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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 11.05.2004
Aktenzeichen: 5 LC 4/03
Rechtsgebiete: BeamtVG
Vorschriften:
BeamtVG § 14 I | |
BeamtVG § 14 IV | |
BeamtVG § 14 a I | |
BeamtVG § 14 a II |
Gründe:
I.
Die 1947 geborene und als Realschullehrerin mit Ablauf des 31. Dezember 2000 vorzeitig in den Ruhestand versetzte Klägerin erstrebt eine weitere vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes, der ihrer Versorgung zu Grunde liegt.
Durch den Bescheid vom 22. Dezember 2000, der nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist, setzte die Beklagte die Versorgungsbezüge für die Klägerin in Höhe von 3.224,59 DM monatlich fest. Sie ging dabei von einer Dienstzeit von 11,11 Dienstjahren und einem sich daraus ergebenden Ruhegehaltssatz von 20,84 vom Hundert aus und legte der Festsetzung der Versorgungsbezüge den Mindestruhegehaltssatz von 35 vom Hundert (§ 14 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BeamtVG) zu Grunde.
Durch den ebenfalls am 22. Dezember 2000 ergangenen Bescheid, der Gegenstand dieses Verfahrens ist, erhöhte die Beklagte unter Berücksichtigung eines entsprechenden Antrages der Klägerin vom 6. Dezember 2000 den Ruhegehaltssatz vorübergehend. Diesem Bescheid liegt § 14 a BeamtVG zu Grunde. Diese Vorschrift sieht unter bestimmten Voraussetzungen, die die Klägerin erfüllt, eine vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes für Beamte vor, die - wie die Klägerin - vor ihrer Tätigkeit in einem Beamtenverhältnis rechtenversicherungspflichtige Tätigkeiten in einem bestimmten Umfang ausgeübt haben. Unter Berücksichtigung einer siebzehnjährigen rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit der Klägerin (Wartezeit von 211 Kalendermonaten) erhöhte die Beklagte durch diesen Bescheid den Ruhegehaltssatz der Klägerin um 17 vom Hundert, legte der Erhöhung aber nicht den Mindestruhegehaltssatz von 35 vom Hundert, sondern den von der Klägerin erdienten Ruhegehaltssatz von 20,84 vom Hundert zu Grunde und bestimmte den für die Versorgungsbezüge der Klägerin vorübergehend maßgeblichen Ruhegehaltssatz mit 37,84 vom Hundert (20,84 + 17 = 37,84 vom Hundert).
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch vom 18. Januar 2001 machte die Klägerin geltend, der vorübergehenden Erhöhung des für sie maßgeblichen Ruhegehaltssatzes sei der Mindestruhegehaltssatz von 35 vom Hundert zu Grunde zu legen und deshalb von einem vorübergehenden Ruhegehaltssatz in Höhe von 52 vom Hundert (35 + 17 = 52 vom Hundert) auszugehen. Dies entspreche dem Sinn und Zweck des § 14 a BeamtVG, der die bis zum Entstehen ihrer Rentenberechtigung mit Erreichen des 65. Lebensjahres bestehende Versorgungslücke ausgleichen solle. Der Wortlaut des § 14 a BeamtVG, nach dem eine vorübergehende Erhöhung des "nach den sonstigen Vorschriften berechneten Ruhegehaltssatzes" vorgesehen ist, stehe der Zugrundelegung des Mindestruhegehaltssatzes von 35 vom Hundert nicht entgegen. Denn auch hierbei handele es sich um einen berechneten Ruhegehaltssatz.
