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Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 12.07.2006
Aktenzeichen: 4 LB 312/05
Rechtsgebiete: BSHG


Vorschriften:

BSHG § 93 II
BSHG § 93 III
BSHG § 93 IV
1. Vorläufige Vergütungsvereinbarungen zwischen Einrichtungsträger und zuständigem Sozialhilfeträger und vorläufige Vergütungsfestsetzungen der Schiedsstelle sind endgültigen Vereinbarungen im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. BSHG Fassung 1994 gleichzusetzen.

2. Ein anderer Fall im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. BSHG Fassung 1994 ist gegeben, wenn weder endgültige noch vorläufige Vereinbarungen oder diese ersetzende Festsetzungen der Schiedsstelle vorliegen, Abschläge nicht gezahlt werden und das Zustandekommen endgültiger Vereinbarungen auch nicht mehr zu erwarten ist.


Tatbestand:

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Übernahme der ungedeckten Kosten seines Heimaufenthalts in der mit dem Heimbetreiber vereinbarten Höhe für die Zeit vom 27. Mai 1997 bis zum 19. Februar 1998.

Der am 7. April 1956 geborene Kläger wurde am 27. Mai 1997 in die Einrichtung der Klinikum C. GmbH in D. aufgenommen. Nach dem zwischen dem Kläger und dem Klinikum C. abgeschlossenen Unterbringungs- und Versorgungsvertrag vom 23. Juni 1997 ist der Kläger verpflichtet, für die von der Einrichtung erbrachten Regelleistungen ein Entgelt von täglich 263,61 DM zu zahlen. Mit Bescheid vom 12. August 1997 gewährte der Beklagte dem Kläger Eingliederungshilfe für seine Betreuung im Langzeitbereich des Klinikums C. nur eingeschränkt, nämlich "für den Zeitraum vom 27.05.1997 bis auf weiteres ... nur in Höhe des mit mir oder im Einvernehmen mit mir bzw. der sachlich und örtlich zuständigen Behörde jeweils vereinbarten oder festgesetzten Pflegesatzes bzw. in Höhe des Entgeltes, welches nach Abschluss des laufenden Verfahrens von der Schiedsstelle oder dem Verwaltungsgericht festgesetzt wird".

Hintergrund für die nur eingeschränkte Kostenübernahme durch den Beklagten ist, dass seit 1994 zwischen dem Klinikum C. und dem Land Niedersachsen als überörtlichem Träger der Sozialhilfe Streit über die Höhe der Pflegesätze besteht. Auf Grund vorläufiger Vergütungsfestsetzungen der Schiedsstelle, denen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Hannover und des erkennenden Senats in Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vorausgegangen waren, sind im hier maßgeblichen Zeitraum vom 27. Mai 1997 bis zum 19. Februar 1998 Abschlagspflegesätze an das Klinikum C. gezahlt worden: In Höhe von täglich 190,90 DM in der Zeit bis zum 27. November 1997, in Höhe von täglich 192,81 DM ab dem 28. November 1997 und in Höhe 194,72 DM ab dem 1. Januar 1998.

Der Kläger legte am 2. September 1997 gegen den Bescheid vom 12. August 1997 Widerspruch ein, den er damit begründete, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 20. Oktober 1994 (5 C 28/91) das volle vertraglich vereinbarte Entgelt zu übernehmen sei, wenn der Sozialhilfeträger keine zumutbare günstigere Unterbringung anbieten könne. Das Niedersächsische Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 1998 zurück und führte zur Begründung an, eine endgültige Entscheidung über die Höhe der täglich zu leistenden Sozialhilfe könne erst getroffen werden, wenn in den Pflegesatzverhandlungen zwischen dem Land Niedersachsen und dem Klinikum C. abschließend über die Höhe der an das Klinikum zu zahlenden Vergütung entschieden worden sei. Soweit die danach zu zahlende tägliche Vergütung höher sei als der jeweils gezahlte vorläufige Abschlag, werde der Differenzbetrag nachgezahlt. Den Umfang der Kostenübernahme legte das Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben auf 189,43 DM täglich ab dem 27. Mai 1997 fest; tatsächlich gezahlt worden sind jedoch nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat die oben genannten - höheren - Abschlagspflegesätze.

