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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 15.04.2008
Aktenzeichen: 4 OB 102/08
Rechtsgebiete: VwGO
Vorschriften:
VwGO § 120 Abs. 1 | |
VwGO § 120 Abs. 2 | |
VwGO § 122 Abs. 1 | |
VwGO § 162 Abs. 3 |
2. § 120 VwGO, der gemäß § 122 Abs. 1 VwGO für Beschlüsse entsprechend gilt, erfasst auch Beschlüsse, die keine Sachentscheidung, sondern neben der deklaratorischen Einstellung des Verfahrens lediglich eine Kostenentscheidung nach § 92 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 155 Abs. 2 VwGO oder § 161 Abs. 2 VwGO enthalten.
3. Die Frist des § 120 Abs. 2 VwGO wird nicht in Gang gesetzt, wenn der Beschluss den Beteiligten nicht zugestellt, sondern nur formlos bekannt gegeben worden ist.
4. § 120 Abs. 2 VwGO kann bei entsprechender Anwendung auf Beschlüsse nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Frist des § 120 Abs. 2 VwGO nur bei Beschlüssen, die förmlich zugestellt werden müssen, mit der Zustellung, bei Beschlüssen, die keiner förmlichen Zustellung bedürfen, aber schon mit der formlosen Bekanntgabe zu laufen beginnt.
Gründe:
Die Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss ist unbegründet. Denn das Verwaltungsgericht hat die Kostenentscheidung in seinem Beschluss vom 24. Mai 2007 auf Antrag der Beigeladenen zu Recht dahingehend ergänzt, dass die Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen hat.
Die Einwände, die die Klägerin dagegen erhoben hat, greifen nicht durch.
Der Senat stimmt mit dem Verwaltungsgericht darin überein, dass die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag der Beigeladenen im Wege einer Ergänzung des Beschlusses in entsprechender Anwendung des § 120 VwGO nachgeholt werden kann (vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 28.6.1993 - 7 B 143.92 -; VGH Kassel, Beschl. v. 9.4.1990 - 4 CE 1021/89 -, NVwZ-RR 1991 S. 167). Nach § 120 Abs. 1 VwGO ist ein Urteil auf Antrag durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen, wenn u. a. die Kostenfolge bei der Entscheidung ganz oder zum Teil übergangen worden ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO, die Teil der vom Verwaltungsgericht zu treffenden Kostenentscheidung ist, versehentlich nicht getroffen, also übergangen worden ist (VGH Kassel, Beschl. v. 9.4.1990 - 4 CE 1021/89 -, NVwZ-RR 1991 S. 167; Redeker/von Oertzen, VwGO, Kommentar, 12. Aufl., § 120 Rdnr. 3; Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 2. Aufl., § 120 Rdnr. 10; Bader/Funke-Kaiser /Kuntze/von Albedyll, VwGO, Kommentar, 3. Aufl., § 120 Rdnr. 2). § 120 Abs. 1 VwGO gilt gemäß § 122 Abs. 1 VwGO für Beschlüsse entsprechend und erfasst damit auch Beschlüsse, die - wie der des Verwaltungsgerichts vom 24. Mai 2007 - keine Sachentscheidung, sondern neben der deklaratorischen Einstellung des Verfahrens lediglich eine Kostenentscheidung nach § 92 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 155 Abs. 2 VwGO oder § 161 Abs. 2 VwGO enthalten (Thür. OVG, Beschl. v. 28.2.2001 - 1 VO 931/00 -; VGH Kassel, Beschl. v. 9.4.1990 - 4 CE 1021/89 -, NVwZ-RR 1991 S. 167; Eyermann, VwGO, Kommentar, 12. Aufl., § 120 Rdnr. 2; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 120 Rdnr. 10; Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, Kommentar, 3. Aufl., § 120 Rdnr. 2).
Die Voraussetzungen des somit entsprechend anwendbaren § 120 Abs. 1 VwGO sind im vorliegenden Fall erfüllt. Zum einen hat das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 24. Mai 2007 nicht willentlich von einem Ausspruch nach § 162 Abs. 3 VwGO zu Gunsten der Beigeladenen abgesehen, sondern die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen schlicht übersehen und damit die Kostenfolge zum Teil übergangen. Zum anderen hat die Beigeladene die Ergänzung des Beschlusses hinsichtlich der unterbliebenen Entscheidung nach § 162 Abs. 3 VwGO sinngemäß beantragt.
