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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 27.06.2006
Aktenzeichen: 5 LC 260/04
Rechtsgebiete: BBVAnpG, BGB, GG
Vorschriften:
BBVAnpG § 99 Art. 9 | |
BBVAnpG § 1 Abs. 1 S. 2 | |
BGB § 133 | |
GG Art. 33 Abs. 5 |
Tatbestand:
Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte dagegen, dass das Verwaltungsgericht dem Kläger im Hinblick auf ein drittes Kind ab dem 1. September 1991 die Erhöhungsbeträge gemäß Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 sowie Prozesszinsen zugesprochen hat.
Der Kläger ist verheirateter Beamter der Finanzverwaltung des Landes und begehrt die Nachzahlung von Bezügen als nach dem Familienstand amtsangemessene Alimentation.
Bereits als er lediglich zwei Kinder hatte, erhob er unter dem 19. Dezember 1990 mit einem Schreiben folgenden Wortlauts Widerspruch gegen seine Besoldung:
"...Betr.: Kindergeld u. Ortszuschlag
Hiermit lege ich Widerspruch gegen die Festsetzung meiner Bezüge ein.
Ich beantrage eine Erhöhung des Kindergeldes und des Ortszuschlages. Zur Begründung weise ich auf die Beschlüsse des BVerfG vom 22. 03. 1990 (2 BVL 1/86) und vom 29. 05. 1990 (1 BVL 20/84, 26/84 und 4/86) hin.
Ich bin damit einverstanden, dass das Verfahren bis zu einer gesetzlichen Regelung ruht."
Mit Eingangsbestätigung vom 11. Januar 1991 erklärte die Bezügestelle unter dem Betreff,
"Betrifft: Einkommensabhängige Minderung des Kindergeldes für zweite und weitere Kinder/Kinderanteil im Ortszuschlag
hier: Ihr Antrag/Widerspruch vom 19. 12. 90",
die Entscheidung über den Antrag/Widerspruch des Klägers zurückzustellen.
Am 26. September 1991 wurde das dritte Kind des Klägers geboren.
Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 29. November 2001 und 20. März 2002 geltend gemacht hatte, einen Bescheid des Beklagten vom 29. August 2000 über die Ablehnung seines Antrags auf amtsangemessene Alimentation - ebenso wie andere dienstliche Post - nicht erhalten zu haben, wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 19. Dezember 1990 mit Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 2003 zurück. Diese Entscheidung begründete er damit, dass sich der Antrag des Klägers unter Berücksichtigung des Zeitpunktes der Antragstellung lediglich auf einen höheren Ortszuschlag für zwei Kinder habe richten können, da damals nur insoweit bereits eine Entscheidung über die Höhe des kinderbezogenen Antrags im Ortszuschlag vorgelegen hätte. Die Einkommensverhältnisse einer Beamtenfamilie mit zwei Kindern seien jedoch auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angemessen gewesen. Würde sich der Widerspruch des Klägers vom 19. Dezember 1990 auch auf das am 26. September 1991 geborene dritte Kind beziehen, handelte es sich um einen unzulässigen Widerspruch "auf Vorrat". Der Kläger habe es nach der Geburt seines dritten Kindes versäumt, dieses Kind ausdrücklich in seinen Widerspruch einzubeziehen.
Am 23. Mai 2003 hat der Kläger den Verwaltungsrechtsweg beschritten.
Zur Begründung seiner Klage hat er vorgetragen, dass er am 19. Dezember 1990 einen uneingeschränkten Widerspruch im Sinne des BBVAnpG 99 erhoben habe und es deswegen eines erneuten Widerspruchs nach der Geburt des dritten Kindes nicht bedurfte. Mangels eines entgegenstehenden Hinweises des Beklagten habe er auch darauf vertrauen dürfen, dass sich sein Widerspruch auf das dritte Kind erstrecke. Es gehe nicht an, dass der Beklagte nach Ablauf von fast 13 Jahren einen Widerspruchsbescheid erteile und damit begründe, dass vor 12 Jahren ein erneuter Widerspruch hätte eingelegt werden müssen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Mai 2003 zu verurteilen, an ihn ab dem 1. September 1991 die Erhöhungsbeträge gemäß Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes seit dem 1. September 1991 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung dieses Antrags hat er sich im Wesentlichen auf die Gründe seines Widerspruchsbescheides bezogen.
Durch das angefochtene, auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juni 2004 ergangene Urteil hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verurteilt, an den Kläger ab dem 1. September 1991 die Erhöhungsbeträge gemäß Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 nebst 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 23. Mai 2003 zu zahlen. Die Berufung hat es zugelassen.
