch) entschließen, zunächst die transsexuelle Entwicklung abzuschließen, wäre das Landesjustizprüfungsamt bereit, so lange von der Ladung von den Aufsichtsarbeiten abzusehen. Sollte ihre Mandantin hingegen daran festhalten, zunächst die nochmalige Wiederholung durchzuführen, müsste sie die damit verbundenen Risiken tragen."

Die Klägerin, die sich im anschließenden Schriftwechsel für die zeitnahe Anfertigung der Aufsichtsarbeiten entschieden hatte, ist mit der Ladung zu diesen vom 25. Mai 2004 erneut darauf hingewiesen worden, dass sie Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit ihrer transsexuellen Entwicklung bei der nochmaligen Wiederholung der Zweiten Juristischen Staatsprüfung allein zu tragen habe. Bei dieser Sachlage hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der im Rahmen des § 17 Abs, 2 Satz 1 NJAG a.F. (hierzu Beschluss des Senats vom 7. März 2007, - 2 LA 386/05 -) bereits geltend gemachte Sachverhalt nicht mehr als Grund für eine gesundheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit geltend gemacht werden kann. Dies folgt jedenfalls aus dem allgemeinen prüfungsrechtlichen Grundsatz, dass dann, wenn sich ein Bewerber in Kenntnis seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung oder eines anderen Rücktrittsgrundes sich der Prüfung unterzogen und somit das Risiko ihres Nichtbestehens bewusst auf sich genommen hat, ein nachträglicher krankheitsbedingter Rücktritt wegen dieses Grundes nicht genehmigt werden kann (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. März 1996, - 4 S 1684/95 -, VGHBW-Ls 1996, Beilage 6, B 7). Eine Prüfungsunfähigkeit kann nur dann berücksichtigt werden, wenn der Prüfling sich ohne eigenes Verschulden der Prüfungslage ausgesetzt hat. Ein Ausnahmefall, in dem der Prüfling im Hinblick auf eine ihm selbst schuldlos verborgen gebliebene Prüfungsunfähigkeit eine weitere Prüfungschance in Anspruch nehmen darf, liegt nicht vor, wenn der Prüfling sich in Kenntnis seines Zustands dem Risiko ausgesetzt hat, dass die Prüfung für ihn ungünstig ausgeht, obwohl die Möglichkeit eines Rücktritts - oder wie hier der Nichtteilnahme - ihm noch offen stand. Maßgebend ist in einem solchen Fall der Gesichtspunkt, dass der Prüfling aus freiem Entschluss die vorliegenden Mängel in Kauf nehmen und trotzdem seine Leistung zur Prüfungsgrundlage machen wollte. Geht der Prüfling trotz einer krankheitsbedingten Beeinträchtigung seines Befindens in die Prüfung, weil er sein Leistungsvermögen für ausreichend und eine Verschiebung der Prüfung nicht für angezeigt hält, so trägt er hierfür das Risiko (Nds. OVG, Urteil vom 21. Juli 1992, - 10 L 193/89 -, UA S. 14 f.). So liegt es hier. Die mit dem Zulassungsantrag geltend gemachte "Konfrontation" und das Gefühl, "beobachtet zu werden" mit den Folgen von "Vertrauensmangel" und "Verunsicherung" sind gerade die von der Klägerin zuvor geltend gemachte und vom Ministerium im Rahmen des § 17 Abs. 2 Satz 1 NJAG a.F. berücksichtigte "psychische Dauerlast" der Transsexualität, die gerade zu der Beeinträchtigung der Klägerin in der mündlichen Prüfung geführt hat. Die hiermit verbundene Risikoübernahme schließt die Anerkennung eines krankheitsbedingten Rücktritts aus.

2. Soweit die Klägerin geltend macht, ihre Rechtssache weise besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), muss der Zulassungsantrag ebenfalls erfolglos bleiben.

Die Anforderungen, die an die Darlegung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu stellen sind, sind daran auszurichten, dass der Gesetzgeber mit diesem Zulassungsgrund (negativ) an die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheides (§ 84 VwGO) und die Übertragung an den Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) angeknüpft hat. Jedenfalls keine "besonderen Schwierigkeiten" i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO bereiten solche Rechtsstreitigkeiten, die ohne Weiteres durch einfache Anwendung einer eindeutigen Rechtsvorschrift auf einen klar zutage liegenden Sachverhalt gelöst werden können.

Für die Darlegung reicht es dann aber nicht aus, wenn lediglich jeder richterlichen Rechtsanwendung immanente Probleme (und sei es unter Heranziehung in Rechtsprechung und Schrifttum aufbereiteter Rechtsfragen) bezogen auf einen im Kern geklärten (entscheidungserheblichen) Sachverhalt oder die Notwendigkeit der Aufbereitung und der Würdigung des Tatsachenstoffes aufgezeigt werden. Erforderlich ist grundsätzlich vielmehr, dass in fallbezogener Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die fortbestehenden besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten als solche benannt werden, wobei der Darlegungslast genügt wird, wenn im Zulassungsantrag mit erläuternden Hinweisen ein erheblicher Begründungsaufwand der angefochtenen Entscheidung angesprochen wird (Nds. OVG, Beschluss vom 11. November 2004, - 2 LA 422/03 -, NVwZ-RR 2006, 197).

Nach diesen Anforderungen hat die Klägerin auch nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO einen Zulassungsgrund nicht aufzuzeigen vermocht. Denn die in Rede stehenden Rechtsfragen sind - wie oben (1.) dargelegt - eindeutig zu entscheiden. In tatsächlicher Hinsicht wirft das Krankheitsbild der Klägerin - auch wenn es selten sein mag - keinerlei Schwierigkeiten in Bezug auf die Subsumtion auf.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertentscheidung auf § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Ziffer 36. 1 des Streitwertkataloges (Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, in der Fassung der am 07./08. Juli 2004 in Leipzig beschlossenen Änderungen, www.bundesverwaltungsgericht.de), wobei die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts gemäß § 63 Abs. 3 GKG von Amts wegen zu ändern war.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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