Der Kläger hat am 16. März 1998 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass hier ein "anderer Fall" im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. BSHG vorliege, wonach dann, wenn - wie hier - eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen sowie über die dafür zu entrichtenden Entgelte zwischen Einrichtungsträger und Sozialhilfeträger nicht bestehe, der Sozialhilfeträger die Aufwendungen für die Hilfe in der Einrichtung übernehmen solle, sofern dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten sei. In seinem Falle bestehe keine Alternative zur Deckung seines sozialhilferechtlichen Bedarfs. Es seien deshalb nach den vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20. Oktober 1994 dargelegten Grundsätzen die Kosten seiner Heimunterbringung in voller Höhe zu übernehmen.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 12. August 1997 und des Widerspruchbescheides des Niedersächsischen Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben vom 19. Februar 1998 zu verpflichten, ihm Sozialhilfe in Form der Übernahme des vereinbarten täglichen Heimentgeltes von 263,61 DM abzüglich hierauf geleisteter Abschläge zu bewilligen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 1994 im Hinblick auf die zahlreichen Änderungen des Bundessozialhilfegesetzes überholt sei. Es bestehe auch kein Bedarf des Klägers hinsichtlich der Übernahme der vollen Heimkosten, weil der Verbleib des Klägers in der Einrichtung wegen der gezahlten Abschläge nicht gefährdet gewesen sei.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 5. November 1998 den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 12. August 1997 in der Fassung des Widerspruchbescheides des Niedersächsischen Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben vom 19. Februar 1998 verpflichtet, dem Kläger Eingliederungshilfe aus Sozialhilfemitteln durch Übernahme der Unterbringungskosten im Klinikum C., D., in Höhe eines täglichen Heimentgeltes von 263,61 DM abzüglich hierauf geleisteter Abschläge zu bewilligen. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger für den Zeitraum vom 27. Mai 1997 bis zum Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides am 19. Februar 1998 einen Anspruch auf Übernahme des heimvertraglich vereinbarten Entgelts habe. Nach § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. BSHG könne der Sozialhilfeträger im Falle des Fehlens einer Vereinbarung über die Höhe der zu übernehmenden Kosten Hilfe in einer Einrichtung gewähren, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten sei. Dies sei hier der Fall, da dem Kläger im zur Überprüfung stehenden Zeitraum eine zur Deckung seines Bedarfs geeignete anderweitige Unterbringungsmöglichkeit nicht angeboten worden sei. Denn nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 1994 dürfe die Übernahme der Kosten einer Heimunterbringung unter Berufung auf die Unvereinbarkeit des Heimentgeltes mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit oder Leistungsfähigkeit nur abgelehnt werden, wenn der Sozialhilfeträger dem Hilfesuchenden eine konkrete, zur Behebung einer Notlage ebenfalls geeignete anderweitige Hilfemöglichkeit nachweise und dem Hilfesuchenden die Wahrnehmung dieser Möglichkeit auch zuzumuten sei.

Der Senat hat auf Grund des Zulassungsantrags des Beklagten die Berufung gegen dieses Urteil mit Beschluss vom 1. Februar 1999 zugelassen.

Der Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 1994 auf die neue Rechtslage nicht mehr anwendbar sei. Die Anforderungen hinsichtlich der zu treffenden Vereinbarungen seien in § 93 Abs. 2 BSHG stärker präzisiert und es sei eine Schiedsstelle eingeführt worden, die im Falle einer fehlenden Einigung der Vertragsparteien zu entscheiden habe. Ziel dieser Rechtsänderungen seien eine Verbesserung der Bedarfssteuerung und damit zugleich eine Kostendämpfung. Aus Wortlaut und Zweck des Gesetzes ergebe sich, dass der Abschluss von Pflegesatzvereinbarungen Vorrang habe vor der Übernahme von Aufwendungen gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. BSHG. Da genügend anderweitige geeignete Einrichtungen nicht zur Verfügung stünden, sei der Sozialhilfeträger aus tatsächlichen Gründen zumeist nicht in der Lage, den Hilfeempfängern ein zumutbares Angebot für einen Wechsel in eine andere Einrichtung zu unterbreiten. Infolgedessen könnten Pflegesatzvereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG faktisch ausgehebelt werden, wenn ein anderer Fall im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. BSHG bereits dann angenommen würde, wenn dem Hilfeempfänger eine günstigere alternative Unterbringung nicht angeboten werden könne. Die mit den Gesetzesänderungen bezweckte Kostendämpfung und Verbesserung der Bedarfsteuerung könnten bei einer solchen Auslegung des Gesetzes nicht mehr erreicht werden.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, dass die Bestimmungen der §§ 93 ff. BSHG nicht auf das Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Sozialhilfeträger anwendbar seien. Diese Bestimmungen regelten nur das Verhältnis zwischen Einrichtungsträger und Sozialhilfeträger und seien daher nicht in der Lage, den Anspruch des Hilfesuchenden einzuschränken. Im Übrigen liege hier ein anderer Fall im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. BSHG vor, da die Schiedsstellenentscheidungen über die Pflegesätze für die Jahre 1995 bis 1998 vom Verwaltungsgericht Hannover mit Urteilen vom 27. März 2006 aufgehoben worden seien. Es könne auch im nachhinein nicht mehr zu Vergütungsfestsetzungen kommen, da dies mit dem ab dem 1. Juli 1994 geltenden prospektiven Entgeltsystem, wonach die Vereinbarungen vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum zu treffen seien, nicht im Einklang zu bringen sei. Die Schiedsstelle sei zudem ihrer Verpflichtung, unverzüglich über den Antrag des Einrichtungsträgers auf Festsetzung der Vergütung zu entscheiden, nicht nachgekommen. Sie dürfte deshalb ihr Recht, vertragsgestaltend einzugreifen, verwirkt haben. Der Kläger befinde sich daher in einer nicht vertragsgebundenen Einrichtung. Auf einen solchen Fall seien die Grundsätze des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 1994 uneingeschränkt anwendbar.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.

Der Kläger hat keinen Anspruch nach §§ 39,40 i. V. m. 93 ff. BSHG auf die von ihm begehrte Übernahme des heimvertraglich vereinbarten Entgeltes in voller Höhe. Er hat nach der gegenwärtigen Sachlage für den hier streitigen Zeitraum vom 27. Mai 1997 bis zum 19. Februar 1998 keinen Anspruch auf die Gewährung höherer Leistungen für seine Unterbringung im Klinikum C., als der Beklagte durch seine Abschlagszahlungen in diesem Zeitraum erbracht hat.

