Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 23.06.2008
Aktenzeichen: 5 ME 108/08
Rechtsgebiete: NBG, NLVO, VwGO


Vorschriften:

NBG § 8 Abs. 1 S. 1
NLVO § 40 Abs. 3 S. 4
VwGO § 114 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Antragstellerin und die Beigeladenen konkurrieren um zwei nach A 9 + Z bewertete Dienstposten als "gewerbliche(r) Kleinstbetriebsprüfer/in", die Beförderungsstellen gleichstehen (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 NBG). Die Ausschreibung dieser Dienstposten unter dem 9. März 2007 enthielt keine über die zitierte "Dienstpostenkurzbeschreibung" hinausgehende textliche Festlegung eines Anforderungsprofils. Während die Antragstellerin als Amtsprüferin (im Innendienst) tätig ist, bekleiden die Beigeladenen seit Jahren Dienstposten als landwirtschaftlicher Kleinstbetriebsprüfer (Beigeladener zu 1) bzw. gewerblicher Kleinstbetriebsprüfer (Beigeladener zu 2).

Die letzten dienstlichen Beurteilungen der drei Bewerber wurden zum Stichtag 1. Oktober 2004 erstellt und sind im Auftrag des Oberfinanzpräsidenten gezeichnet. Die schon damals im Statusamt einer Steueramtsinspektorin (A 9) beurteilte Antragstellerin erhielt das Gesamturteil "gut", die beiden Beigeladenen, die jeweils im Statusamt eines Steuerhauptsekretärs (A 8) zu beurteilen waren, erreichten - unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sie seit dem 1. Juli 2000 mit A 9 bewertete Dienstposten innehatten - die Gesamturteile "gut" (Beigeladener zu 1) bzw. "vollbefriedigend" (Beigeladener zu 2). Allen drei Bewerbern wurde damals folgende Eignungsprognose gestellt: Der/Die Beamte/in ist geeignet als Bearbeiter/in (A 9 + Z - Dp).

Anlässlich der Bewerbung der Antragstellerin auf die umstrittenen Stellen änderte jedoch die Antragsgegnerin mit Verfügung vom 27. Juli 2007 (Bl. 39 ff. Beiakte - BA - C) die letzte Beurteilung der Antragstellerin dahingehend ab, dass die gestellte Eignungsprognose um den einschränkenden Zusatz "Innendienst" ergänzt wurde. Hierzu führte sie aus, die Prognose umfasse nunmehr [nur noch] die Eignung für sämtliche mit der Besoldungsgruppe A 9 + Z BBesO bewertete Dienstposten des Innendienstes (ohne Systembediener) und für die mit A 9 bewerteten Dienstposten des Innen- und Außendienstes (ohne Systembediener). Begründet wurde diese Änderung damit, dass der Antragstellerin in der Beurteilung vom 1. Oktober 2004 eine Eignungsprognose zuerkannt worden sei, die nicht mit den Grundsätzen des Beurteilungsverfahrens zu vereinbaren sei. Voraussetzung für die Erteilung einer Eignungsprognose für die Besetzung eines mit A 9 + Z bewerteten Dienstpostens im Außendienst sei nämlich, dass sich die Bedienstete auf einem mit der BesGr. A 9 bewerteten Dienstposten des Außendienstes bewährt habe. Dieser allgemein verbindliche Grundsatz werde im Beurteilungsverfahren für alle Bediensteten der Laufbahn des mittleren Dienstes in der niedersächsischen Steuerverwaltung einheitlich angewandt.

Durch Bescheid vom 31. Juli 2007 (Bl. 4 f. Gerichtsakte - GA -) lehnte die Antragsgegnerin sodann die Bewerbungen der Antragstellerin auf die umstrittenen Stellen ab und teilte ihr mit, dass beabsichtigt sei, die ausgeschriebenen Dienstposten mit den Beigeladenen zu besetzen. Da die Antragstellerin in ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilung nicht über die für die Besetzung der Dienstposten erforderliche Eignung verfüge, habe ihre Bewerbung nicht berücksichtigt werden können. Dieser ablehnende Bescheid war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, der sich entnehmen ließ, dass gegen ihn Widerspruch erhoben werden könne. Mit Widersprüchen vom 28. August 2007 wandte sich daraufhin die Antragstellerin sowohl gegen die Verfügung vom 27. Juli 2007 als auch gegen den Bescheid vom 31. Juli 2007 (vgl. Bl. 42 GA).

