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Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 29.04.2008
Aktenzeichen: 5 LA 198/05
Rechtsgebiete: NRiG


Vorschriften:

NRiG § 6a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Klägerin hatte sich als Richterin auf Probe gegen ihre dienstliche Beurteilung gewandt.

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, das Urteil des Verwaltungsgerichts entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO (i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO) für unwirksam zu erklären und über die Verfahrenskosten gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.

Hiernach entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich zu teilen, weil in Betracht kommt, dass die Klägerin nach einer etwaigen Zulassung der Berufung (124a Abs. 5 Satz 2 VwGO) teilweise, und zwar mit ihrem erstinstanzlichen Hilfsantrag, hätte Erfolg haben können.

Partiell ist allerdings bereits fraglich, ob die Begründung des Zulassungsantrages den Anforderungen genügt, die an die gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erforderliche Darlegung der Zulassungsgründe zu stellen sind. So dürfte es insbesondere an einer genügenden Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (vgl. zu den Anforderungen insoweit: Nds. OVG, Beschl. v. 29. 2. 2008 - 5 LA 167/04 - veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der Nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit) fehlen.

In Betracht kommt allerdings, dass die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen gewesen wäre, und die Klägerin mit ihrem Begehren nach erneuter Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts insoweit hätte Erfolg haben können, als sie beanstandet hat, dass bei der Bewertung ihrer Belastbarkeit nicht ausreichend Rücksicht auf ihre Schwangerschaft genommen worden sei, da man ihr zwar weniger Verfahren zugeteilt habe, als dies bei den übrigen Vollzeitrichterinnen der Kammer üblich gewesen sei, dabei aber nicht dem Umstand Rechnung getragen habe, dass bereits der gesamte Spruchkörper erheblich überlastet gewesen sei. Für eine solche Überlastung, hinsichtlich deren Darlegung der Zulassungsantrag allerdings zu wünschen übrig lässt, könnte insbesondere sprechen, dass ausweislich der unter dem 29. November 1999 gefertigten Stellungnahme der Vorsitzenden Richterin, die auch den Beurteilungsbeitrag erstellt hatte, "inhaltlich ... viele Entscheidungen ... letztlich, soweit irgendwie vertretbar, mit geringen Änderungen oder Umstellungen übernommen worden [sind], obwohl - streng genommen - Passagen hätten umgeschrieben werden müssen" und dass Letzteres "infolge des Zeitdrucks und um nicht die Entscheidungen verlegen zu müssen, unterblieben" ist. Von Bedeutung wäre eine erhebliche Überlastung des Spruchkörpers deshalb, weil der Maßstab, an dem die Belastbarkeit einer Richterin auf Probe zu messen ist, auch insoweit ein normativer bleiben muss, als dies den zu bewältigenden Arbeitsanfall angeht. Dies bedeutet, dass eine gegenüber der Justizverwaltung beklagte und beanstandete Überlast nicht ohne weiteres unter dem Blickwinkel der Beurteilung als Normalität definiert werden kann. Zwar gehört es sicherlich zu den erforderlichen Qualitäten einer Richterin, zeitweilig auch mit einem Übermaß an Arbeit fertig zu werden, wie es beispielsweise in Form von "Arbeitsspitzen" oder in der Nachfolge gesundheitlich beeinträchtigter Amtsvorgänger auftreten kann. Die insoweit zu stellenden Anforderungen dürfen aber nicht dazu führen, dass - etwa aus fiskalischen Gründen - mit Hilfe des Beurteilungswesens die Überlastung zum System erhoben wird. Der Dienstherr darf insbesondere seine Anforderungen nicht in der Weise übersteigern, dass er auch überdurchschnittlich befähigte Berufsanfängerinnen wissentlich in "Kompensationsstrategien" treibt, die auf eine gleichsam unbegrenzte, erhebliche Überschreitung der Regelarbeitszeit oder auf eine Arbeitsweise hinauslaufen, die die Betroffene bei Licht besehen beständig mit ihrem Richtereid in Konflikt bringen müsste. An einer Beurteilung mitwirkende Inhaber richterlicher Beförderungsämter sind deshalb aufgerufen, der Versuchung zu widerstehen, eine etwaige eigene weit überdurchschnittliche Befähigung und Leistungsbereitschaft zum allgemeinen Maßstab zu erheben und dadurch qualifizierte Berufsanfängerinnen - unter Verletzung der Fürsorgepflicht - zu einer Überspannung ihrer Kräfte anzuhalten. Ob dies im vorliegenden Falle hinreichend beachtet worden ist, kann im Rahmen dieser Entscheidung keiner abschließenden Klärung mehr zugeführt werden.

Ende der Entscheidung

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