Der Kläger hat wegen seiner psychischen Erkrankungen dem Grunde nach einen Anspruch auf Eingliederungshilfeleistungen nach §§ 39,40 BSHG in einer Einrichtung nach §§ 93 ff. BSHG; dies ist zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig und bedarf deshalb keiner näheren Darlegung.

Dieser dem Grunde nach bestehende Anspruch des Klägers ist nicht bereits durch Sachleistungen des Beklagten erfüllt mit der Folge, dass der sozialhilferechtliche Bedarf des Klägers gedeckt und die Klage schon aus diesem Grunde abzuweisen wäre.

Da die Sozialhilfeträger in der Regel keine eigenen Einrichtungen zur Versorgung der Hilfeempfänger betreiben, gewähren sie die erforderliche stationäre Hilfe dadurch, dass sie die Kosten übernehmen, die durch die Unterbringung der Hilfeempfänger in von gemeinnützigen oder freien Trägern betriebenen Einrichtungen entstehen. Anders als im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen die Sozialhilfeträger keine Sachleistungen, sondern übernehmen die Aufwendungen, die dem Hilfeempfänger durch die Unterbringung und Betreuung entstehen, also die ihm von der Einrichtung in Rechnung gestellten Kosten (Bay VGH, Urteil vom 23.3.2005 - 12 B 01.1916-, Beschluss des erkennenden Senats vom 30.1.2006 - 4 LA 286/03 -; Mergler / Zink, BSHG, Kommentar, Stand: August 2004, § 93 Rdnr. 30 c). Für die gegenteilige Auffassung, dass der Sozialhilfeträger die Leistungen nach der ab dem 1. Juli 1994 geltenden Fassung der §§ 93 ff. BSHG (BGBl. I 1993, S. 2374; im folgenden als Fassung 1994 bezeichnet) als Sachleistungen erbringt (so VG Hannover, Urteil vom 12.6.2006 - 7 A 5927/03 -), finden sich im Gesetz keine (hinreichenden) Anhaltspunkte. Nach § 93 Abs. 2 BSHG Fassung 1994 ist der Sozialhilfeträger nur zur Übernahme der Aufwendungen für die Leistung und dies auch nur unter den dort weiter bezeichneten Voraussetzungen verpflichtet. Anders als das SGB V, das dem Sachleistungsprinzip folgt, ist die Sozialhilfe durch das Geldleistungsprinzip geprägt. So stellen die Krankenkassen den Versicherten gemäß § 2 SGB V die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen zur Verfügung, wobei sie sich besonderer Leistungserbringer bedienen. Dadurch, dass der Versicherte die Sachleistungen in Anspruch nimmt, entsteht eine unmittelbare Zahlungsverpflichtung seiner Krankenkasse gegenüber dem leistungserbringenden Krankenhaus. Aus diesem Grund bedarf es auch keiner Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse. Dagegen hat der Sozialhilfeempfänger gegenüber dem Träger der Sozialhilfe keinen Anspruch auf Sachleistungen sondern einen Anspruch auf Übernahme des Entgelts, das ihm vom Leistungserbringer in Rechnung gestellt wird. Der Leistungserbringer hat daher, sofern nicht eine konkrete oder allgemeine Kostenübernahmeerklärung des Sozialhilfeträgers vorliegt, gegenüber diesem keinen eigenen Zahlungsanspruch (Beschluss des erkennenden Senats vom 30.1.2006 - 4 LA 286/03 -). Hätte der Gesetzgeber das Leistungssystem durch die Gesetzesfassung 1994 vollständig umstellen wollen, so wäre zu erwarten gewesen, dass er eine § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V, wonach die Versicherten "die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen" erhalten, entsprechende ausdrückliche Regelung in das BSHG eingefügt hätte. Auch die übrigen Regelungen in den §§ 93 ff. BSHG hätte er in einem solchen Fall den sich aus einer Umstellung auf Sachleistungen ergebenden Konsequenzen entsprechend den Regelungen im SGB V angepasst.

Dem Anspruch des Klägers in der von ihm geltend gemachten Höhe stehen jedoch die Regelungen in § 93 Abs. 2 BSHG Fassung 1994 entgegen. Denn es liegt hier ein Fall des § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. BSHG Fassung 1994 - Vergütungsübernahme bei vertragsgebundenen Einrichtungen - vor, der die Annahme eines anderen Falles nach § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. BSHG Fassung 1994 - Vergütungsübernahme bei nicht vertragsgebundenen Einrichtungen - ausschließt.

In § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. BSHG Fassung 1994 ist geregelt, dass der Träger der Sozialhilfe zur Übernahme von Aufwendungen für die Hilfe in einer Einrichtung nur verpflichtet ist, wenn mit dem Träger der Einrichtung eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen sowie über die dafür zu entrichtenden Entgelte besteht.

In anderen Fällen soll der Sozialhilfeträger nach § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. BSHG Fassung 1994 die Aufwendungen übernehmen, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist. Nach § 93 Abs. 2 Satz 3 BSHG Fassung 1994 muss die Übernahme der Aufwendungen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen.