Das Verwaltungsgericht hat der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, den Beigeladenen die umstrittenen Dienstposten zu übertragen, bevor im Anschluss an die Bekanntgabe einer erneuten Entscheidung über die Bewerbungen der Antragstellerin eine Frist von zwei Wochen verstrichen ist. Zur Begründung dieser Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Antragsgegnerin habe ihre Auswahl ausschließlich darauf gestützt, dass der Antragstellerin die Eignung für die Dienstposten fehle, weil sie nicht auf eine einschlägige Berufserfahrung zurückgreifen könne. Für die Ausschließlichkeit mit der die Antragsgegnerin dieses Kriterium handhabe, habe sie jedoch keinen tragfähigen sachlichen Grund plausibel gemacht. Auch sie halte nämlich die Antragstellerin für geeignet, Kleinstbetriebe zu prüfen, wenn auch nur auf niedriger bewerteten (A 9 ohne Zulage) Dienstposten. Diese Dienstposten unterschieden sich aber offenbar von den hier umstrittenen Stellen nur durch den Umfang, in dem Kleinstbetriebsprüfungen zu den Aufgaben der Dienstposteninhaber gehörten (einerseits bis 35 % und andererseits 35 % bis 50 % [vgl. Bl. 68 f. GA]). Die Antragsgegnerin hätte daher den Blick nicht allein auf einen möglichen Eignungsvorsprung der Beigeladenen verengen dürfen, sondern den deutlichen Leistungsvorsprung der Antragstellerin der Erfahrung der Beigeladenen bei der Prüfung von Kleinstbetrieben vergleichend gegenüberstellen und daraus ihre Entscheidung plausibel ableiten müssen. Soweit die Antragsgegnerin die Berufserfahrung wie ein aus dem Bewerberkreis ausschließendes Kriterium eines Anforderungsprofils handhabe, fehle es an einer entsprechenden textlichen Festlegung in der Ausschreibung.

Gegen diese Entscheidung führt die Antragsgegnerin mit dem sinngemäßen Antrag Beschwerde,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 10. März 2008 - 3 B 41/07 - zu ändern, den Antrag der Antragstellerin abzulehnen sowie die beabsichtigten Stellenbesetzungen und Dienstpostenübertragungen zu gestatten.

Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

Die Beigeladenen haben sich im Beschwerdeverfahren nicht eingelassen und stellen keine Anträge.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg.

Das Rechtsmittel ist unzulässig, soweit begehrt wird, dass das Beschwerdegericht die beabsichtigten Stellenbesetzungen und Dienstpostenübertragungen ausdrücklich gestatte. Denn mit diesem Beschwerdebegehren, das möglicherweise auf eine vorbeugende Feststellung der Rechtmäßigkeit des beabsichtigten Verwaltungshandelns abzielt, würde der Streitgegenstand des zweiten Rechtszuges in einer der Widerklage (§ 89 VwGO) vergleichbaren Weise erweitert, was nicht nur mit dem Charakter des gerichtlichen Eilverfahrens unvereinbar ist (Rennert, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., 2006, § 89 Rn. 3, m. w. N.), sondern speziell im Verfahren des zweiten Rechtszuges über so genannte Darlegungsbeschwerden (§ 146 Abs. 4 VwGO) ausscheidet (Nds. OVG, Beschluss vom 13. 3. 2008 - 5 ME 8/08 -, veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit, m. w. N.). Abgesehen davon wäre weder ein Rechtschutzbedürfnis noch eine Rechtsgrundlage für die begehrte gerichtliche Gestattung gegeben.

Im Übrigen ist die Beschwerde zulässig; insbesondere ist innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist dem Antragserfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügt worden.

Im Umfang seiner Zulässigkeit ist das Rechtsmittel jedoch unbegründet.

Aus den dargelegten Beschwerdegründen, die grundsätzlich allein zu prüfen sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergibt sich nämlich nicht, dass die angefochtene Entscheidung in der begehrten Weise abzuändern (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) ist. Mit ihren Darlegungen in der Beschwerdeschrift und deren Ergänzung durch den Schriftsatz vom 22. Mai 2008 hat die Antragsgegnerin die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Antragstellerin habe neben dem für den Erlass einer Sicherungsanordnung erforderlichen Anordnungsgrund auch einen entsprechende Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§§ 123 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwGO; 920 Abs. 2 ZPO), nicht zu erschüttern vermocht. Denn das noch nicht bestandkräftig abgeschlossene Auswahlverfahren ist mit erheblicher Wahrscheinlichkeit fehlerhaft und es lässt sich nicht ausschließen, dass die Antragstellerin bei korrektem Vorgehen der Antragsgegnerin möglicherweise erfolgreich gewesen wäre.