Ihre Entscheidung hat die Vorinstanz im Wesentlichen unter Bezugnahme auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 23. Juni 2004 - 3 A 214/02 - begründet. Der Rechtsansicht des Beklagten, bei dem Widerspruch des Klägers handele es sich nicht um einen solchen im Sinne des Art. 9 § 1 BBVAnpG 99, weil er sich nach seinem objektiven Erklärungsinhalt nur gegen eine Besoldung, insbesondere einen Ortszuschlag, richten könne, der für zwei Kinder gewährt werde, und es sich anderenfalls um einen unzulässigen Rechtsbehelf auf Vorrat handeln würde, sei nicht beizupflichten. Ihr sei entgegenzuhalten, dass der Gegenstand eines Begehrens von dem Sachverhalt, welcher der rechtlichen Würdigung des Begehrens zugrunde zu legen sei, unterschieden werden müsse. Der Widerspruch des Klägers aus dem Jahre 1990 habe für den Beklagten zweifelsfrei erkennbar gemacht, wogegen er eingelegt und was mit ihm begehrt gewesen sei, nämlich höhere kinderbezogene Anteile im Ortszuschlag. Es handele sich nicht um einen Widerspruch "auf Vorrat" gegen eine zukünftig an eine noch ungewisse Geburt eines weiteren Kindes anschließende Besoldung, sondern um das Verlangen einer höheren kinderbezogenen Besoldung an sich, also auch nach den gegenwärtigen Verhältnissen und unabhängig davon, ob zwei, drei oder mehr Kinder beim Ortszuschlag bzw. Familienzuschlag zu berücksichtigen seien. Wenn der Kläger mit Rücksicht darauf, dass sein Widerspruch unbeschieden geblieben sei, durch Geburt eines weiteren Kindes in den Kreis der materiell Anspruchsberechtigten "hineingewachsen" sei, so komme darin nur der allgemeine Grundsatz zum Ausdruck, dass die Begründetheit des Widerspruchs nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegenden Sachverhalt zu beurteilen sei. Den Zugang eines ablehnenden Bescheids habe der Beklagte im gerichtlichen Verfahren wie auch im Widerspruchsbescheid nicht mehr als rechtshindernde Einwendung geltend gemacht. Im Übrigen sei der Nachweis der Bekanntgabe eines solchen Bescheides nicht geführt. Die Berufung sei mit Rücksicht auf den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. August 2003 - 2 LA 101/03 - zuzulassen.
Nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 12. Juli 2004 hat der Beklagte am 26. Juli 2004 Berufung eingelegt und dieses Rechtsmittel am 19. August 2004 wie folgt begründet:
Die Berufung richte sich gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Qualifizierung des Schreibens vom 19. Dezember 1990 als zulässigen Widerspruch gegen die Nichtbewilligung eines höheren Ortszuschlages für das dritte, erst im September 1991 geborene Kind. Zwar habe der Kläger mit diesem Schreiben die Auszahlung einer zu geringen Besoldung beanstandet und eine Erhöhung des Kinderanteils im Ortszuschlag beantragt. Sein Widerspruch habe sich aber nur gegen die Höhe des Ortszuschlags für jene beiden Kinder richten können, die damals bereits geboren gewesen seien. Denn nur hinsichtlich dieser Kinder hätte damals bereits eine Entscheidung über die Höhe des Kinderanteils im Ortszuschlag vorgelegen und nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2001 - BVerwG 2 C 48.00 - setze auch die Erhebung eines beamtenrechtlichen Leistungswiderspruchs voraus, dass sich dieser gegen eine Amtshandlung (ohne Verwaltungsaktcharakter) oder ein behördliches Unterlassen richte. Die Nichtgewährung des Ortszuschlages für das dritte Kind sei jedoch kein Unterlassen in diesem Sinne gewesen. Denn über diese Stufe des Ortszuschlages habe die Besoldungsstelle des Klägers bis zum Dezember 1990 in keiner Weise entschieden. Daher sei das Schreiben des Klägers ausschließlich als Widerspruch gegen die Höhe des Ortszuschlages für die ersten beiden Kinder anzusehen. Selbst wenn der Widerspruch des Klägers vom 19. Dezember 1990 auch auf das 1991 geborene dritte Kind zu beziehen sein sollte, würde es sich insoweit um einen unzulässigen Rechtsbehelf handeln. Es wäre dann nämlich ein Widerspruch "auf Vorrat", der sich auf kein gegenwärtiges, sondern ein zukünftiges Unterlassen der Behörde, nämlich das Unterlassen der Gewährung eines höheren Ortszuschlags der Stufe 5 für drei Kinder gerichtet hätte. Ein derartiger Widerspruch sei nach der insoweit übertragbaren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 6. 