Durch den Widerspruchsbescheid vom 19. April 2001 wies die Beklagte diesen Widerspruch zurück im Wesentlichen mit der Begründung, nach Wortlaut und Systematik des § 14 a BeamtVG sei lediglich eine Erhöhung des berechneten Ruhegehaltssatzes, nicht aber eine Erhöhung des Mindestruhegehaltes (§ 14 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BeamtVG) vorgesehen. Bei der vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehaltssatzes nach § 14 a BeamtVG würden Pflichtversicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung quasi wie ruhegehaltfähige Dienstzeiten behandelt und nur vorübergehend in die Beamtenversorgung einbezogen. Wären diese Zeiten tatsächlich ruhegehaltfähig, würden sie nur zu einer Erhöhung des nach § 14 Abs. 1 BeamtVG berechneten Ruhegehaltes führen und nicht zu einer Erhöhung der im Gesetz festgelegten Mindestgrößen nach § 14 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BeamtVG.
Zur Begründung der hiergegen am 7. Mai 2001 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Widerspruchsvorbringen wiederholt und im Wesentlichen geltend gemacht: Die von der Beklagten vorgenommene Auslegung des § 14 a BeamtVG überschreite die Grenzen, die durch den Wortlaut gesetzt seien. Aus Sinn und Zweck dieser Vorschrift lasse sich keine vom Wortlaut abweichende Interpretation herleiten. Durch den mit den angegriffenen Bescheiden festgesetzten Ruhegehaltssatz von 37,84 vom Hundert werde die Versorgungslücke, die bis zum Erhalt der Rente vorübergehend durch § 14 a BeamtVG ausgeglichen werden solle, nicht geschlossen. Bei Berücksichtigung der Rentenpflichtversicherungszeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeiten würde der Ruhegehaltssatz 52,7 vom Hundert betragen (11,11 + 17 = 28,11 x 1,875 = 52,7 vom Hundert). Einer Erhöhung des Mindestruhegehaltes von 35 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge um 17 vom Hundert würde ebenfalls zu einem Ruhegehalt in Höhe von 52 vom Hundert (35 + 17 = 52 vom Hundert) der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge führen. Die von dem Beklagten befürchtete Besserstellung träte also nicht ein.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2001 zu verpflichten, ihr rückwirkend ab 1. Januar 2001 Versorgungsbezüge auf der Basis eines Ruhegehaltssatzes von 52 vom Hundert zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er die in dem Widerspruchsbescheid gegebenen Gründe wiederholt und vertieft.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das Urteil vom 29. August 2002, auf dessen Gründe im Übrigen Bezug genommen wird, abgewiesen und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der streitentscheidenden Frage zugelassen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Da die Gesetzesmaterialien (vgl.: Bundestagsdrucksache 10/4225 S. 21) für die hier streitige Frage keine Aussagen träfen und da Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung möglicherweise beide Rechtsauffassungen zuließen, sei zur Entscheidung des Rechtsstreits auf den Gesetzeswortlaut und die Gesetzessystematik abzustellen. Der Wortlaut ("berechnete Ruhegehaltssatz") sowie die Systematik des Beamtenversorgungsgesetzes sprächen dafür, dass nur der nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erdiente Ruhegehaltssatz erhöht werden soll. Da der erdiente Ruhegehaltssatz nicht von vornherein feststehe, sondern berechnet werden müsse, habe der Gesetzgeber offensichtlich die Formulierung "berechnete Ruhegehaltssatz" in § 14 a BeamtVG gewählt. Hätte er auch das Mindestruhegehalt erhöhen wollen, so wäre das Adjektiv "berechnete" überflüssig gewesen, er hätte sich mit dem Adjektiv festgesetzte begnügen können.