Zwar hat die Antragstellerin der unrichtigen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 2. 3. 2007 - 5 OB 126/07 -, Nds. RRpfl. 2007, 193 = NordÖR 2007, 180, zitiert nach der Rechtsprechnungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit) Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides vom 31. Juli 2007 folgend zur Hauptsache noch keine Klage erhoben. Dieser Bescheid hat ihr gegenüber aber bislang keine Bestandskraft erlangt, weil die für die Erhebung einer Klage nach § 58 Abs. 1 Satz 1 VwGO maßgebliche Frist bisher nicht verstrichen ist. Damit bleibt Raum für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der ja gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO auch schon vor Klageerhebung statthaft ist.

Ohne Erfolg wendet sich die Antragsgegnerin gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass es nicht zulässig sei, im vorliegenden Falle die Berufserfahrung, genauer gesagt das Kriterium der Verwendung oder gar Bewährung auf einem nach A 9 BBesO bewerteten Dienstposten des Außendienstes, als obligatorisches Merkmal eines Anforderungsprofils der umstrittenen Stellen zu handhaben. Zwar können Bewerber aus dem weiteren Auswahlverfahren ausgeschieden werden, die eine konstitutive Voraussetzung eines den Bewerberkreis einengenden Anforderungsprofils nicht erfüllen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23. 8. 2001 - BVerwG 2 A 3.00 -, BVerwGE 115, 58 [61]). Eine derartige "Vorauswahl" ist aber nur dann möglich, wenn es sich bei dem Kriterium, anhand dessen sie getroffen wird, um ein Merkmal handelt, dessen Nichterfüllung einen Bewerber - nach der für das Auswahlverfahren verbindlichen Dienstpostenbeschreibung (vgl. BVerwG, a. a. O.) - von der Wahrnehmung der ausgeschriebenen Stelle zwingend ausschließt und das dergestalt an objektiv überprüfbare Fakten anknüpft, dass sich die Frage seines Vorliegens nicht erst auf der Grundlage eines persönlichkeitsbedingten Werturteils beantworten lässt, das der Dienstherr in der Regel in dienstlichen Beurteilungen abzugeben hat (Nds. OVG, Beschl. v. 18. 12. 2007 - 5 ME 351/07 - veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit und Beschl. v. 28. 9. 2006 - 5 ME 229/06 -, DÖD 2007, 177, zitiert nach juris, Langtext Rn. 19; OVG NRW, Beschl. v. 23. 6. 2004 - 1 B 455/04 -, NWVBl. 2004, 463, zitiert nach juris, Langtext Rnrn. 14 ff.). Unstreitig findet sich ein zwingendes Erfordernis der vorangegangenen Verwendung auf einem Dienstposten im Außendienst nicht in der Dienstpostenkurzbeschreibung oder dem übrigen Text der Ausschreibung vom 9. März 2007. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin lässt es sich auch nicht hinreichend aus der Bewertung der ausgeschriebenen Stellen nach A 9 + Z herleiten. Das gilt für eine unmittelbare Herleitung schon deshalb, weil das Bewertungsmerkmal, auf das bei dieser Dienstpostenbewertung abgehoben wurde, nicht in einer erforderlichen Vorverwendung des Dienstposteninhabers im Außendienst, sondern in dem Anteil der Kleinstbetriebsprüfungen an der Gesamtheit der mit der Stelle verbundenen Aufgaben besteht (vgl. Bl. 68 f. [69] GA). Zwar macht die Antragsgegnerin geltend, dass sich die mit A 9 + Z bewerteten Dienstposten als Kleinstbetriebsprüfer von den nur mit A 9 bewerteten Dienstposten auch durch den Schwierigkeitsgrad der Prüfungsfelder unterschieden. Dieser Unterschied ist aber nach dem Dienstpostenbewertungskatalog nicht maßgeblich und knüpft im Übrigen ebenfalls nicht an die Vorverwendung des Dienstposteninhabers an. Der Senat vermag schließlich nicht zu erkennen, dass sich ein zwingendes Erfordernis der Vorverwendung im Außendienst mit der erforderlichen Evidenz bereits kraft Natur der Sache (mittelbar) aus dem Wesen der mit A 9 + Z bewerteten Dienstposten für Kleinstbetriebsprüfer ergibt. Insoweit hebt das Verwaltungsgericht nämlich zu Recht hervor, dass der unter Berücksichtigung des Dienstpostenbewertungskatalogs maßgebliche Unterschied zwischen den nach A 9 und den nach A 9 + Z bewerteten Prüferstellen lediglich im Anteil der Prüfertätigkeit an den mit den Stellen insgesamt verbundenen Aufgaben besteht. Hiernach ist es jedoch durchaus möglich, dass einem nach A 9 bewerteten Dienstposten zu 35 % Prüfertätigkeiten zugewiesen sind und einem nach A 9 + Z bewerteten zu 36 %. Selbst bei einem unterstellten größeren Schwierigkeitsgrad der Prüfungsfelder ist nicht evident, dass ein bislang im Außendienst nicht tätiger Beamter zwar die erstgenannte, keinesfalls aber die zweite Stelle wahrzunehmen vermöchte. Das gilt umso mehr, als es auch nicht auf der Hand liegt, dass der etwaige größere Schwierigkeitsgrad der Prüfungsfelder weder durch gesteigerten Einsatz noch ein möglicherweise größeres Geschick bei der Erledigung der übrigen 64 % der übertragenen dienstlichen Aufgaben ausgeglichen werden könnte. Die bisherige Praxis der Antragsgegnerin, Beamten ohne Außendiensterfahrung einen nach A 9 + Z bewerteten Dienstposten als Kleinstbetriebsprüfer nicht zu übertragen, erscheint daher nicht schon aufgrund der im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Dienstpostenbeschreibungen als zwingend.