2. 1985 - BVerwG 8 C 53 und 54.83 -, BayVBl. 1995, 605) nicht nur mangels streitbefangener Sache unstatthaft, sondern zusätzlich auch mangels gegenwärtiger Beschwer unzulässig. Eine stillschweigende Ausdehnung eines Widerspruchs auf eine spätere behördliche Entscheidung sei aus Gründen der Rechtsklarheit nicht möglich. Deswegen habe der Widerspruch des Klägers vom 19. Dezember 1990 nicht die Notwendigkeit entfallen lassen, das dritte Kind nach seiner Geburt ausdrücklich in den Rechtsbehelf einzubeziehen. Der Umstand, dass der Kläger möglicherweise geglaubt habe, zu einer neuerlichen Einlegung des Widerspruchs nicht verpflichtet zu sein, rechtfertige es nicht, aus Billigkeitsgründen von diesem Erfordernis abzusehen.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er macht sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu Eigen und wendet sich unter Bezugnahme auf einen Runderlass des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 7. November 2001 insbesondere gegen die seines Erachtens zu restriktive Auslegung des Begriffs "Widerspruchsführer" (Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 BBVAnpG 99) seitens des Beklagten. Dieser müsse sich eine aufgrund des Erlasses eingetretene Selbstbindung der Verwaltung entgegenhalten lassen, die ihn an der im vorliegenden Rechtsstreit favorisierten Auslegung hindere.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Gemäß den §§ 125 Abs. 1 Satz 1 und 88 VwGO und in Übereinstimmung mit den Erläuterungen des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestimmt der Senat das Berufungsbegehren dahin gehend, dass lediglich insoweit eine Abweisung der Klage erstrebt wird, als dieser durch das erstinstanzliche Urteil stattgegeben wurde. Weder der Berufungsbegründung noch einer objektiven Würdigung der Interessenlage lassen sich nämlich Hinweise darauf entnehmen, dass der Beklagte den Streitstoff des erstinstanzlichen Verfahrens insoweit zum Gegenstand seines Rechtsmittels gemacht hat, als der Kläger eine Verzinsung seiner Hauptforderung auch für den Zeitraum vom 1. September 1991 bis zum 22. Mai 2003 begehrt hatte. Dies gilt unabhängig davon, ob die Entscheidung der Vorinstanz in dem Sinne auszulegen ist, dass die Klage hinsichtlich des genannten Teils der Zinsforderung abgewiesen wurde, oder ob ein Fall des § 120 VwGO gegeben ist.
Mit dem vorstehend umrissenen Begehren ist die Berufung zulässig, aber unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger zu Recht ab dem 1. September 1991 die Erhöhungsbeträge gemäß Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 nebst 5 % Prozesszinsen (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB) über dem jeweiligen Basiszinssatz (§ 247 BGB) zugesprochen.
Gemäß Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 4 des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1999 - Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1999 - BBVAnpG 99 - (BGBl. I 1999, 2198 [2200]) erhalten die Kläger der Ausgangsverfahren der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 u. a. - für den Zeitraum vom 1. Januar 1988 bis zum 31. Dezember 1998 für das dritte und jedes weitere in ihrem Ortszuschlag bzw. Familienzuschlag zu berücksichtigende Kind monatliche Erhöhungsbeträge, deren Höhe auf der Grundlage der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vom Bundesministerium des Innern mit Durchführungshinweisen bekannt gemacht worden sind. Gemäß Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 BBVAnpG 99 gilt dies auch für Kläger und Widerspruchsführer, die ihren Anspruch innerhalb des genannten Zeitraums geltend gemacht haben, ohne dass über ihren Anspruch schon abschließend entschieden worden ist. Entgegen der Berufung und mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass der Kläger zu den Widerspruchsführern gehört, die einen derartigen Anspruch geltend gemacht hatten und noch nicht abschließend beschieden worden waren.
