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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 27.09.2007
Aktenzeichen: 5 ME 224/07
Rechtsgebiete: BGB, GG, PostPersRG
Vorschriften:
BGB § 266 | |
GG Art. 143 b Abs. 3 S. 1 | |
GG Art. 33 Abs. 5 | |
PostPersRG § 1 Abs. 1 S. 1 |
NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG BESCHLUSS
Aktenz.: 5 ME 224/07
Datum: 27.09.2007
Gründe:
Nachdem die Beteiligten das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist dieses Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und über seine Kosten gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.
Es entspricht billigem Ermessen, die Antragsgegnerin mit den Verfahrenskosten zu belasten, weil ihr Rechtsmittel voraussichtlich erfolglos geblieben wäre. Zweifel bestehen bereits daran, ob die Begründung der Beschwerde den Anforderungen genügt hat, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO zum einen an die Darlegung von Gründen, aus denen die Entscheidung aufzuheben oder abzuändern ist, und zum anderen an die gebotene Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung zu stellen sind. Darüber hinaus dürfte den im Ansatz dargelegten Beschwerdegründen zumindest im Ergebnis nicht zu folgen gewesen sein.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts, das der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt hatte, den Antragsteller bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens aufgrund der streitigen Verfügung vom 3. Mai 2007 als Projektmanager bei B., Bereich CC BP, in C. einzusetzen, ruht auf zwei selbständig tragenden Begründungen: Erstens sei die Umsetzung rechtswidrig, weil sie - angesichts ihrer Befristung - auf Dauer an dem rechtswidrigen Zustand, der Trennung von Amt und Funktion, die seit der Versetzung des Antragstellers zu B. im Dezember 2002 bestehe, nichts ändern könne. Zweitens sei sie rechtswidrig, weil nicht erkennbar sei, dass die Antragsgegnerin in einer den konkreten Umständen des Einzelfalls angepassten Weise ihr Ermessen betätigt habe.
Soweit die Beschwerde hinsichtlich des erstgenannten Begründungsstrangs geltend gemacht hat, der Beschluss sei rechtlich zu beanstanden, "weil er die einschlägige Rechtsprechung in gleich gelagerten Fällen verkenne", führt dies nicht auf die Notwendigkeit einer Aufhebung oder Abänderung der Entscheidung. Denn abgesehen davon, dass das Verwaltungsgericht für seine Rechtsauffassung die durchaus einschlägige Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zitiert, ist es an die Rechtsprechung anderer Gerichte in gleich gelagerten Fällen nicht gebunden. Nicht dass andere Gerichte abweichend entschieden haben mögen, sondern dass die hier angefochtene Entscheidung abzuändern sei, weil das Verwaltungsgericht aus im Einzelnen aufzuzeigenden Gründen anders hätte entscheiden müssen, wäre mit der Begründung der Beschwerde darzulegen gewesen. Dies ist durch die verkürzte Widergabe der Argumentation abweichend judizierender Gerichte nur ansatzweise geschehen.
Hinzu kommt Folgendes: Nach der seitens der Vorinstanz zitierten zutreffenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat ein Beamter gemäß Art. 33 Abs. 5 GG einen Anspruch auf die Übertragung angemessener Funktionsämter (BVerwG, Urt. v. 22. 6. 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - Rn. 9 und 13, NVwZ 2007, 101). Schuldner dieses Anspruchs ist der Dienstherr. Überwiegendes spricht dafür auf Letzteren im vorliegenden Zusammenhang den Rechtsgedanken des § 266 BGB (Der Schuldner ist zu Teilleistungen nicht berechtigt.) entsprechend anzuwenden und deshalb die Übertragung eines konkret-funktionellen Amtes, ohne dass zugleich ein abstrakt-funktionelles Amt übertragen wird, für grundsätzlich rechtswidrig zu halten. Fehlen einem Beamten beide Ämter im funktionellen Sinne, so hat er nämlich ein berechtigtes Interesse daran, dass sich die Erfüllung seines Anspruchs auf deren Übertragung in der Weise vollzieht, dass er neben einem Amt im konkret-funktionellen Sinne sogleich auch ein Amt im abstrakt-funktionellen Sinne erhält. Denn nur dieses Amt ist bereits begrifflich durch die Dauerhaftigkeit der Zuweisung eines Aufgabenkreises gekennzeichnet und gegen seine (erneute) Entziehung ist der Beamte - gerade im Falle wiederholter organisatorischer Veränderungen - stärker geschützt als gegen den Verlust eines ihm lediglich isoliert übertragenen (neuen) Amtes im konkret-funktionellen Sinne (vgl. BVerwG, Urt. v. 23. 9. 2004 - BVerwG 2 C 27.03 -, NVwZ 2005, 458 [459]). Weil die gleichzeitige Übertragung auch eines Amtes im abstrakt-funktionellen Sinne für den Beamten eine stärkere Gewähr bietet, dass in Zeiten der Umstrukturierung bald wieder Ruhe in die Art und Weise seiner Verwendung einkehrt, wird er also durch eine teilweise Leistung, die lediglich in der befristeten Übertragung eines Amtes im konkret-funktionellen Sinne besteht, beschwert. Gegen diese Sicht der Dinge lässt sich nicht einfach einwenden, dass eine befristete Beschäftigung auf einem amtsangemessenen Arbeitsposten - ohne Übertragung eines Amtes im abstrakt-funktionellen Sinne - eher den Anforderungen des Art. 33 Abs. 5 GG entspreche als eine vollständige Nichtbeschäftigung. Denn eine solche Gedankenführung liefe auf die Argumentation mit einer teilweisen Erfüllungswirkung hinaus, die - soweit der Rechtsgedanke des § 266 BGB reicht - gegen den Willen des Beamten gerade nicht einzutreten vermag.