Diese Regelungen betreffen den Anspruch des Hilfesuchenden gegen den Sozialhilfeträger und schränken diesen Anspruch ein, obwohl die nach § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. BSHG Fassung 1994 zu schließenden Vereinbarungen unmittelbar nur die Vertragsparteien, d. h. Einrichtungsträger und Sozialhilfeträger, binden. Anders ergäben diese Vorschriften keinen Sinn, weil sie keinen Anwendungsbereich hätten, da nach dem oben Gesagten der Einrichtungsträger selbst keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegenüber dem Sozialhilfeträger hat (so auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.12.2005 - OVG 6 B 22.03 -; Münder in LPK-BSHG, 6. Aufl. 2003, § 93 Rdnrn. 32, 41, 43).

Bei einer wortgetreuen Auslegung des § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. BSHG Fassung 1994 wären die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt.

Endgültige Vereinbarungen nach dieser Vorschrift oder diese ersetzende bestandskräftige Schiedsstellenentscheidungen (vgl. § 93 Abs. 3 Satz 2 BSHG Fassung 1994) liegen für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum nämlich nicht vor. Die Schiedsstellenentscheidungen für die Jahre 1995 bis 1998 sind vom Verwaltungsgericht Hannover rechtskräftig mit Urteilen vom 27. Februar 2006 aufgehoben, nachdem der erkennende Senat die Anträge auf Zulassung der Berufung gegen diese Urteile mit Beschlüssen vom 11. Juli 2006 in den Verfahren 4 LA 62/06, 4 LA 65/06 bis 68/06 und 4 LA 80/06 bis 82/06 abgelehnt hat.

Es liegen jedoch für den hier maßgeblichen Zeitraum vorläufige Vergütungsfestsetzungen der Schiedsstelle vor, auf Grund derer der Beklagte im Hinblick auf die noch ausstehenden endgültigen Vereinbarungen Abschlagspflegesätze an das Klinikum C. gezahlt hat:

Auf Grund des Beschlusses des erkennenden Senats vom 29. März 1996 (4 M 880/95) in einem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat die Schiedsstelle die Vergütung ab dem 1. März 1996 vorläufig in Höhe von täglich 190,90 DM festgesetzt. Dieser Abschlagspflegesatz ist bis zum 27. November 1997 an das Klinikum C. gezahlt worden. Auf Grund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Hannover vom 9. Februar 1998 (9 B 7001/97) in einem weiteren Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist von der Schiedsstelle am 24. März 1998 ein vorläufiger Abschlagspflegesatz in Höhe von täglich 192,81 DM ab dem 28. November 1997 und in Höhe von täglich 194,72 DM für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1998 festgesetzt worden.

Diese - Vereinbarungen zwischen dem Einrichtungsträger und dem Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben ersetzenden - Schiedsstellenentscheidungen haben auch unmittelbare Wirkung in dem Verhältnis zwischen der Einrichtung und dem beklagten Landkreis.

Nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG Fassung 1994 ist für die Hilfe in besonderen Lebenslagen in einer Einrichtung u. a. für geistig (psychisch) oder seelisch Behinderte oder Suchtkranke der überörtliche Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig. Diese gemäß § 2 Nds. AG BSHG auf das Land Niedersachsen entfallende Aufgabe wird vom Niedersächsischen Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben (seit dem 1. Januar 2005 vom Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie als Rechtsnachfolger des Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben) wahrgenommen. Nach § 3 Abs. 2 Nds. AG BSHG sind zwar die örtlichen Sozialhilfeträger bei den Hilfeempfängern, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, auch in den Fällen des § 100 BSHG sachlich zuständig, doch da der 1956 geborene Kläger das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, bleibt es hier bei der Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe.

Dieser hat jedoch (u. a.) die Landkreise zur Durchführung der in seiner sachlichen Zuständigkeit liegenden Aufgaben nach § 1 Abs. 1 Heranziehungsverordnung - AG BSHG vom 14. April 1994 (Nds. GVBl. 1994, S. 205) / § 1 HeranziehungsVO - SozH vom 25.8.2001 (Nds. GVBl. 2001, S. 599) herangezogen. Die Befugnis der herangezogenen örtlichen Träger der Sozialhilfe, bei der Erfüllung dieser Aufgaben im eigenen Namen zu entscheiden, erstreckt sich gemäß § 1 Abs. 3 Heranziehungsverordnung - AG BSHG / § 1 Satz 2 HeranziehungsVO - SozH auch auf Prozesshandlungen im Rahmen gerichtlicher Verfahren sowie die Einlegung von Rechtsmitteln, woraus sich die Zuständigkeit des Beklagten für das vorliegende Verfahren ergibt. Die Heranziehung erfasst jedoch nicht den Abschluss von Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG (§ 1 Abs. 2 Nr. 5 Heranziehungsverordnung - AG BSHG / § 2 Abs. 1 Nr. 1 HeranziehungsVO - SozH).

Damit verbleibt es hinsichtlich des Abschlusses dieser Vereinbarungen bei der Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe und entfalten die von diesem geschlossenen - vorläufigen oder endgültigen - Vereinbarungen bzw. die diese Vereinbarungen gegebenenfalls ersetzenden Schiedsstellenentscheidungen auch unmittelbare Wirkung in dem Dreiecksverhältnis zwischen Hilfeempfänger, Einrichtungsträger und örtlichem Sozialhilfeträger.