Weil das Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1999 die gesetzgeberische Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 u. a. -, BVerfGE 99, 300 ff., darstellt, muss der Begriff des Anspruchs im Sinne des Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 BBVAnpG 99 im Lichte dieser verfassungsgerichtlichen Entscheidung sowie derjenigen vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363 ff. ausgelegt werden, auf die sie ihrerseits Bezug nimmt. Ein Anspruch im Sinne des Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 BBVAnpG 99 ist hiernach ein "Anspruch auf amtsangemessene Alimentation" (BVerfG, Urt. 24. 11. 1998 - 2 BvL 26/91 u. a. -, BVerfGE 99, 300, [331]), d. h. ein Besoldungsanspruch "soweit zu" dessen "Begründung eine generelle verfassungswidrige Unteralimentierung behauptet wird" (Urt. v. 22. 3. 1990 - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363 [386]) - und dann auch tatsächlich besteht. Hingegen gehört es nicht zu den Tatbestandsmerkmalen dieses Anspruchs, dass der verheiratete Beamte sich bereits zum Zeitpunkt der Erhebung seines Widerspruchs darauf berufen hatte, seine Unteralimentierung beruhe gerade auf dem Vorhandenseins nicht nur eines oder zweier, sondern mindestens dreier Kinder. Das ergibt sich nicht allein aus dem soeben auszugsweise zitierten Wortlaut der verfassungsgerichtlichen Vorgaben, sondern auch aus deren für die Auslegung des Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 BBVAnpG bedeutsamen Sinn und Zweck. Mit diesen Vorgaben sollte nämlich auf eine gesetzliche Regelung hingewirkt werden, die die Problematik aller noch im Rechtsbehelfsverfahren befindlichen Fälle löst, die den am 24. November 1998 entschiedenen aus verfassungsrechtlicher Sicht gleich gelagert sind und hinsichtlich deren deshalb - bei fortdauerndem Mangel einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage - für die Rechtsbehelfsführer grundsätzlich die Möglichkeit bestanden hätte, ihrerseits erfolgreich das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Im Hinblick auf die genannten verfassungsgerichtlichen Entscheidungen und auch im Übrigen bestehen aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Bedenken dagegen, dass ein auf die Geltendmachung verfassungswidriger Unteralimentierung gestützter Rechtsbehelf infolge allseitig bekannter Änderungen des Sachverhalts - auch ohne deren ausdrückliche Einbeziehung - gleichsam stillschweigend in seine Begründetheit hineinzuwachsen vermag. Es ist daher verfassungsrechtlich nicht angezeigt, eine solche ausdrückliche Einbeziehung im Wege der Auslegung des Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 zur zwingenden Voraussetzung seines Erfolges zu machen.
Dies ändert allerdings nichts daran, dass eine im Einzelfall erfolgte willentliche Beschränkung des Streitgegenstandes eines besoldungsrechtlichen Widerspruchs (vgl. zu diesem: BVerwG Urt. v. 28. 6. 2001 - BVerwG 2 C 48.00 - BVerwGE 114, 350 [353 ff.]) zu beachten ist und dazu führen kann, dass von der rechtzeitigen Geltendmachung eines Anspruchs im Sinne des Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 BBVAnpG 99 nicht ausgegangen werden darf. Der Beklagte legt hier jedoch das Widerspruchsschreiben des Klägers vom 19. Dezember 1990 nicht zutreffend aus, indem er ihm entnimmt, dass Streitgegenstand nur die Höhe des Ortszuschlages für die damals bereits vorhandenen ersten beiden Kinder des Klägers gewesen sei. Hinzu kommt, dass seine Rechtsvorgängerin durch die Formulierung des Betreffs in der Eingangsbestätigung vom 11. Januar 1991, "Betrifft: Einkommensabhängige Minderung des Kindergeldes für zweite und weitere [Hervorhebung durch den Senat] Kinder/Kinderanteil im Ortszuschlag", dem Kläger einen Anhaltspunkt dafür gegeben hatte, dass es einer ausdrücklichen Ausweitung seines Rechtsbehelfs nach der Geburt eines weiteren, nämlich seines dritten, Kindes nicht bedürfe.
Auf die Auslegung einer öffentlich-rechtlichen Erklärung wie des Widerspruchsschreibens des Klägers vom 19. Dezember 1990 ist die Vorschrift des § 133 BGB entsprechend anwendbar (BVerwG, Urt. v. 3. 3. 2005 - BVerwG 2 C 13.04 -, NVwZ-RR 2005, 591 [592]). Den Vorschriften der §§ 88 VwGO, 300 StPO und 2084 BGB kann zudem der allgemeine Rechtsgedanke entnommen werden, dass einem Rechtsbehelf im Zweifel diejenige Auslegung zu geben ist, mit der er Erfolg haben kann. Schließlich gilt speziell für die Auslegung eines Widerspruchs, dass ein Widerspruchsführer den Streitstoff seines Rechtsbehelfs zwar begrenzen kann, im Allgemeinen aber davon auszugehen ist, dass er sich gegen den gesamten Inhalt der von ihm beanstandeten Maßnahme wenden will (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1986 - BVerwG 4 C 79.82 -, NVwZ 1988, 147 [148]). Maßgebend ist letztlich der objektive Erklärungswert des gesamten Widerspruchsvorbringens unter Berücksichtigung von Wortlaut, Sinn und Begleitumständen.