Der Rechtsgedanke des § 266 BGB dürfte allerdings keine uneingeschränkte Gültigkeit beanspruchen können. Vielmehr kann es einem Beamten aufgrund seiner Treuepflicht ausnahmsweise zuzumuten sein, sich zeitweilig mit der Übertragung lediglich eines angemessenen Amtes im konkret-funktionellen Sinne zu begnügen, wenn es aufgrund besonderer Umstände nicht möglich ist, ihm sogleich auch ein Amt im abstrakt-funktionellen Sinne zu übertragen. Der Dienstherr dürfte dann aber im Einzelnen darzulegen haben, dass er alle ihm zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, dem Beamten zusammen mit dem übertragenen Amt im konkret-funktionellen Sinne ein solches im abstrakt-funktionellen Sinne zu verschaffen, warum dies gleichwohl nicht möglich gewesen ist und in welchem überschaubaren Zeitraum es zu der noch ausstehenden Übertragung eines Amtes im abstrakt-funktionellen Sinne kommen wird. Eine unbefristet Streckung des im Rechtssinne einheitlichen Vorgangs der Übertragung neuer Funktionsämter ist nämlich ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - Rn. 25, NVwZ 2007, 101 [103]). Entsprechende substantiierte Darlegungen der Antragsgegnerin sind hier nicht erfolgt. Was die Zumutbarkeit der gebotenen Anstrengungen des Dienstherrn anbetrifft, dürfte der Antragsgegnerin auch nicht darin zuzustimmen sein, dass es der Deutschen Telekom AG freistehe, ihre Organisation allein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten auszurichten - soweit dies dazu führt, dass sie den Beamten, denen gegenüber sie gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG die Pflichten des Dienstherrn wahrnimmt, ein Amt im abstrakt-funktionellen Sinne nicht mehr zeitnah zu übertragen vermag. Vielmehr dürfte sie aufgrund ihrer Eigenschaft als Beliehene gerade auch bei Organisationsentscheidungen Rücksicht auf Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG zu nehmen haben.
Soweit sich die Antragsgegnerin gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts gewendet hat, dass sie nicht in einer den konkreten Umständen des Einzelfalls angepassten Weise ihr Ermessen betätigt habe, dürfte ihre Beschwerdebegründung schon eine hinreichende Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung vermissen haben lassen. Das Verwaltungsgericht führt nämlich im Einzelnen aus, weshalb nicht nachvollziehbar sei, welche Art von Tätigkeit der Antragsteller in C. ausüben solle, dass dies aber erforderlich wäre, um zu beurteilen, ob - wie die Antragsgegnerin im Zuge ihrer Ermessensausübung angenommen habe - eine Übernahme der umstrittenen Tätigkeit durch ihn "zwingend erforderlich" sei. Auf diese Gedankenführung ist die Beschwerde nur unzureichend eingegangen, indem behauptet worden ist, dass eine detailliertere Beschreibung des Arbeitspostens nicht möglich sei. Im Übrigen vermag dieses Argument schon deshalb nicht zu überzeugen, weil sich zumindest nach Art von Fall- oder Regelbeispielen näher konkretisieren lassen müsste, welche Art von Tätigkeit auf dem Arbeitsposten zu verrichten ist, auf dem der Antragsteller verwendet werden sollte.
Ende der Entscheidung
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