Der Antrag der Beigeladenen ist auch nicht verfristet gewesen, obwohl er erst am 9. August 2007 beim Verwaltungsgericht eingegangen ist. Nach § 120 Abs. 2 VwGO muss eine Urteilsergänzung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden. Da § 120 VwGO gemäß § 122 Abs. 1 VwGO für Beschlüsse entsprechend gilt, ist die Ergänzung von Beschlüssen analog § 120 Abs. 2 VwGO innerhalb von zwei Wochen nach deren Zustellung zu beantragen. Diese Frist ist im vorliegenden Fall aber nicht in Gang gesetzt worden, weil der Beschluss vom 24. Mai 2007 den Beteiligten nicht zugestellt, sondern nur formlos bekannt gegeben worden ist (vgl. Bay. VGH, Beschl.v. 7.4.1998 - 6 C 97.1811 -; OVG Münster, Beschl. v. 11.8.1972 - III B 291/71 -, OVGE 28, 90; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 120 Rdnr. 10).
Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Antrag der Beigeladenen auf Ergänzung des Beschlusses vom 24. Mai 2007 sei verfristet gewesen, weil der Beschluss des Verwaltungsgerichts nach § 158 Abs. 2 VwGO unanfechtbar und damit einer Zustellung nach § 56 VwGO nicht zugänglich gewesen sei. Die Unanfechtbarkeit des Beschlusses vom 24. Mai 2007 hat zwar dazu geführt, dass der Beschluss den Beteiligten nach § 56 Abs. 1 VwGO nicht zugestellt werden musste. Aus der Unanfechtbarkeit folgt aber nicht, dass der Beschluss den Beteiligten nicht hätte zugestellt werden dürfen. Die Klägerin verkennt, dass die Zustellung nur eine besondere Form der Bekanntgabe ist (vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 2. Aufl., § 57 Rdnr. 18; § 56 Rdnr. 9) und dass die Wahl der Bekanntgabeform im Ermessen des Gerichts steht, wenn nicht Spezialvorschriften wie § 56 VwGO eine besondere Form der Bekanntgabe vorschreiben (Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 2. Aufl., § 56 Rdnr. 10). Folglich ist die Annahme der Klägerin, dass eine Zustellung des Beschlusses vom 24. Mai 2007 nicht möglich gewesen wäre, unzutreffend.
Die Klägerin ist ferner zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine entsprechende Anwendung des § 120 Abs. 2 VwGO auf Beschlüsse wie den vom 24. Mai 2007 nur bedeuten könne, dass die Frist des § 120 Abs. 2 VwGO durch die Bekanntgabe der Beschlüsse in Gang gesetzt werde. Auch diese Auffassung übersieht, dass unanfechtbare Beschlüsse zwar nicht zugestellt werden müssen, den Beteiligten nach Ermessen des Gerichts aber zugestellt werden können. § 120 Abs. 2 VwGO läuft daher entgegen der Annahme der Klägerin auch bei Beschlüssen, deren Zustellung nicht vorgeschrieben ist, keineswegs leer. Folglich besteht kein sachlicher Grund, § 120 Abs. 2 VwGO bei entsprechender Anwendung auf Beschlüsse dahingehend auszulegen, dass die Zwei-Wochen-Frist des § 120 Abs. 2 VwGO nur bei Beschlüssen, die förmlich zugestellt werden müssen, mit der Zustellung, bei Beschlüssen, die keiner förmlichen Zustellung bedürfen, aber schon mit der formlosen Bekanntgabe zu laufen beginnt. Dass die Frist bei Beschlüssen, die nicht förmlich zugestellt werden, nicht in Gang gesetzt wird, ändert daran nichts. Den gesetzlichen Bestimmungen lässt sich nämlich keineswegs entnehmen, dass die Frist des § 120 Abs. 2 VwGO bei allen Beschlüssen zu laufen beginnen muss.
Die vom Verwaltungsgericht nachgeholte Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ist schließlich auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
Ende der Entscheidung
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