Deshalb kann auch dahinstehen, ob die Antragsgegnerin, die den insoweit maßgeblichen (§§ 1 Abs. 1 NVwVfG i. V. m. § 43 Abs. 1 Satz 2 VwVfG) Ablehnungsbescheid vom 31. Juli 2007 nicht auf den Inhalt eines konstitutiven Anforderungsprofils, sondern das Fehlen einer positiven Eignungsprognose in der geänderten Beurteilung der Antragstellerin gestützt hatte, überhaupt nachträglich mit Erfolg zur Begründung ihrer Entscheidung anführen oder unter Hinweis auf den Rechtsgedanken des § 46 VwVfG geltend machen kann, die Antragstellerin erfülle bereits ein konstitutives Merkmal des Anforderungsprofils der Stellen nicht (vgl. hierzu: Nds. OVG, Beschl. v. 27. 5. 2008 - 5 ME 111/08 -, veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Die Antragsgegnerin rügt des Weiteren, die Einschätzung des Verwaltungsgerichts gehe fehl, dass die Antragstellerin für die Tätigkeit auf dem Spitzendienstposten des mittleren Dienstes im Betriebsprüfungsbereich geeignet sei. Die ursprüngliche Beurteilung, die der Beamtin diese Eignung zusprach, habe keinen Bestand haben und der Auswahlentscheidung nicht zugrunde gelegt werden können. Diesen Ausführungen ist ebenfalls nicht zu folgen. Das Verwaltungsgericht durfte nämlich schon deshalb für das Eilverfahren von einer grundsätzlichen Eignung der Antragstellerin zur Wahrnehmung der umstrittenen Stellen ausgehen, weil der Beamtin eine solche Eignung in der ursprünglichen Fassung ihrer dienstlichen Beurteilung zum Stichtag 1. Oktober 2004 zugesprochen worden war und Überwiegendes für die Rechtswidrigkeit der Verfügung der Antragsgegnerin vom 27. Juli 2007 spricht, mit der diese Eignungsprognose nachträglich eingeschränkt wurde. Zwar ist der Antragsgegnerin zuzugestehen, dass die Beurteilungsrichtlinien vom 30. Oktober 1989, auf deren Grundlage die Antragstellerin ehedem beurteilt wurde, unter IV. 1.1 Abs. 3 Satz 1 die Möglichkeit einer Änderung der Beurteilung vorsehen. Es bestehen aber bereits Bedenken gegenüber der Annahme, dass diese Beurteilungsrichtlinien im Juli 2007 noch ohne weiteres zur Grundlage einer Abänderung von Beurteilungen genommen werden konnten. Sie standen nämlich hinsichtlich der in ihnen unter V. 1.3.1.1 vorgesehenen Rangstufen für das Gesamturteil in Widerspruch zu § 40 Abs. 3 Satz 4 NLVO n. F., was ihre unveränderte Fortgeltung ausgeschlossen und zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der Allgemeinen Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beschäftigten im unmittelbaren Landesdienst - BRL - (Anlage zu dem Beschl. d. LReg v. 12. 12. 2006 - MI-15.31-03002/2.3.2 -, Nds. MBl. 2007, 5) geführt haben dürfte. Diese Beurteilungsrichtlinien sehen jedoch eine Änderung von Beurteilungen nach Abschluss des Beurteilungsverfahrens (Nr. 9.1 BRL) nicht mehr ausdrücklich vor, sodass sich die Frage der Abänderbarkeit der auf ihrer Grundlage erstellten Beurteilungen nur noch nach allgemeinen Grundsätzen richtet. Vor diesem Hintergrund spricht Überwiegendes dafür, dass auch unter Rückgriff auf Nr. IV. 1.1 Abs. 3 Satz 1 der Beurteilungsrichtlinien vom 30. Oktober 1989 im Juli des Jahres 2007 keine der Antragstellerin nachteilige Änderung an deren Beurteilung zum Stichtag 1. Oktober 2004 mehr vorgenommen werden durfte, die nicht nach allgemeinen Grundsätzen ebenfalls zulässig gewesen wäre. Zwar wird in der Rechtsprechung eine nachträgliche Änderung bereits bekannt gegebener Beurteilungen für grundsätzlich zulässig gehalten (OVG LSA, Beschl. v. 4. 