Zur Begründung der hiergegen am 7. Oktober eingelegten und begründeten Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Die teleologische Reduzierung des Anwendungsbereiches des § 14 a BeamtVG durch das Verwaltungsgericht sei nicht gerechtfertigt. Der Wortlaut der Vorschrift stehe der Anwendung bei Erhalt eines Mindestruhegehaltes nicht entgegen. Denn auch bei Bestimmung dieses Mindestruhegehaltes handele es sich um einen Rechenvorgang. Auch zu der Zeit, in der der Ruhegehaltssatz von Beamten noch stufenweise stieg und in den ersten zehn Jahren ein Ruhegehaltssatz von 35 vom Hundert vorgesehen war (§ 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F.), sei davon ausgegangen worden, es handele sich um einen errechneten Ruhegehaltssatz im Sinne des § 14 a Abs. 1 BeamtVG (vgl. Rundschreiben des BMI v. 27.01.1986 (2.1 a-d III 4-223; Fürst u.a. (Strötz), GKÖD, Loseblattsammlung, Stand: April 2004, RdNr. 11 zu § 14 a). Die dem Wortlaut nach danach mögliche Anwendung des § 14 a BeamtVG auch auf das Mindestruhegehalt des § 14 Abs. 4 BeamtVG entspreche nur dann dem Sinn und Zweck der Regelung, wenn die bis zum 65. Lebensjahr fehlende Rentenberechtigung und dadurch entstehende Versorgungslücke ausgeglichen werde. Diesem Ausgleich diene § 14 a BeamtVG als pauschalierende Regelung. Ein solcher Ausgleich werde nicht erreicht, wenn bei einem mindestruhegehaltsberechtigten Beamten lediglich der erdiente Ruhegehaltssatz zu Grunde gelegt werde. In ihrem - der Klägerin - Fall werde das besonders deutlich. Aus ihrer Rentenberechtigung seien 17 Jahre zu berücksichtigen. Bei dem mit den angegriffenen Bescheiden erhöhten Ruhegehaltssatz von 37,84 vom Hundert blieben von diesen 17 Jahren lediglich 2,84 Jahre übrig, die zu einer entsprechenden Erhöhung des Ruhegehaltes führten (20,84 + 17 = 37,84 vom Hundert statt 35 + 17 = 52 vom Hundert).
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem im ersten Rechtszug gestellten Antrag zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung vertieft er sein bisheriges Vorbringen und macht im Wesentlichen geltend: Bei dem der Klägerin gewährten Mindestruhegehalt nach § 14 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BeamtVG handele es sich nicht um einen berechneten Ruhegehaltssatz, der nach § 14 a Abs. 1 erhöhungsfähig sei. Denn der Ermittlung dieses Mindestruhegehalts liege entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung eine Berechnung nicht zu Grunde. Es sei lediglich festzustellen, ob der sich aus der Dienstzeit ergebende Ruhegehaltssatz niedriger als 35 vom Hundert sei. Auch der nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. für die ersten zehn Dienstjahre anzusetzende Sockel von 35 vom Hundert sei nicht als "berechneter Ruhegehaltssatz" im Sinne des § 14 a Abs. 1 anzusehen. In beiden Fällen (§ 14 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BeamtVG, § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F.) handele es sich um einen gesetzlich festgelegten Ruhegehaltssatz, der deshalb nicht vorübergehend erhöht werden könne.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze und hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge (Beiakten A) Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Die mit der Berufung begehrte Änderung des angefochtenen Urteils und Verpflichtung des Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide, der Klägerin ab dem 1. Januar 2001 Versorgungsbezüge nach einem Ruhegehaltssatz von 52 vom Hundert zu gewähren, ist nicht gerechtfertigt. Die Erhöhung des von der Klägerin erdienten Ruhegehaltssatzes von 20,84 vom Hundert auf 37,84 vom Hundert durch den angefochtenen Bescheid vom 22. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2001 ist rechtmäßig; ein Anspruch auf eine weitere Erhöhung des Ruhegehaltssatzes auf 52 vom Hundert besteht nicht (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
Nicht umstritten in diesem Verfahren ist und es bestehen auch keine Zweifel daran, dass der Ruhegehaltssatz der Klägerin in Anwendung des § 14 a BeamtVG (Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern in der Fassung der Bekanntmachung v. 16.03.1999, BGBl. I S. 322, zuletzt geändert durch Art. 4 und 5 des Gesetzes v. 10.9.2003, BGBl. I S. 1798) vorübergehend zu erhöhen ist. Die sich aus dieser Vorschrift ergebenden Voraussetzungen für eine Erhöhung des Ruhegehaltssatzes liegen vor. Umstritten ist lediglich die Frage, in welchem Umfang die Erhöhung des Ruhegehaltssatzes stattfindet. Für die Bestimmung des Umfangs der Erhöhung des Ruhegehaltssatzes sind nach § 14 a BeamtVG zwei Größen maßgeblich. Nach § 14 a Abs. 2 BeamtVG beträgt die Erhöhung des Ruhegehaltssatzes 1 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge für je zwölf Kalendermonate der für die Erfüllung der Wartezeit (Abs. 1 Nr. 1) anrechnungsfähigen Pflichtversicherungszeiten, soweit sie nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zum Beginn des Ruhestandes zurückgelegt wurden und nicht als ruhegehaltfähig berücksichtigt sind. Das sind im Fall der Klägerin - wie sich aus den angefochtenen Bescheiden und den ihnen zu Grunde liegenden Berechnungen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte ergibt - 17 vom Hundert. Insoweit werden von den Beteiligten Bedenken nicht geltend gemacht und sind solche auch nicht erkennbar.