Die hier vorliegenden vorläufigen Vergütungsfestsetzungen der Schiedsstelle, auf Grund derer Abschlagspflegesätze in der genannten Höhe gezahlt worden sind, sind aus den im Folgenden dargestellten Gründen endgültigen Vereinbarungen im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. BSHG Fassung 1994 bzw. diese ersetzenden bestandskräftigen Schiedsstellenentscheidungen gleichzusetzen mit der Folge, dass hier ein anderer Fall nach § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. BSHG Fassung 1994 nicht angenommen werden kann und der Kläger keinen über die gezahlten Abschläge hinaus gehenden Anspruch hat. Die Vorschrift des § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. BSHG Fassung 1994 ist auf diese Fälle nach Sinn und Zweck der Regelungen in § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. und 2. Hs. BSHG Fassung 1994, deren Zusammenhang und der darin zum Ausdruck gekommenen Konzeption des Gesetzes entsprechend anzuwenden.

Der Senat geht bei dieser Auslegung davon aus, dass der Gesetzgeber einen Fall der vorliegenden Art nicht geregelt hat, weil er - wie sich u. a. aus § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG Fassung 1994 ergibt - angenommen hat, dass die Vereinbarungen im gesetzlich vorausgesetzten Normalfall vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode abgeschlossen werden, und damit eine Situation - wie die zwischen dem Land Niedersachsen und dem Klinikum C. gegebene, in der sich das auf Abschluss dieser Vereinbarungen zielende Verfahren (einschließlich inzwischen anhängiger Gerichtsverfahren) bereits über mehrere Jahre hinzieht - nach der gesetzlichen Konzeption eigentlich nicht eintreten sollte. Eine diesen gesetzlich nicht geregelten Fall ausfüllende vorläufige Vergütungsvereinbarung bzw. vorläufige Vergütungsfestsetzung stellt einerseits nach dem oben Gesagten keine endgültige Vereinbarung bzw. (diese ersetzende) bestandskräftige Schiedsstellenentscheidung im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. bzw. Abs. 3 Satz 2 BSHG Fassung 1994 dar. Sie dient - (gerade) auch bei Berücksichtigung des Umstandes, dass hier die Schiedsstellenentscheidungen und die auf ihrer Grundlage gezahlten Abschläge auf gerichtlichen einstweiligen Anordnungen beruhen - lediglich der Regelung eines Zwischenzustands "auf dem Weg" zu dem von den Vertragsparteien angestrebten Abschluss endgültiger Vereinbarungen im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. BSHG Fassung 1994, um dem Einrichtungsträger den Weiterbetrieb der Einrichtung zu ermöglichen. Solange diese auf den Abschluss solcher Vereinbarungen gerichteten Verhandlungen / Verfahren "schweben" und im Hinblick hierauf Abschläge an den Einrichtungsträger gezahlt werden, kann andererseits nicht angenommen werden, dass Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. BSHG Fassung 1994 nicht abgeschlossen sind und damit der Fall einer nicht vertragsgebundenen Einrichtung vorliegt, den allein § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. BSHG Fassung 1999 regelt (vgl. Münder in LPK-BSHG, a. a. O., § 93 Rdnr. 38).

Ein solcher "anderer Fall" ist, wie sich aus dem Zusammenhang des die nicht vertragsgebundenen Einrichtungen regelnden 2. Halbsatzes mit dem 1. Halbsatz des § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG Fassung 1994, der die vertragsgebundenen Einrichtungen betrifft (vgl. Münder in LPK-BSHG, a. a. O., § 93 Rdnr. 27 ff.), ergibt, nur dann gegeben, wenn weder endgültige Vereinbarungen noch vorläufige (Vergütungs-) Vereinbarungen oder (diese ersetzende) Festsetzungen der Schiedsstelle und auf ihrer Grundlage (im Hinblick auf die noch ausstehenden endgültigen Vereinbarungen) erfolgte Abschlagszahlungen durch den Sozialhilfeträger vorliegen und das Zustandekommen endgültiger Vereinbarungen auch nicht mehr zu erwarten ist (ebenso Bay VGH, Urteil vom 23.3.2005 - 12 B 01.1916 -; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.12.2005 - OVG 6 B 22.03 -). Nur unter diesen Voraussetzungen ist die nach § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. BSHG Fassung 1994 zu schließende Vereinbarung - endgültig - nicht abgeschlossen, liegt ein "anderer Fall" im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. BSHG Fassung 1994 vor (vgl. hierzu auch Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Aufl. 2002, § 93 Rdnr. 38), besteht keine Grundlage für eine (vorläufige) Beschränkung der dem Hilfeempfänger gegenüber bestehenden Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers auf die von diesem an den Einrichtungsträger gezahlten Abschlagspflegesätze bis zum Inkrafttreten einer endgültigen und bestandskräftigen Regelung und ist überhaupt eine Notlage des Hilfeempfängers gegeben (siehe hierzu BVerwG, Urteil vom 20.10.1994 - 5 C 28/91 -, BVerwGE 97, 53), die nach dem Bedarfsdeckungsprinzip des Sozialhilferechts zu beseitigen ist.