7. 2007 - 1 L 107/07 -, DVBl. 2007, 1120, - zitiert nach juris, Langtext Rn. 7 f., m. w. N.). Der Senat ist aber der Auffassung, dass nachteilige Änderungen einer einmal bekannt gegebenen Beurteilung, die außerhalb eines Verfahrens zu deren Überprüfung durch die vorgesetzte Dienstbehörde (vgl. hierzu: Nds. OVG, Beschl. v. 23. 5. 1995 - 5 L 3277/94 -, in: Schütz/Maiwald, BeamtR ES D I 2 Nr. 42 m. w. N.) erfolgen - jedenfalls wenn sie ohne Einwilligung der ursprünglichen Beurteiler vorgenommen werden -, nur insoweit statthaft sind, als sie der Behebung eines objektiven Mangels der Beurteilung dienen, hinsichtlich dessen Bejahung kein Raum für die Annahme eines Beurteilungsspielraums bleibt (vgl. zu allerdings etwas anderen Fallgestaltungen: BVerwG, Beschl. v. 27. 8. 1998 - 1 WB 15.98 -, BVerwGE, 113, 255 [256] und Beschl. v. 18. 2. 1986 - 1 WB 90.83 -, BVerwGE 80, 113 [118 f.]). Wäre dies nämlich anders, so stünde es im Belieben einer personalführenden Stelle, die zugleich Zuständigkeiten im Bereich des Beurteilungswesens besitzt, aus Anlass von Besetzungsverfahren, in denen keine Anlassbeurteilungen zu erstellen sind, bereits seit Langem vorliegende Regelbeurteilungen nach Belieben zu korrigieren, bis diese ihren - etwa durch einen Wechsel der Amtswalter bedingten - veränderten nunmehrigen Vorstellungen entsprechen. Das wiederum würde dem Sinn des Systems der Regelbeurteilung und der Trennung von Beurteilungs- und Auswahlverfahren zuwider laufen. Im vorliegenden Falle wurde die Verfügung über die Abänderung der Beurteilung der Antragstellerin nicht einmal durch dieselbe Person endgezeichnet, die die ursprüngliche Beurteilung unterschrieben hatte. Die Änderung könnte daher nur insoweit als zulässig angesehen werden, als sie der Behebung eines objektiven Mangels der Beurteilung diente, hinsichtlich dessen Bejahung kein Raum für die Annahme eines Beurteilungsspielraums bleibt. Einen solchen Mangel der Beurteilung vermag der Senat jedoch in der der Antragstellerin ehedem uneingeschränkt gestellten Eignungsprognose für die Wahrnehmung von Dienstposten, die nach A 9 + Z bewertet sind, nicht zu erkennen. Der von der Antragsgegnerin als allgemein verbindlich bezeichnete Grundsatz, es sei "Voraussetzung für die Erteilung einer Eignungsprognose für die Besetzung eines mit der BesGr. A 9 + Z bewerteten Dienstpostens im Außendienst ..., dass sich die/der Bedienstete auf einem mit der BesGr A 9 bewerteten Dienstposten des Außendienstes bewährt hat", besitzt weder die Qualität eines Rechtssatzes noch findet er sich in den der Beurteilung der Antragstellerin zugrunde gelegten Beurteilungsrichtlinien vom 30. Oktober 1989. Er ergibt sich auch nicht - wie bereits im Hinblick auf das Anorderungsprofil solcher Stellen dargelegt - mit hinreichender Evidenz aus der Natur der Sache. Seine Beachtung oder Missachtung begründet daher keinen objektiven Mangel der Beurteilung, hinsichtlich dessen Bejahung kein Raum für die Annahme eines Beurteilungsspielraums bleibt.