Zum anderen ist für die Bestimmung des Umfangs der Erhöhung des Ruhegehaltssatzes nach § 14 a Abs. 1 BeamtVG maßgeblich der Gegenstand der Erhöhung, der "nach den sonstigen Vorschriften berechnete Ruhegehaltssatz", dem 17 vom Hundert hinzuzurechnen sind. Als ein solcher Ruhegehaltssatz kommt hier der von der Klägerin auf Grund einer Dienstzeit von 11,11 Dienstjahren in Anwendung des § 14 Abs. 1 BeamtVG errechnete Ruhegehaltssatz in Höhe von 20,84 vom Hundert (11,11 x 1,875 = 20,84 vom Hundert) oder das für die Klägerin in Anwendung des § 14 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BeamtVG festgesetzte Ruhegehalt, das nach dieser Vorschrift - wie im Fall der Klägerin - mindestens 35 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge beträgt (mindestens aber 65 vom Hundert der jeweils ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 4), in Betracht.
Kein Zweifel besteht auch aus Sicht der Beteiligten daran, dass es sich bei dem für die Klägerin nach § 14 Abs. 1 BeamtVG errechneten Ruhegehaltssatz (20,84 vom Hundert) um einen "nach den sonstigen Vorschriften berechneten Ruhegehaltssatz" im Sinne des § 14 a Abs. 1 BeamtVG handelt, der vorübergehend zu erhöhen ist. Die von der Klägerin erstrebte weitere Erhöhung des Ruhegehaltssatzes kann aber aus § 14 a Abs. 1 BeamtVG nur hergeleitet werden, wenn es sich auch bei dem nach § 14 Abs. 4 BeamtVG bestimmten Mindestruhegehalt um einen "nach den sonstigen Vorschriften berechneten Ruhegehaltssatz" (§ 14 a Abs. 1 BeamtVG) handelt.
Das ist jedoch aus den folgenden Gründen zu verneinen:
Dem Wortlaut nach handelt es sich bei der Bestimmung "das Ruhegehalt beträgt 35 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge" (§ 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG) nicht um einen "nach den sonstigen Vorschriften berechneten Ruhegehaltssatz" (§ 14 a Abs. 1 BeamtVG). Denn beide Vorschriften verwenden unterschiedliche Formulierungen und bei der Bestimmung des § 14 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BeamtVG handelt es sich um eine abstrakte Festlegung der Höhe des Ruhegehaltes. Diese Bestimmung enthält keine Aussagen über die Höhe des Ruhegehaltssatzes und auch keine Regelung über die Art und Weise seiner Berechnung.