Dieser Auslegung des § 93 Abs. 2 BSHG Fassung 1994 steht das ab dem 1. Juli 1994 geltende prospektive Entgeltsystem nicht entgegen. Die Behauptung des Klägers, es könne wegen dieses prospektiven Entgeltsystems im nachhinein nicht mehr zu Vergütungsfestsetzungen kommen, mit der Folge, dass in all den Fällen, in denen die Vergütung nicht vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode festgesetzt ist, ein anderer Fall im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. BSHG Fassung 1994 anzunehmen wäre, ist unzutreffend. Zwar sind nach § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG Fassung 1994 die Vereinbarungen nach Absatz 2 dieser Vorschrift vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen. Die Festsetzungen der Schiedsstelle werden jedoch nach § 93 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BSHG Fassung 1994, sofern nicht ein anderer Zeitpunkt in der Schiedsstellenentscheidung bestimmt wird, mit dem Tag wirksam, an dem der Antrag bei der Schiedsstelle eingegangen ist. Die Festsetzungen der Schiedsstelle können demnach auch rückwirkend Geltung erlangen, was im Falle einer nachträglichen Vergütungsfestsetzung - unabhängig davon, ob die Schiedsstelle ihre Entscheidung, wie in § 93 Abs. 3 Satz 2 BSHG Fassung 1994 vorgesehen, "unverzüglich" getroffen hat - auch sinnvoll und notwendig ist, weil nach § 93 Abs. 3 Satz 2 BSHG Fassung 1994 (allein) die Schiedsstelle auf Antrag einer Partei über die Gegenstände entscheidet, über die - vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode - keine Einigung erreicht werden konnte. Das ab dem 1. Juli 1994 geltende prospektive Entgeltsystem bedeutet daher nicht, dass eine nachträgliche Vergütungsfestsetzung durch die Schiedsstelle unzulässig ist.

Dieses Entgeltsystem und die damit einhergehende Notwendigkeit eines externen Vergleichs (vgl. hierzu ausführlich BVerwG, Urteil vom 1.12.1998 - 5 C 17.97 - und das Urteil des erkennenden Senats vom 24.8.2005 - 4 L 811/99 -) sprechen vielmehr für die oben dargestellte Auslegung des § 93 Absatz 2 BSHG Fassung 1994. Die danach maßgeblichen prospektiven Entgelte sind nicht kosten-, sondern leistungsorientiert. Die Höhe der in der Vergangenheit entstandenen Kosten ist deshalb seit Juli 1994 nicht mehr Ausgangspunkt, sondern lediglich einer von mehreren Anhaltspunkten für die Entgeltgestaltung. Danach kommt die Übernahme der Selbstkosten der Einrichtung nur in Betracht, wenn diese den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen, was sich nicht ohne eine Entscheidung über die Kalkulationsgrundlagen beurteilen lässt. Ergibt der für diese Bewertungen erforderliche und der Verpflichtung des Sozialhilfeträgers, nur wirtschaftliche und sparsame Pflegesätze zu vereinbaren, entsprechende externe Vergleich, also der Vergleich mit den Entgelten anderer Einrichtungen für vergleichbare Leistungen, dass der betreffende Einrichtungsträger der günstigste Anbieter ist, so reicht dieser externe Vergleich aus für die Feststellung, dass der Anbieter den von ihm geltend gemachten Pflegesatz zur Deckung seiner Selbstkosten wirklich benötigt. Ist dies nicht der Fall, kann er nur berücksichtigt werden, wenn der von ihm gewünschte Pflegesatz innerhalb der Bandbreite der Entgelte für vergleichbare Leistungen anderer Einrichtungen liegt ("marktgerechter Preis") und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entspricht.

Der sich aus der Einführung des prospektiven Entgeltsystems zum 1. Juli 1994 demnach ergebenden strikten Bindung der Pflegesätze an die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit, deren Beachtung bei der Pflegesatzgestaltung nach dem oben Gesagten erst nach Durchführung eines externen Vergleichs festgestellt werden kann, würde es widersprechen, wenn der Sozialhilfeträger während laufender Pflegesatzverhandlungen und / oder während laufender Schiedsstellen- bzw. Gerichtsverfahren verpflichtet wäre, auf die Klage eines Heimbewohners hin das volle Heimentgelt zu übernehmen.

Die Richtigkeit dieser Auslegung des § 93 Abs. 2 BSHG Fassung 1994 ergibt sich darüber hinaus aus folgenden Gesichtspunkten:

Würden nur endgültige Vereinbarungen bzw. (diese ersetzende) bestandskräftige Schiedsstellenentscheidungen die Annahme eines anderen Falles nach § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. BSHG Fassung 1994 ausschließen, bestünde die konkrete Gefahr, dass die Regelungen in § 93 Absätze 2 bis 4 BSHG Fassung 1994 in Fällen der vorliegenden Art weitgehend leer liefen. Denn die Einrichtungen könnten die Übernahme des von ihnen mit den Hilfeempfängern nach ihren Bedingungen vereinbarten Heimentgeltes in voller Höhe mittelbar dadurch durchsetzen, dass sie sich - bei grundsätzlich erklärter Einigungsbereitschaft - mit dem Sozialhilfeträger nicht einigen, eventuell ergangene Schiedsstellensprüche (durch die Instanzen) anfechten und parallel hierzu die Hilfeempfänger die Übernahme des vollen Heimentgeltes - erfolgreich - einklagen lassen, wenn der Sozialhilfeträger nicht in der Lage ist (was nach dem Vorbringen des Beklagten zur Begründung seiner Berufung in der Regel der Fall ist), eine anderweitige geeignete und zumutbare Einrichtung zur Verfügung zu stellen.