Damit erweist sich die allein auf die Annahme des Fehlens einer günstigen Eignungsprognose gestützte Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin als voraussichtlich rechtsfehlerhaft. Die ursprüngliche Fassung der geänderten Beurteilung dürfte wiederherzustellen sein (BVerwG, Beschl. v. 27. 8. 1998 - 1 WB 15.98 -, BVerwGE, 113, 255 [258]) und kann dann - entgegen der Annahme der Antragsgegnerin - in ihrem Aussagegehalt nicht einfach ignoriert oder "hinweggewürdigt" werden (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 13. 10. 2006 - 5 ME 115/06 -, RiA 2007, 132, zitiert nach der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Soweit die Antragsgegnerin nunmehr im Beschwerdeverfahren - ohne die These einer völligen Nichteignung der Antragstellerin fallen zu lassen - gleichsam hilfsweise versucht, dem sich aus dem besseren oder gleichen Gesamturteil im höheren Statusamt ergebenden Leistungsvorsprung der Antragstellerin jede Bedeutung abzusprechen, vermag dies die ursprüngliche Auswahlentscheidung nicht zu tragen. Vielmehr wird mit dieser Argumentation versucht, für den Bescheid vom 31. Juli 2007 im Nachhinein einen neuen argumentativen Unterbau zu schaffen - der indessen das Wesen der ursprünglichen Auswahlentscheidung verändern müsste. Schon deshalb kann damit die erfolgte Ablehnung der Bewerbungen nicht gemäß § 114 Satz 2 VwGO nachträglich rechtmäßig begründet werden (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 27. 5. 2008 - 5 ME 111/08 - und Beschl. v. 14. 1. 2008 - 5 ME 317/07 -, beide veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit). Im Übrigen ist es auch sachlich keineswegs zwingend, dass die bisherige Außendiensterfahrung der Beigeladenen von der Antragsgegnerin als der einzige relevante Gesichtspunkt betrachtet wird. Obwohl es insbesondere dem Beigeladenen zu 2 anlässlich seiner letzten dienstlichen Beurteilung zugute gekommen sein muss, dass er einen höher bewerteten Dienstposten innehatte, als es seinem Statusamt entsprach, und obgleich er schon seit Jahren als gewerblicher Kleinstbetriebsprüfer tätig war, hat er nämlich ein weniger günstiges Gesamturteil erzielt, als es die Antragstellerin im höheren Statusamt erreichte. Dies könnte durchaus dafür sprechen, dass die Antragstellerin - nach einer sicherlich erforderlichen Phase der Einarbeitung - langfristig doch die besseren Perspektiven für eine auf Dauer erfolgreiche Wahrnehmung der umstrittenen Stelle bietet. Dabei dürfte allerdings auch von Bedeutung sein, in welchem Maße die von der Antragstellerin bisher ausgeübte Tätigkeit als Amtsprüferin - abgesehen von den Besonderheiten des Außendienstes - mit derjenigen einer gewerblichen Kleinstbetriebsprüferin verwandt ist und ob die Antragstellerin nach ihren Lebensverhältnissen und ihrer Persönlichkeitsstruktur die Gewähr dafür bietet, eine besonders anstrengende und anspruchsvolle Phase der Einarbeitung bewältigen zu können. Insoweit dürfte statt des bisherigen eher schematischen Vorgehens der Antragsgegnerin eine sorgfältige, ergebnisoffene Würdigung der verschiedenen Qualitäten der Konkurrenten erforderlich sein.

Ende der Entscheidung

Zurück