Mit seinem Schreiben vom 19. Dezember 1990 legte der Kläger zwar ausdrücklich Widerspruch gegen die Festsetzung seiner Bezüge ein, beantragte eine Erhöhung aber nur hinsichtlich des Kindergeldes und des Ortszuschlages. Dennoch lässt seine Bezugnahme auf die Begründung der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 - und vom 29. Mai 1990 - 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84 und 1 BvL 4/86 - eine Auslegung des Widerspruchs zu, die dahin geht, dass er die Höhe seiner Bezüge in deren Gesamtheit beanstanden wollte. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 - (BVerfGE 81, 363 ff.) allein hinsichtlich der Besoldungsgruppe A 11 die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen über Ortszuschläge der Stufen 5 und höher (drei und mehr Kinder) durch das Siebente Bundesbesoldungserhöhungsgesetz vom 20. März 1979 untersucht und dabei betont, dass seine Entscheidung weder zu anderen Besoldungsgruppen noch zu der Besoldungsrechtslage nach dem 31. Januar 1981 ergehe (BVerfGE, a. a. O., 375). Lediglich in einem obiter dictum (BVerfGE, a. a. O., 379) hatte es angemerkt, der Besoldungsgesetzgeber habe davon ausgehen dürfen, dass das Gehalt eines verheirateten Beamten jedenfalls der Besoldungsgruppe A 11 mit zwei Kindern zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Siebenten Bundesbesoldungserhöhungsgesetzes amtsangemessen gewesen sei. Das Gericht hatte des Weiteren dargelegt, dass das Alimentationsprinzip den Dienstherrn zwar verpflichte, dem Beamten und seiner Familie amtsangemessenen Unterhalt zu leisten, bei der Konkretisierung dieser Verpflichtung Art. 33 Abs. 5 GG dem Besoldungsgesetzgeber aber einen weiten Entscheidungsspielraum belasse (BVerfGE, a. a. O., 375 f). Dieser Spielraum beziehe sich sowohl auf die Struktur der Besoldungsordnung und des Beamtengehalts als auch auf die Höhe der jeweils angemessenen Besoldung. Ob die Dienstbezüge des Beamten amtsangemessen seien, beurteile sich nach dem Nettoeinkommen. Daher stehe es dem Gesetzgeber frei, das von der Verfassung vorgegebene Ziel durch eine entsprechende Bemessung der Bruttobezüge oder dadurch zu erreichen, dass er die Beamten an einem allgemein gewährten Kindergeld teilhaben lasse, steuerrechtlich die durch den Kindesunterhalt verminderte Leistungsfähigkeit beachte oder diese Möglichkeiten miteinander verbinde. In seinem Beschluss vom 29. Mai 1990 - 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84 und 1 BvL 4/86 - (BVerfGE 82, 60 [84 f.]) hatte das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass eine für verfassungswidrig erachtete Rechtslage, die sich aus dem Zusammenwirken mehrerer Einzelregelungen ergebe und bei der sich deshalb der etwa bestehende verfassungsrechtliche Mangel durch eine Nachbesserung bei der einen oder der anderen Einzelregelung beheben ließe, grundsätzlich anhand jeder der betroffenen Normen zur Prüfung gestellt werden könne. Allerdings sei eine Norm nicht schon deshalb verfassungswidrig, weil sie von ihrem Regelungsgegenstand her geeignet sei, dem Gesetzgeber durch ihre Änderung die Behebung eines - auch oder sogar in erster Linie durch eine andere Norm geschaffenen - verfassungswidrigen Zustands zu ermöglichen. Hinzukommen müsse vielmehr, dass die Norm objektiv erkennbar dem Regelungsziel diene, das in verfassungswidriger Weise verfehlt worden sei. Durch seinen Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 - (BVerfGE 81, 363 [377]) hatte das Bundesverfassungsgericht außerdem - ohne insoweit für die aktuelle Rechtslage erneut zu entscheiden - darauf hingewiesen, dass es in einer vorausgegangenen Entscheidung davon ausgegangen sei, dass der Besoldungsgesetzgeber das Beamtengehalt in seinen familienneutralen Bestandteilen von vornherein grundsätzlich so bemessen habe, dass überwiegend davon eine bis zu vierköpfige Familie amtsangemessen unterhalten werden könne. Denn diejenigen Zuschläge, einschließlich des Kindergeldes, um die sich die Bezüge des Beamten beim ersten und zweiten Kind erhöhten, seien nicht geeignet, den zusätzlichen Bedarf, der der Beamtenfamilie beim ersten und zweiten Kind erwachse, auch nur annähernd auszugleichen. Daraus ergebe sich, dass die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile insoweit nur ergänzend hinzuträten, mithin erheblich unter den Beträgen blieben, die von der Rechtsordnung als Regelsätze für den Kindesunterhalt als angemessen erachtet und veranschlagt würden. Des Weiteren hatte das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 29. Mai 1990 - 