Dies würde auch der Konzeption des Gesetzes, wonach Aufwendungen für die Unterbringung in einer Einrichtung grundsätzlich nur nach Abschluss der in § 93 Absätze 2 und 3 BSHG Fassung 1994 im Einzelnen vorgegebenen Vereinbarungen bzw. nach der durch die Gesetzesfassung 1994 eingeführten Schiedsstellenentscheidung übernommen werden sollen, und dem darin deutlich zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers, in diesem Bereich den Bedarf besser zu steuern und die Kosten zu dämpfen, widersprechen.

Das vom Senat vertretene Ergebnis entspricht auch der gesetzlichen Unterscheidung zwischen vertragsgebundenen und nicht vertragsgebundenen Einrichtungen. Nach der Begründung der Gesetzesfassung 1994 (Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms vom 4.9.1993, Drucksache 12/5510, S. 11) besteht für die Vertragspartner die Pflicht zur Einigung. Kommt eine solche nicht zu Stande, so soll die Schiedsstelle in einem förmlichen Verfahren entscheiden. Es wäre mit dem daraus ersichtlichen Willen des Gesetzgebers, dass bei vertragsgebundenen Einrichtungen das auf Schaffung einer Grundlage für die Übernahme des Heimentgeltes i. S. d. § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. BSHG Fassung 1994 zielende Verfahren (auf die eine oder andere Weise) jedenfalls zu einem Abschluss gebracht werden soll, nicht zu vereinbaren, wenn während dieses laufenden Verfahrens dieselbe Einrichtung als nicht vertragsgebundene Einrichtung behandelt würde, mit der Folge, dass der Sozialhilfeträger möglicherweise das Heimentgelt in voller Höhe zu übernehmen hätte.

Der Vorrang von - vorläufigen oder endgültigen - Vereinbarungen zwischen Einrichtungsträger und Sozialhilfeträger und deren "Sperrwirkung" gegenüber der Annahme eines anderen Falles nach § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. BSHG Fassung 1994 kommt auch darin zum Ausdruck, dass gemäß § 93 Abs. 4 Satz 4 BSHG Fassung 1994 nach Ablauf des Vereinbarungszeitraumes die vereinbarten oder festgesetzten Vergütungen bis zum Inkrafttreten neuer Vergütungen weiter gelten. Der Gesetzgeber hat damit deutlich zu erkennen gegeben, dass bei vertragsgebundenen Einrichtungen auch in den Zeiträumen, in denen noch keine neuen Vereinbarungen vorliegen, kein Raum für die Annahme eines anderen Falles nach § 93 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. BSHG Fassung 1994 sein soll.

Solange Verhandlungen / Verfahren über die Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. BSHG Fassung 1994 laufen, an deren Ende - nach Durchführung eines externen Vergleichs - ein den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechender Pflegesatz ermittelt sein soll, und im Hinblick auf den (zu erwartenden) Abschluss dieser Verhandlungen / Verfahren Abschlagszahlungen erbracht worden sind, ist die Übernahme eines über diese Abschlagszahlungen hinausgehenden Heimentgelts nach der gesetzlichen Konzeption mithin ausgeschlossen.

Diese Auslegung des § 93 Abs. 2 BSHG Fassung 1994 widerspricht auch nicht dem Bedarfsdeckungsprinzip des Sozialhilferechts. Denn nur in dem Fall, in dem weder endgültige Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG Fassung 1999 noch vorläufige (Vergütungs-) Vereinbarungen oder (diese ersetzende) vorläufige Festsetzungen der Schiedsstelle und auf ihrer Grundlage (im Hinblick auf die noch ausstehenden endgültigen Vereinbarungen) erfolgte Abschlagszahlungen durch den Sozialhilfeträger vorliegen und das Zustandekommen endgültiger Vereinbarungen auch nicht mehr zu erwarten ist, ist eine Notlage des Hilfeempfängers gegeben, die nach dem Bedarfsdeckungsprinzip des Sozialhilferechts zu beseitigen ist (siehe hierzu BVerwG, Urteil vom 20.10.1994 - 5 C 28/91 -, BVerwGE 97, 53). Denn solange auf Festlegung eines endgültigen Pflegesatzes gerichtete Verhandlungen oder Schiedsstellen- bzw. Gerichtsverfahren laufen und im Hinblick hierauf Abschläge gezahlt werden, ist der Heimplatz in aller Regel - wie auch im vorliegenden Fall - nicht gefährdet.

Der vom Senat vorgenommenen Auslegung des § 93 Abs. 2 BSHG Fassung 1994 steht das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 1994 (- 5 C 28/91 -, BVerwGE 97, 53) nicht entgegen.

