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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 27.06.2008
Aktenzeichen: 5 LA 266/07
Rechtsgebiete: USG


Vorschriften:

USG § 13 a Abs. 1
USG § 13 a Abs. 3
Zur Frage, ob die Praxis eines selbständigen Arztes während einer von ihm absolvierten Wehrübung im Sinne des § 13 Abs. 3 USG fortgeführt worden ist oder die selbständige Tätigkeit geruht hat.
Gründe:

Der u. a. auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung hat Erfolg, weil ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt (vgl. Nds.OVG, Beschl. v. 10.4.2008 - 5 LA 58/06 -). Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist. Ist das angegriffene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe dargelegt werden (vgl. Nds.OVG, Beschl. v. 10.4.2008, aaO).

Der Beklagte hat ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung dargelegt, die auch bestehen.

Das Verwaltungsgericht ist zu Unrecht zu der Einschätzung gelangt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger nach der vom 11. (Freitag) Februar bis zum 20. (Sonntag) Februar 2005 absolvierten Wehrübung gemäß § 13 a Abs.1 und Abs. 3 Satz 4 USG neben den bereits gewährten Leistungen von 3.512,44 € für die Zeit vom 12. bis zum 20. Februar 2005 Betriebsausgaben in Höhe von 4.001,76 € zu erstatten. Denn die Arztpraxis des Klägers hat während dieser Zeit nicht im Sinne des § 13 a Abs. 3 Satz 1 USG geruht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 22.8.1979 - 8 C 20.78 -, BVerwGE 58, 247 = juris), des beschließenden Gerichts (Beschl. v. 7.10.1999 - 2 L 2550/98 -, juris; Urt. v. 28.1.1997 - 2 L 7123/94, V.n.b.) und mehrerer Oberverwaltungsgerichte (OVG Saarland, Beschl. v. 3.5.2006 - 1 L 414/05 -, juris; Urt. v. 5.3.1992 - 1 R 61/89 -, juris; Bayer. VGH, Beschl. v. 2.2.2006 - 15 BV 04.2034 -, juris) ruht der Betrieb oder die selbständige Tätigkeit nicht, sondern wird im Sinne des § 13 a Abs. 3 Satz 1 USG fortgeführt, wenn während der Abwesenheit des Wehrpflichtigen weiterhin erwerbsbezogen gearbeitet wird. Ob dies der Fall ist, muss nach der genannten Rechtsprechung unter Berücksichtigung von Art und Gegenstand des Betriebs oder der selbständigen Tätigkeit und der Dauer der wehrdienstbedingten Abwesenheit beantwortet werden. Ausgehend hiervon ist die Praxis des Klägers während des noch streitigen Zeitraums (12. - 20.2.2005), der nur fünf Werktage umfasst (14. - 18.2.2005), fortgeführt worden.

Die angestellten Arzthelferinnen des Klägers haben an den fünf Werktagen in der Praxis gearbeitet und haben erwerbsbezogene Tätigkeiten verrichtet. Denn sie haben unstreitig Behandlungstermine vergeben und für Auskünfte zur Verfügung gestanden. Auch wenn diese Tätigkeiten gemessen an dem normalen Praxisbetrieb nur von geringem Umfang gewesen sein mögen und auch keine Einkommensansprüche des Klägers ausgelöst haben, waren sie erwerbsbezogen. Denn sie waren für die Erhaltung und gegebenenfalls Erweiterung des Patientenstamms des Klägers notwendig. Insoweit ist nach der eingangs angeführten Rechtsprechung auch von Bedeutung, dass die wehrdienstbedingte Abwesenheit des Klägers nur von verhältnismäßig kurzer Dauer war. Da die Angestellten des Klägers in der Praxis für Anfragen zur Verfügung standen, dürfte der Patientenstamm erhalten geblieben sein. Auch mögliche neue Patienten dürften, da die Rückkehr des Klägers abzusehen war, außer in Notfällen kaum verloren gegangen sein.

Es ist im Rahmen der Prüfung, ob dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche nach § 13 a Abs. 1 und Abs. 3 Satz 4 USG zustehen, rechtlich unerheblich, ob er während der Wehrübung Einkommensverluste erlitten hat. Denn das Unterhaltssicherungsgesetz dient nicht dem Ausgleich von Einkommensverlusten, sondern der Sicherung der materiellen Lebensgrundlage des Wehrpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 16.10.2003 - 2 LA 140/03 -, NordÖR 2004, 87).

Das Zulassungsverfahren wird als Berufungsverfahren unter dem Aktenzeichen 5 LB 262/08 fortgeführt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (§ 124a Abs. 5 Satz 5 VwGO).

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht, Uelzener Straße 40, 21335 Lüneburg, einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig (§ 124a Abs. 3 Sätze 3 bis 5 und Abs. 6 VwGO).

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