Hinsichtlich dieser inhaltlichen Bestimmung des Wortlautes des § 14 a Abs. 1 BeamtVG kann etwas anderes nicht aus der früheren Fassung des § 14 Abs. 1 BeamtVG a.F. hergeleitet werden, nach der der Ruhegehaltssatz von Beamten noch stufenweise stieg und in den ersten zehn Jahren einen Satz von 35 vom Hundert vorsah. Zwar ist dieser ohne nähere Berechnung gesetzlich bestimmte Ruhegehaltssatz als ein "nach den sonstigen Vorschriften berechneter Ruhegehaltssatz" (§ 14 a Abs. 1 BeamtVG) angesehen worden (Fürst u.a. (Strötz), GKÖD, Loseblattsammlung, Stand: April 2004, RdNr. 11 zu O § 14 a; Kümmel/Ritter, BeamtVG, Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: März 2004, RdNr. 7 zu § 14 a; 2.1 RdSchr. d. BMI v. 27.01.1986 - D III 4 - 223 100/28 - abgedruckt bei Plog/Wiedow/Bayer/Lemhöfer, Kommentar zum BBG mit BeamtVG, Loseblattsammlung, Stand: März 2004, S. 2). Jedoch handelt es sich auch hierbei um die Festlegung eines Ruhegehaltssatzes, nicht aber um die abstrakte Festlegung der Höhe des Ruhegehaltes, die in § 14 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BeamtVG enthalten ist. Während die eine Regelung die Höhe einer für das Ruhegehalt maßgeblichen Berechnungsgröße, nämlich des Ruhegehaltssatzes, betrifft, betrifft die andere eine unmittelbare Bestimmung der Höhe des Ruhegehaltes. Außerdem bestehen Zweifel hinsichtlich der von dem vorstehend zitierten Kommentatoren und in der genannten norminterpretierenden Verwaltungsvorschrift vom 27. Januar 1986 vertretenen Auffassung, dass es sich bei dem nicht berechneten, sondern abstrakt festgesetzten Ruhegehaltssatz in Höhe von 35 vom Hundert nach § 14 Abs. 1 BeamtVG a. F. um einen "nach den sonstigen Vorschriften berechneten Ruhegehaltssatz" (§ 14 a Abs. 1 BeamtVG) handelt. Diesen Zweifeln ist aber hier nicht nachzugehen, weil für die Festsetzung der Versorgungsbezüge der Klägerin nicht § 14 Abs. 1 BeamtVG a. F., sondern § 14 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BeamtVG maßgeblich ist.
Dass das nach dieser Vorschrift festgesetzte Mindestruhegehalt einen "nach den sonstigen Vorschriften berechneten Ruhegehaltssatz" (§ 14 a Abs. 1 BeamtVG) nicht darstellt, entspricht auch der Systematik des Gesetzes. Denn § 14 a Abs. 1 BeamtVG knüpft an eine für die Bestimmung der Höhe des Ruhegehaltes maßgebliche Berechnungsgröße (den Ruhegehaltssatz) an und sieht dessen vorübergehende Erhöhung als Berechnungsgröße vor. Anknüpfungspunkt ist nicht die Höhe des Ruhegehaltes; sie ist nicht als Grundlage für eine vorübergehende Erhöhung vorgesehen. Systematisch knüpft die Vorschrift an Zeiten an, die für die Berechnung der Höhe der Renten (Pflichtversicherungszeiten des § 14 a Abs. 2 BeamtVG) und für die Höhe der Versorgungsbezüge (ruhegehaltfähige Dienstzeit, §§ 14 a Abs. 1, 14 Abs. 1 BeamtVG) maßgeblich sind. Die Berücksichtigung einer abstrakt aus Fürsorgegründen festgesetzten Mindestversorgung (§ 14 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BeamtVG) widerspräche dieser Systematik.