Darin hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass nach damaliger Gesetzeslage (BSHG i. d. F. vom 22.12.1983, BGBl. I, S. 1532, 1563) die Übernahme der Kosten einer Heimunterbringung unter Berufung auf die Unvereinbarkeit des Heimentgeltes mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit oder Leistungsfähigkeit nur dann abgelehnt werden darf, wenn der Sozialhilfeträger dem Hilfesuchenden eine konkrete, zur Behebung seiner Notlage ebenfalls geeignete anderweitige Hilfemöglichkeit nachweist und dem Hilfesuchenden die Wahrnehmung dieser Möglichkeit auch zuzumuten ist.

Diese für die 1984 geltende Rechtslage aufgestellten Grundsätze können auf die ab dem 1. Juli 1994 geltende Rechtslage nicht mehr angewandt werden. Denn durch die Gesetzesfassung 1994 sind (im Vergleich zu den Regelungen im BSHG i. d. F. vom 22.12.1983) erstmals hinsichtlich der zu schließenden Vereinbarungen konkrete Vorgaben gemacht, die Möglichkeit der Anrufung einer Schiedsstelle und das oben dargestellte prospektive Entgeltsystem eingeführt worden. Diese neuen gesetzlichen Regelungen führen zu einem neuen Gesetzessystem, insbesondere zu einer anderen rechtlichen Einordnung der aufgrund vorläufiger Vereinbarungen / vorläufiger Schiedsstellenfestsetzungen gezahlten Abschläge.

Der Kläger kann nach alledem die Übernahme der Differenz zwischen den gezahlten Abschlägen und dem mit dem Einrichtungsträger vereinbarten Heimentgelt nicht in voller Höhe beanspruchen.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass diese Differenz teilweise übernommen wird.

Im Hinblick auf die Regelung in § 93 Abs. 4 Satz 4 BSHG 1994, wonach die vereinbarten oder festgesetzten Vergütungen bis zum Inkrafttreten neuer Vergütungen nach Ablauf des Vereinbarungszeitraumes weiter gelten, und die Regelung in § 93 Abs. 3 Satz 4 BSHG Fassung 1994, wonach die Klage gegen Schiedsstellenentscheidungen (anders als nach § 93 b Abs. 1 BSHG in der ab dem 1. Januar 1999 geltenden Fassung) keine aufschiebende Wirkung hat, käme es zwar in Betracht in Bezug auf den hier entscheidungserheblichen Zeitraum vom 27. Mai 1997 bis zum 19. Februar 1998 an - in gerichtlichen Verfahren noch nicht rechtskräftig aufgehobene - Schiedsstellenentscheidungen für vorangegangene Zeiträume nach Maßgabe des § 93 Abs. 4 Satz 4 BSHG 1994 anzuknüpfen.

Dem braucht jedoch hinsichtlich der Schiedsstellenentscheidungen für die Jahre 1995 bis 1997 nicht weiter nachgegangen zu werden, da die Schiedsstellenentscheidungen für die Jahre 1995 bis 1998 vom Verwaltungsgericht Hannover rechtskräftig mit Urteilen vom 27. Februar 2006 aufgehoben sind, nachdem der erkennende Senat die Anträge auf Zulassung der Berufung gegen diese Urteile mit Beschlüssen vom 11. Juli 2006 in den Verfahren 4 LA 62/06, 4 LA 65/06 bis 68/06 und 4 LA 80/06 bis 82/06 abgelehnt hat.

Noch nicht rechtskräftig aufgehoben ist allerdings die Schiedsstellenentscheidung vom 26. Oktober 1994, mit der die Schiedsstelle den Pflegesatz für das zweite Halbjahr 1994 auf 178,40 DM täglich festgesetzt hat. Zwar hat der erkennende Senat diese Schiedsstellenentscheidung mit Urteil vom 24. August 2005 (4 L 811/99) aufgehoben, die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist jedoch zur Zeit beim Bundesverwaltungsgericht (5 B 109.05) anhängig.

Da die im streitgegenständlichen Zeitraum gezahlten Abschlagspflegesätze - 190,90 DM, 192,81 DM und 194,72 DM - höher sind als der mit der genannten Schiedsstellenentscheidung für das zweite Halbjahr 1994 auf 178,40 DM festgesetzte Pflegesatz, hätte die Klage aber auch dann nicht (teilweise) Erfolg, wenn die Klage gegen die Schiedsstellenentscheidung vom 26. Oktober 1994 keine aufschiebende Wirkung hätte und diese Schiedsstellenentscheidung deshalb und auf Grund der Regelung des § 93 Abs. 4 Satz 4 BSHG 1994 auch für den hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 27. Mai 1997 bis zum 19. Februar 1998 möglicherweise weiterhin maßgeblich wäre.

Der Kläger hat nach allem auf Grund der gegenwärtigen Sachlage über die vom Beklagten gezahlten Abschlagspflegesätze hinaus keinen Anspruch auf Übernahme eines höheren Heimentgeltes durch den Beklagten. Für den Fall, dass eine endgültige Vergütungsvereinbarung / Vergütungsfestsetzung für den entscheidungserheblichen Zeitraum einen höheren Pflegesatz festlegen sollte, hat das Niedersächsische Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben im Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 1998 ausdrücklich die Nachzahlung des Differenzbetrages zugesagt.

Ende der Entscheidung

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