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84 und 1 BvL 4/86 - (BVerfGE 82, 60 [79]) daraus, dass eine quantitative Aufteilung des Kindergelds auf dessen beide Funktionen (Ausgleich für die Minderung der Leistungsfähigkeit von Steuerpflichtigen einerseits und allgemeine Sozialleistung andererseits) nicht möglich war, die Folgerung gezogen, die Kürzungsregelung des § 10 Abs. 2 BKGG müsse [insgesamt] sowohl daraufhin untersucht werden, ob das Kindergeld als Sozialleistung in dieser Weise vom Einkommen der Eltern abhängig gemacht werden durfte, als auch daraufhin, ob das gekürzte Kindergeld seine steuerliche Entlastungsfunktion noch ausreichend erfülle und ein insoweit bestehendes Defizit verfassungsrechtlich zu beanstanden sei. Schließlich hatte das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 - (BVerfGE 81, 363 [386 und 385]) dem Gesetzgeber aufgegeben, im Rahmen der gebotenen Neuregelung Vorsorge zu treffen, dass zeitnah rechtshängig gemachte, aber noch nicht abschließend beschiedene Besoldungsansprüche, soweit zu ihrer Begründung eine generelle verfassungswidrige Unteralimentierung behauptet werde, bei Klageerhebung auch über den genannten Zeitraum [der mit dem Haushaltsjahr beginnt, in dem durch die verfassungsgerichtliche Entscheidung die Verfassungswidrigkeit festgestellt wurde] hinaus [für davor liegende Zeiträume] erfüllt würden; eine nicht zeitnah eingetretene Rechtshängigkeit sei unschädlich, wenn die Klage wegen der für ein erforderliches Vorverfahren benötigten Zeit nicht habe rechtzeitig erhoben werden können.
Vor dem Hintergrund dieser Judikatur wird die Auslegung des Widerspruchs des Antragstellers durch den Beklagten den Besonderheiten der Rüge einer verfassungswidrig zu geringen Alimentation nicht gerecht. Da Besoldungsleistungen dem Vorbehalt des Gesetzes auch dann unterliegen, wenn die sich aus dem Gesetz ergebende Besoldung verfassungswidrig zu niedrig ist (BVerwG, Beschl. v. 25. 1. 2006 - 2 B 36/05 - NVwZ 2006, 605, m. w. N) und der Gesetzgeber einen weiten Spielraum hat, wie er eine dergestalt zu niedrig bemessene Besoldung korrigieren will, kann sich für einen Beamten aus einer verfassungswidrig zu geringen Alimentation grundsätzlich kein unmittelbarer "übergesetzlicher" Anspruch auf die Erhöhung bestimmter Besoldungsbestandteile ergeben, sondern nur ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf die Gewährung eines höheren Nettogehalts nach Maßgabe einer vorherigen gesetzlichen Neuregelung. Deshalb ist der Antrag eines Widerspruchsführers, auf einen bestimmten Besoldungsbestandteil (hier: Ortszuschlag) höhere Leistungen zu erbringen, nur als Anregung für den Inhalt einer etwaigen gesetzlichen Neuregelung zu verstehen sowie als konkludente Konkretisierung einer der Rechtsnormen, anhand deren er die Rechtsbehauptung verfassungswidrig zu niedriger Nettobezüge zur Prüfung stellen möchte. Im Falle des Klägers kommt hinzu, dass er dem Beschluss des Verfassungsgerichts vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 - entnehmen konnte, dass gerade in Ansehung seiner ersten beiden Kinder nicht nur die kinderbezogenen Anteile im Ortszuschlag, sondern überwiegend ein nicht bezifferbarer Anteil seines Grundgehalts bestimmt war, die erforderliche Alimentierung zu leisten. Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung war es ihm deshalb möglich und lag es nahe, die von ihm aufgeworfene und verfassungsgerichtlich noch nicht untersuchte Frage der Verfassungswidrigkeit der aktuellen Besoldungsrechtslage nicht allein unter dem Blickwinkel der kinderbezogenen Anteile im Ortszuschlag zur Prüfung zu stellen, sondern im Gegenteil eine generelle verfassungswidrige Unteralimentierung in Ansehung der Gesamtheit seiner Bezüge geltend zu machen. Eine Begrenzung des Widerspruchs auf die Höhe des Ortzuschlages für die ersten beiden Kinder hätte deshalb der Logik der verfassungsgerichtlichen Entscheidungen, die er zur Begründung seines Rechtsbehelfs anführte, nicht entsprochen. Es ist somit davon auszugehen, dass sich der Widerspruch des Klägers - als Rüge einer generellen verfassungswidrigen Unteralimentierung - darauf richtete zu beanstanden, dass sein Nettoeinkommen schon bei nur zwei Kindern zu gering sei, um den amtsangemessenen Unterhalt für ihn selbst und seine Familie zu gewährleisten. Die Größe der Familie war dabei nur ein Element des Sachverhalts, auf den er seine Rechtsbehauptung stützte, sie rechtfertigt nicht die Annahme eines auf einzelne Elemente der Besoldung beschränkten Streitgegenstandes.