Auch der Sinn und Zweck der Regelung fordert nicht die Berücksichtigung des Mindestruhegehaltes (§ 14 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BeamtVG) als "nach den sonstigen Vorschriften berechneten Ruhegehaltssatz" (§ 14 a Abs. 1 BeamtVG). Die vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes ist normiert worden, weil nach der gesetzlichen Rentenversicherung auf Grund von Gesetzesänderungen ein Anspruch auf eine Rente wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit grundsätzlich nur noch dann besteht, wenn von den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit mindestens 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt sind, und dies sich vor allem bei Beamten, die vorzeitig in den Ruhestand treten und deren versicherungspflichtige Arbeitnehmer - Vordienstzeiten nicht ruhegehaltfähig sind, bis zum Bezug des Altersruhegeldes auswirkt. Ziel der Regelung des § 14 a BeamtVG ist es deshalb, der dadurch entstandenen Versorgungs-/Versicherungslücke entgegenzuwirken (vgl.: BT-Drs. 10/4225 S. 21; BVerwG, Urt. v. 06.04.2000 - 2 C 25.99 -, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rspr. des BVerwG, 239.1 § 14 a BeamtVG Nr. 2). Ziel der Regelung war es also nicht, die durch die rentenrechtliche Regelung entstehenden Auswirkungen völlig auszugleichen, ihnen sollte lediglich entgegengewirkt werden ("dem wirkt die neue Vorschrift entgegen", BT-Drs. 10/4225 S. 21). Es galt, der versicherungsrechtlich bedingten Einschränkung der Versorgungsrechte, der auch durch Veränderung der versicherungsrechtlichen Bestimmungen hätte entgegengewirkt werden können, aus fürsorgerechtlichen Gründen zu begegnen (vgl. zur Geschichte der Entstehung der Vorschrift: Kümmel/Ritter, BeamtVG-Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: März 2004, RdNr. 2 zu § 14 a). Aus fürsorgerechtlichen Gründen war es nicht geboten, für die Bezieher eines Mindestruhegehaltes im Sinne des § 14 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BeamtVG bei der vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehaltssatzes nach § 14 a BeamtVG nicht von dem Ruhegehaltssatz, sondern darüber hinausgehend von der Höhe des Ruhegehaltes auszugehen. Denn ähnlich wie im Rentenrecht ist auch im Versorgungsrecht Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der Höhe der Versorgungsbezüge der Umfang der zuvor für den Versorgungspflichtigen geleisteten Arbeit; je höher die anrechnungsfähigen Pflichtbeitragszeiten sind, desto höher ist die Rente, je höher die ruhegehaltfähigen Dienstzeiten sind, desto höher sind die Versorgungsbezüge. Daher liegt es nahe, auch bei Bestimmung des Umfangs der hier umstrittenen, dem Ausgleich rentenversicherungsrechtlich bedingter Einbußen dienenden Regelung des § 14 a BeamtVG für die Höhe der Fürsorgeleistungen die für den Fürsorge- und Versorgungspflichtigen geleistete Arbeit (ruhegehaltfähige Dienstzeit) maßgeblich sein zu lassen.
Die hier vertretene Ansicht entspricht den bereits erwähnten Kommentierungen (Kümmel/Ritter, BeamtVG-Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: März 2004, RdNr. 7 zu § 14 a; Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsgesetz-Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: November 2002, RdNr. 2 zu § 14 a) und der gegenwärtig geltenden norminterpretierenden Verwaltungsvorschrift vom 10. Juni 1994 (RdSchr. d. BMI vom 10.6.1994 - D III 4 - 223 100/28 - n. F., abgedruckt bei Plog/Wiedow/Bayer/Lemhöfer, Kommentar zum BBG mit BeamtVG, Loseblattsammlung, Stand: März 2004, S. 5). In der vorstehend genannten Kommentierung von Plog/Wiedow/Bayer/Lemhöfer (RdNr. 13 zu BeamtVG § 14 a) wird allerdings die Auffassung vertreten, auch das amtsunabhängige Mindestruhegehalt nach § 14 Abs. 4 BeamtVG könne nach § 14 a BeamtVG erhöht werden. Nach Sinn und Zweck solle § 14 a BeamtVG vorübergehend die Lücke schließen, die sich aus dem späteren Bezug der gesetzlichen Rente ergebe. Eine solche defizitäre "Gesamtversorgung" könne sich auch ergeben, wenn der Beamte/Richter auf die Mindestversorgung angewiesen sei. Das überzeugt nicht, weil verkannt wird, dass ein Ausgleich der "defizitären Gesamtversorgung" auch stattfindet, wenn bei einem Empfänger eines Mindestruhegehaltes dessen Ruhegehaltssatz - wie im Fall der Klägerin: 20,84 vom Hundert - der vorübergehenden Erhöhung nach § 14 a BeamtVG zugrunde liegt und dies zu einer Erhöhung der Versorgungsbezüge führt (im Fall der Klägerin um 17 vom Hundert auf 37,84 vom Hundert). Diese Erhöhung entspricht zwar nicht der Höhe der Rente, die die Klägerin nach Erreichen des 65. Lebensjahres bei Berücksichtigung ihrer anrechnungsfähigen Pflichtversicherungszeiten im Umfang von 17 Jahren erhalten wird, jedoch ist es - wie bereits ausgeführt - nicht Ziel des § 14 a BeamtVG, die rentenrechtlich bedingte Versorgungslücke zu schließen, sondern lediglich, dieser Lücke entgegen zu wirken, einen gewissen Ausgleich dafür zu schaffen, dass vorübergehend rentenrechtliche Ansprüche nicht bestehen.
Nach der hier vertretenen Auffassung führt die Regelung des § 14 a BeamtVG allerdings nicht zu einem solchen Ausgleich, wenn für den betroffenen Beamten (wie bei der Klägerin) aufgrund seiner anrechnungsfähigen Pflichtversicherungszeiten eine Erhöhung um 17 von Hundert erreicht ist, er aber (anders als im Fall der Klägerin) lediglich eine erdiente Dienstzeit in Höhe von 10 vom Hundert hat. Daraus ergäbe sich ein Ruhegehaltssatz von 27 vom Hundert und der betroffene Beamte erhielte dann, ohne Auswirkung seiner anrechnungsfähigen Pflichtversicherungszeiten das Mindestruhegehalt in Höhe von 35 vom Hundert nach § 14 Abs. 4 BeamtVG. Das entspricht aber dem Sinn und Zweck der das Mindestruhegehalt und die vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes betreffenden gesetzlichen Regelungen (§§ 14 Abs. 4, 14 a BeamtVG) beide Vorschriften dienen der Konkretisierung der allgemeinen Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten. Sinn und Zweck des Mindestruhegehaltes ist nicht die dienstzeitbedingte Versorgung des Beamten, sondern die Gewährleistung einer Mindestversorgung für einen Beamten, dessen geringe Dienstzeit nur geringere Versorgungsbezüge rechtfertigt. Ziel des § 14 a BeamtVG ist es, vorübergehend rentenrechtlich unberücksichtigt bleibende anrechnungsfähige Pflichtversicherungszeiten in die während eines aktiven Beamtenverhältnisses erdienten Dienstzeiten im Rahmen der Versorgung aus fürsorgerechtlichen Gründen vorübergehend einzubeziehen. Dem widerspräche es, einen Beamten mit nur sehr geringer aktiver Dienstzeit zweimal fürsorgerechtlich zu begünstigen, einmal durch die Garantie eines Mindestruhegehalts und zum anderen durch die vorübergehende Erhöhung dieses Mindestruhegehaltes aufgrund rentenrechtlich anrechnungsfähiger Pflichtversicherungszeiten.
Die Kosten des danach erfolglosen Berufungsverfahrens hat nach § 154 Abs. 2 VwGO die Klägerin zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.
Die Revision wird zugelassen, weil der Senat die von ihm verneinte Frage, ob das nach § 14 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BeamtVG zu gewährende Mindestruhegehalt einen "nach den sonstigen Vorschriften berechneten Ruhegehaltssatz" im Sinne des § 14 a Abs. 1 BeamtVG darstellt, für grundsätzlich bedeutsam hält (§§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Ende der Entscheidung
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