Mit der Geburt des dritten Kindes konnte der auf den Streitgegenstand einer generellen verfassungswidrigen Unteralimentierung bezogene Widerspruch "in die Begründetheit hineinwachsen". Die für einen vergleichbaren Fall an dieser Rechtsauffassung erhobenen ernstlichen Zweifeln des 2. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Beschl. v. 28. 8. 2003 - 2 LA 101/03 -), die zwar zur Zulassung der Berufung, aber - wegen der Einstellung des Verfahrens (Beschl. v. 7.10.2003 - 2 LB 317/03 -) - nicht mehr zu einer abschließenden Entscheidung des 2. Senats in dieser Rechtsfrage geführt haben, greifen letztlich nicht durch. Das ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, den nachfolgenden Erwägungen und außerdem daraus, dass unter materiellrechtlichem Blickwinkel Bedenken gegenüber den Konsequenzen bestehen, die die Rechtsauffassung des Beklagten für die Beurteilung der Verfassungskonformität der Besoldung des Klägers hätte.
Wie bereits eingangs angesprochen hatte das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 - (BVerfGE 81, 363 [386 und 385]) dem Gesetzgeber aufgegeben, im Rahmen der gebotenen Neuregelung Vorsorge zu treffen, dass zeitnah rechtshängig gemachte, aber noch nicht abschließend beschiedene Besoldungsansprüche, soweit zu ihrer Begründung eine generelle verfassungswidrige Unteralimentierung behauptet werde, bei Klageerhebung auch über den genannten Zeitraum [der mit dem Haushaltsjahr beginnt, in dem durch die verfassungsgerichtliche Entscheidung die Verfassungswidrigkeit festgestellt wurde] hinaus, erfüllt würden; eine nicht zeitnah eingetretene Rechtshängigkeit sei unschädlich, wenn die Klage wegen der für ein erforderliches Vorverfahren benötigten Zeit nicht rechtzeitig erhoben werden konnte. Indem das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang von "der Klage" und "dem von Verfassungs wegen zustehenden Anspruch auf amtsangemessene Besoldung" - also jeweils im Singular - spricht, bringt es zum Ausdruck, dass ein auf den Streitgegenstand der generellen verfassungswidrigen Unteralimentierung bezogener Rechtsbehelf auch für Zeiträume fortzuwirken vermag, die seiner Erhebung nachfolgen. Diese Fortwirkung kann, wenn sie ihren Zweck erfüllen soll, dem Beamten und seiner Besoldungsstelle ein immer wieder erneutes Einlegen von Rechtsbehelfen zu ersparen, nur als eine dynamische verstanden werden. Der Streitgegenstand der Behauptung einer generellen verfassungswidrigen Unteralimentierung vermag deshalb auch ohne ausdrückliche Erklärung solche mit Zeitablauf eintretenden Änderungen des ihm zugrunde liegenden Sachverhalts in sich aufzunehmen, die ihn in seinem Wesen nicht verändern. Ob eine derartige Wesensänderung vorliegt, kann allerdings nicht davon abhängen, inwieweit das neue Sachverhaltselement in der Rückschau und dem Lichte einer späteren verfassungsgerichtlichen Klärung Bedeutung für die Begründetheit des Rechtsbehelfs gewinnt. Denn es müssen Kriterien der Abgrenzung gefunden werden, die dem Rechtsbehelfsführer gerade in der Situation der Ungewissheit vor Klärung der Verfassungsrechtslage die Entscheidung ermöglichen, ob er seinen Rechtsbehelf ausdrücklich ausweiten muss oder nicht. Zu berücksichtigen ist dabei auch das Interesse der Behörde an einer hinreichenden Rechtsbehelfsklarheit. Abzustellen ist deshalb auf die Kriterien der Typizität der Fortentwicklung des Sachverhalts einerseits und der regelmäßigen Kenntniserlangung der Behörde von der Sachverhaltsänderung andererseits. Das Wesen des Streitgegenstandes wird hiernach durch eine Änderung des Sachverhalts nicht berührt, solange diese keine atypische Fortentwicklung des bisherigen Sachverhalts darstellt und davon auszugehen ist, dass das geänderte Sachverhaltselement auch der Behörde bekannt werden wird. Beides gilt insbesondere von solchen Umständen, die auch ohne Rücksicht auf den Rechtsbehelf bei der Bemessung der Bezüge zu berücksichtigen sind. Erreicht etwa der Beamte mit steigendem Dienstalter eine höhere Stufe innerhalb seiner Besoldungsgruppe, wird er befördert oder vergrößert sich seine Familie durch die Geburt eines weiteren Kindes, so können sich alle diese Änderungen auf die Begründetheit eines unter dem Blickwinkel der generellen verfassungswidrigen Unteralimentierung erhobenen Rechtsbehelfs auswirken. Es handelt sich aber um solche Änderungen, die im Berufsleben eines Beamten nicht untypisch sind, der Besoldungsstelle angezeigt werden und von ihr auch ohne Rücksicht auf den Rechtsbehelf bei der Bemessung der Bezüge berücksichtigt werden müssen. Es wäre letztlich eine den Beamten ebenso wie dessen Besoldungsstelle nur belastende Förmelei, müsste ein Widerspruchsführer jeweils ausdrücklich erklären, auch nach einer derartigen Sachverhaltsänderung halte er an der Rüge seiner generellen verfassungswidrigen Unteralimentierung fest und bitte um Einbeziehung der neuen Umstände in den Rechtsbehelf.
Gegen die Auffassung, die Geburt des dritten Kindes könne bei der Beurteilung der Begründetheit des Widerspruchs des Klägers gänzlich unberücksichtigt bleiben, sprechen zudem materiellrechtliche Gesichtspunkte. Ihr liegt nämlich seitens des Beklagten die Annahme zugrunde, das Problem verfassungswidriger Unteralimentierung eines verheirateten Beamten, der drei Kinder hat, lasse sich in der Weise aufspalten, dass von einer verfassungsgemäßen Besoldung in Ansehung des Beamten selbst, seiner Ehefrau und der ersten beiden Kinder auszugehen sei, während sich die Verfassungswidrigkeit der Besoldung allein auf die - vermeintlich nicht gerügte - unzureichende Höhe des Zuschlags für das dritte Kind beschränke. Diese Sichtweise vernachlässigt, dass eine der verfassungswidrigen Folgen des Umstandes unzureichender Alimentierung für das dritte Kind gerade darin besteht, dass dem Beamten zugemutet wird, auf die familienneutralen Bestandteile seines Gehalts zurückzugreifen, um den Bedarf dieses Kindes zu decken (BVerfG, Beschl. v. 24. 11. 1998 - 2 BvL 26/91 u.a. -, BVerfGE 99, 300 [321] und Beschl. v. 22. 3. 1990 - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363 [377 f.]; BVerwG, Beschl. v. 25. 1. 2006 -BVerwG 2 B 36.05 - NVwZ 2006, 605). Dass er in der angemessenen Verwendung der familienneutralen Bestandteile seiner Besoldung für sich selbst beeinträchtigt werde, rügt aber auch ein Rechtsbehelfsführer, der seine Besoldung bereits bei nur zwei Kindern für unzureichend hält. Der Unterhaltsbedarf des dritten Kindes stellt sich daher jedenfalls unter dem Blickwinkel dieser Rüge nur als ein verschärfender tatsächlicher Umstand dar, den man - folgte man der Rechtsauffassung des Beklagten - gleichsam ausblenden müsste, um auf der Grundlage des so fiktiv reduzierten Sachverhalts noch annehmen zu können, der Beamte sei nach der Geburt des dritten Kindes keineswegs durch eine nicht verfassungskonforme Zumutung bezüglich der Verwendung der familienneutralen Bestandteile seiner Bezüge beschwert.
Da der Kläger unter dem Blickwinkel einer generellen verfassungswidrigen Unteralimentierung gegen seine Bezüge in deren Gesamtheit Widerspruch erhob, und dieser Streitgegenstand in seinem Wesen durch das Sachverhaltselement der Geburt des dritten Kindes nicht verändert wurde, stellt sich das Problem eines Widerspruchs "auf Vorrat" nicht.
Auch im Berufungsverfahren hat der Beklagte den Zugang eines dem Widerspruchsbescheid vorangehenden ablehnenden Bescheides nicht mehr als rechtshindernde Einwendung geltend gemacht. Wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, wäre aber auch der hier erforderliche Nachweis der Bekanntgabe eines solchen Bescheides nicht geführt.
Nach alledem steht dem Kläger die erstinstanzlich zuerkannte Hauptforderung ab dem Monat der Geburt seines dritten Kindes zu.
Auch dagegen, dass Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit zugesprochen wurden, bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Das Rechtsmittel des Beklagten bleibt daher insgesamt erfolglos.
Ende der Entscheidung
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